Meinung und Kommentar

Test: Jeep Cherokee 4×4 2.2 l MultiJet Limited

Große SUV, Amerikaner im Besonderen sind Spritschlucker, sagt der Volksmund. Was für ein Quatsch sagt unser Testergebnis. Mit einem Verbrauch von weniger als 6,4 Litern beeindruckt der Jeep Cherokee 4×4 2.2 l MultiJet Limited in unserem Test. Das macht den sparsamen Indianer zum Geheimtipp für SUV-Freunde

1984 gehörte der Jeep Cherokee zu den Mitbegründern des bis heute anhaltenden SUV-Trends. Damals war die Jeep-Mutter American Motors Corporation (AMC) eng mit Renault verhandelt. Doch den Franzosen fehlte das Geld für eine vollständige Übernahme. Stattdessen ging AMC 1987 an Chrysler. Seit 2008 ist der US-Autobauer eine Fiat-Tochter. Die SUV von Jeep waren für Fiat ein wichtiger Grund, um Chrysler zu kaufen.

Schließlich kaufen überall auf der Welt Menschen die automobilen Geländegänger, um mit ihnen den urbanen Lebensraum zu erkunden. Diesen Widerspruch lösen viele Hersteller indem sie SUV ohne besondere Geländefähigkeiten anbieten. Auch den Cherokee gibt es eine Version mit Vorderradantrieb. Aber so richtig Jeep ist ein Jeep natürlich nur mit Allradantrieb.

Denn der Ursprung der Marke liegt in einem kleinen robusten Geländewagen, den die US-Truppen im Zweiten Weltkrieg nutzen. Nach dem Zweiten Weltkrieg bediente die Marke Jeep bevorzugt Menschen, die in Amerikas dünnbesiedelten Gebieten lebten. Um so mehr war ich gespannt, was der aktuelle  Cherokee bietet. Denn die vierte Generation des SUV-Klassikers ist das erste Auto, das vollständig unter der Regie der Italiener entstand.

Wie wirkt der Jeep Cherokee auf mich?

Offensichtlich haben die neuen Herren aus Turin den Wert der Marke Jeep verstanden. Denn der Jeep Cherokee ist auf den ersten Blick als Jeep Cherokee zu erkennen. 4,62 Meter Länge, 1,86 Meter Breite ohne Spiegel und eine Höhe von 1,67 Metern sorgen für einen stattlichen Auftritt. Im Quervergleich mit europäischen Kontrahenten wie dem Audi Q5, dem BMW X3 oder dem Mercedes GLC fällt zudem die eigene Linie des Jeep auf.

Der Jeep Cherokee verfügt über eine markante Karosserie. Sie folgt der vom Ur-Modell 1984 vorgegebenen Form, ohne in Gefahr zu laufen, als Retro-Kitsch abgetan zu werden.

Der Amerikaner ist kantiger als seine Wettbewerber. Das ist durchaus konsequent. Denn die kantige Gestaltung des Jeep ist seit dem ersten Cherokee ein Markenzeichen der Amerikaner. Auch wenn natürlich die Anforderungen an Fußgängerschutz und Aerodynamik im Laufe der Zeit auch beim Cherokee ihre Spuren hinterlassen haben. Trotzdem ist der SUV aus den USA  nicht so rundgelutscht, wie es in dieser Klasse inzwischen Standard ist.

Ich mag das! Auch wenn es, zumindest bei dem von Karla und mir getesteten Cherokee, an der Karosserie für meinen Geschmack zu viel Chrome gibt. Aber irgendwie ist ja auch dieser Chrome konsequent. Schon in den 1950er und 1960er-Jahren, als die amerikanische Automobilindustrie noch Trends setzte, vertrauten die amerikanischen Designer mit besonderer Hingabe auf das auffällige Glanzmittel.

Wie kann ich im Jeep Cherokee sitzen?


Tom Schwede

Der Jeep Cherokee ist ein Reiseauto ohne echte Schwächen. Mich würde interessieren, ob der Amerikaner in einem Dauertest den positiven Eindruck des Test bestätigt.

