Der Tecno Porsche ist ein Rennwagen mit wechselvoller Geschichte. Denn er entstand 1968 ursprünglich als Formel 2-Bolide des Typs Tecno PA68. Vier Jahre später wurde aus dem Chassis T00 286 ein Gruppe 7-Sportwagen. Später wich der Vierzylinder von Cosworth einem Porsche-Motor.
Eigentlich suchte ich vor ein paar Tagen Bilder zur Interserie. Ich wusste, dass ich ab 2009 einige Male in Hockenheim Zeuge eines Revivals der legendären Motorsportserie war. Damals fotografierte ich in Moderationspausen gern an der Strecke. Leider hatte ich diese Bilder noch nicht verschlagwortet. Ich fand die Bilder über das Datum und begann mit der Sichtung. Bei den Porsche 917 war das Setzen der passenden Schlagwörter einfach. Auch die weiteren Porsche-Typen waren gut zuzuordnen. Ich fand zudem ein Bild vom Lola T92/10, das hätte eigentlich hervorragend in unseren Artikel über alle Lola-Typen gepasst. Ich nahm mir vor, das Bild dort nachzupflegen.
Der kleine gelbe Sportwagen war ein Tecno Porsche!
Auch einen Grac MT14B und einen Cheetah G-501 konnte ich zuordnen. Nur bei einem gelben Sportwagen wusste ich nicht, was das für ein Rennwagen ist. Er wirkte schmaler und kürzer als andere Sportwagen seiner Zeit. Ich bemühte Googles Bildersuche. Das half auch in anderen Fällen schon, um die richtige Spur zu finden. Und auch diesmal war dieses Vorgehen erfolgreich. Google kannte tatsächlich Bilder des Sportwagens. Ich begann die Quellen zu studieren und stieß auf eine ungewöhnliche Geschichte. Denn der gelbe Rennwagen war ein Tecno. Sportwagen dieses Herstellers kannte ich bisher nicht. Motorsport-Freunde kennen jedoch sicher die Karts des italienischen Herstellers.
Einige bekannte Formel 1-Piloten waren in ihrer Jugend mit Karts von Tecno unterwegs. Jenson Button gewann 1997 die Kart-Europameisterschaft (CIK-FIA Karting European Championship – Formula Super A, heute KZ1) für Tecno. Die Kinder an Kartbahnen wissen oft, dass Tecno früher sogar in der Formel 1 aktiv war. Das Unternehmen der Brüder Luciano und Gianfranco Pederzani begann 1961 mit dem Bau von Karts. Schon drei Jahre später folgte der erste Rennwagen für den Automobilsport. Mit ihm stieg Tecno in eine italienische Nachwuchsklasse ein, die damals den Einsatz von Motorrad-Motoren (250 ccm Ducati) in Rennwagen vorsah.
1966 stieg Tecno in die Formel 3 auf, 1968 folgte die Formel 2
Trotz Anfangsschwierigkeiten fanden die Autos von Tecno sofort ihre Kunden. Vor allem in Italien und Frankreich waren die Chassis beliebt. Bereits 1968 gewannen sie dort fast die Hälfte der nationalen Rennen. Zu den bekanntesten Piloten, die damals mit einem Tecno unterwegs waren, gehörte Clay Regazzoni. Der Schweizer gewann 1967 in Spanien das erste internationale Formel 3-Rennen für Tecno. 1969 saß mit Ronnie Peterson ein weiterer Ausnahmekönner im Cockpit eines Werkswagens. Peterson alleine gewann 15 Formel 3-Rennen für Tecno.
Der Erfolg beflügelte die Inhaber auch für die Formel 2 Chassis anzubieten. Dort lockte ein gutes Geschäft, da es seit 1967 eine offizielle Formel 2-Europameisterschaft gab. Auch hier hatte Tecno schnell Erfolg. Denn 1970 sicherte sich Clay Regazzoni mit einem Werks-Tecno den Titel des Formel 2-Europameisters. Die Gebrüder Pederzani stiegen daher 1972 in die Formel 1 ein. Graf Teofilo Guiscardo Rossi di Montelera unterstützte über seine Firma „Martini & Rossi“ als Sponsor das Projekt. Doch in der Königsklasse übernahm sich Tecno.
