1972 rannte in der damaligen Bundesrepublik erstmals die Deutsche Rennsport-Meisterschaft (DRM). Das Konzept, die gemeinsam startenden Tourenwagen und GT-Fahrzeuge nur über den Hubraum zu unterscheiden, bewährte sich schnell. Es überstand sogar die Ölkrise. Mit Zakspeed kam das beste Team der frühen DRM-Jahre, die als „Tourenwagen-Epoche“ der DRM gelten, aus der Eifel.
Die Gründung der Deutschen Rennsport-Meisterschaft (DRM) war ein großer Wurf. Die Regelhüter der ONS schnitten für ihre neue Serie viele alte Zöpfe ab. Das befruchtete den Rennsport. Die DRM etablierte sich schließlich sogar trotz der Ölkrise. Wobei zuvor, im Debütjahr 1972 allerdings mehrere Rennen aus unterschiedlichen Gründen nicht stattfanden. Einmal verweigerte beispielsweise das Bundesministerium der Verteidigung die geplante Nutzung eines Flugplatzes in der Lüneburger Heide als Rennstrecke. Die Verantwortlichen der DRM gaben die Absage mit einer Todesanzeige bekannt.
Das Debüt der DRM fand im Rahmen der Motorrad-Weltmeisterschaft statt!
Ihr Debüt feierte die Serie im Rahmenprogramm der Motorrad-Weltmeisterschaft auf dem Nürburgring. Bereits im Training dominierte Hans-Joachim Stuck. Der damals erst 21 Jahre alte Bayer nutzte die überlegene Motorleistung seines von Ford Köln eingesetzten Ford Capri RS 2600 geschickt. Wobei die Typenbezeichnung „RS 2600“ strenggenommen irreführend war. Denn unter der Motorhaube des Capris sorgte ein 2.940 ccm großer und rund 300 PS starker Rennmotor für Vortrieb. Dessen Aluminium-Zylinderköpfe stammten vom Motortuner Harry Weslake. Die damaligen Regeln der Gruppe erlaubten die Homologation von Spezialteilen. Dabei reichte im Prinzip, dass diese in den Preislisten der Hersteller auftauchten und der Hersteller garantierte eine bestimmte Anzahl vorzuhalten.
Stuck gewann das erste Rennen der DRM-Geschichte souverän. Und ließ dem Auftakterfolg bis zum Ende der ersten Saison prompt acht weitere Siege folgen. Damit gewann Hans-Joachim Stuck neun der zehn Läufe und sicherte sich überlegen den ersten DRM-Titel. Zur Meisterschaft gehörten neben acht Rennen auf Rundstrecken auch zwei Bergrennen (Schauinsland und Sauerland). Bester Pilot der Division II war BMW-Fahrer Dieter Basche. Der spätere Audi-Techniker belegte in der DRM-Gesamtwertung den dritten Platz. Und trotz der Überlegenheit von Stuck waren sich nach der Debüt-Saison alle sicher, die neuen Regeln hatten sich bewährt.
Auch das zweite DRM-Jahr unterstrich das Funktionieren der neuen Regeln!
Im zweiten Jahr sicherte sich Dieter Glemser im von Zakspeed eingesetzten Ford Escort RS 1600 den Titel. Auch der Name des Escort war – wie der des Capris im Vorjahr – strenggenommen eine „Mogelpackung“. Denn Zakspeed vertraute in seinen Escort auf den heute legendären BDA-Motor. Der 1.786 ccm große Motor aus der Formel 2 verfügt über einen von Cosworth entwickelten Vierventilzylinderkopf mit zwei obenliegenden Nockenwellen (DOHC). Den Antrieb der Nockenwellen übernimmt ein Zahnriemen, der dem Motor seinen Namen bescherte. Denn „BDA“ ist schlicht die Abkürzung für „Belt Drive, A type“.
Glemser schlug im Kampf um die Meisterschaft seinen Markenkollegen Hans Heyer mit einen Punkt. Wobei Heyer in einem Ford Capri des Werks ausrückte. Die knappe Meisterschaftsentscheidung unterstrich nochmals, dass das Konzept der Serie mit den zwei Divisionen funktionierte. Zu den neun DRM-Läufen 1973 gehörte erstmals auch ein Lauf im Rahmenprogramm des Großen Preis von Deutschland. Zudem zählte – als Saisonfinale – auch der Sauerland Bergpreis wieder zur Meisterschaft. Mit drei Flugplatzrennen sowie dem Auftritt am Norisring bot die Streckenauswahl mehr Abwechslung als im Vorjahr und brachte den Motorsport ins ganze Land.
1974 wirkte sich die Ölkrise auf die Deutschen Rennsport-Meisterschaft aus!
