Auto-Erinnerungen

Lotus Seven – Der Rennwagen für die Strasse

Spartanisch, leicht und verhältnismäßig klein – kaum ein anderer Sportwagen vereinigt diese Merkmale so konsequent wie der Lotus Seven. Der 1957 vorgestellte Rennwagen für die Straße gilt als das Vermächtnis des Leichtbau-Fans Colin Chapman und erfreut bis heute seine Fans.

Lotus Seven in Hockenheim
Früher Lotus Seven 2009 in Hockenheim (Foto: Tom Schwede

Colin Chapman begann seine Unternehmer-Karriere 1947 noch als Student. Mit dem Lotus Mk1 bot der junge Chapman einen modifizierten Austin 7 an und finanzierte damit auch sein Studium. Anschließend folgten Rennwagen für die damalige „750 Formula“, eine in Großbritannien beliebte Klasse für Motorsporteinsteiger. Schnell entwickelte sich der Nebenerwerb zu einem richtigen Unternehmen. Chapman, inzwischen Absolvent gründete am 1. Januar 1952 die Firma Lotus Engineering und bot noch im gleichen Jahr mit dem Lotus VI das erste vollständig von Lotus konstruierte Strassenfahrzeug an.

Bausätze waren steuerlich interessant!

Schon der Lotus VI fand in den nächsten fünf Jahren rund 100 Käufer. Das war für ein Auto, das Lotus ausschließlich als Bausatz anbot, viel. Die Käufer profitierten vom britischen Steuerrecht, das einen reduzierten Steuersatz für Eigenbaufahrzeuge vorsah. Die Vorgabe des Gesetzgebers, dass den Bausätzen keine Bauanleitung beiliegen durfte, hob Chapman kreativ aus. Lotus lieferte den Kunden eine Demontageanleitung, die zur Montage des Fahrzeugs einfach in umgekehrter Reihenfolge zu befolgen war. Chapman entwickelte das Konzept des Lotus 6 weiter und bot ab 1956/7 den Lotus Seven an – ebenfalls als Bausatz-Fahrzeug.

Der Lotus VI war der Vorgänger und Grundlage des Lotus Seven. Beide Autos bot Lotus als Bausatz an.
Der Lotus VI war der Vorgänger und Grundlage des Lotus Seven. Beide Autos bot Lotus als Bausatz an. (Foto: Tom Schwede)

Im Vergleich zum Vorgänger senkte Chapman den Schwerpunkt des Seven deutlich ab und überarbeitete das Fahrwerk umfassend. An der Vorderachse verbesserten doppelte Querlenker und ein Stabilisator das Kurvenverhalten des offenen Sportwagens. Unverändert blieb, dass Lotus das Chassis und die Karosserie aus Aluminium fertigte. Die Mehrzahl der Lotus Seven trieb ein 1.172 ccm großer Motor von Ford an. Bei Straßenfahrzeugen war auch ein 948 ccm großer Motor der British Motor Corporation (kurz BMC) beliebt. Beide Motoren sorgten im knapp 500 Kg schweren Lotus Seven für ordentliche Fahrleistungen.

Mit dem „Feuerspritzenmotor“ wurde der Lotus Seven zum begehrten Sportwagen!

Trotzdem wählten Rennsportkunden hauptsächlich einen Motor von Coventry Climax. Denn der Hersteller von Gabelstaplern und Feuerwehrspritzen hatte damals mit dem „Typ FW“ einen Motor im Programm, der optimal zum Lotus Seven passte. Ursprünglich entwarfen die Konstrukteure Walter Hassan und Harry Mundy den Motor für mobile Feuerwehrpumpen. Entsprechend sorgsam achteten sie bei der Konstruktion des Motors extrem auf das Gewicht. Schließlich gelangen Feuerwehrpumpen in der Regel durch Muskelkraft zum Einsatzort.

