Fahrberichte: Cadillac

Test: Wie fährt sich der Cadillac Escalade (2017)?

Was ist automobile Dekadenz? Wer diese Frage in Europa stellt, der landet schnell beim Cadillac Escalade. Denn der SUV aus Amerika ist groß und luxuriös. Dazu gibt es den Cadillac ausschließlich mit einem V8, der nach alter Väter Sitte Benzin verbrennt. Wir waren mit dem 426 PS starken Cadillac Escalade unterwegs.

Schon der erste Eindruck ist überwältigend. Vor mir steht ein Auto, das 5,18 Meter lang, 2,04 Meter breit und 1,89 Meter hoch ist. Damit wirft der Cadillac Escalade einen langen Schatten auf seine Wettbewerber wie den Audi Q7 oder Range Rover Sport. Zudem unterstreicht Cadillac mit dem Escalade seinen Anspruch als Luxusmarke von General Motors. Cadillac vertraut bei der Gestaltung der Karosserie des Escalade auf einen eigenständigen Weg. Der SUV ist bullig und kantig. Das ist fast schon aufdringlich amerikanisch. Und damit wesentlich klarer als beim kleineren Cadillac XT5.

Wie fährt sich der Cadillac Escalade?

Schon vor dem Test weiß ich, dieses Gefährt beschleunigt trotz seiner Größe in weniger als sieben Sekunden auf ein Tempo von 100 Kilometern pro Stunde. Genaugenommen benötigt der SUV für den Sprint auf das Landstraßentempo 6,7 Sekunden. Das ist ein Wert, an dem der eine oder andere kompakte Sportler scheitert. Der Escalade schüttelt den Sprint lässig und leicht aus dem Ärmel.

Der Cadillac Escalade ist groß und wirft einen langen Schatten
Der Cadillac Escalade ist groß und wirft einen langen Schatten

Ebenso weiß ich, dass der SUV maximal 180 Kilometer pro Stunde schnell ist. Grundsätzlich hat der Escalade Potenzial für mehr. Aber Cadillac ist vernünftig und beschränkt das Tempo des Vortriebs. Ein Verzicht, der sich vorteilhaft auf den Normverbrauch auswirkt. Denn Cadillac gibt einen Verbrauch von 13,1 Litern für 100 Kilometer an. Das entspricht einem CO2-Ausstoß von 302 Gramm pro Kilometer.

Verantwortlich für den Vortrieb ist ein 6,2 Liter großer V8. Den Motor kenne ich aus der Corvette Z06 sowie dem Cadillac CTS-V. Wobei der Direkteinspritzer im Escalade anders als im Sportwagen oder der Limousine ohne die Atemhilfe eines Kompressors auskommt. Weshalb sich das Triebwerk im SUV mit 426 PS beschränkt. Doch 610 Newtonmeter Drehmoment lassen an einem angemessenen Antrieb keinen Zweifel aufkommen.

Bilder vom Test des Cadillac Escalade

Natürlich beeindruckt das Mögliche den Sportfahrer in mir. Aber am Ende sind die Zahlen unwichtig. Denn das Motto des Riesen lautet: Reisen statt rasen. Zugegeben, das Motto klingt abgegriffen. Aber diese Probefahrt macht es auf jedem Meter, den Karla und ich mit dem SUV zurücklegen, deutlich. Der Cadillac Escalade ist ein Reisemobil, das mit seinen inneren Werten überzeugt.

Kritiker führen an dieser Stelle gerne an, dass das zunächst das Gewicht betrifft. Sicherlich, mit einem Leergewicht von rund 2,7 Tonnen ist der SUV kein Leichtgewicht. Doch Motor und Fahrwerk helfen, dies zu vergessen. Der Cadillac fühlt sich beim Fahren leichter an, als ich vor dem Test annahm. Auf der Landstraße folgt er willig den Vorgaben, die ich ihm mit dem großen Lenkrad gebe. Auf der Autobahn gleiten Karla und ich zügig und erhaben durch die Landschaft.

Cadillac needs space to roam!

Unwillkürlich denken wir an diese Liedzeile im Song „The Seed (2.0)“ von The Roots. Beim Auto-Wandern bevorzugen wir den Tour-Modus des „Magnetic Selective Ride Control Systems“. Dabei federt der Escalade unebene Strecken souverän weg. Im alternativen Sport-Modus geht es härter zu. Das funktioniert, passt nicht perfekt zum Anspruch des Raumgleiters wie der Tour-Modus.

Auf der Tour verzichtet der V8 zeitweise darauf, alle acht Brennkammern mit Sprit zu fluten und zu zünden. Um Sprit zu sparen, treiben beim Gleiten zeitweise vier Zylinder den Escalade an. Das Abschalten der Zylinder passiert unmerklich. Ohne den kleinen grünen Hinweis „V4“ im digitalen Cockpit des SUV bliebe der Vierzylindermodus den meisten Insassen verborgen.

