Alfa Romeo gilt Anfang der 1980er-Jahre längst als Sanierungsfall. Das damalige Staatsunternehmen schreibt Jahr für Jahr rote Zahlen. Trotzdem tritt das Werksteam Autodelta seit 1979 in der Formel 1 an. Dort fährt das Team trotz hoher Einsätze konstant den eigenen Erwartungen hinterher. Im dritten Teil unser Serie über Alfa Romeo in der Formel 1 blicken auf die Jahre 1981 und 1982 zurück.
Weitere Teile dieser Serie:
- Erfolg gab es nur in den Anfangstagen
- Comeback bei Brabham und der Weg zum eigenen Team
- Mario Andretti und der letzte Tanz für Autodelta (dieser Artikel)
- Euroracing und der Turbo V8
- Osella fährt das Material auf
Alfa Romeo betreibt sein Formel-1-Engagement Anfang der 1980er-Jahre mit viel Einsatz. Doch der tödliche Unfall von Teamleader Patrick Depailler ist ein Rückschlag. Denn mit dem schnellen Franzosen verliert das Team einen herausragenden Entwickler.
Doch Teamchef Carlo Chiti will mit aller Macht mit Alfa Romeo ins Vorderfeld zurückkehren. Chiti weiß, dass für die Rückkehr an die Spitze der Formel 1 auch Erfahrung im Cockpit notwendig ist. Deshalb überzeugt der füllige Teamchef den Autobauer von der Verpflichtung eines Spitzenfahrers.
Mario Andretti wird Pilot bei Alfa Romeo
Die Wahl fällt auf Mario Andretti. Denn der Weltmeister des Jahres 1978 hat die Lust verloren, mit Lotus hinterherzufahren. Die Offerte von Alfa Romeo klingt für den US-Amerikaner mit italienischen Wurzeln verlockend. Endlich sitzt der 12-fache Grand-Prix-Sieger wieder in einem Werkswagen. Doch der Rennwagen von Alfa Romeo erfüllt die Erwartungen des Ausnahmekönners nicht.
Zum Beginn der Saison 1981 verbot die FISA die seitlichen Schürzen und schrieb eine Bodenfreiheit von sechs Zentimetern, um den Ground-Effekt und damit die Kurvengeschwindigkeiten zu beschneiden. In den Vorjahren kam es immer wieder zu spektakulären Unfällen, wenn plötzlich ungeplant Luft unter die Autos strömte und dies die Autos wie Raketen abheben lies. Der Unfall von Manfred Winkelhock im Formel-2-Rennwagen auf der Nordschleife war ein typischer Unfall dieser Jahre.
Alfa Romeo verzichtet trotz dieser einschneidenden Regeländerungen darauf, ein völlig neues Fahrzeug zu konstruieren. Stattdessen paßt die Motorsportabteilung Autodelta den bisherigen Rennwagen des Typs 179 an die neuen Regeln an. Beim Saisonauftakt in Long Beach qualifizieren sich die Werksfahrer Mario Andretti und Bruno Giacomelli auf den Startplätzen sechs und neun. Während Giacomelli im Rennen nach einer Kollision ausscheidet, fährt Andretti als Vierer ins Ziel.

Auch bei den nächsten Rennen zeigt sich immer wieder, dass Alfa Romeo 179C durchaus Potenzial hat. Allerdings bleibt der Wagen trotz der Überarbeitung defektanfällig. Immer wieder fallen die Piloten in aussichtsreicher Position aus. Zudem verzettelt sich Autodelta. Denn Carlo Chiti kämpft an allen Fronten. Der füllige Teamchef und Chef-Konstrukteur überarbeitet nochmals den Rennwagen. Im Sommer 1981 setzt das Team erstmals den 179D mit einem markanten Frontspoiler und einer neuen Auspuffanlage ein.
Carlo Chiti will zu viel!
Parallel dazu entsteht mit dem 179F auch eine Version des Rennwagens, die über ein Chassis aus Verbundwerkstoffen verfügt. Beim Debüt stürzte sich der Typ 179 noch auf ein klassisches Aluminium-Monocoque ab. Parallel dazu entwickelt Chiti auch den V12 (Typ 1260 für 12 Zylinder mit 60 Grad Zylinderwinkel) weiter. Doch allen ist klar, dass der Saugmotor ein Auslaufmodell ist. Denn in der Formel 1 strebt Anfang der 1980er-Jahre der Turbomotor nach der Macht. Bereits seit Ende 1979 arbeitet Carlo Chiti mit drei seiner Mitarbeiter an einem eigenen Turbomotor.