Dieter Glemser verteidigte seinen Titel 1974 erfolgreich. Diesmal verwies der Rennfahrer aus Stuttgart Jörg Obermoser auf den zweiten Rang der Meisterschaft. Losgelöst davon war die Saison 1974 die bisher größte Bewährungsprobe für die junge Meisterschaft. Denn BMW und Ford kündigten nach dem von der Ölkrise verursachten Geschäftseinbruch an, den Aufwand ihrer Rennaktivitäten zurückzufahren. Die ONS reagierte und nahm nur acht Läufe in ihren DRM-Kalender auf. Da ein Bergrennen fehlte, war die DRM im dritten Jahr ihres Bestehens nun erstmals eine reine Rundstrecken-Serie.
Schon 1975 sprach niemand mehr von der Ölkrise. Der Kalender der DRM umfasste wieder zehn Rennen. Allerdings sorgte ein Wintereinbruch in der Eifel dafür, dass ein ursprünglich auf der Nordschleife geplantes Rennen ausfiel. Es zog kurzfristig auf die 2,3 lange Beton-Schleife um. Die Regeln der ONS sahen vor, dass es in diesem Fall keine Meisterschaftspunkte gibt. Deshalb kamen schließlich nur neun Rennen in die DRM-Wertung. Den Titel sicherte sich – auch dank eines Siegs beim Finale in Hockenheim – mit Hans Heyer erneut ein Ford-Pilot.
Die FISA veränderte die Spielregeln für Tourenwagen!
Heyer steuerte 1975 einen von Zakspeed vorbereiteten Ford Escort RS. Wobei der Wegberger im Laufe des Jahres vom „Hundeknochen-Escort“ der ersten Generation in den neuen Escort Mk. II umstieg. In diesem nahm auch Klaus Ludwig als härtester Gegner Heyers die Saison auf. Doch für die letzten drei Saisonläufe wechselte der Bonner in einen Ford Capri RS 3100 in der großen Division, um das direkte Duell mit Heyer zu vermeiden. Doch auch dieser trickreiche Wechsel brachte Ludwig nicht den Titel. Den dritten Meisterschaftsrang sicherte sich mit Albrecht Krebs ebenfalls ein Pilot der großen Division. Krebs setzte 1975 einen BMW 3.5 CSL ein.
Zum 1. Januar 1976 definierte die Automobilsportkommission FISA in ihrem „Anhang J“ zum Sportgesetz neue technische Grundlagen. Die FISA schränkte die Veränderungen von Rennwagen gegenüber ihren Homologationsmodellen in den Gruppen 2 und 4 erheblich ein. So waren zuvor beispielsweise die Kolben freigestellt. Jetzt durften die Tuner nur noch die Serienteile überarbeiten. Auch bei der Bearbeitung der Zylinderköpfe gab es zuvor deutlich größere Freiheiten. Zudem gab es in der alten Gruppe 2 die vergleichsweise einfachen Möglichkeiten, um Spezialteile zu homologieren. Das entfiel in den neuen Regeln ebenfalls. Alles zusammen machte die neuen Tourenwagen „seriennäher“ als ihre Vorgänger.
Die ONS fand Übergangsmöglichkeiten!
Die ONS fürchtete, dass 1976 nicht sofort genügend Fahrzeuge bereitstehen. Deshalb ließ sie ältere Gruppe 2-Fahrzeuge zu, wenn ihre Besitzer diese bei Gewicht und Reifenbreiten an die neuen Regeln anpassten. Das entwickelte sich bald zum Standard. Zumindest die bekannten Starter traten alle mit Autos nach den alten technischen Spezifikationen an. Wobei die Ford Capri und die BMW CSL (mit einer Ausnahme) der Meisterschaft fernblieben. Weder Ford noch BMW sahen eine Chance, dass ihre Autos mit den jetzt vorgeschriebenen schmalen Reifen funktionieren. Zudem stand bei beiden ein Modellwechsel an. Und bei aller Begeisterung Motorsport war auch vor fünf Jahrzehnten schon ein Marketinginstrument.
Neu in der DRM 1976 war der Porsche Turbo. Den Porsche 934 steuerten schon zu Beginn der Saison zehn Piloten. Sie entschieden in der großen Division I am Ende neun der zehn DRM-Läufe der Saison 1976 für sich. Jürgen Neuhaus machte mit einem „älteren“ Porsche 911 RSR beim Flugplatz-Rennen in Kassel-Calden den Durchmarsch von Porsche perfekt. Doch zum Titel reichte es für keinen der 934-Piloten. Bob Wollek und Toine Hezemans gewannen je dreimal. Tim Schenken war zweimal, Helmut Kelleners einmal erfolgreich. Kurzum, die 934-Piloten machten sich 1976 gegenseitig die Punkte streitig. Gleichzeitig zeigen die Namen der Piloten, dass Deutschland und die DRM 1976 das goldene Land der Tourenwagen-Stars war.
In Kassel-Calden streikten 1976 die Top-Teams!
