Auto-Erinnerungen

Volkswagen EA48 – die verpasste Chance

Auch den größten Käfern-Fans in Wolfsburg war klar, irgendwann benötigt der Käfer einen Nachfolger oder zumindest das VW-Programm mehr Breite. Deshalb entstand der Volkswagen EA48. Doch der war so revolutionär, dass die Welt noch 15 Jahre auf einen VW mit Frontantrieb warten musste.

Volkswagen EA48
Der Kleinwagen Volkswagen EA48 hätte das VW-Programm ergänzen können. Doch dazu kam es nicht. (Foto: Volkswagen)

Heute ist Volkswagen mit seiner breiten Modellpalette auf allen wichtigen Automärkten der Welt vertreten. Die Wolfsburger bieten vom Kleinwagen bis zum Luxusfahrzeug Autos jeder Größe an. Vor 60 Jahren war Volkswagen hauptsächlich der Käfer. Unter dem schlichten Titel „Entwicklungsauftrag 48“ (EA48) sollte Anfang der 1950er-Jahre ein Auto die Monokultur des Käfers beenden. Doch trotz einiger bahnbrechender Ideen, die ihrer Zeit weit voraus waren, entschieden sich die Verantwortlichen schließlich dagegen, EA48 in Serie zu produzieren.

„Entwicklungsauftrag 48“ (EA48) überrascht!

Wer heute die Gelegenheit nutzt, sich den „Entwicklungsauftrag 48“ im Detail anzusehen, der entdeckt an dem Prototypen jede Menge innovative Details. Der EA 48 überrascht mit einem in den 1950er Jahren revolutionären Technik-Package. Unter Leitung der Entwicklungsingenieure Heinrich Seibt und Gustav Mayer, der später zum Chef-Entwickler der Volkswagen Transporter aufsteigen sollte, entstand ein Fahrzeug, das kompakte Abmessungen mit vier Sitzen und Frontantrieb verband.

Das sind Merkmale, die heute in den Autos der Kompaktklasse selbstverständlich sind. Die selbsttragende Pontonkarosserie des Kleinwagens verfügt mit ihrem Schrägheck über ein Gestaltungsmerkmal, das sich erst in den 1970er Jahren durchsetzten sollte. Die Gestaltung wurde auch möglich, weil es Gustav Mayer gelang, im EA 48 das platzsparende McPherson-Prinzip mit Frontantrieb zu kombinieren. Diese Kombination aus Schraubenfeder, Stoßdämpfer und Querlenker steckt heute in nahezu allen Fahrzeugen mit Frontantrieb.

Der Motor von EA48 wirkt vertraut!

Damit stellt der EA 48 das Gegenteil des Käfer-Layouts mit Heckmotor und Heckantrieb dar. Der vorn eingebaute Zweizylinder-Boxer erweist sich auf den ersten Blick als halbiertes Käfer-Herz. Seine Leistung von 18PS aus 0,7 Litern Hubraum bezeichnen die überlieferten Testprotokolle als absolut ausreichend. Die damaligen Testfahrer beurteilten die Fahreigenschaften des relativ leichtgewichtigen EA 48 als sportlich. Das Handling erhielt gute Noten.

Der Käfer war wichtiger als EA48
Der VW Käfer war VW wichtiger als der VW EA48

Ein Ergebnis, das wohl auch auf die Arbeit des Entwicklungspartners Continental zurückging. Denn der Reifenhersteller unterstütze die Entwicklung des EA 48 mit 13-Zoll-Rädern, die speziell für den Prototyp angefertigt wurden. Obwohl der Käfer gerade erst seinen Siegeszug antrat, wollte Volkswagen mit EA48 den Markt auch unterhalb des Bestsellers bedienen. Doch als der EA48 produktionsreif war, schätzten die Macher in Wolfsburg die Marktchancen als zu gering ein.

EA48 war der erste vollständig in Eigenregie entwickelte Volkswagen

Bei der Ablehnung spielte wohl auch eine Rolle, dass die Verantwortlichen sich bewusst auf den Käfer konzentrierten. Sie wollen die vorhandenen Produktionskapazitäten ausschließlich für den im Export immer erfolgreicheren Käfer verwenden. Daher ging EA48 trotz der zum Teil revolutionären Details nicht in Serie. Vielleicht war das eine verpasste Chance, denn EA48 hatte durchaus das Zeug zum Bestseller. Denn in den 1950er-Jahren bedienten noch Rollermobile wie das Goggomobil, der Messerschmitt Kabinenroller oder die Isetta den Markt unterhalb des Käfers. Mehr zum Kleinwagen-Prototypen können Sie jetzt bei den Kollegen von Volkswagen Classic online lesen.


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Der Kleinwagen Volkswagen EA48 hätte das VW-Programm ergänzen können. Doch dazu kam es nicht.

Foto: Volkswagen

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!