Von Brabham über Trojan zu Ralt: Die Meisterwerke von Ron Tauranac

von Fabian P. Wiedl und Tom Schwede am 03.03.2025

Über Lola, March und MRD mit seinem Brabham-Rennwgen gibt es hier im Blog schon einige Artikel. An RALT sind wir bisher immer „vorbeigelaufen“. Dabei hatte der von Ron Tauranac gegründete Rennwagenhersteller zu zwei der drei genannten Kontrahenten enge Verbindungen.

Brian Henton, Ralt RT2 in Silverstone

Brian Henton und die Toleman Group Motorsport setzten 1979 den Ralt RT2 in der Formel 2-Europameisterchaft ein. (Foto: Archiv AutoNatives.de)

Denn Ron Tauranac kam 1960 auf Einladung seines Freundes Jack Brabham nach Europa. Der 1925 in Australien geborene Tauranac blickte zu diesem Zeitpunkt bereits auf gut zehn Jahre Erfahrung als Konstrukteur von Rennwagen zurück. Als Jack Brabham 1961 seine Firma Motor Racing Developments Ltd. (MRD) gründete, stieg Tauranac als Chefkonstrukteur in dieses Unternehmen ein.

Der Weg von Brabham über Trojan zu Ralt!

Ende 1970 zog sich Jack Brabham vom Rennsport zurück. Ron Tauranac übernahm MRD und die Marke. Doch dabei blieb es nur ein Jahr. Denn Motorsport war auch damals schon teuer. Und ohne Zugpferd Jack Brabham im Cockpit floss das Geld der Sponsoren nicht in dem Maße, wie es notwendig war. Deshalb verkaufte Ron Tauranac die Firma MRD nach nur einem Jahr an Bernie Ecclestone.

Der Brite zahlte 100.000 britische Pfund für MRD und das Rennteam. Ron Tauranac blieb zunächst als Konstrukteur und Fabrikmanager an Bord. Doch das funktionierte nicht. Daher verließ Tauranac noch während der Saison 1972 das Unternehmen. Nach einer kurzen Auszeit in Australien kehrte er noch im gleichen Jahr nach Europa zurück. Für Trojan konstruierte der Australier zwei Chassis für die Formel 5000.

Die RALT Engineering Ltd. war ein Neustart!

Von diesen leitete der Ingenieur auch den Rennwagen ab, mit dem Tim Schenken 1974 sechs Grand Prix für Trojan Tauranac Racing fuhr. Doch das blieb eine kurze Episode. Denn dem ehemaligen Nutzfahrzeughersteller Trojan ging das Geld aus. Er hielt sich schon seit Mitte der 1960er-Jahre als Lohnfertiger für McLaren und Elva (bis 1968) eher schlecht als recht über Wasser.

Ralt RT1/78 in der Formel 3 am Nürburgring

In der Formel 3 war der Ralt RT1 sofort ein Frontrunner. Schon im ersten Einsatzjahr feierte Ralt den Titel in der Formel 3-Europameisterschaft. Danach kauften rund um die Welt Piloten ein Chassis von Ralt. Ruggero Gruet trat mit diesem Ralt RT1/78 am Nürburgring an. (Foto: Archiv AutoNatives.de)

Ron Tauranac trennte sich im Herbst 1974 von Trojan und gründete in Woking das Konstruktionsbüro RALT Engineering Ltd. Die Abkürzung RALT setzte sich aus den Initialen des Firmengründers und seines Bruders Austin zusammen: Ron + Austin + Lewis + Tauranac = RALT. Wobei der Name nicht neu war. Denn bereits Anfang der 1950er trat der Konstrukteur in seiner Heimat mit Ralt genannten Fahrzeugen an.

Ihr Geschäftsmodell funktionierte sofort!

Und schon diese Fahrzeuge verkauften Ron und Austin Tauranac an Kunden. Insofern war der Start in Großbritannien wohl eher ein Neustart und die Fortsetzung eines Geschäftsmodells, das die Gebrüder Tauranac bereits in ihrer Heimat ausprobiert hatten. Dabei half, dass das erste Auto des neuen Konstruktionsbüros sofort erfolgreich war. Denn Larry Perkins fuhr 1975 mit dem Ralt RT1 zum europäischen Formel-3-Titel.

Wer wollte, konnte mit dem Ralt RT1 sowohl in der Formel 2 als auch in der Formel 3 oder der Formel Atlantic antreten. Das ermöglichte den Brüdern Tauranac, praktisch aus dem Stand vergleichsweise große Stückzahlen abzusetzen. Schon 1976 holte Freddy Kottulinsky am Nürburgring den ersten Formel-2-Sieg für Ralt. Und Bertram Schäfer sicherte sich den deutschen Formel-3-Titel in einem Ralt-BMW. In den folgenden Jahren gewannen Ralt-Piloten auch F3-Titel in Italien, Schweden und Großbritannien.







