Vorab eine Klarstellung, heute geht es nicht um „Auto Technisches Spezialzubehör“. Obwohl auch der 1969 gegründete Felgenhersteller aus Bad Dürkheim die Abkürzung ATS nutzt. Stattdessen geht es um den 1961 gegründeten Sportwagenbauer „Automobili Turismo e Sport“. Der war auch legendär, da dieser Gründung die wohl größte Rebellion, die Ferrari je erschütterte, vorausging. Jetzt kündigen sich das Comeback von ATS und des ATS 2500 GT an.
Über den Führungsstil von Enzo Ferrari gibt es viele Geschichten. Der Gründer des Unternehmens konnte sehr selbstherrlich sein. Zudem mischte sich auch seine Frau Laura regelmäßig ins Tagesgeschäft der Firma und des Rennteams ein. Nach Misserfolgen zweifelte Frau Ferrari an der Kompetenz der Techniker. Wie ihr Mann wurde auch die Chefin des Hauses dabei gern sehr persönlich. Ein Umstand, der besonders bei Girolamo Gardini auf Missfallen stieß. Der kaufmännische Direktor der Ferrari SpA stellte sich immer wieder schützend vor seine Mitarbeiter. Gardini verbat sich die Einmischung, zumal Laura Ferrari kein Amt bekleidete und keinen Anteil am Unternehmen hielt.
Die Situation eskalierte
Das führte immer wieder zu Streit und schließlich Ende 1961 zur Entlassung von Girolamo Gardini. Aus Solidarität kündigten sofort auch Giotto Bizzarrini, Carlo Chiti, Fausto Galassi, Enzu Selmi und Romolo Tavoni ihre Jobs bei Ferrari. Auf einen Schlag stand der Sportwagen-Hersteller neben dem kaufmännischen Geschäftsführer auch ohne die Chefs der Prototypenentwicklung, der Entwicklungsabteilung, der Gießerei, der Personalabteilung und des Rennteams da.
Zusammen gründeten die Abtrünnigen im Februar 1962 die Automobili Turismo e Sport. Ihr Ziel war, auf der Rennstrecke und auf der Straße ernsthaft in Konkurrenz zu Enzo Ferrari zu treten. Zu den Geldgebern im Hintergrund gehörte unter anderem der Venezianer Graf Volpi, der mit seinem Rennstall Serenissima schon länger von der großen Welt des Motorsports träumte.
Die Einheit der ATS Gründer schwand schnell!
Mit Giotto Bizzarrini und Carlo Chiti waren bei ATS zwei starke Techniker an Bord und beide hatten oft unterschiedliche Vorstellungen. Entnervt verlies Bizzarrini das neue Unternehmen. Ende 1962 war Carlo Chiti faktisch Alleinherrscher im Unternehmen und der zwischenzeitlich gewonnene weitere Geldgeber Giorgio Billi lies ihn gewähren. Carlo Chiti führte das Unternehmen sofort in die Formel 1. Doch im Laufe der Saison erwiesen sich der von Chiti konstruierte ATS Tipo 100 und sein 1,5 Liter großer Achtzylinder als unzuverlässig. Fahrer Phil Hill, zwei Jahr zuvor mit Ferrari noch Formel 1 Weltmeister, kam nur ein einziges Mal ins Ziel.
Für den zeitgleich vorgestellten Straßensportwagen ATS 2500 GT fanden sich maximal zehn Kunden. Mindestens die zehnfache Menge wäre notwendig gewesen, um das Unternehmen ATS überleben zu lassen. Nicht gesichert ist übrigens, wer die Karosserie des 2500 GT entwarf. Je nach Quelle gelten heute sowohl Giovanni Michelotti als auch Franco Scaglione als Gestalter des Sportwagens. Sicher ist nur, dass die Fertigung bei Allemano erfolgte.
Ende 1963 war das Abenteuer ATS beendet
Die Ausfälle in der Königsklasse sowie der schleppende Verkauf des Seriensportwagens bewog Geldgeber Billi zum Rückzug. Graf Volpi übernahm das Material und verlegte die Firma nach Venedig. Zusammen mit Bruce McLaren versuchte Volpi zeitweise, den von Chiti konstruierten Achtzylinder als Serenissima V8 in der Formel 1 zu etablieren. Doch auch das Vorhaben scheiterte. Carlo Chiti gründete nach der ATS-Pleite zusammen mit einem Autohändler Anfang 1964 ein neues Unternehmen. Unter dem Namen Autodelta stieg dieses Unternehmen kurze Zeit später zur offiziellen Rennsportabteilung von Alfa Romeo auf. Bis in die Gegenwart schien es, als ob Automobili Turismo e Sport nur als kurze Episode in die Auto-Geschichte eingehen würde.
Neuauflage des ATS 2500 GT nach 50 Jahren
Vor zwölf Monaten belebten Autofreunde in Italien den Namen ATS wieder. Mit dem ATS Sports 1000 stellten die Verantwortlichen gleichzeitig einen kleinen Rennsportwagen vor. Der 400 Kilogramm schwere Sportler lässt sich mit unterschiedlichen Motorrad-Motoren bestücken. Das rollfertige Fahrzeug kostet 25.000 Euro und kann bei Trackdays oder am Berg eingesetzt werden. Ähnlich wie beim britischen Radical gibt es auch eine Variante für den Straßenverkehr. Denn wie vor 50 Jahren will ATS auch heute auf die Straße.
Auf seiner Webseite zeigt ATS jetzt zudem die Vision eines neuen ATS 2500 GT. Die Formgebung des Straßensportwagens orientiert sich offensichtlich an seinem gleichnamigen Namensvetter. Das Design des neuen ATS 2500 GT nimmt an mehreren Punkten die Formgebung des Klassikers von 1962 auf. Trotz der Anleihe in der Vergangenheit entstand dabei ein moderner Sportwagen. Wobei der neue ATS 2500 GT bisher nur eine Vision ist. Es wird sich zeigen, ob aus ihr in den kommenden Monaten Realität wird und ob dann tatsächlich 15 bis 20 neue ATS 2500 GT entstehen. Wir werden verfolgen, ob ATS diesmal länger als zwei Jahre überlebt und seine Ziele erreicht.