von Tom Schwede am 11.04.2025

Wie die Ölkrise die amerikanische Autoindustrie traf!

Die Ölkrise von 1973 war ein Wendepunkt für die amerikanische Autoindustrie. In einer Ära, in der „Muscle Cars“ und V8-Motoren die Straßen beherrschten, brachte der plötzliche Anstieg der Benzinpreise einen dramatischen Wandel. Während Japan mit sparsamen Fahrzeugen Marktanteile gewann, kämpften die „Big Three“ mit der Krise.

Aufgegebene Tankstelle in den den USA, April 1974

Im Winter 1973/74 wurden in den USA viele Tankstellen aufgegeben. Dieses Foto entstand im April 1974 in Potlatch, Washington. Da hatte jemand die Zapfsäulen genutzt, die christliche Botschaft zu verbreiten. (Foto: U.S. National Archives and Records Administration)

Autos aus Amerika sind in Europa kein einfaches Thema. Sicher, es gibt Liebhaber. Besonders US-Cars der 1950er- und 1960er-Jahre haben treue Fans. Sie schätzen die opulenten Heckflossen der späten 1950er, lieben das überbordende Chrom, die großzügigen Dimensionen sowie die kraftvollen V8-Motoren. Diese Autos stammen aus einer „goldenen Ära“ des amerikanischen Automobilbaus. Sie stehen für eine Epoche des Wirtschaftswachstums, Rock ’n’ Roll und Freiheit auf endlosen Highways.

Ergebnis dieser Zeit waren Muscle Cars wie der Pontiac GTO, der Dodge Charger, der Ford Mustang Boss 429 oder der Chevrolet Chevelle SS. Ihre V8-Motoren verfügten über mehr Leistung, als ihre Fahrwerke sinnvoll auf die Straße bringen konnten. Ihr Design strahlte so viel Kraft und Aggression aus, dass es fast schon obszön wirkte. Amerika war das Land der unbegrenzten Möglichkeiten – und amerikanische Autos waren rollende Symbole dieses unbeschwerten Lebensgefühls.

Doch dieser Höhenflug endete abrupt – mit der Ölkrise von 1973.

Denn zum Erfolgsgeheimnis der amerikanischen Sportwagen gehörte das billige Benzin. Noch 1972 lag der durchschnittliche Preis für eine Gallone Benzin (circa 3,8 Liter) bei etwa 36 US-Cent. Doch als die OPEC-Staaten – als Reaktion auf deren Unterstützung Israels im Jom-Kippur-Krieg – im Oktober 1973 ein Embargo gegen westliche Länder verhängten, schoss der Ölpreis innerhalb weniger Monate um fast 50 Prozent in die Höhe. Ende 1973 lag der Preis bereits bei rund 53 US-Cent pro Gallone.

Ölpreisentwicklung seit 1861

Die Ölkrise im Herbst 1973 traf Amerika hat. Der Preis kannte fast 10 Jahre nur einen Weg: nach oben! (Grafik: TomTheHand / GNU Free Documentation License)

Für die Amerikaner, die sich an billigen Sprit gewöhnt hatten, war das ein Schock. Zumal sich der Preisanstieg fortsetzte. 1974 erreichte der Preis die Marke von rund 60 US-Cent. Bis 1981 kletterte der Preis auf über 1,30 US-Dollar pro Gallone. Die Ölkrise von 1973 markierte einen Wendepunkt für die amerikanische Autoindustrie. Plötzlich waren große, durstige V8-Motoren und schwergewichtige Karosserien nicht mehr gefragt – oder schlicht nicht mehr praktikabel.

Die „Big Three“ brauchten fast zehn Jahre, um sich wirklich anzupassen.

Die Ära des billigen Benzins verdampfte – und mit ihr das Selbstverständnis einer ganzen Auto-Generation. Doch die US-Hersteller hielten lange an alten Konzepten fest. Während japanische Hersteller wie Toyota, Datsun (heute Nissan) und Honda mit kleinen, sparsamen Autos Marktanteile sicherten, gerieten General Motors, Ford und Chrysler in eine tiefe Krise. AMC wurde eine Renault-Tochter. Nach der Ermordung seines Chefs Georges Besse zog sich der französische Autobauer 1986 aus den USA zurück, verkaufte AMC an Chrysler.

Dodge Omni

Der Dodge Omni entstand auf Basis des Simca Horizon von Chrysler Europe. Weil dessen Motoren nicht in die USA passten, kaufte Chrysler stattdessen Motoren bei VW ein. Das wirkte lieblos zusammengedübelt und beschreibt hervorragend den Zustand der US-Autoindustrie in den 1970er-Jahren. (Foto: Greg Gjerdingen)

Schon in den 1970er-Jahren entstanden als Antwort auf das Interesse an kompakten und sparsamen Autos Fahrzeuge wie der Ford Pinto, der Chevrolet Vega oder der Dodge Omni. Jedes dieser Modelle hatte seine eigene Geschichte – doch keine war eine Erfolgsgeschichte. Den Ruf des Ford Pinto ruinierten Sicherheitsprobleme. Die Qualität des Chevrolet Vega galt als unterirdisch. Und dem auf dem Simca Horizon basierenden Dodge Omni fehlte – auch „dank“ seiner VW-Motoren – jede Dynamik.

Die Antwort kam erst in den 1980er-Jahren: Kompakte, effiziente Autos!

Erst im Laufe der 1980er-Jahre richteten sich die „Big Three“ erfolgreich neu aus. Ihr Fokus verlagerte sich endgültig von den großen, durstigen V8-Limousinen hin zu kleineren, effizienteren und technisch moderneren Fahrzeugen. Frontantrieb wurde zum Standard, weil er Gewicht sparte und den Innenraum vergrößerte. 1981 führte Chrysler die K-Cars (wie den Plymouth Reliant und den Dodge Aries) ein. Letztlich retteten diese kompakten und sparsamen Frontantriebs-Limousinen das Unternehmen aus der Krise.

GM setzte ebenfalls auf den Frontantrieb und führte 1980 die X-Body-Plattform für Chevrolet Citation oder Pontiac Phoenix ein. Gleichzeitig gewann Aerodynamik immer mehr an Bedeutung. Amerikanische Autos wurden strömungsgünstiger, um den Verbrauch zu senken und konkurrenzfähig zu bleiben. Als Trendsetter gilt der 1986er Ford Taurus. Er definierte mit seinem aerodynamischen Design und der komfortablen Ausstattung die Erwartungen an amerikanische Mittelklassefahrzeuge neu.

Der Cadillac Allanté sollte zeigen, was Amerika kann!

Mitte der zweiten Hälfte der 1980er hielten die GM-Verantwortlichen die Zeit für einen Neustart in der Luxus-Klasse für gekommen. Der Cadillac Allanté sollte mit europäischen Luxusautos wie dem Mercedes SL und dem Jaguar XJ-S konkurrieren. Doch am Ende scheiterte auch dieses ambitionierte Projekt – Amerika blieb ohne echten Konkurrenten für die europäische Luxusklasse.


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