Die Briten von J.J. Molenaar’s aus Amersfoort

Mini von J.J. Molenaar’s

Der Mini ist ein ur-britisches Auto. Doch in seiner langen Geschichte lief der Mini nicht nur auf den britischen Inseln vom Band. Auch J.J. Molenaar’s in den Niederlanden fertigte von 1959 bis 1966 den Mini. Wie kam das Unternehmen dazu und warum endete die Montage so früh?

Der Mini ist eine Ikone des britischen Autobaus. Doch nicht jeder Mini ist tatsächlich ein Brite. Denn Minis entstanden auch in zahlreichen anderen Ländern. Der Spitzname unseres Minis lautet nach seinem Produktionsort in Belgien „Fritte“. Weit bekannt sind die Lizenzbauten des Minis von Authi in Spanien und Innocenti in Italien. Weniger geläufig sind die in den Niederlanden von J.J. Molenaar’s in Amersfoort einst montierten Mini. Ihre Produktion startete schon 1959 nur wenige Wochen nach der Premiere des Kleinwagens. Bis 1966 baute Molenaar’s den Briten in den Niederlanden.

Wer war J.J. Molenaar’s?

Die Firma J.J. Molenaar’s Car Companies aus Amersfoort war ab dem 1. Januar 1933 der offizielle Importeur britischer MG in den Niederlanden. Firmengründer Johannes Jacobus Molenaar (1891 bis 1957) blickte da schon auf einige Erfahrung im Autogeschäft zurück. Denn bereits Anfang der 1920er Jahre eröffnete der Unternehmer eine Auto-Werkstatt in Hoevelaken. Ab 1924 war seine Firma in Hilversum zu Hause. Vier Jahre später folgte der Wechsel in eine größere Werkstatt in Amersfoort. Hier handelte Molenaar mit Autos von Cadillac, Buick, LaSalle, FIAT und Citroën.

Werbeanzeige von J. J. Molenaar von 1933
Mit dieser Werbeanzeige warb J. J. Molenaar am 23. März 1933 für seine importierten Fahrzeuge. Neben Autos von Rover gab es damals bei J. J. Molenaar auch Autos von MG.

1929 verkaufte Johannes Jacobus Molenaar die Werkstatt, um sich ganz auf den Handel mit Autos zu konzentrieren. Das nahm William Morris positiv wahr und übertrug dem Niederländer so schließlich die Aufgabe als offizieller Importeur. Zu den Autos von MG und Rover kamen bald auch Fahrzeuge von Morris. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte Molenaar sein Geschäft auch dank 36 im Dachboden eingemauerter Vorkriegs-Morris fort. 1949 startete die Montage des Morris Minor. Dafür mietete der Unternehmer die Werkstatt eines Ford-Händlers in der damals selbständigen Gemeinde Jutphaas an.

Das Geschäft funktionierte in den 1950er-Jahren gut!

Erst 1953 baute J.J. Molenaar’s am Stammsitz in Amersfoort eine eigene Fabrik. Auch hier fertigten die Niederländer zunächst den Morris Minor. Später folgten der Morris Oxford, der MG Magnette, der MG A, der Austin A40 Farina sowie ab 1959 der Mini. Öffentlich trat das Unternehmen jetzt als „Molenaar’s Nederlandse Automobilfabrieken“ auf, warb in eigenen Anzeigen für seine Autos. Wobei „Molenaar’s bald neben Autos auch Nutzfahrzeuge der Nuffield Organisation, einem Teil der BMC, in den Niederlanden montierte.

Mini von J.J. Molenaar’s
Der Mini von J.J. Molenaar’s war vor der Restauration in einem schlechten Zustand. Doch um den Start der Produktion des neuen Mini zu feiern, restaurierte VDL Nedcar den Klassiker. (Foto: BMW)

Die Montage vor Ort war ein Geschäft mit vielen Profiteuren. Die britischen Autobauer sicherten sich so den Absatz ihrer Modelle. Diesen beflügelte, dass ihre auf dem Festland montierten Autos in der Regel günstiger zu haben waren. Denn um die heimische Wirtschaft zu schützen, erhoben nach dem Zweiten Weltkrieg viele Staaten auf fertige Autos hohe Einfuhrzölle. Der Import von Teilesätzen wurde geringer besteuert, um lokale Arbeitsplätze zu schaffen. Das ging auch in den Niederlanden auf. Denn bei Molenaar’s entstanden schnell rund 300 gut bezahlte Arbeitsplätze.


Der Beitritt Großbritannien zur EWG machte das Geschäftsmodell von Molenaar’s kaputt!