Das Problem des engen Wettbewerbs, der wertvolle Punkte kostete, hatte Titelverteidiger Hans Heyer in der „kleinen“ Division II nicht. Heyer gewann fünfmal und fuhr dazu noch viermal als Zweiter auf das Podest. In Kassel-Calden verzichtete Heyers Zakspeed Team wie die anderen Spitzenteams der DRM auf den Start. Denn seit 1972 zahlten die DRM-Veranstalter 16.000 D-Mark Preisgeld an die ersten zehn Plätze beider Divisionen aus. Mit dem Hinweis auf die gestiegenen Kosten forderten die Teams nun vier Jahre später zusätzlich 1.000 D-Mark Antrittsgeld pro Wagen und Rennen. Dazu sah sich der Veranstalter in Kassel nicht in der Lage und lehnte diese Forderung ab.
Woraufhin die Topteams auf einen Start bei dem Flugplatz-Rennen in Nord-Hessen verzichteten. Schon eine Woche später am Nürburgring kehrten jedoch alle Teams und Fahrer in die Deutsche Rennsport-Meisterschaft zurück. Ende 1976 feierte Hans Heyer eine überlegene Titelverteidigung. Der Titelgewinn von Heyer war in fünf Jahren DRM der fünfte Titelgewinn von Ford. Das war für den Autobauer eine gute Werbung. Denn das ZDF lud die Ford-Piloten mehrfach ins beliebte Sportstudio ein und trug so die Kunde von den Siegen der Marke in die heimischen Wohnzimmer.
Zakspeed war das überlegene Team der frühen DRM-Jahre!
Vier der fünf Titel von Ford holte Zakspeed. Damit unterstrich Zakspeed die Ausnahmestellung, die das Team in den Tourenwagen-Jahren der DRM einnahm. Doch ab 1977 mischte die ONS die Karten neu. Denn sie entschied, dass die DRM ihre seriennahen Tourenwagen in die Rente schickt. Ab 1977 durften die freizügigen Super-Tourenwagen der Gruppe 5 in der DRM starten. Damit brachen Jahre an, in denen Tourenwagen absolut keine Grenzen kennen sollten. Doch dazu gibt es mehr im dritten Teil unser Serie zur Deutschen Rennsport-Meisterschaft.
Veröffentlicht in: Serie: Deutsche Rennsport-Meisterschaft 1972-1985
- Deutsche Rennsport-Meisterschaft: 1977 feierte die Gruppe 5 ihr DRM-Debüt
1977 brach die Deutsche Rennsport-Meisterschaft (DRM) zu neuen Ufern auf. Denn die ONS schrieb die DRM erstmals für die neue Gruppe 5 aus. Mit dem Umstieg auf die neue Fahrzeugklasse löste sich die DRM von den Fesseln der Homologationsklassen. Das mischte die Karten der Teams neu und führte die Meisterschaft in neue Höhen. - Deutsche Rennsport-Meisterschaft: Wie es zur Gründung der DRM kam!
Ende der 1970er-Jahre war die „Deutsche Rennsport-Meisterschaft“ (DRM) nach der Formel 1 die wohl wichtigste europäische Motorsportserie. Im ersten Teil unser Serie über die von 1972 bis 1985 ausgetragene DRM blicken wir zurück, wie es zu ihrer Gründung kam.
Die Deutschen Rennsport-Meisterschaft von 1972 bis 1976 in Stichworten
Titelträger (Fahrer, Team, Fahrzeug)
- 1972 – Hans-Joachim Stuck, Ford Motorenwerke, Ford Capri RS (Division I)
- 1973 – Dieter Glemser, Zakspeed Racing, Ford Escort (Division II)
- 1974 – Dieter Glemser, Zakspeed Racing, Ford Escort (Division II)
- 1975 – Hans Heyer, Zakspeed Racing, Ford Escort (Division II)
- 1976 – Hans Heyer, Zakspeed Racing, Ford Escort (Division II)
Technische Vorschriften – 1972 bis 1975:
Von 1972 bis 1975 fuhr die Deutsche Rennsport-Meisterschaft (DRM) mit Spezial-Tourenwagen (Gruppe 2 – notwendig war der Bau von 1.000 Exemplaren in zwölf Monaten) und Spezial-GT (Gruppe 4 – 500 Exemplare). Dabei war eine umfangreiche Überarbeitung von Motoren und Fahrwerken gestattet. Zur Saison 1976 passte die FISA ihre Homologationsvorschriften an. In der Gruppe 4 sank die für eine Zulassung notwendige Stückzahl auf 400 in 24 Monaten gebaute Fahrzeuge. Zudem beschnitten die Regelhüter die erlaubten Tuning-Maßnahmen. Die ONS ging einen Sonderweg und ließ die alten Fahrzeuge 1976 weiter zu. Sie übernahm von den neuen Regeln nur die Vorschriften für Gewicht und die Breite der Reifen.