Tecno war „Grande Casino Bolognese“
Dabei baute Tecno nicht nur das Chassis, sondern auch einen eigenen Zwölfzylinder (180 Grad V12) . Im ersten Jahr beendeten die Piloten Derek Bell und Nanni Galli keinen Grand Prix in Wertung. Ausgerechnet beim Heimspiel in Monza, wo das Team erstmals mit zwei Fahrzeugen antreten wollte, verpasste Bell die Qualifikation. Für 1973 entstand ein völlig neues Auto. Zudem beschränkte sich Tecno auf den Einsatz eines Piloten. Chris Amon holte überraschend schon beim ersten Versuch in Belgien einen WM-Punkt, fiel bei allen weiteren Versuchen jedoch aus.
Inzwischen waren alle Beteiligten heillos zerstritten. Graf Rossi di Montelera beauftragte mit Unterstützung von Teammanager David Yorke sogar Gordon Fowell mit dem Entwurf eines neuen Rennwagens. Die Gebrüder Pederzani betrauten zeitgleich Ex-McLaren-Ingenieur Alan McCall mit der Konstruktion des zweiten Tecno für die Königsklasse. Den ersten Formel 1-Boliden ihres Unternehmens entwarfen sie noch selbst. Das Projekt endete im Streit. „Grande Casino“ kann also nicht nur Ferrari. Ende 1973 zog sich Tecno frustriert und gescheitert aus der Formel 1 zurück. Die Königsklasse war zu ambitioniert für die Firma, die weiter Karts baute.
In der Formel 2 war Tecno eine Macht!
Von den anderen Fahrzeugklassen hatte sich die Tecno da bereits verabschiedet. Schon 1971 entstand der letzte Formel 2-Bolide. Auch für die Formula France, Vorgänger der Formel Renault entstanden 1971 noch zwei Fahrzeuge. Aus der Formel 3 und der Formel Ford verabschiedete sich Tecno bereits ein Jahr vorher. Gleichwohl unterstützte Tecno noch 1974 Tetsu Ikuzawa und leitete vom eigenen F1-Aggregat einen Achtzylinder ab. Ikuzawa setzte den flachen Motor jedoch nur einmal ein. Die BMW M12 waren einfach zu gut. Ikuzawa verzichtete sofort wieder auf den 180 Grad-V8 aus Italien in seinem Fuji GC getauften Sportwagen des Typs „GRD S74“.
Insgesamt entstanden von 1968 bis 1971 bei Tecno 26 Formel 2-Chassis. Dazu kam mindestens ein Formel 3-Chassis von 1969, das später auf Formel 2-Spezifikationen umgerüstet wurde. Das war damals gar nicht so ungewöhnlich, da die Unterschiede zwischen den Fahrzeugklassen geringer als heute waren. In den 1960er- und 1970er-Jahren waren die Grenzen der Klassen sogar fließend. Wobei so etwas ja auch heute noch passiert. Denn die „Grand Prix-Boliden“ im für Sommer 2025 angekündigten Formel-1-Film mit Brad Pitt sind in Wirklichkeit modifizierte Formel 2-Fahrzeuge.
Die Geschichte des Tecno PA68 – Chassis T00 286:
Der erste Formel 2-Bolide aus Bologna trug den Namen Tecno PA68. An Bord des Rennwagens war ein Cosworth FVA. Wobei dieses Triebwerk damals große Teile des Felds nutzen. Denn mit dem Ferrari Dino V6 und dem BMW M12 gab es in der Frühphase der Formel 2-EM nur zwei weitere Triebwerke. Der Ford war jedoch das Standard-Triebwerk der frühen F2-Jahre. Das erste Chassis vertraute das Werksteam Clay Regazzoni und einmal Carlo Facetti an. Im Mai erhielt das zweite Chassis Regazzonis Freund Silvio Moser. Der Schweizer setzte das Chassis erstmals in Zolder ein. Insgesamt fuhr Silvio Moser das Chassis T00 286 im Laufe der Saison 1968 achtmal.