Doch der Beitritt Großbritanniens zur EWG machte das Geschäftsmodell der Fahrzeugmontage, wie es Molenaar’s betrieb, unrentabel. Nach dem Entfall der Zollschranken war es günstiger, die ganzen Fahrzeuge aus Großbritannien zu importieren. Auch in Amersfoort lief die Produktion daher 1966 nach mehr als 30.000 gebauten Fahrzeugen aus. Seit 1959 entstanden zuvor bei Molenaar’s immerhin 4.358 Mini. Einen von ihnen restaurierten Mitarbeiter von VDL Nedcar vor etwas mehr als zehn Jahren, um für den Start der BMW-Produktion im ehemaligen DAF-Werk in Born zu werben.

Der restaurierte Mini von J.J. Molenaar’s
Der restaurierte Mini von J.J. Molenaar’s im Kreis der ersten modernen Mini, die in Born entstanden. (Foto: BMW)

VDL Nedcar fertigte ab 2014 Autos aus Bayern. Neben dem Mini Cabrio und dem Mini Countryman lief zeitweise auch der BMW X1 in Born vom Band. Zum 1. März 2024 lief diese Zusammenarbeit aus. VDL Nedcar fand bisher übrigens noch keinen Anschlussauftrag. So plant das Unternehmen zurzeit den Start einer Batterie-Produktion. Denkbar ist auch, dass dort, wo die Produktion 1967 mit dem DAF 33 startete, bald chinesische Autos entstehen. Losgelöst davon bewahrt BMW mit seiner Marke Mini heute das Andenken an die Lizenzfertigung des Namensgebers in den Niederlanden.

Der Mini überstand alle Umbenennungen!

Der Mini lief auch nach dem Ende der Montage in den Niederlanden noch mehr als drei Jahrzehnte weiter, rollte am Ende 41 Jahre lang als Neuwagen aus den Werkshallen seiner – diversen – Erbauer. Bei der Premiere 1959 war der Kleinwagen ein Produkt der British Motor Corporation (BMC). Die BMC fusionierte 1968 mit der Leyland Motor Corporation (LMC) zur British Leyland Motor Corporation (BLMC). Nach deren Verstaatlichung 1975 wurde aus der BLMC die British Leyland Ltd. (BL). Ab 1982 hieß die Firma Austin Rover Group und nahm vier Jahre später den Namen Rover Group an.

Mini von J.J. Molenaar’s
Die Mini von J.J. Molenaar’s kamen wie die britischen Fahrzeuge als Austin Seven und den Morris Minor in den Handel. (Foto: BMW)

1994 erwarb BMW die Rover Group und damit den Mini. Erst im Oktober 2000 stellte die BMW-Tochter MG Rover die Produktion des Kleinwagens ein und schuf anschließend eine Marke, die sich bis heute auf den Kleinwagen beruft. In der langen Zeit, die der Mini als Neuwagen verfügbar war, entstanden neue Mini auch in Australien, Belgien, Chile, Italien, Jugoslawien, Malta, Portugal, Spanien, Südafrika, Uruguay und Venezuela. Nur in den wenigsten Fällen – wie beim von 1963 bis 1981/82 betriebenen Werk im belgischen Seneffe – unterhielten die Briten eigene Auslandswerke.

Die J.J. Molenaar’s Car Companies war nicht alleine!

Die Mehrzahl der Auslands-Mini waren Lizenzbauten unabhängiger Unternehmen. Vier Jahre nach dem Produktionsende bei Molenaar’s nahm beispielsweise auch das Automobilwerk Industrija Motornih Vozil („Industry of Motor Vehicles“ – IMV) im slowenischen Novo Mesto die Montage des Minis auf. Von 1970 bis 1972 entstanden im damaligen Jugoslawien mit 5.354 Exemplaren des „Austin Mini 1000” sogar mehr Mini als in den Niederlanden. Daneben baute IMV auch den Austin 1100, wechselte aber ab 1973 zur Fertigung von Renault-Fahrzeugen.

Industrija Motornih Vozil („Industry of Motor Vehicles“ – IMV)
Die Industrija Motornih Vozil („Industry of Motor Vehicles“ – IMV) arbeitete mit unterschiedlichen Partnern zusammen. Zunächst entstand der DKW-Schnellaster. Später folgten Fahrzeuge von Austin und Renault dazu (Foto: Unbekannt).

Auch Molenaar’s wandte sich nach dem Ende der Fahrzeugproduktion bald von britischen Autos ab. Bis 1970 importierte das Unternehmen noch Fahrzeuge der British Leyland Motor Corporation. Doch auch dieses Geschäft entfiel bald. Denn die BMLC gründete in den Niederlanden eine eigene Werks-Niederlassung. Damit benötigten die Briten Molenaar’s nicht mehr. Der ehemalige Partner hielt noch einige Jahre als Händler von Citroën durch und stellte dann seinen Betrieb ein. Was bleibt, ist das Vermächtnis der rund 30.000 bei Molenaar’s montierten Briten.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Diesen Mini aus der Fertigung von J.J. Molenaar’s restaurierten die Mitarbeiter von VDL Nedcar 2013.

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