Auto-Erinnerungen

Studebaker Avanti – der letzte Studebaker

Seit ein paar Jahren moderiere ich regelmäßig bei Youngtimer- und Oldtimer-Treffen sowie bei Veranstaltungen des historischen Motorsports. Zu den ungewöhnlichsten Autos, die ich dabei traf, gehört der Studebaker Avanti.

Denn das Coupé debütierte 1962 als Studebaker. Doch Studebaker baute den fortschrittlichen Sportwagen nur ein gutes Jahr. Mit der Einstellung des Avanti leitete der Autobauer das Ende der eigenen Autoproduktion ein. Doch ehemalige Studebaker-Händler gründeten die Avanti Motor Corporation. Sie bot ab 1965 den Avanti wieder an. Ihr Avanti II hielt sich satte 26 Jahre bis die Produktion Anfang der 1990er-Jahre auslief.

Damit überlebte der Sportwagen seinen ehemaligen Hersteller um mehr als zwei Jahrzehnte. Denn die Studebaker Corporation verabschiedete sich bereits 1966 aus dem Automarkt. Der Wettkampf mit den US-Riesen Ford, General Motors und Chrysler überforderte das in Indiana ansässige Unternehmen. Damit endete eine Unternehmensgeschichte, die mehr als 100 Jahre zuvor mit dem Bau von Kutschen und Fuhrwerken begann.

Studebaker vom Kutschen- zum Autobauer

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts galt Studebaker als US-Marktführer bei Kutschen. Das Geheimnis des Erfolgs war ein umfangreiches Vertriebsnetz. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts nutzte Studebaker dieses Vertriebsnetz, um Elektrofahrzeuge der E-M-F Company zu verkaufen. Nach ein paar Jahren integrierte Studebaker den Lieferanten und vollzog damit den Wandel vom Kutschenhersteller zum Autobauer.

Studebaker baute typisch amerikanische Autos mit Sechs- und Achtzylindermotoren. Doch nach dem Zweiten Weltkrieg fehlte das Kapital, um mit den großen Drei aus Detroit mitzuhalten. Die Fusion mit Packard brachte ab 1954 nicht den erwünschten Befreiungsschlag. Doch spätestens Ende der 1950er-Jahre fehlte immer mehr das Geld für echte Neuentwicklungen. Der Autobauer versuchte stattdessen, seine Modelle durch Facelifts mit Kunststoffteilen attraktiv zu halten.

Studebaker Avanti als Antwort auf die Corvette

Um Aufmerksamkeit für die normalen Modelle zu erzeugen, stellte Studebaker den 1962/63 den Sportwagen Avanti vor. Obwohl der Avanti die Chevrolet Corvette herausfordern sollte, orientierten sich die Verantwortlichen beim Platz und der Gestaltung europäischen Sportwagen. Unter der von der französischen Design-Legende Raymond Loewy gestalteten Karosserie stecken Fahrgestell und V8-Motor des Sudebaker Hawk.

Die Verwendung von GFK als Werkstoff für Karosserie war eine Notlösung, um Kosten zu sparen. Ansonsten war der Avanti trotz der finanziellen Probleme seines Herstellers durchaus innovativ. Denn als erstes amerikanisches Auto bremste der Studebaker an allen vier Rädern mit Scheibenbremsen. Dazu gab es auf Wunsch einen integrierten Überrollbügel, Sicherheitsgurte und Sicherheitstürschlösser.

Auf dem Salzsee bei Bonneville erreichte der Studebaker Avanti ein Tempo von 275 Kilometern pro Stunde. Damit galt der US-Sportwagen 1963 als schnellstes Serienauto der Welt. Trotzdem brachte auch der Avanti seinen Hersteller nicht zurück in die Erfolgsspur. Studebaker stellte die Produktion nach weniger als zwei Jahren ein. 4.643 Exemplare entstanden bei Studebaker. Sie gelten heute als der klassische Avanti.

Die Avanti Motor Corporation produzierte rund 150 Stück Avanti II pro Jahr. Angetrieben übrigens von einem V8 von General Motors. Doch wirklich verläßlich sind die Produktionszahlen nicht. Denn das Unternehmen wurde mehrmals verkauft oder – wie es in der zeitgenössischen Literatur hieß – von neuen Investoren vor der Pleite gerettet. Zudem entstanden im Laufe der Zeit auch ein Cabrio und eine viertürige Version des Avanti II.

Um so mehr freut mich, dass ich einen Studebaker Avanti beim Youngtimer Vestival in Herten traf. Denn das ermöglicht mir, ein ungewöhnliches Auto kennenzulernen, das ich vorher gar nicht auf dem Schirm hatte.

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!