von Nikolaus Karl am 01.11.2025

Ferrari F76 – Wenn das Auto nur noch aus Daten besteht

Autos, die man nicht anfassen kann, sind uns eigentlich suspekt. Doch was Ferrari jetzt mit dem F76 präsentiert, ist mehr als ein Gag für Krypto-Fans. Der virtuelle Sportwagen zeigt, wie die Marke ihre Design-DNA in die digitale Welt überträgt und dabei trotzdem ganz Ferrari bleibt.

Ferrari F76

Eine Designstudie ohne Karosserieblech, dafür mit viel Symbolkraft und einem Augenzwinkern in Richtung Zukunft. (Foto: Ferrari)

Wenn Ferrari ein neues Auto vorstellt, schlagen die Herzen der Fans hoch. Das gilt selbst dann, wenn das neue Fahrzeug nie eine Straße oder Rennstrecke sehen wird. So wie im Fall des jetzt präsentierten Ferrari F76. Denn mit dem F76 zeigt die Marke aus Maranello erstmals ein Auto, das ausschließlich in digitaler Form existiert: als NFT, also als nicht austauschbarer Token in der Blockchain. Kritiker werden jetzt wohl stöhnen. NFTs sind wie digitale Briefmarken ohne Brief. Nur viel teurer und am Ende kann man nicht einmal etwas an die Wand hängen.

Aber lassen wir das. Jede Generation schafft sich ihren eigenen Tinnef. Und die digitale Variante eines Autos ist Tinnef. Schließlich lieben wir hier in der Redaktion gepflegte Blechkunst und sehen in einem röhrenden Zwölfzylinder eine Kunstform. Trotzdem ist der Ferrari F76 durchaus spannend. Sein Name bezieht sich auf Ferraris ersten Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans. 1949 legten Luigi Chinetti und Lord Selsdon mit dem 166 MM Barchetta den Grundstein für die bis heute enge Verbindung zwischen Ferrari und dem Langstreckenklassiker.

Ein Entwurf ohne reale Karosserie

76 Jahre später, nach drei aufeinanderfolgenden Erfolgen beim gleichen Rennen, beschreitet Ferrari mit dem F76 nun im virtuellen Raum neue Wege. Der F76 ist kein Konzeptfahrzeug im klassischen Sinn. Das Modell entstand im Ferrari Styling Centre unter der Leitung von Flavio Manzoni. Von Anfang an war klar, dass dieser Entwurf eine virtuelle Illusion bleiben wird. Ferrari versteht das Projekt als Design-Manifest, das künftige Formensprachen der Marke vorwegnimmt.

Frontansicht des virtuellen Ferrari F76

Frontansicht des virtuellen Ferrari F76 (Foto: Ferrari).

Dabei greift Ferrari zunächst auf die eigene Geschichte zurück. Die Klappscheinwerfer des F76 erinnern an die 1970er- und 1980er-Jahre. Damit zeigt Ferrari, dass der F76 trotz seines Zukunftsbezugs in der Markengeschichte verwurzelt bleibt. Auch die Karosserie erinnert entfernt an den Ferrari 512 S Modulo, den Pininfarina 1970 gestaltete. Sie folgt, auch wenn die digitale Welt keine physikalischen Grenzen kennt, aerodynamischen Prinzipien und bleibt damit erstaunlich real.

Zwei Cockpits, ein Erlebnis

Gleichzeitig ermöglicht das Projekt Ideen, die in der Realität nur schwer umzusetzen wären. Dazu zählt die auffällige Doppelfuselage, die eine Art Luftkanal zwischen Fahrer- und Beifahrerzelle bildet. Sie soll, wie Ferrari betont, den Luftstrom optimieren und den Effekt eines umströmten Flügels simulieren. Auch im Innenraum bleibt der F76 ein Experiment. Zwei getrennte Cockpits, verbunden über ein „Drive-by-Wire-System“, sollen es Fahrer und Beifahrer ermöglichen, alle Bedienelemente synchron zu erleben. Das Ergebnis ist eine Art geteiltes Fahrerlebnis.

Heckansicht des virtuellen Ferrari F76

Heckansicht des virtuellen Ferrari F76 (Foto: Ferrari).

Ob und wie sich dieses Prinzip in reale Fahrzeuge übertragen lässt, bleibt offen. Ferrari beschreibt das Projekt als Verschmelzung von Form, Funktion und Performance zu einem einzigen Organismus. Im Unterschied zu den üblichen Designstudien, die irgendwann als Prototyp gebaut werden, bleibt der F76 jedoch ein digitales Artefakt. Er ist Teil des sogenannten Hyperclub-Programms. Unter diesem Namen baut Ferrari zurzeit eine exklusive Plattform für ausgewählte Kunden auf. Diese können mit limitierten Designoptionen, den sogenannten Drops, ihre eigene Version des F76 gestalten.

Digitale Exklusivität als neues Statussymbol?

Mit dem Projekt betritt Ferrari Neuland. Die Marke sucht offenbar nach Wegen, ihre Identität und Ästhetik auch jenseits physischer Fahrzeuge zu pflegen. Sie spricht damit eine Kundengruppe an, die ebenso technikaffin wie markentreu ist. Der Ferrari F76 ist dabei kein Auto, sondern ein Symbol. Er steht für den Versuch einer Traditionsmarke, ihre DNA in die digitale Welt zu übertragen. Zugleich zeigt er, wie unscharf die Grenze zwischen Fahrzeugdesign und virtueller Kunst geworden ist. Ob daraus mehr wird als ein teurer Datensatz für Sammler, die schon alles haben, wird sich zeigen.


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