Bestes Ergebnis war Platz vier in Zandvoort. Im Frühjahr 1969 bot der Schweizer den Tecno PA68 in der Zeitschrift Powerslide zum Verkauf an. Der deutsche Nachwuchspilot Roland Binder, der später mehrere Titel in der Interserie gewinnen sollte, erwarb den Rennwagen. Binder trat im Juni 1969 erstmals mit dem Tecno bei einem Formel 2-Rennen. Wie zwölf Monate zuvor fand auch dieses Debüt in Zolder statt. Beim zweiten Einsatz in Hockenheim knallte Binder nach einem Defekt am Fahrzeug in der Sachs-Kurve in die Streckenbegrenzung. Dabei brach sich der Deutsche ein Bein, saß jedoch schon im Oktober wieder im Cockpit.
Tecno PA68 – Chassis T00 286 wurde zum „Burger P3 Cosworth“
Auch 1970 und 1971 trat Binder mit dem Tecno PA68 – Chassis T00 286 in der Formel 2 an. Anschließend verkaufte Binder das Chassis an Bernd Burger. Der Rennfahrer aus der Opel-Stadt Rüsselsheim baute den Rennwagen zu einem Zweitsitzer für die Gruppe 7 um. Denn in der Formel 2 stieg 1972 der erlaubte Hubraum auf zwei Liter. Das erforderte neue Motoren. Dafür war Chassis T00 286 noch nicht vorbereitet. Burger baute den Rennwagen mit Unterstützung von KMW aus Rosenheim, die die Karosserie lieferten, zum Sportwagen um. 1973 und 1974 setzte Bernd Burger den Burger P3 Cosworth getauften Rennwagen auf der Rundstrecke und am Berg ein.
Beim Flugplatz-Rennen in Mainz-Finthen gewann Burger einmal seine Klasse. Ende 1974 trennte sich Burger von seinem Rennwagen. Wobei sich auch Motor und Chassis trennten. Denn Karl Langjahr erwarb von Burger nur das Chassis und bestückte dies mit einem Sechszylinder von Porsche. Damit reihte sich Langjahr in eine Reihe mit dem KMW SP20 oder dem Behnke Condor Mk. III ein. Denn der Porsche-Motor galt damals als zuverlässiger und kräftiger Sportwagen-Motor. Bis 1980 trat der Rennfahrer aus Darmstadt mehr 22-mal mit seinem „Tecno Porsche“ in der Interserie und bei anderen Sportwagen-Rennen an.
Nach 13 Jahren und 52 Renneinsätzen fuhr der „Tecno Porsche EB“ in den Ruhestand!
Teilweise trug der Rennwagen auch die Bezeichnung „Tecno Porsche EB“ oder „Porsche EB Special“. Wobei „EB“ damals eine gebräuchliche Abkürzung für „Eigenbau“ war. Ende 1980 fuhr der Rennwagen zunächst in den Ruhestand. Da lag eine 13 Jahre lange Karriere mit 52 Renneinsätzen hinter dem Chassis. Das Fahrzeug fand innerhalb der Interserie einen Käufer, der jedoch hauptsächlich am Motor interessiert war. Deshalb reichte er das Chassis nach gut zwei Jahren weiter. Nach noch einem weiteren Besitzerwechsel tauchte der „Tecno Porsche“ ab 1985 bei einigen Bergrennen auf.
Ab 1989 stand das Fahrzeug als „KMW Porsche“ zehn Jahre in der heute legendären „Rosso Bianco Collection“ in Aschaffenburg. Schon bevor diese 2006 für immer ihre Türen schloss, erwarb ein Porsche-Händler aus den USA das Chassis. Später soll das Chassis auch bei der Firma Babach in Österreich gewesen sein. Circa 2002 erwarb sein heutiger Besitzer das Fahrzeug. Er betraute Karl Langjahr mit der Restauration. Der Darmstädter verfügte in seinem Fundus noch über Zeichnungen und Pläne vom Umbau des „Burger P3 Cosworth“ zum „Tecno Porsche EB“.
Seit 2007 ist der „Tecno Porsche EB“ zurück auf der Strecke!
Inzwischen ist ein Motor aus dem Porsche 911 Carrera RSR im Motorraum verbaut. Es gibt seine Kraft über ein Porsche-Getriebe des Typs 915 ab. Dieses baute damals Karl Langjahr bei der Umrüstung des „Burger P3 Cosworth“ zum „Tecno Porsche“ in den Rennwagen ein. Es blieb interessanterweise bei allen Besitzer-Wechseln mit dem Chassis zusammen. Und verrichtet bis heute seinen Dienst, wenn der aktuelle Besitzer des Rennwagens mit ihm im historischen Motorsport antritt.
