Rennsport-Geschichten

11. April 1928 – Präsentation des Opel RAK 1

Wer heute an die Raketen-Wagen von Opel denkt, der erinnert sich zunächst an Fritz von Opel und seine Rekordfahrten. Dabei saß bei der ersten öffentlichen Fahrt des Opel RAK 1, heute vor 85 Jahren, ein anderer Pilot im Cockpit. Opel-Ingenieur und Rennfahrer Kurt C. Volkhart eröffnete am 11. April 1928 das automobile Raketenzeitalter.

Opel RAK 1 mit Kurt C. Volkhart im Cockpit
Kurt C. Volkhart am Steuer des ersten Raketenautos Opel RAK 1 (Foto: Opel)

Aufmerksame Leser bringen mit dem 1890 geborenen Kurt C. Volkhart zunächst den „V2 Sagitta“ in Verbindung. Mit einem Luftwiderstandsbeiwert von 0,217 verblüffte dieser bereits 1947 umgebaute Käfer vor einigen Tagen im Windkanal die Fachwelt. Der Wagen ist ein eindrucksvoller Beleg für die Vielseitigkeit von Volkhart. Zunächst als Werksrennfahrer in Diensten des schwäbischen Automobilherstellers Steiger tätig, kam der Kölner Mitte der 1920er-Jahre zu Opel. In Rüsselsheim träumt Fritz von Opel davon, den Weltraum zu erobern.

Der Publizist Max Valier, Verfasser des Werks „Der Vorstoß in den Weltenraum“ infizierte den Juniorchef mit der Faszination für die Raketentechnik. Der Enkel des Firmengründers Adam Opel erkennt das Marketingpotenzial der Idee, wenn ein Opel besonders schnell unterwegs ist. Der norddeutsche Raketenkonstrukteur Friedrich Wilhelm Sander liefert Opel zum Bau des ersten Raketen-Wagens Feststoff-Raketen. Als Versuchsträger dient ein Opel 4/12 PS „Laubfrosch“. Zunächst montieren die Verantwortlichen zwei Raketen an dem Kleinwagen.

Die Jungfernfahrt dauert 35 Sekunden

Im März 1928 beginnen unter strengster Geheimhaltung die ersten Testfahrten auf der Opel-Rennbahn. Seit 1920 verfügt Opel bei Rüsselsheim über ein Beton-Oval als permanente Versuchs- und Rennstrecke. Hier will Opel dem ungewöhnlichen Gefährt das Laufen beibringen. Der Pilot Kurt C. Volkhart und sein Fahrzeug legen dabei 150 Meter zurück. Nach weiteren Testfahrten gelingt es, eine vollständige Runde auf der 1,5 Kilometer langen Teststrecke zu absolvieren. Wie 40 Jahre später bei den Mondflügen des Apollo-Programms setzen auch die Entwickler bei Opel auf einen mehrstufigen Antrieb.

Die erste Rakete setzt den „Laubfrosch“ in Bewegung. Anschließend übernehmen weitere Rakete als „Dauerbrenner“ den Antrieb des Gefährts. Als das Ganze zuverlässig funktioniert, lädt Opel am 11. April 1928 die Presse nach Rüsselsheim ein. Vor dem Start der Raketen überzeugt Opel das Publikum von der „Motorlosigkeit“ des Raketen-Wagens. Dort, wo im „Laubfrosch“ normalerweise der Verbrennungsmotor sitzt, verfügt der Raketen-Wagen „nur“ über eine speziell für die Fahrten mit dem Raketenantrieb entwickelte elektrische Zündanlage, die die Raketen befeuert.

Opel RAK 1 – ohne klassischen Motor
Kurt C. Volkhart kontrolliert die Zündanlage am Opel RAK 1 (Foto: Opel)

Über ein Fußpedal kann Pilot Kurt C. Volkhart paarweise die Raketen zünden. Insgesamt zwölf Raketen sich in einem Stahlkasten am Heck des Opel RAK 1 getauften Fahrzeugs angebracht. Zwei von Volkhart konstruierte, seitlich angebrachte Flügel sorgen dafür, dass die Vorderachse den Kontakt zur Straße nicht verliert. Nach acht Sekunden erreicht Volkhart ein Tempo von 100 Kilometern pro Stunde. Dann setzt ein Kabelbrand dem Vortrieb ein Ende. Deshalb zünden nur sieben der Raketen wie gewünscht. Die Zündkabel für fünf weitere Raketen sind durchgebrannt.

Beim Start schießt der Opel RAK 1 nach vorne

Trotzdem feiert die Presse die Fahrt als Triumph einer neuen Technologie. Bereits in den ersten Zeitungsberichten über die Jungfernfahrt ist von Amerikaflügen und Weltraumreisen die Rede. Fritz von Opel ist von der Aufmerksamkeit begeistert und kündigt die Fortsetzung der Forschungsarbeiten an. Nur sechs Wochen später tritt von Opel selbst auf der Berliner AVUS mit dem weiterentwickelten Raketen-Wagen zum Rekordversuch an. Anders als der Opel RAK 1 erinnert beim RAK 2 nichts mehr an den Laubfrosch.

Dank 120 Kilogramm Sprengstoff an Bord erreicht von Opel mit dem RAK 2 eine Geschwindigkeit von 238 km/h. Fritz von Opel wird damit zum Raketen-Fritz. Das ist nicht ganz falsch. Doch der Erste, der sich an das Lenkrad eines Raketenwagens setzte, das war sein Mitarbeiter Kurt C. Volkhart.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Kurt C. Volkhart am Steuer des ersten Raketenautos Opel RAK 1 (Foto: Opel)

Foto: Opel

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!