Ich bin mehr als zwei Meter lang. Im Jeep Cherokee ist genug Platz, um meinen langen Körper am Lenkrand unterzubringen. Die bequemen Sitze ermöglichen auch auf längeren Strecken ein ermüdungsfreies Reisen. Trotzdem gibt es beim Thema Sitzen einen Kritikpunkt. Denn das Lenkrad lässt sich nach meinem Geschmack nicht weit genug nach oben verschieben. Mir fehlen da drei oder vier Zentimeter, die ich die Hände beim Fahren gerne höher halte.

Ansonsten kann sich die Ausstattung des Testwagens sehen lassen. Dank des optionalen Technologie-Pakets (Aufpreis 2.390 Euro) sind unter anderem ein Spurhalteassistent sowie eine Geschwindigkeitsregelanlage mit adaptiver Abstandsregelung und Stop & Go-Funktion an Bord. Features, die dazu beitragen, dass das Reisen mit standesgemäßem Komfort erfolgt. Ganz ami-typisch machen sie den Cherokee zu einem Cruiser.

Bei warmen Temperaturen bewährt sich die Nappa-Lederausstattung. Selbstredend gibt es für die kalte Jahreszeit auch eine Sitzheizung. Ein nettes Detail ist der Schriftzug „Since 1941“ auf dem Lenkrad, der auf den 75. Geburtstag der Marke Jeep hinweist. Nur die stabilen Kunststoff-Fussmatten des Cherokee, die Jeep in der Preisliste als Allwetter-Fußmatten bezeichnet, wirken auf den ersten Blick etwas aus der Zeit gefallen. Trotzdem machen auch sie im Gesamtpaket mit dem Allradantrieb und der kantigen Außenhülle einen stimmigen Eindruck.

Wie fährt sich der Jeep Cherokee?

In den meisten Fällen wird ein Cherokee, den Jeep heute ausliefert, seinen Arbeitsalltag hauptsächlich auf der Straße „erleben“. Dort macht der 2,2 Liter große Dieselmotor den SUV zu einem souveränen Begleiter. Mit einem maximalen Drehmoment von 440 Newtonmetern geht das Fahren mit dem Jeep Cherokee leicht von der Hand. Dabei hilft, dass dieses Kraftmaximum bereits bei einer Drehzahl von 2.500 Umdrehungen pro Minute anliegt.

Den positiven Eindruck verstärkt, dass der Vierzylinder 75 Prozent seines maximalen Drehmoments bereits bei 1.500 Umdrehungen pro Minuten abruft. In Verbindung mit der Neungangautomatik ist das eine richtig runde Geschichte. Denn die Automatik, die ZF liefert, schaltet seidenweich. Als Team gehören der Motor und die Automatik zum Besten, was ich seit Langem in dieser Fahrzeugklasse fahren durfte.

Einsteigen, Motor starten, Fahrstufe einlegen und dann kann der Fahrer den Wahlhebel vergessen. Bisher habe ich bei keinem Test so selten den Drang verspürt, der Automatik zu befehlen, einen anderen Gang einzulegen. Denn die Steuerung der Automatik hält den Motor nach Möglichkeit immer im Bereich des maximalen Drehmoments. Um die Drehzahl zu senken, legt die Automatik so früh wie möglich einen der oberen Gänge ein.

Der Chrome, den es am Jeep praktisch überall gibt, ist genauso amerikanisch wie das ganze Auto.

Das reduziert die Geräuschkulisse und natürlich den Verbrauch, ohne jedoch den Fahrer mit Verzicht zu quälen. Denn wenn es darauf ankommt, dann ist der Jeep Cherokee sofort da. Dank des kräftigen Drehmoments kann es jederzeit vorwärtsgehen. Wo es besonders sprunghaft nach vorne gehen soll, schaltet die Automatik weich zurück.

Bei Bedarf setzt sich die Beschleunigung bis zu einer Spitzengeschwindigkeit von 204 Kilometern pro Stunde fort. Ich habe das ausprobiert. Selbst bei diesem Tempo bleibt der SUV ein gutmütiger Begleiter. Allerdings sollte der Fahrer nicht vergessen, dass sich hier bis 2,5 Tonnen bewegen und im Notfall auch geordnet zum Stillstand kommen wollen.

Was verbraucht der Jeep Cherokee?

