Luxus statt Ölgeruch: Wie Singer den Gebrauchtmarkt verlässt.
Singer, der kalifornische Veredler klassischer Porsche 911, geht neue Wege: Statt Ölgeruch und Garagenlicht gibt es nun Auktionssäle und Luxusflair. Gemeinsam mit RM Sotheby’s will die Marke den Verkauf ihrer automobilen Kunstwerke neu definieren – und verlässt damit den klassischen Gebrauchtmarkt.
Es ist schon verrückt, wie sich der Autokauf verändert hat. Im vergangenen Jahrtausend war das noch ein echtes Abenteuer. Wer in den 1980er- oder 1990er-Jahren auf der Suche nach einem Klassiker war, wälzte am Samstag die Kleinanzeigen in der Tageszeitung und plante dann die Route: von Autohaus zu Autohaus, von Hinterhofhändler zu Hinterhofhändler. Da bekam der Begriff „Heiliges Blech“ eine ganz andere Bedeutung. Denn während die Nachbarn in die Kirche gingen, pilgerte ich sonntags durch die Blechtempel des Ruhrgebiets.
Wenn man wirklich mutig war, fuhr man auch mal ohne Navi durch die Vororte von Bottrop oder Castrop-Rauxel, um sich einen verwaschenen 911er mit Patina und fragwürdiger Historie anzuschauen. Der Radius wuchs, wenn man die Anzeigen im „Oldtimer Markt“ oder der „Motor Klassik“ in die Suche einbezog. So ließ sich die Suche regional ausweiten. Aber wie man es auch dreht – der Weg zum Traumklassiker war beschwerlich, aber charmant. Es war ein bisschen wie Schatzsuche: manchmal mit Goldfund, manchmal mit Blender oder Rostlaube.
Und dann kam das Internet
Heute ist das völlig anders. Dank des Internets lassen sich auch Klassiker in Frankreich, Italien oder Großbritannien aufstöbern – mit ein paar Klicks statt mit knitterigen Zeitungsausschnitten. Nach ein paar E-Mails geht es im Billigflieger nach Manchester, dort folgt ein flotter Check des Wagens und dann geht es auf eigener Achse über den Kanal zurück. Wir selbst haben das schon gemacht und wissen deshalb: Eine Portion Mut, ein bisschen Werkzeug und etwas Know-how sowie ein starkes Nervenkostüm führen – meist – zur Belohnung. Heute ist das für viele Enthusiasten Routine.
Was heute selbstverständlich ist, war damals ein Quantensprung, den das Internet möglich machte. Und der Markt entwickelt sich auch heute noch weiter! Zudem will natürlich nicht jeder beim Klassiker-Kauf Gefahr laufen, sich die Finger schmutzig zu machen. Das gilt ganz besonders für Fahrzeuge, bei denen selbst „Gebrauchte“ eine Preisregion erreichen, die in weiten Teilen der Republik für ein schmuckes Eigenheim reicht. Ein schönes Beispiel dafür ist Singer, der kalifornische Porsche-Veredler, der aus gebrauchten 911ern wahre Kunstwerke macht.
Und jetzt? Singer bei Sotheby’s
„Reimagined by Singer“* heißt der Claim, den Singer nutzt. Er beschreibt eine Mischung aus Restauration, Hommage an Vergangenes und technischer Perfektion. Seit 2009 realisieren die Kalifornier ihre Garagenträume. Daher gibt es inzwischen auch für die veredelten Porsche einen veritablen Zweitmarkt. Und auf diesem will Singer jetzt offenbar „mitspielen“. Dazu kooperiert Singer jetzt mit dem Auktionshaus RM Sotheby’s, das die Kalifornier nun als bevorzugten Partner für den Weiterverkauf ihrer automobilen Juwelen bezeichnen.
Damit die Kunden sich tatsächlich von Kleinanzeigen und Garagendurchsichten verabschieden, ockt das Angebot nicht nur mit Auktion und Expertise, sondern im besten Fall auch mit einer Nachbetreuung. Harvey Stanley von RM Sotheby’s bringt es auf den Punkt: „Wer einen Singer verkauft oder kauft, bekommt ab sofort den vollen Service – von der Garantie über After-Sales-Betreuung bis zur weiteren Individualisierung.“ Gelingt es, die Kunden auf diese Reise mitzunehmen, verabschiedet sich Singer vom klassischen Gebrauchtmarkt.
Ein bisschen wie bei Handtaschen oder Uhren!
Ganz neu ist die Kooperation eines Markenartikel-Herstellers mit einem Auktionshaus nicht. Im Bereich der hochwertigen Mode und der Kunst sind solche Verbindungen bereits bekannt. So arbeitet das Modehaus Louis Vuitton offiziell mit dem Auktionshaus Christie’s zusammen. Diese Kooperation geht über die reine Auktion hinaus und bezieht sich auf exklusive Events und speziell kuratierte Versteigerungen wie 2019 in Paris. Auch Hermès und Sotheby’s spannen im Bereich von Vintage-Handtaschen regelmäßig zusammen.
Insofern reiht sich Singer mit dem Schritt, das Auktionshaus RM Sotheby’s zum bevorzugten Partner beim Verkauf „gebrauchter“ Singer-Modelle zu ernennen, in einen illustren Kreis ein. Das ist zwar etwas weiter entfernt von öligen Garagen und ausgeblichenen Zeitungsanzeigen, aber vielleicht trotzdem eine logische Entwicklung in einem Markt, der längst nicht mehr nur von Schraubern, sondern auch von Sammlern und Investoren geprägt ist. Für uns bleibt die Frage: Ist das noch Autoliebe oder schon Automobilkunsthandel?
Früher war alles … … anders
Zweifelsfrei strahlen die Singer-Fahrzeuge eine ganz eigene Faszination aus. Sie sind kompromisslos, wunderschön und für viele das Beste aus zwei Welten: klassische Form, moderne Technik. Dazu passt ein Verkaufsprozess, der eher nach Luxus und Auktion als nach Schrauberhalle und Feilschen klingt. Ob das gut oder schlecht ist, muss jeder selbst entscheiden. Wir jedenfalls stöbern vorerst weiter im Internet und schauen sogar am Sonntag mal in das eine oder andere Autohaus.
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