Es dauerte nicht lange, bis das Leichtgewicht in zahlreichen Sportwagen im Einsatz kam. Die „FWA“ genannte Rennversion erzeugt aus einem Hubraum von 1.098 ccm stattliche 75 PS. Damit war der Motor wie geschaffen für den Lotus Seven. Passte der Sportwagen so schließlich optimal in die damals beliebte Hubraumklasse bis 1.100 ccm. Bis 1960 verkaufte Lotus etwa 250 Exemplare der ersten Serie des Lotus Seven, um dann die zweite Serie des Seven vorzustellen. Lotus verpasste dem Sportwagen eine Karosserie aus Kunststoff und verbreiterte sie Spur, um das Fahrverhalten zu optimieren.

Lotus Seven im Einsatz in Zolder
Ein jüngerer Lotus Seven im Einsatz in Zolder.

Daneben legte die Leistung der Motoren zu. Bis zum 100 PS Leistung waren jetzt verfügbar. Der kleine Lotus wurde damit zum Super Seven. Bis 1970 verkaufte Lotus rund 1.600 weitere originale Lotus Seven der Serie 2 (S2) und ab 1968 der Serie 3 (S3). Wobei der Lotus Seven im Programm der Firma Lotus stets eine gewisse Exotenstellung einnahm. Denn bis heute beginnen die Namen der Lotus-Strassenfahrzeuge mit einem „E“, während Lotus die Rennwagen einfach mit einer fortlaufenden Nummer versah. Der Lotus Seven weicht von diesem Schema ab. Wohl weil er ein Straßenfahrzeug ist, das als Rennwagen begann.

1970 bekam der Lotus Seven Komfort!

In den 1960er-Jahren veränderte sich der Motorsport. Für den Sporteinsatz mussten die Hersteller den Bau einer bestimmten Menge von Fahrzeugen nachweisen oder bei den Prototypen antreten. Damit war für den Lotus Seven auf der Rennstrecke praktisch kein Platz mehr. Lotus beschloß, den Komfort des Sportwagen zu verbessern, um neue Kunden zu gewinnen. Unter anderem zog ein Heizgebläse in den Seven ein. Dazu gab es jetzt den aus dem Elan bekannten Lotus Twin Cam Motor (125 PS aus 1.558 ccm) auch im Seven. Bis 1973 verkaufte Lotus immerhin 660 Exemplare des Seven S4 genannten Fahrzeugs. Doch damit blieb der S4 deutlich hinter den Erwartungen zurück.

Anfang 1973 trat das Vereinigte Königreich der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) bei. In diesem Zuge wurde das britische Steuerrecht europäisch. Damit verloren die Kit-Cars ihre Steuervorteile. Gleichzeitig entschied sich Lotus, sein „Bastler-Image“ abzulegen. Der Autobauer konzentrierte sich auf das Angebot limitierter Renn- und Sportwagen. Die Produktionsrechte des Seven verkaufte Lotus daher an Caterham Cars. Dort ist der Seven – basierend auf dem Lotus Seven S3 – bis zum heutigen Tage im Angebot. Auch wenn Caterham den Sportwagen in den vergangenen 36 Jahren kontinuierlich weiterentwickelte, lassen sich alle Caterham Seven auf ihren Urahnen Lotus Seven zurückführen.

Der Lotus Seven heute

Die Idee des Seven eigneten sich auch andere Anbieter an. Aktuell nehmen Irmscher aus Deutschland, Westfield aus Großbritanien oder Donkervoort aus den Niederlanden mit ihren Produkten mehr oder minder stark Bezug auf den Lotus Seven. Die rund 2.500 originalen Lotus Seven sind heute begehrte Sammlerstücke. Ein echter Lotus, bei dem sich die Historie sauber belegen lässt, erzielt stets gute Preise – wenn er denn auf den Markt kommt. Für ein gepflegtes Fahrzeug der ersten Serie ist mit einem Preis von deutlich über 40.000€ rechnen. Fahrzeuge der Serien 2 bis 4 sind auch selten für weniger als 35.000€ im Angebot.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Früher Lotus Seven in Hockenheim

Foto: Tom Schwede

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