von Wilhelm C. Droll am 28.09.2025

Abschied von Enzo Osella – Nachruf auf eine italienische Rennsport-Legende

Am 27. September 2025 verstarb Enzo Osella, der Gründer von Osella Corse, im Alter von 86 Jahren. Sein Lebenswerk prägte den italienischen Motorsport über fünf Jahrzehnte hinweg – von den ersten Rallyes und Bergrennen über die Formel 2 bis hin zur Formel 1.

Enzo Osella

1979 verfügte Enzo Osella (hier links hinter dem Osella FA2/79 zu sehen) über ein konkurrenzfähiges Auto für die Formel 2. Eddie Cheever gewann drei Rennen zur Formel 2-Europameisterschaft. Ein Jahr später stieg Enzo Osella mit seinem Team in die Formel 1 ein. (Foto: Archiv Wiedl)

Geboren am 26. August 1939 in Cambiano bei Turin, wuchs Vincenzo „Enzo“ Osella in einer Familie auf, die ein Lebensmittelgeschäft und ein Transportunternehmen betrieb. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm sein Vater eine Autowerkstatt im Zentrum Turins. Enzo begann seine Karriere als Mechaniker und Beifahrer bei Rallyes, bevor er 1963 als Testfahrer bei Carlo Abarth tätig wurde. 1964 gründete er sein eigenes Unternehmen, das mit Fahrzeugen von Abarth handelte.

Enzo Osella erwarb die Rennabteilung von Carlo Abarth

1971 übernahm Enzo Osella die Rennabteilung von Carlo Abarth, der sich in den Ruhestand verabschiedete, und führte diese unter dem Namen Osella Corse fort. Zunächst entstanden Sportwagen, die auf den letzten Konstruktionen von Abarth basierten. Doch Enzo Osella reizte der Formelsport, und so präsentierte der Unternehmer 1974 mit dem FA2 seinen ersten Formel-2-Rennwagen. Mit ihm traten zunächst Giorgio Francia und Diulio Truffo in der Formel-2-EM an. Doch der Start war schwierig. Erst 1979 bog das Team mit dem Osella FA2/79 und Eddie Cheever im Cockpit auf die Siegerstraße ein und feierte drei Siege.

Jo Gartner im Osella FA1F

Bei Osella galt eine einfache Regel: Wer bezahlt, der fährt. So kam auch Jo Gartner 1984 bei Osella zu einigen Formel 1-Einsätzen. (Foto: Archiv AutoNatives.de)

Im gleichen Jahr übernahm Enzo Osella mit seiner Firma auch den Aufbau einiger BMW M1 für die Procar-Serie. Das war ein gutes Geschäft und brachte den Unternehmer Enzo Osella ins Rahmenprogramm der Königsklasse. Das motivierte offenbar, und 1980 wagte Enzo Osella den Schritt in die Formel 1. In den folgenden elf Jahren nahm sein Team an 172 Grands Prix teil und erzielte insgesamt fünf Punkte. Der Höhepunkt war der vierte Platz beim Großen Preis von San Marino 1982 – das war allerdings ein Rennen, das ein Großteil des Feldes boykottierte.

Elf Jahre Formel 1 – elf Jahre am Ende des Feldes

Zwei Monate später verunglückte Riccardo Paletti beim Start zum Großen Preis von Kanada tödlich. Der Italiener fuhr, weil sein Vater Arietto, ein Unternehmer aus Mailand, für die Einsätze zahlte. Teil des Deals war, dass ein Bauunternehmen, das der Familie Paletti gehörte, hinter Osellas Werkshallen in Volpiano eine Teststrecke bauen sollte. Dazu sollte es nie kommen. Trotzdem erwarb sich Enzo Osella in seinen Jahren in der Königsklasse ein Ruf als verlässlicher Partner. Denn der Italiener schaffte es mit bescheidenen Mitteln, sein Team bis 1990 in der Königsklasse zu halten.

Doch Ende 1990 war der Schuldenberg zu groß. Enzo Osella verkaufte seinen Startplatz in der Formel 1 und das Formel-1-Material an Gabriele Rumi und seinen Felgenhersteller Fondmetal. Rumi holte das Team nach Bergamo. Der Sportwagenbau, den Enzo Osella auch in den Formel-1-Jahren weiterführte, blieb in den Händen seines Gründers. Den motivierten in den kommenden Jahren Finanzhilfen der EU, um mit seiner Firma in die süditalienische Provinz Potenza umzuziehen. In Atella entstand ein modernes Werk mit einem eigenen kleinen Windkanal und modernen Fahrprüfständen.

Bei den Sportwagen war Enzo Osella eine Macht!

Das waren Möglichkeiten, die Enzo Osella in seinen Formel-1-Jahren nie zur Verfügung standen. Der Unternehmer nutzte sie, um ab Mitte der 1990er Jahre zahlreiche erfolgreiche Sportwagen auf die Räder zu stellen. Erst in den 2010er-Jahren, als die Förderung ausgelaufen war, zog Enzo Osella mit seiner Firma zurück ins Piemont. Dort starb der Rennsportunternehmer mit 86 Jahren an diesem Wochenende. Enzo Osella wird als Visionär in Erinnerung bleiben, der mit Mut, handwerklichem Geschick und unerschütterlicher Leidenschaft die Grenzen des italienischen Motorsports auslotete.

Osella PA20S

Mit den offenen Sportprototypen der Gruppe CN dominierte Osella zeitweise die Berg-Europameisterschaft. Heute tauchen die Osella PA20S immer häufiger auch im historischen Motorsport auf. (Foto: Tom Schwede)

Vom Rallye-Beifahrer bis zum Formel-1-Teamchef prägte er Generationen von Fahrern und Ingenieuren und hinterlässt eine Motorsportgeschichte voller Innovation, Einsatzbereitschaft und Mut zum Risiko.


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