Rennsport-Geschichten

Alfa Romeo in der Formel 1: Erfolg gab es nur in den Anfangstagen

Gestern endete in Abu Dhabi die 69. Saison der Formel-1-Weltmeisterschaft. Wer in die Ergebnislisten schaut, der könnte denken, dass Alfa Romeo 2018 in die Königsklasse des Motorsport zurückkehrte. Schließlich trat das Schweizer Sauber Team offiziell als Alfa Romeo Sauber F1 Team an. Doch mit einem echten Formel-1-Engagement hat das wenig zu tun. Denn im Prinzip ist Alfa Romeo „nur“ der Hauptsponsor des Teams. Trotzdem ist das „Comeback“ ein guter Anlass, um auf die Geschichte von Alfa Romeo in der Formel 1 zurückzublicken.

Weitere Teile dieser Serie:

Schließlich gehört Motorsport bei Alfa Romeo zur DNA. In den ersten Jahren nach der Gründung baute das Unternehmen sogar fast ausschließlich Rennwagen. In den 1930er-Jahren übernahm Enzo Ferrari den Einsatz der Rennwagen aus Mailand.

Nach dem Zweiten Weltkrieg setzt der Autobauer sein Engagement im Motorsport fort und tritt mit seiner Sportabteilung Alfa Corse in der neuen Automobil-Weltmeisterschaft an. Nino Farina gewinnt mit dem Alfa Romeo 158 das erste WM-Rennen der Geschichte.

Der ursprünglich bereits 1937 von Gioacchino Colombo konstruierte Alfa Romeo 158 ist in den Anfangstagen der Formel-1-Weltmeisterschaft drückend überlegen. Von den 15 WM-Läufen der Jahre 1950 und 1951 gewinnt Alfa Romeo zehn. Wobei die Italiener zu den 500 Meilen von Indianapolis, die in damals zur Weltmeisterschaft gehörten, gar nicht antreten. Zehn Grand-Prix-Siege in dreizehn Rennen sind ein deutliches Statement. Kein Wunder, dass mit Nino Farina ein Alfa-Pilot 1950 als erster F1-Weltmeister in die Motorsport-Geschichte eingeht.

Alfa Romeo fehlen erst die Gegner und dann das Geld

Den Erfolg begründet auch, dass Alfa Romeo im Debütjahr der Formel 1 die Gegner fehlen. Erst 1951 ist Ferrari auf Augenhöhe. Doch das zeigt sich zunächst nur bei den Grand Prix, die damals nicht zur Weltmeisterschaft zählen. 1951 sind das stolze 14 Rennen. Davon gewinnt Alfa Romeo „nur“ drei. Ferrari ist abseits der großen WM-Bühne bereits fünfmal erfolgreich. Doch in der Weltmeisterschaft behält mit Juan Manuel Fangio ein Pilot von Alfa Romeo die Oberhand. Zeitzeugen sind sich sicher, dass Alfa Romeo seinen zweiten Titel vor allem dem argentinischen Ausnahmepiloten verdankt.

13. Mai 1950, Silverstone: Farina gewinnt den ersten Grand Prix von Europa mit dem Alfa Romeo 158
13. Mai 1950, Silverstone: Farina gewinnt den ersten F1 Grand Prix mit dem Alfa Romeo 158 (Foto: Alfa Romeo)

Am Ende der Saison 1951 läuft das ursprüngliche Formel-1-Reglement aus. Ab 1952 treten Saugmotoren mit einem Hubraum von 2,5 Litern an die Stelle der in den beiden ersten Jahren eingesetzten 1,5-Liter-Kompressormotoren. Alfa Romeo fehlt das Geld, um ein neues Auto zu bauen. Daher verlässt der Doppel-Weltmeister die Königsklasse. Die bisherige Sportabteilung Alfa Corse baut stattdessen Studien und Prototypen wie den wunderbaren Alfa Romeo C52 Disco Volante. Doch die „Fliegende Untertasse“ kann weder bei der Mille Miglia noch bei 24-Stunden-Rennen sportlich überzeugen.

Privatfahrer bringen Alfa Romeo in die Formel 1 zurück

Trotz des Rückzug des Werksteams taucht der Name Alfa Romeo bald wieder in den Startlisten der Formel-1-Weltmeisterschaft auf. Denn ab 1961 rennt die Königsklasse mit 1,5-Liter großen Saugmotoren.  Richtige Rennmotoren dieser Größe sind zunächst knapp. BRM und Ferrari bauen richtige Rennmotoren dieser Größe. Die britischen Teams entdecken bei Coventry Climax den Motor einer Feuerwehr-Pumpe und lassen ihre Rennwagen mit diesem Motor rennen.

Daneben rücken einige Serientriebwerke in das Blickfeld der Team. Dazu zählt auch der Vierzylinder aus der Alfa Romeo Giulietta. Denn der „bialbero“ ist Anfang der 1960er-Jahre ein modernes Triebwerk. Dank des Motorblocks aus Aluminium ist das Triebwerk zudem recht leicht. Dazu rotieren im ebenfalls aus Alu gegossenen Zylinderkopf zwei Nockenwellen. Stramme 100 PS leistet der 1,3-Liter-Motor bereits im Serienmodell Giulietta Sprint Speciale.

Das klingt vielversprechend und so leitet 1961 Alejandro de Tomaso von diesem Triebwerk einen Rennmotor für die Königsklasse des Motorsports ab. Doch im de Tomaso F1 genannten Monoposto erweist sich das Triebwerk als defektanfällig. Das Projekt ist ein Flop, de Tomaso zieht sich schnell wieder aus der Formel 1 zurück. Trotzdem folgen in den kommenden Jahren immer wieder andere Motorenbauer dem Weg, den der in Italien wirkende Argentinier mit dem Alfa Romeo Antrieb aufzeigte.