Machmal ist der Teufel ein Eichhörnchen. Denn wenn ich ein Auto testen darf, lese ich im Regelfall nicht, was andere über das betreffende Fahrzeug schreiben. Beim Jeep Cherokee war es durch einen Zufall anders. Vor dem Test las ich, dass die Kollegen von Spiegel Online „im ganz normalen Alltagsbetrieb“ 8,8 Liter verbrauchten. Damit läge der amerikanische Geländegänger deutlich über der Normangabe von 5,7 Litern.

Im Innenraum gibt es etwas mehr Plastik als bei den Wettbewerbern aus Europa. Trotzdem ist alles vorhanden, was der Autofahrer im Alltag benötigt.

Ich registrierte diese Info und dachte mir, da musst Du mal darauf achten. Entsprechend überrascht reagierte ich, als ich nach einer fast 350 Kilometer langen Tour am Bordcomputer ein Zwischenergebnis von 5,2 Litern ablas. Ich postete ein Bild mit der Anzeige des Spritverbrauchs bei Facebook. Die Reaktionen waren eindeutig. Mir schlug eine gewisse Häme entgegen. „Pah, Bordcomputer“ lese ich. Doch der Spott ist unangebracht! Nach mehreren Kontrollmessungen – ich war deshalb mehrfach bereits nach rund 100 Kilometern tanken – kann ich sagen, dass der Bordcomputer relativ genau ist.

Wir verbrauchen 6,38 Liter pro 100 Kilometer!

Karla und ich haben im Test durchschnittlich 6,38 Liter für 100 Kilometer verbraucht. Mathematisch richtig gerundet zeigt der Bordcomputer dazu passend einen Wert von 6,4 Litern an. Kritiker werden jetzt anführen, dass auch das über der Normangabe liegt. Sorry, aber wer das sagt, der hat das mit dem Normverbrauch immer noch nicht verstanden. Der Normverbrauch ist ein im Labor ermittelter Referenzwert.

Referenzwerte dienen der Vergleichbarkeit. Daher werden sie unter vergleichbaren und reproduzierbaren Bedingungen ermittelt. Daher sind sie selten realistisch. Seit selbst Albanien ein EU-Beitrittskandidat ist, ist das mit geschlossenen Volkswirtschaften in der Realität auch so eine Sache. Trotzdem quälen sich auch heute noch BWL- oder VWL-Studenten mit einem entsprechenden Modell im Grundstudium.

Zurück zum Jeep Cherokee, der tatsächliche Spritverbrauch muss zwangsläufig von der Normangabe abweichen. Denn das persönliche Fahrverhalten wird sich nur selten mit den Modellannahmen der Vergleichsmessungen decken. Wer noch gleichmäßiger fährt, der kann mit dem Jeep Cherokee sogar einen Verbrauch zu erzielen, der unter der Normangabe liegt. Doch das hat dann nur für Sparfetischisten noch etwas mit Fahrspaß zu tun.

Normale Menschen verbrauchen etwas mehr und zahlen dann der Tankstelle einen Aufpreis für ihr Fahrverhalten. Im Fall von Karla und mir liegt der Mehrverbrauch bei 0,8 Litern. Das entspricht knapp 14 Prozent. Ich finde, dass sich das sehen lassen kann. Doch es bleibt mir nach unserem Test völlig schleierhaft, wie die Kollegen vom Spiegel ihren Verbrauch hinbekommen haben. Denn ein Plus von 57 Prozent ist selbst mit einem ziemlich ungezügelten Gasfuß nicht hinzubekommen.

Selbst bei Vollgas ist der Jeep kein Trinker!


Karla Schwede

Es gab hier schon einige Testwagen, die dieses typische Hätte-ich-gerne-aber-Gefühl bei mir ausgelöst haben. Hätte ich gerne, aber viel zu groß für einen Ballungsraum wie das Ruhrgebiet! Hätte ich gerne, aber zu klein für drei lange Menschen und zwei schmale Hunde! Hätte ich gerne, aber … Bei dem Jeep Cherokee gibt es kein Aber. Er passt zu uns. Er ist nicht zu groß und nicht zu klein. Er ist sparsam, bequem, bietet alles, was wir brauchen und schick ist er dazu. Ich habe ihn sehr gerne gefahren und mich mit ihm rund herum wohl gefühlt. Es gibt in meinen Augen nur einen einzigen Mangel: Ich habe keinen vor der Tür stehen.

