von Tom Schwede am 21.02.2025

21. Februar 1944 – Giacinto Ghia, Gründer der Carrozzeria Ghia stirbt

Die Geschichte der italienischen Automobilkunst ist ohne Giacinto Ghia undenkbar. Der 1887 in Turin geborene Karosseriebauer gründete 1915 die Carrozzeria Ghia. Diese Manufaktur war in den folgenden Jahrzehnten für einige der elegantesten Fahrzeuge verantwortlich.

Giacinto Ghia bei der Targa Florio 1921

Giacinto Ghia bei der Targa Florio 1921 – zu diesem Zeitpunkt betrieb der Rennfahrer bereits seine Carrozzeria Ghia (Foto: Wikimedia)

Giacinto Ghia begann seine Karriere als Blechschlosser. Vor dem Ersten Weltkrieg war Ghia als Testfahrer für die Turiner Autobauer Rapid und Diatto tätig. Etwa 1915 – die Quellen sind hier nicht eindeutig – machte sich der Rennfahrer mit einer eigenen Werkstatt selbstständig. Drei Jahre später fand Ghia im Erben der damals berühmten Süßwarenfirma Moriondo & Gariglio einen Teilhaber. Die Werkstatt firmierte nun als Carrozzeria Ghia & Gariglio.

Die Anfänge: Handwerk trifft auf Innovation

Trotzdem blieb Giacinto Ghia weiterhin als Rennfahrer aktiv. 1919 nahm Ghia mit einem Diatto 4 DC 2.7 an der Targa Florio teil. Doch bei einem Unfall in der ersten Runde kam ein Zuschauer ums Leben. Zwei Jahre später belegte Ghia im Feld der 38 Teilnehmer einen respektablen 16. Platz. Im gleichen Jahr bezog seine Carrozzeria in der damaligen Corso del Valentino, der späteren Corso Guglielmo Marconi, eine deutlich größere Werkstatt.

Dort erwarb sich das Unternehmen den Ruf, besonders leichte Karosserien bauen zu können. Die Motorsport-Vergangenheit des Chefs strahlte offensichtlich auf die Produkte ab. Der Alfa Romeo 6C 1500, der 1929 die Mille Miglia gewann, trug eine aus Aluminium gefertigte Karosserie von Ghia. Mit dem vier Jahre später vorgestellten Fiat 508 „Balilla“ Sport Coupé erreichte die Carrozzeria erstmals größere Stückzahlen.

Die Carrozzeria Ghia überlebte ihren Gründer!

Während des Zweiten Weltkriegs baute Ghia Karren für die italienische Armee und stellte Fahrräder her. Doch ein alliierter Bombenangriff zerstörte 1943 alles. Das war ein schwerer Schlag, denn das Unternehmen verlor nicht nur sein Gebäude, sondern auch alle Werkzeuge sowie alle bisher erstellten Formen. Giacinto Ghia begann sofort mit dem Wiederaufbau. Doch am 21. Februar 1944 erlitt Ghia einen tödlichen Herzinfarkt.

Auch ohne den Gründer "lebte" die Carrozzeria Ghia weiter. Seine Frau Santina übergab die Firma zwei engen Vertrauten ihres Mannes: Giorgio Alberti und Felice Mario Boano. Letzterer war bereits von Ghia selbst als Nachfolger bestimmt worden. Die neuen Inhaber bauten das Unternehmen neu auf. Ab 1951 gehörte auch der Designer Luigi Segre zu den Inhabern.

Aufstieg zur Design-Schmiede für internationale Marken

Mit ihren Entwürfen überzeugte die neue Carrozzeria Ghia internationale Marken wie Ford, Volkswagen und Volvo. In Deutschland besonders bekannt ist der VW Karmann-Ghia (Typ 14). Diesen sportlich gestalteten Ableger des VW Käfers verkaufte Volkswagen ab 1955. Zu den Kunden des Studios gehörten auch Chrysler und dessen Designer Virgil Exner. Heute legendär sind die 18 Chrysler Ghia Specials, die zwischen 1951 und 1953 entstanden.

Auch das Chrysler Turbine Car entstand bei Ghia. Zeitweilig entwarf die Carrozzeria Ghia auch einige Karosserien für Enzo Ferrari. Doch das Unternehmen litt unter beschränkten Kapazitäten. Während die Konkurrenten Bertone und Pininfarina längst auf der grünen Wiese neue Fabriken bauten, saß die Carrozzeria Ghia immer noch in der Innenstadt. Im Streit über die Ausrichtung verließ Felice Mario Boano bereits 1953 das Unternehmen.

Wachstum durch Zukauf?

Luigi Segre übernahm die Leitung und wurde Mehrheitseigner. Zunächst versuchte Segre, das Unternehmen durch die Übernahme der Carrozzeria Stabilimenti Monviso zu vergrößern. Doch schließlich baute die Carrozzeria Ghia in der Via Agostino da Montefeltro eine neue Fabrik. Zudem wurde Pietro Frua für drei Jahre (1957–1960) Chefdesigner des Studios.

In dieser Zeit entstand bei der Carrozzeria Ghia das Cabrio Renault Floride. Nach dem frühen Tod von Luigi Segre, der 1963 mit nur 44 Jahren starb, wurden die Zeiten für die Carrozzeria Ghia unruhig. 1966 übernahm Ramfis Trujillo, ein Sohn des fünf Jahre zuvor ermordeten Diktators der Dominikanischen Republik, das Unternehmen. Doch schon ein Jahr später erwarb Alejandro de Tomaso die Carrozzeria.

Damit begann eine neue Ära.

Doch De Tomaso hatte Schwierigkeiten, die Firma rentabel zu führen. Bertone und Pininfarina verdienten Geld damit, ihre Entwürfe auch selbst zu bauen. Die Werkstatt von Ghia war dafür immer noch zu klein. Deshalb beschränkte sich Ghia auf die Gestaltung und den Bau von Prototypen. Schon 1970 verkaufte De Tomaso das Unternehmen an Ford. Das war das Ende der ruhmreichen Carrozzeria.

Denn Ford nutzte den einst berühmten Namen Ghia bald „nur“ noch als Label für seine gehobenen Ausstattungsvarianten. Gut, dass Giacinto Ghia das nicht mehr erleben musste. Trotzdem bleiben natürlich die Entwürfe des Unternehmens, für das neben Felice Mario Boano und Luigi Segre auch Designer wie Tom Tjaarda oder Giorgetto Giugiaro wirkten.


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