Auto-Erinnerungen

SEAT 1400 – der Erste seiner Art

1950 entsteht in Barcelona der Autohersteller SEAT. Gut drei Jahre später stellt SEAT mit dem SEAT 1400 sein erstes Fahrzeug vor.

Auch in Spanien gründen sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zahlreiche Autohersteller. 1904 entsteht mit Hispano-Suiza eine Marke, die sich schnell weltweit einen guten Ruf erarbeitet. Doch die Mehrzahl der spanischen Autohersteller überlebt nur wenige Monate. América Autos (1913 bis 1922), Automóviles Landa (1916 bis 1930) und Automóviles España (1917 bis 1927) halten sich immerhin etwas länger. Spätestens mit der Weltwirtschaftskrise wird Hispano-Suiza wieder zum Alleinunterhalter.

Als nach der großen Krise im Rest der Welt ein moderater Aufschwung folgt, lähmt der Spanische Bürgerkrieg in den 1930er-Jahren das Land. Das Franco-Regime sucht sein Heil in einer Verstaatlichungswelle. Aus Hispano-Suiza wird der Staatskonzern „Empresa Nacional de Autocamiones“ (ENASA). Ab 1946 fertigt ENASA Lastwagen und Busse. Sie dominieren zusammen mit dem skurrile Biscúter, einem offenen türlosen Wägelchen, schnell das bescheidene Straßennetz.

Anfang der 1950er-Jahre darf ENASA-Chefkonstrukteur Wifredo Ricart mit dem wunderbaren Pegaso Z-102 technische Kompetenz demonstrieren. Der Sportwagen war 2012 einer der Stars auf der Techno Classica. Doch in den 1950er-Jahren ist der Sportwagen für den Bedarf von Gewerbetreibenden und des auch in Spanien langsam wachsenden Mittelstands nicht das passende Fahrzeug.

1950 entsteht SEAT

Bereits in den 1940er-Jahren gibt es bei Hispano-Suiza Pläne zum Bau eines Mittelklasse-Modells. Zusammen mit einer spanischen Großbank gründet Hispano-Suiza das Tochterunternehmen S.I.A.T („Sociedad Ibérica de Automóviles de Turismo“). Doch dieser „Autobauer“ nimmt nie die Produktion auf. Auf staatliche Initiative wird 1950 aus S.I.A.T. die Sociedad Española de Automóviles de Turismo (SEAT). Etwa zeitgleich entsteht auch die Fabricación de Automóviles (FASA) in Valladolid.

Beide neuen Autobauer wissen, dass die Kooperation mit einem etablierten Autohersteller den Marktstart vereinfacht. Die „Ausländer“ lockt, dass die Machthaber den Eintritt in den spanischen Markt mit hohen Importzöllen blockieren. FASA arbeitet mit Renault zusammen. SEAT kooperiert mit FIAT und nimmt im November 1953 die Produktion des SEAT 1400 auf. Der erste SEAT wird von einem 1.395 ccm großen Reihen-Vierzylinder-Benzinmotor angetrieben. Der leistet 44 CUNA-PS und beschleunigt das Fahrzeug auf rund 120 Kilometer pro Stunde.

Werbeanzeige für die Handwerker-Variante des ersten SEAT

Doch interessanter ist von Anfang an der Nutzwert!

Das verdeutlichen auch zeitgenössische SEAT-Anzeigen. In ihnen betont das Unternehmen das Landevolumen von bis zu 2,35 Kubikmetern und die Zuladung von bis zu 500 Kilogramm. Daneben fanden die Werber damals auch den Spritverbrauch von elf Litern pro 100 Kilometer erwähnenswert. Und selbstverständlich – wir sind im stolzen Spanien – fehlt auch der Hinweis auf die „producción nacional“ nicht.

Die Produktion in Spanien startet Ende 1953 mit 925 Beschäftigten und fünf Fahrzeugen pro Tag. Drei Jahre später stößt die Fabrik im Stadtbezirk Sants-Montjuïc von Barcelona bereits 42 Fahrzeuge pro Tag aus. 1964 bringen es 10.000 Beschäftigte schon auf einen Tagesausstoß von 300 Einheiten. Dazu entstehen rund um die Fabrik weitere Arbeitsplätze bei Zulieferunternehmen. Denn der Plan der Machthaber sieht eine Wertschöpfung von 93 Prozent in Spanien vor. Schon 1955 liegt der Anteil der Teile, die in Spanien entstehen, bei 100 Prozent.

Anders als Konkurrent FASA – heute Renault Spanien – betrachten spanische Kunden SEAT von Anfang an als spanische Marke. Das wird auf alten Fotos aus Spanien deutlich. Dort dominieren in der Regel Autos von SEAT das Straßenbild. Anfang der 1980er-Jahre nabelt sich SEAT vom Lizenzgeber FIAT ab. In Zusammenarbeit mit Porsche entsteht die erste Generation des Kleinwagens Ibiza. Heute gehört SEAT zu VW und der erste SEAT bleibt trotz – heute – fremder Wurzeln ein wichtiger Meilenstein. Denn mit dem SEAT 1400 wurde aus der Idee Sociedad Española de Automóviles de Turismo der Autobauer SEAT.

SEAT 1400 im Überblick:

  • Gebaut von 1953 bis 1964, insgesamt entstehen bei SEAT 98.114 Exemplare.
  • Grundlage des ersten SEAT ist der 1950 vorgestellte FIAT 1400 – damals ein modernes Auto.
  • Das Design des Fahrzeugs ist stark von amerikanischen Autos dieser Epoche beeinflusst.
  • 1955 stellt SEAT den 1400 A mit 50 PS vor. Bei ihm stammen erstmals auch alle Einzelteile aus Spanien.
  • 1957 folgt der 1400 B. Inzwischen hat der SEAT 1400 58 PS.
  • 1959 stellt SEAT ein Cabrio mit Panorama-Windschutzscheibe, Lederausstattung und Lufthutzen auf der Motorhaube vor. Es entsteht beim Karosseriebauer SERRA auf Kundenwunsch.
  • 1960 spendiert SEAT dem 1400 eine neue Trapezform-Karosserie des FIAT 1800. Sie stammt aus der Feder von Pietro Frua. Unter dem Blech ändert sich nichts.

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!