NSU fand ab 1969 eine neue Heimat unter dem Dach von Volkswagen. Die Wolfsburger brachten ihre Tochter Auto Union GmbH als Sacheinlage in die neue „Audi NSU Auto Union Aktiengesellschaft“ ein. Damit übernahm Volkswagen auch den NSU Ro 80 und die Wankel-Historie der NSU Motorenwerke. Der fertigentwickelte NSU K70 kam als VW K70 auf den Markt. Dabei war der K70, das wird heute oft übersehen, der erste VW mit einem wassergekühlten Frontmotor. 1977 verschwand mit dem Auslaufen des Ro 80 die Marke NSU vom Markt. Gut sieben Jahre später strichen die neuen Herren den Namen NSU auch aus dem Firmennamen ihrer Tochter. Diese firmiert seither als Audi AG.
NSU ist inzwischen praktisch vergessen!
Heute kümmert sich die Audi Tradition hingebungsvoll auch um das Erbe von NSU. Sie zeigt Meilensteine der NSU-Geschichte bei ausgewählten Veranstaltungen und in den von ihr betreuten Ausstellungen. Trotzdem ist NSU in der Geschichtsschreibung des Volkwagen-Konzerns heute nur noch eine Randnotiz. Kenner der Wolfsburger Entscheidungswege sind sich sicher, dass Ferdinand Piëch Pläne für eine Wiederbelebung der Marke NSU als Zweirad-Hersteller hatte. Doch dazu kam es nicht. Es gibt Stimmen, die wahlweise den Diesel-Skandal oder eine Terror-Gruppe, die den Namen NSU missbrauchte, für das ausgebliebene Comeback verantwortlich machen.
1971 war die Zukunft von NSU noch nicht entschieden. Auf dem Autosalon in Turin stand mit dem Ro 80 2 Porte +2 eine Studie zur Zukunft der Marke. Mit der Studie durfte Pininfarina zeigen, wie ein Nachfolger des Ro 80 aussehen könnte. Die klaren Linien der Studie waren ein Konterpart zum aerodynamisch geformten Vorgänger aus Neckarsulm. Dessen Design stand von der ersten Minute im Zentrum der Kritik. Wer bei Regen eine Tür des Ro 80 öffnete, der saß anschließend gerne auf einem nassen Sitz. Im Sommer heizte der Innenraum stark auf. Kein Wunder, dass sich Pininfarina mit der Gestaltung des Ro 80 2 Porte +2 sich klar vom Vorgänger absetzte.
Rudi Klein erwarb den NSU Ro 80 2 Porte +2
Technisch basierte der Ro 80 2 Porte +2 auf seinem „Vorgänger“. Eine Besonderheit der Studie waren die „Selbstmördertüren“. Denn an der C-Säule aufgehängte Türen waren in Deutschland seit 1961 verboten. Der Gesetzgeber befürchtete, dass solche Türen beim Fahren durch den Fahrtwind unbeabsichtigt aufgehen. Deshalb lassen sie sich beim Ro 80 2 Porte +2 nur öffnen, wenn zuvor die Vordertüren geöffnet werden. Eine weitere Besonderheit war das Dach, das sich anheben und nach hinten schieben lässt, um es in einer Aussparung auf dem Kofferraumdeckel abzulegen. Im Innenraum bot die Studie übrigens nur vier Personen Platz.
Gut möglich, dass sowohl die Anordnung der Türen als auch das zu öffnende Dach nicht den Sprung zum Serienmodell geschafft hätten. Aber das tut der Faszination der Studie keinen Abbruch. Nach dem Messedebüt in Turin durfte Pininfarina den NSU Ro 80 2 Porte +2 auch in Brüssel ausstellen. 1993 – zwei Jahrzehnte nach seinem Debüt – hatte die Studie eine große Geschichte in der Motor Klassik. Ein Jahr später war sie der umjubelte Star eines NSU-Treffens in den Niederlanden. Damals gehörte das Auto einem Amerikaner. Dieser verkaufte es 1995 an Rudi Klein. Damit war die Pininfarina-Studie eines der letzten Autos, die Klein für seine Sammlung erwarb.
Inzwischen ist die Studie (wieder) in den USA!
Rudi Klein stammte aus Rüsselsheim. Mit 18 wanderte Klein – wie Walter Wolf – nach Kanada aus. Später betrieb der gelernte Metzger einen Schrottplatz. Auf diesem hortete Klein, der 2001 verstarb, zahlreiche automobile Raritäten. Das war in der Oldtimer-Szene lange ein offenes Geheimnis. Trotzdem griffen die Medien die Nachricht von der Versteigerung der von Klein gesammelten Fahrzeuge im Spätsommer dankbar auf. Doch, das ging in dem medialen Hype um den Schrottplatz bisher unter, gehörten zur Sammlung von Klein auch gut erhaltene Besonderheiten – wie der NSU Ro 80 2 Porte +2, den Klein und seine Erben zuletzt als Leihgabe Audi zur Verfügung stellten.
Doch inzwischen ist der NSU Ro 80 2 Porte +2 wieder in den USA. Und kam dort jetzt bei RM Sotheby’s unter dem Hammer. 461.500 US-$, das entspricht 425.600 Euro war die Studie einem bisher unbekannten Bieter wert. Damit erzielte sie deutlich mehr als das Auktionshaus vor der Versteigerung annahm. Denn der Schätzpreis lag vor der Auktion nur bei 60.000 bis 80.000 US-Dollar. Es wird spannend, wo die Studie wieder auftaucht. Eigentlich gehört diese Studie nach Neckarsulm an dem Stammsitz von NSU. Aber ob der Volkwagen-Konzern angesichts der aktuellen Sparpläne in seine Geschichte investiert? Das erscheint leider fraglich.