Bei der Vielzahl der Projekte ist es kein Wunder, dass Autodelta in der Formel 1 auch 1981 den eigenen Erwartungen hinterherfährt. Saisonhöhepunkt ist schließlich der dritte Platz von Bruno Giacomelli beim Saisonfinale auf dem Parkplatz von Las Vegas. Mario Andretti verliert zunehmend die Lust. Am Ende des Jahres erklärt der Ex-Weltmeister seinen Rücktritt aus der Königsklasse des Motorsports. Es ist wohl hauptsächlich eine Flucht vor Alfa Romeo. Denn schon im April 1982 folgt der Rücktritt vom Rücktritt und Andretti springt für Carlos Reutemann bei Williams ein.
1982 baut Gérard Ducarouge das Auto
Trotz des offensichtlichen Misserfolgs sieht Carlo Chiti lange keinen Grund, etwas an seiner Arbeitsweise zu ändern. Doch den Konzernchefs in Mailand dämmert langsam, dass das Formel-1-Engagement Veränderungen benötigt. Die Konstruktion des neuen Rennwagens Alfa Romeo 182 übernimmt mit Gérard Ducarouge ein neuer Designer. Der Franzose baute zuvor bei Ligier Siegerautos und sieht im Engagement bei Alfa Romeo den nächsten Karriereschritt.

Mit dem Alfa Romeo 182 stellt Ducarouge ein solides Fahrzeug auf die Räder. Unter der langen Motorhaube sorgt zunächst weiter der bekannte V12 für Vortrieb. Doch der Start mißlingt. Denn beim Saisonauftakt Ende Januar in Südafrika ist der neue Rennwagen noch nicht fertig. Stattdessen sitzen die Piloten Andrea de Cesaris und Bruno Giacomelli zunächst im alten 179D. Erst beim zweiten Saisonrennen gut zwei Monate später in Brasilien ist der neue Rennwagen einsatzbereit.
Auch der Alfa Romeo 182 ist ein schnelles Auto!
Der Alfa Romeo 182 verfügt über ein modernes Kohlefaser-Chassis. Dadurch konnte Designer Gérard Ducarouge das Gewicht des Fahrzeugs im Vergleich zum Vorgänger deutlich absenken. Zusammen mit dem vermutlich stärksten Saugmotor dieser Motoren-Epoche sind das grundsätzlich gute Voraussetzungen für Erfolg. Doch die Defekthexe gehört auch 1982 bei Alfa Romeo zum Inventar.
Schon beim zweiten Einsatz des neuen Rennwagens in den Straßen von Long Beach geht Andrea de Cesaris vom besten Startplatz ins Rennen. Beim Rennen in Monte Carlo fährt der Italiener mit Platz drei aufs Podium. In Canada gelingt mit Platz sechs erneut ein Punktgewinn. Doch ansonsten ist auch der neue Rennwagen von Alfa Romeo chronisch unzuverlässig. de Cesaris fällt im Laufe des Jahres zehnmal vorzeitig aus. Bruno Giacomelli kommt neunmal nicht ins Ziel.
Parallel zu den Renneinsätzen stellt Carlo Chiti endlich den Turbomotor fertig. Doch Chiti wäre nicht Chiti, wenn sich der Ingenieur dabei für eine Standard-Lösung entschieden hätte. Denn Alfa Romeo ist der einzige Hersteller, der in der Ära der 1,5-Liter-Turbomotoren einen V8 baut. Im Training zum Großen Preis von Italien in Monza teste Andrea de Cesaris einen 182T mit dem Alfa Romeo 890T (8 Zylinder mit 90 Grad Zylinderwinkel und Turboaufladung) im Heck.
Doch das Team entscheidet sich, im Rennen zunächst weiter den V12 einzusetzen. Erst 1983 tritt Alfa Romeo mit dem Turbo an. Über den Winter strukturiert der kriselnde Autobauer sein Formel-1-Engagement neu. An die Stelle von Autodelta tritt mit Euroracing ein neues Einsatz-Team.
Mehr dazu gibt es in Kürze im vierten Teil dieses Artikels …