Die Renneinsätze des Tecno PA68 – Chassis T00 286:
Formel 2 mit Silvio Moser:
- 05.05.1968 Grote Prijs van Limborg, Zolder
- 09.06.1968 Swiss-Pokal, Hockenheim
- 16.06.1968 Rhein-Pokalrennen, Hockenheim
- 14.07.1968 Flugplatz-Rennen Tulin-Langenlebam
- 28.07.1968 Grote Prijs van Zandvoort
- 25.08.1968 Gran Premio del Mediterraneo, Enna-Pergusa
- 15.09.1968 Grand Prix de Reims
- 27.10.1968 Gran Premio di Roma, Vallelunga
Formel 2 mit Roland Binder:
- 08.06.1989 Grote Prijs van Limborg, Zolder
- 15.06.1969 Rhein-Pokalrennen, Hockenheim
- 28.10.1969 Flugplatz-Rennen München-Neubiberg
- 03.05.1970 Eifelrennen, Nürburgring
- 13.06.1970 Rhein-Pokalrennen, Hockenheim
- 02.08.1970 Großer Preis von Deutschland (Rahmenrennen), Nürburgring
- 11.10.1970 Preis von Baden-Württemberg, Hockenheim
- 25.10.1970 Flugplatz-Rennen München-Neubiberg
- 04.04.1971 Jim Clark Memorial Hockenheim
- 29.08.1971 Flugplatz-Rennen Mending
- 03.10.1971 Preis von Baden-Württemberg, Hockenheim
Die Renngeschichte als Burger P3
- 06.05.1973 Flugplatz-Rennen Sembach
- 01.07.1973 Flugplatz-Rennen Mainz-Finthen
- 22.07.1973 Preis von Karlsruhe, Hockenheim
- 09.09.1973 Flugplatz-Rennen Mainz-Finthen
- 24.03.1974 Taunus Bergrennen Lorch
- 31.03.1974 Rhein Hessen-Bergrennen, Teufelsrutsch
- 05.05.1974 Flugplatz-Rennen Neubiberg
- 12.05.1974 Bergrennen Schottenring
- 02.06.1974 Flugplatz-Rennen Mainz-Finthen
- 09.06.1974 Bergrennen Rotenburg-Fulda
- 06.10.1974 Sauerland Bergrennen
Die Renngeschichte als Tecno Porsche EB
- 01.08.1975 „Akademisches“, Hockenheim
- 29.11.1975 Saisonfinale Mannheim-Heidelberg Sports Touring Club Hockenheim
- 29.08.1976 Preis der Nationen, Hockenheim (Interserie)
- 24.10.1978 Flugplatz-Rennen Mainz-Finthen (Interserie)
- 31.10.1976 Süd-West-Pokal, Hockenheim (Interserie)
- 08.05.1977 ADAC-Super-Sports-Rennen, Kassel-Calden (Interserie)
- 12.06.1977 Flugplatz-Rennen Wunstorf (Interserie)
- 28.08.1977 Nürburgring Trophy, Nürburgring Start- und Zielschleife (Interserie)
- 18.09.1977 Flugplatz-Rennen Ulm-Mengen
- 18.04.1978 Krähberg Bergrennen
- 11.08.1978 Flugplatz-Rennen Wunstorf (Interserie)
- 27.08.1978 Flugplatz-Rennen Ulm-Mengen (Interserie)
- 10.09.1978 Nürburgring Trophy, Nürburgring Start- und Zielschleife (Interserie)
- 27.05.1979 Flugplatz-Rennen Wunstorf (Interserie)
- 12.08.1979 „Internationale Autorennen“, Most in der CSSR (Interserie)
- 28.08.1979 Flugplatz-Rennen Ulm-Mengen (Interserie)
- 02.09.1979 ADAC-Hessen-Cup, Hockenheim (Interserie)
- 07.10.1979 ADAC-Hessen-Preis, Kassel-Calden (Interserie)
- 25.05.1980 1.000km-Rennen (Rahmenprogramm – Interserie), Nürburgring
- 20.07.1980 Rundstrecken-Rennen Österreichring (Interserie)
- 07.09.1980 ADAC-Hessen-Cup, Hockenheim (Interserie)
- 05.10.1980 ADAC-Hessen-Preis, Kassel-Calden (Interserie)