Ralt gewann zahlreiche Meisterschaften!

Zu den Titelträgern gehörte unter anderem Nelson Piquet, der 1978 in Großbritannien erfolgreich war. Die Erfolge waren möglich, weil Ron Tauranac den Rennwagen kontinuierlich weiterentwickelte. Erst 1979 entstanden mit den Modellen Ralt RT2 für die Formel 2 und RT3 für die Formel 3 ganz neue Fahrzeuge. Wobei es auch vom Ralt RT1 schon eine Version für die stärkere Formel 2 gab. Eddie Cheever fuhr 1977 mit einem von Ron Dennis eingesetzten RT1-BMW in der Formel-2-Europameisterschaft auf Platz zwei.

Theodore TR1

Parallel zu seinen Formel-Fahrzeugen für die Nachwuchsklassen Formel 3 und Formel 2 konstruierte Ron Tauranac auch einen Formel 1-Boliden. Doch der Werkseinsatz lies sich nicht finanzieren. Daher verkaufte Tauranac die Konstruktion an Theodore Racing von Teddy Yip. Das Team brachte den „Ralt“ als Theodore TR1 an den Start, Ron Tauranac übernahm die Betreuung an der Rennstrecke (Foto: Tom Schwede)

Parallel zu den angebotenen Fahrzeugen betreute Ron Tauranac in der Formel 1 zusätzlich noch Theodore Racing von Teddy Yip. Das Team nutzte ein Auto, das Ralt eigentlich selbst in die Formel 1 bringen wolle. Mit dem Theodore TR1 gewann Keke Rosberg im Regen die International Trophy. Doch in der Weltmeisterschaft verpaßte das Auto sechsmal die Qualifikation und nahm nur an einem Grand Prix teil.

Ralt wurde das Werksteam von Honda!

Aber in der Formel-1-Weltmeisterschaft riss der von Ralt gebaute Theodore keine Bäume aus. Mehr Erfolg hatten die Neukonstruktionen für die Nachwuchsklassen. Mit dem Ralt RT2 verpassten Brian Henton und die Toleman Group Motorsport den Titel 1979 als Zweite ebenfalls nur knapp. 1980 dominierte Toleman mit dem vom RT2 abgeleiteten TG280 die Formel-2-Europameisterschaft.

Ray Mallock im Ralt RT4

Ray Mallock trat in der Formel 2 mit einem Ralt Rt4 an. Das Chassis entstand eigentlich für den Einsatz in der Formel Atlantic. Doch es war auch in der Formel 2 nutzbar. Das nutzte neben Mallock auch das Team des Müncheners Manfred Cassani. (Foto: Archiv AutoNatives.de)

Ron Tauranac zog in der Zwischenzeit mit Honda echte Werksunterstützung an Land. Das ermöglichte es RALT, mit einem Werksteam in die Formel-2-Europameisterschaft einzusteigen. Zudem entstand mit dem Ralt RH6 ein Auto, das nur dem Werksteam zur Verfügung stand. Kunden wie Bertram Schäfer Racing, wo Manfred Winkelhock antrat, blieb „nur“ der modernisierte RT2.

In der Formel 2 war Ralt am Ende praktisch unschlagbar!

Auch bei seinen neuen Fahrzeugen setzte Ron Tauranac weiter auf Evolution. So bürgerte es sich ein, die Jahreszahl hinter die Typbezeichnung zu stellen. Weshalb Ayrton Senna mit einem Ralt RT3/83 zur britischen Formel-3-Meisterschaft 1983 fuhr. Gegen Ende der Formel 2 war das Ralt-Werksteam praktisch unschlagbar. 1983 und 1984 gewann es 16 der ausgetragenen 23 EM-Läufe.

Jonathan Palmer im Ralt RH6 Honda

Die Formel 2 dominierte am Ende das Ralt-Honda-Werksteam. Der Ralt RH6 war das überlegene Fahrzeug dieser Epoche in der Formel 2. (Foto: Archiv AutoNatives.de)

Das Geschäftsmodell war für Ralt ein gutes Geschäft. Denn schon 1984 verließ der 500. Ralt die Fabrik des Rennwagenherstellers. Auch wenn sich der Übergang von der Formel 2 zur Formel 3000 für Ralt nicht so erfolgreich wie erwartet gestaltete. Obwohl Ralt ab 1986 wieder als Honda-Werksteam antrat, gelang in der neuen Fahrzeugklasse kein Meisterschaftsgewinn.







March übernahm Ralt!