Auf dem Weg zu einem Termin in der Nähe von Magdeburg war ich mit dem Jeep Cherokee auch auf der Autobahn unterwegs. Da ich mal wieder spät dran war, artete diese Fahrt zu einem Hochgeschwindigkeitstest aus. Ich kann aus eigener Erfahrung bestätigen, dass der SUV seine Höchstgeschwindigkeit, die Jeep mit 204 Kilometern pro Stunde angibt, tatsächlich ohne Probleme erreicht. Selbst bei diesem Vollgastest stieg der Spritverbrauch auf maximal 7,3 Liter an.

Auf dem Rückweg gerate ich in einen heftigen Stau. Zwischen Peine und Hannover verliere ich fast zwei Stunden. Es geht nur im Schritttempo vorwärts. Die Start-Stopp-Automatik begrenzt die Laufzeit des Motors und senkt damit den Verbrauch. Doch der Stau ist so dicht, dass der Motor teilweise durchläuft. Zudem scheint die Sonne. Passend zum ultimativen Verbrauchstest habe ich einen der wenigen Frühsommertage erwischt, die Klimaanlage läuft zur Höchstform auf.

Alles zusammen treibt den Verbrauch nach oben. Trotzdem liegt er am Ende nur bei 7,6 Litern. Das bleibt mein Maximalwert. Ich gebe auf. Keine Ahnung, wie man mit dem Jeep Cherokee einen Testverbrauch von 8,8 Litern hinbekommt. Hey, liebe Kollegen, bei der nächsten Fahrveranstaltung bitte ich um Nachhilfe.

Fazit zum Jeep Cherokee 4×4 2.2 l MultiJet Limited

Daten zum Testwagen:

  • Typ: Jeep Cherokee 4×4 2.2 l MultiJet Limited
  • Grundpreis: 50.270 (06/2016)
  • Motor: 4-Zylinder-Turbo-Dieselmotor mit Common-Rail-Direkteinspritzung
  • Emissionsklasse: Euro 6
  • Getriebe: Neungangautomatik
  • Hubraum: 2.184 ccm
  • max. Leistung: 200 PS bei 3.500 1/min
  • max. Drehmoment: 400 Nm bei 2.500 1/min
  • Höchstgeschwindigkeit: 204 km/h
  • Versicherungstypklassen: 23, 24, 22 (Haftpflicht, Voll-, Teilkasko)


Der Jeep Cherokee hat mit seinem Verbrauch von 6,38 Liter Diesel pro 100 Kilometer in unserem Test für Erstaunen gesorgt. Schließlich hat der SUV ein Leergewicht von fast zwei Tonnen. Doch das harmonisch zusammenarbeitende Duo aus Motor und Neungangautomatik sorgt dafür, dass sich der Amerikaner im Alltag auf der Straße leichter anfühlt. Interessant, dass Fiat und Jeep die Euro-6-Norm ohne den Zusatzstoff AdBlue (Harnsäure-Lösung) erfüllt.

Mit seinem Antrieb hat der Cherokee angenehm überrascht und braucht sich hinter niemanden zu verstecken. Den positiven Eindruck verstärkt die gute Ausstattung des Testwagens. Denn zur umfangreichen Serienausstattung des Testwagens gehören unter anderem Bi-Xenon-Licht, eine Klimaautomatik, die elektrische Heckklappe sowie die geteilt längs verschiebbaren Rücksitze und eine Rückfahrkamera.

Insgesamt ist der erste Jeep, der unter der Fiat-Regie entstand, voll auf der Höhe seiner europäischen Wettbewerber. Der Jeep Cherokee 4×4 2.2 l MultiJet Limited ist ein heißer Tipp für alle, die nicht das gleiche Auto viele Kollegen fahren wollen. Wobei sie sich beeilen sollten. Denn es ist zu erwarten, dass sich die Qualitäten des SUV aus Amerika herumsprechen. Und dann entscheiden sich gewiss auch andere SUV-Freunde bei der Neuanschaffung statt für einen Audi, BMW oder Mercedes vielleicht bald für einen Jeep Cherokee.

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!