Beim Einsteigen in den Cadillac Escalade helfen Trittbretter
Beim Einsteigen in den Cadillac Escalade helfen Trittbretter

Gefühlt begegnen wir im Escalade vielen Lkw-Fahrern auf Augenhöhe. Das ist eine neue Perspektive. Denn ich kann mich bei keinem anderen Testwagen an eine Sitzposition in dieser Höhe erinnern. Das Überwinden der 60 Zentimeter, die Straße und Fußboden des SUV trennen, sind herausfordernd. Zum Glück fahren beim Öffnen der Türen automatisch zwei massive Trittbretter aus, um beim Einsteigen zu helfen.

Im Innenraum gefallen mir die elektrisch einstellbaren Sitze. Das weiche Leder fühlt sich gut an. Angesichts der Hitze des zurückliegenden Wochenendes bewährt sich, dass die Sitze des Cadillac klimatisiert sind. Das ist ein angenehmer Luxus beim Reisen. Genauso wie das Bose-Soundsystem mit 16 Lautsprechern, das den großzügigen Innenraum des SUV in einen Konzertsaal verwandelt.

Der Innenraum lässt keine Wünsche offen!

Zu den 16 Lautsprechern gehören nicht die Kopfhörer. Mit ihnen genießen die Fahrgäste in der zweiten Reihe den Sound des Bordprogramms, ohne das fahrende Personal zu stören. Den Komfort steigert, dass der Escalade seinen Sound drahtlos zu den Kopfhörern überträgt. Dank eines Blue-Ray-Laufwerks und dreier Bildschirme darf der Sound zu Spielfilmen, die die Mitreisenden unterhalten, gehören.

Unser Whippet Mono hat eine Schulterhöhe von 53,5 cm. Neben ihm hätten sein Kumpel Danny und noch drei weitere im Heck des Escalades Platz.
Unser Whippet Mono hat eine Schulterhöhe von 53,5 cm. Neben ihm hätten sein Kumpel Danny und noch drei weitere im Heck des Escalades Platz.

Bei Bedarf transportiert der Escalade bis zu sieben Insassen. In der ersten und zweiten Reihe gibt es komfortable Einzelsitze. Nur die dritte Sitzreihe verfügt über eine klassische Sitzbank. Eine Sitzbank, die sich – das beeindruckt mich – elektrisch aufrichten und umklappen lässt. Wobei mich überrascht, dass der SUV trotz des großzügigen Raumangebots bescheidene 560 Kilogramm zuladen darf.

Ohne Schweißausbruch in der Stadt!

Selbst im Stadtverkehr verursacht der Riese erstaunlich wenig Stress. Denn dank seiner großen Rückspiegel ist er übersichtlich. Das hilft im Dschungel der Großstadt. Genauso wie die weit einschlagbaren Vorderräder. Dank ihnen kommt der SUV mit einem Wendekreis von 11,9 Metern aus. Das hilft beim Rangieren und nimmt der Stadt jeden Schrecken, denn der Riese aus Amerika wendet auf einer kleineren Fläche als beispielsweise ein Ford Grand C-MAX.

Die Vorderräder des Escalade schlagen weit ein, deshalb kommt der Riese mit einem Wendekreis von weniger als 12 Metern aus.
Die Vorderräder schlagen weit ein, deshalb kommt der Riese mit einem Wendekreis von weniger als 12 Metern aus.

Allerdings sorgt beim Rangieren der wuchtige Schalthebel am Lenkrad für Abzüge in der B-Note. Denn der Lenkstockhebel ist im Testwagen schwergängig und hakelig. Das passt nicht zum Luxus-Anspruch von Cadillac. Gut, dass der Fahrer diesem Hebel beim Reisen weitestgehend ignorieren darf. Denn nach dem Einlegen des Drive-Modus begeistert die 8-Gang-Automatik mit seidenweichen Gangwechseln.

Im Stadtverkehr fällt mir auf, dass Cadillac beim V8 auf eine Start-Stopp-Automatik verzichtet. Trotzdem zeigt der Bordcomputer am Ende des Tests einen durchschnittlichen Verbrauch von 13,9 Litern an. Das liegt 0,8 Liter (+ 6,1 Prozent) über den Normangaben und ist ein gutes Ergebnis. Denn die Laborwerte des Normverbrauchs sind unrealistisch. Das darf niemand dem Cadillac ankreiden.

Daten zum Testwagen:

  • Typ: Cadillac Escalade
  • Motor: 8-Zylinder-Ottomotor
  • Emissionsklasse: Euro 6
  • Getriebe: 8-Gang-Automatik-Getriebe
  • Hubraum: 6.162 ccm
  • max. Leistung: 426 PS bei 5.600 1/min
  • max. Drehmoment: 610 Nm bei 4.100 1/min
  • Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
  • Hersteller-Nummer / Typ: 1006 / ACU
  • Versicherungstypklassen: 24, 27, 23 (Haftpflicht, Voll-, Teilkasko)

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Zusammengefasst: Insgesamt kann der Cadillac seine Herkunft nicht verleugnen. Der Amerikaner passt perfekt nach Chicago oder New York. In Bochum oder Hamburg fremdelt der SUV. Doch das kratzt nicht an der Faszination des Autos. Im Gegenteil, es macht den Kauf eines Cadillac Escalade zu einer Herzenssache. Klingt nicht nach der schlechtesten Grundlage für eine gute Beziehung.






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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!