Trotzdem waren die 1980er-Jahre für Ralt goldene Jahre. Ron Tauranac erkannte, dass seine Stärke nicht das Management war. Der Ingenieur liebte die Konstruktion. Daher nahm Tauranac das Angebot an, seine Firma an March zu verkaufen. Im Oktober 1988 übernahm der bisherige Konkurrent für 1,25 Millionen britische Pfund alle Anteile an der RALT Engineering Ltd. Ron Tauranac blieb als Designer an Bord.

Ralt wurde damit zu einer Marke von March. Drei Jahre später kam es zum Management-Buy-out. 1993 übernahmen Andrew Fitton und Steve Ward die March Engineering Ltd. Ron Tauranac übernahm auch unter den neuen Eignern die Projektleitung für die Formel Atlantic. Doch nach einem Jahr verabschiedete sich der Ingenieur aus „seiner“ Firma. Fitton und Ward betrieben March noch ein paar Jahre weiter.

John Nielsen im Ralt RT20 Honda

Ab 1986 traten Ralt und Honda auch in der Formel 3000 zusammen an. Doch sie konnten nicht an die Erfolge der Formel 2 anknüpfen. (Foto: Archiv Wiedl)

Rennwagen von Ralt im Überblick:

Modell Jahr Fahrzeugklasse Bemerkung
Ralt RT1 1975 Formel 2, Formel 3, Formel Super VW, Formel Atlantic Der RT1 galt als solider einfacher Rennwagen. Ron Tauranac pflegte das Design kontinuierlich weiter.
Theodore TR1 1978 Formel 1 Weil RALT 1977 einen Einsatz in der Formel 1 nicht finanzieren konnte, verkaufte Ron Tauranac den entwickelten Rennen an Teddy Yip. Der brachte den Rennwagen 1978 als Theodore TR1 an den Start. Doch der Wagen war zu schwer und veraltet. So ersetzte Theodore den TR1 durch einen Wolf.
Ralt RT2 1979 Formel 2 Ground-Effekt-Fahrzeug
Ralt RT3 1979 Formel 3 Ground-Effekt-Fahrzeug
Ralt RT4 1980 Formel Atlantic Fahrzeug konnte auch in der Formel 2 eingesetzt werden
Ralt RT5 1980 Formel Super VW Ground-Effekt-Fahrzeug
Ralt RH6 1981 Formel 2 Werkswagen für das Ralt Honda-Werksteam
Ralt RH6/82 1982 Formel 2 Der RH6/82 verfügte über ein Aluminium-Honeycomb Monocoque
Ralt RT30 1985 Formel 3 Neukonstruktion
Ralt RB20 1985 Formel 3000 Das „B“ in der Modellbezeichnung stand für Bridgestone
Ralt RT30/85 1986 Formel 3 Neukonstruktion
Ralt RT31 1987 Formel 3
Ralt RT21 1987 Formel 3000
Ralt RT32 1988 Formel 3
Ralt RT22 1988 Formel 3000

Otto Rensing im Ralt RT34

Nach der Übernahme durch March konzentrierte sich RALT im Wesentlichen auf die Formel 3. 1990 trat Volkswagen Motorsport in der Deutschen Formel 3-Meisterschaft mit dem Ralt RT34 an. Im Cockpit saßen Ellen Lohr und Otto Rensing. (Foto: Klaus Ridder – Archiv Wiedl)

Modell Jahr Fahrzeugklasse Bemerkung
Ralt RT33 1989 Formel 3
Ralt RT34 1990 Formel 3
Ralt RT35 1991 Formel 3 War der letzte Formel 3, den Ron Tauranac konstruierte
Ralt RT23 1991 Formel 3000
Ralt RT36 1992 Formel 3 Andy Thorby war als Chefdesigner für diesen Formel 3 verantwortlich
Ralt RT24 1992 Formel 3000 Simtek überarbeitete das Design des RT23; so entstand der RT24
Ralt RT40 1992 Formel Atlantic Design von Ron Tauranac
Ralt RT37 1993 Formel 3
Ralt RT41 1993 Formel Atlantic
Ralt 94C 1994 Formel 3 Design Chris Radage - Für viele Fans gilt dieser Rennwagen nicht mehr als richtiger Ralt. Denn Ron Tauranac hatte das Unternehmen inzwischen verlassen.

Insgesamt entstanden 1.083 Fahrzeuge bei Ralt. 1.047 davon gingen auf ein Design von Ron Tauranac zurück. Das unterstreicht, RALT war Ron Tauranac. Ohne den Australier war Ralt nicht mehr das gleiche Unternehmen. Nach seinem Abschied bei March und Ralt beriet Tauranac das Formel 1-Team Arrows und den Autobauer Honda. Seinen Lebensabend verbrachte der Australier in seiner Heimat. Dort starb Ron Tauranac vor fünf Jahren im Alter von 95 Jahren.


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