Besonders beliebt ist der Alfa-Motor dabei in Südafrika. Denn dort gibt es ab 1960 eine eigene Formel-1-Meisterschaft. Syd van der Vyver (1960 und 1961) und Ernest Pieterse (1962) gewinnen mit dem Motor aus Mailand den Titel dieser Meisterschaft. Als ab 1962 der Große Preis von Südafrika zur Formel-1-WM gehört, füllen Piloten aus der heimischen Meisterschaft das Feld. Die afrikanischen Piloten suchen in den kommenden Jahren immer wieder den Vergleich mit der Weltelite. Mit ihnen kehrt nebenbei Alfa Romeo in die Formel-1-WM zurück.

Ein Comeback des Werks mit Cooper platzt

Auch in Mailand bleibt das nicht verborgen. Doch die 1,5-Liter-Motoren bleiben eine kurze Epoche. Nach nur fünf Jahren verdoppelt die CSI den Hubraum der Königsklasse. Als die Formel 1 ab 1966 mit Dreiliter-Motoren ausrückt, denkt Alfa Romeo offiziell über eine Rückkehr nach. In Mailland gibt es Pläne, den V8 aus dem Sportwagen Tipo 33 für die Formel 1 anzupassen. Gleichzeitig ist John Cooper auf der Suche nach einem geeigneten Triebwerk.

Cooper T86C Alfa Romeo
Cooper T86C Alfa Romeo – 1968 ein Flop – heute im historischen Motorsport aktiv (Foto: Tom Schwede)

Denn das ehemalige Erfolgsteam ist mit den Motoren von Maserati und BRM ins Hinterfeld zurückgefallen. Cooper und Alfa Romeo vereinbaren 1968 eine Zusammenarbeit. Doch die Fertigstellung einer Dreiliter-Variante des V8 verzögert sich. Im Sommer 1968 testet Lucien Bianchi daher eine 2,5-Liter-Version des Motors. Ursprünglich plant John Cooper, Bianchi mit dem Cooper 86C Alfa Romeo bei den Läufen in Brands Hatch und Monza ins Rennen zu schicken. Doch der Test des Motors überzeugt den Briten nicht.

John Cooper fehlt das Vertrauen in die Fähigkeiten der Italiener und sagt den Start ab. Am Ende des Jahres sperrt Cooper sein Team zu und zieht sich aus der Formel 1 zurück. Damit platzt das offizielle Comeback von Alfa Romeo in der Königsklasse. Trotzdem ist der von Bianchi getestete Cooper 86C heute machmal im historischen Motorsport mit einem Alfa-Motor unterwegs. Weil der Originalmotor fehlt, sorgt dabei ein V8 aus dem legendären Alfa Montreal in dem Monoposto für Vortrieb.

Comeback bei McLaren und March

Trotzdem tritt Alfa Romeo ab 1970 in der Formel 1 an. Alfa-Werksfahrer Andrea de Adamich tritt bei zehn Läufen mit einem McLaren Alfa Romeo an. Doch dem Italiener gelingt nur fünfmal der Sprung ins Starterfeld. Genauso oft verpaßt de Adamich die Qualifikation. In Italien bekommt mit Nanni Galli ein weiterer Alfa-Werksfahrer ein Cockpit bei McLaren. Doch auch Galli verpaßt die Qualifikation. Bei diesen Einsätzen übernimmt Alfa Romeo die Kosten, stellt die Motoren und die Piloten. McLaren bessert mit diesem Projekt seine Kasse auf.

Andrea de Adamich im March 711 Alfa-Romeo beim beim Training zum GP von Deutschland 1971
Andrea de Adamich im March 711 Alfa-Romeo beim beim Training zum GP von Deutschland 1971 (Foto: Lothar Spurzem)

Die Partnerschaft endet nach nur einem Jahr. Alfa Romeo zieht mit seinen Motoren und Piloten weiter zu March. Andrea de Adamich tritt bei elf Rennen an und gelingt elfmal der Sprung ins Hauptfeld. Nanni  Galli tritt viermal mit Alfa-Power. Einmal scheitert Galli dabei an Qualifikationshürde, darf aber bei drei Rennen tatsächlich starten. Doch für Punkte oder gar Siege reicht es auch bei March nicht. Der vom Sportwagen abgeleitete Motor kann mit dem Cosworth DFV nicht mithalten.

Alfa Romeo erkennt die Sinnlosigkeit und beendet das Projekt. In den folgenden Jahren konzentriert sich der Autobauer auf seine Sportwagen. Im Alfa Romeo 33TT12 feiert 1973 ein Zwölfzylinder mit drei Liter Hubraum seine Premiere. Der von Autodelta-Chef Carlo Chiti entwickelte Motor verfügt über einen Zylinderwinkel von 180 Grad. Doch die Kröpfung der Kurbelwelle macht den flachen Motor zum V und nicht zum Boxer. 1975 gewinnt der 33 TT 12 die Markenweltmeisterschaft.


Lesen Sie im zweiten Teil dieser kurzen Serie über Alfa Romeo in der Formel 1, wie auf das Comeback mit Brabham bald ein eigenes Team folgt.

AutoNatives.de ist auch bei Facebook. Wir freuen uns über ein Like.







Themen in diesem Artikel:

Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!