Von Brabham über Trojan zu Ralt: Die Meisterwerke von Ron Tauranac
Über Lola, March und MRD mit seinem Brabham-Rennwgen gibt es hier im Blog schon einige Artikel. An RALT sind wir bisher immer „vorbeigelaufen“. Dabei hatte der von Ron Tauranac gegründete Rennwagenhersteller zu zwei der drei genannten Kontrahenten enge Verbindungen.
Denn Ron Tauranac kam 1960 auf Einladung seines Freundes Jack Brabham nach Europa. Der 1925 in Australien geborene Tauranac blickte zu diesem Zeitpunkt bereits auf gut zehn Jahre Erfahrung als Konstrukteur von Rennwagen zurück. Als Jack Brabham 1961 seine Firma Motor Racing Developments Ltd. (MRD) gründete, stieg Tauranac als Chefkonstrukteur in dieses Unternehmen ein.
Der Weg von Brabham über Trojan zu Ralt!
Ende 1970 zog sich Jack Brabham vom Rennsport zurück. Ron Tauranac übernahm MRD und die Marke. Doch dabei blieb es nur ein Jahr. Denn Motorsport war auch damals schon teuer. Und ohne Zugpferd Jack Brabham im Cockpit floss das Geld der Sponsoren nicht in dem Maße, wie es notwendig war. Deshalb verkaufte Ron Tauranac die Firma MRD nach nur einem Jahr an Bernie Ecclestone.
Der Brite zahlte 100.000 britische Pfund für MRD und das Rennteam. Ron Tauranac blieb zunächst als Konstrukteur und Fabrikmanager an Bord. Doch das funktionierte nicht. Daher verließ Tauranac noch während der Saison 1972 das Unternehmen. Nach einer kurzen Auszeit in Australien kehrte er noch im gleichen Jahr nach Europa zurück. Für Trojan konstruierte der Australier zwei Chassis für die Formel 5000.
Die RALT Engineering Ltd. war ein Neustart!
Von diesen leitete der Ingenieur auch den Rennwagen ab, mit dem Tim Schenken 1974 sechs Grand Prix für Trojan Tauranac Racing fuhr. Doch das blieb eine kurze Episode. Denn dem ehemaligen Nutzfahrzeughersteller Trojan ging das Geld aus. Er hielt sich schon seit Mitte der 1960er-Jahre als Lohnfertiger für McLaren und Elva (bis 1968) eher schlecht als recht über Wasser.
Ron Tauranac trennte sich im Herbst 1974 von Trojan und gründete in Woking das Konstruktionsbüro RALT Engineering Ltd. Die Abkürzung RALT setzte sich aus den Initialen des Firmengründers und seines Bruders Austin zusammen: Ron + Austin + Lewis + Tauranac = RALT. Wobei der Name nicht neu war. Denn bereits Anfang der 1950er trat der Konstrukteur in seiner Heimat mit Ralt genannten Fahrzeugen an.
Ihr Geschäftsmodell funktionierte sofort!
Und schon diese Fahrzeuge verkauften Ron und Austin Tauranac an Kunden. Insofern war der Start in Großbritannien wohl eher ein Neustart und die Fortsetzung eines Geschäftsmodells, das die Gebrüder Tauranac bereits in ihrer Heimat ausprobiert hatten. Dabei half, dass das erste Auto des neuen Konstruktionsbüros sofort erfolgreich war. Denn Larry Perkins fuhr 1975 mit dem Ralt RT1 zum europäischen Formel-3-Titel.
Wer wollte, konnte mit dem Ralt RT1 sowohl in der Formel 2 als auch in der Formel 3 oder der Formel Atlantic antreten. Das ermöglichte den Brüdern Tauranac, praktisch aus dem Stand vergleichsweise große Stückzahlen abzusetzen. Schon 1976 holte Freddy Kottulinsky am Nürburgring den ersten Formel-2-Sieg für Ralt. Und Bertram Schäfer sicherte sich den deutschen Formel-3-Titel in einem Ralt-BMW. In den folgenden Jahren gewannen Ralt-Piloten auch F3-Titel in Italien, Schweden und Großbritannien.
Ralt gewann zahlreiche Meisterschaften!
Zu den Titelträgern gehörte unter anderem Nelson Piquet, der 1978 in Großbritannien erfolgreich war. Die Erfolge waren möglich, weil Ron Tauranac den Rennwagen kontinuierlich weiterentwickelte. Erst 1979 entstanden mit den Modellen Ralt RT2 für die Formel 2 und RT3 für die Formel 3 ganz neue Fahrzeuge. Wobei es auch vom Ralt RT1 schon eine Version für die stärkere Formel 2 gab. Eddie Cheever fuhr 1977 mit einem von Ron Dennis eingesetzten RT1-BMW in der Formel-2-Europameisterschaft auf Platz zwei.
Parallel zu den angebotenen Fahrzeugen betreute Ron Tauranac in der Formel 1 zusätzlich noch Theodore Racing von Teddy Yip. Das Team nutzte ein Auto, das Ralt eigentlich selbst in die Formel 1 bringen wolle. Mit dem Theodore TR1 gewann Keke Rosberg im Regen die International Trophy. Doch in der Weltmeisterschaft verpaßte das Auto sechsmal die Qualifikation und nahm nur an einem Grand Prix teil.
Ralt wurde das Werksteam von Honda!
Aber in der Formel-1-Weltmeisterschaft riss der von Ralt gebaute Theodore keine Bäume aus. Mehr Erfolg hatten die Neukonstruktionen für die Nachwuchsklassen. Mit dem Ralt RT2 verpassten Brian Henton und die Toleman Group Motorsport den Titel 1979 als Zweite ebenfalls nur knapp. 1980 dominierte Toleman mit dem vom RT2 abgeleiteten TG280 die Formel-2-Europameisterschaft.
Ron Tauranac zog in der Zwischenzeit mit Honda echte Werksunterstützung an Land. Das ermöglichte es RALT, mit einem Werksteam in die Formel-2-Europameisterschaft einzusteigen. Zudem entstand mit dem Ralt RH6 ein Auto, das nur dem Werksteam zur Verfügung stand. Kunden wie Bertram Schäfer Racing, wo Manfred Winkelhock antrat, blieb „nur“ der modernisierte RT2.
In der Formel 2 war Ralt am Ende praktisch unschlagbar!
Auch bei seinen neuen Fahrzeugen setzte Ron Tauranac weiter auf Evolution. So bürgerte es sich ein, die Jahreszahl hinter die Typbezeichnung zu stellen. Weshalb Ayrton Senna mit einem Ralt RT3/83 zur britischen Formel-3-Meisterschaft 1983 fuhr. Gegen Ende der Formel 2 war das Ralt-Werksteam praktisch unschlagbar. 1983 und 1984 gewann es 16 der ausgetragenen 23 EM-Läufe.
Das Geschäftsmodell war für Ralt ein gutes Geschäft. Denn schon 1984 verließ der 500. Ralt die Fabrik des Rennwagenherstellers. Auch wenn sich der Übergang von der Formel 2 zur Formel 3000 für Ralt nicht so erfolgreich wie erwartet gestaltete. Obwohl Ralt ab 1986 wieder als Honda-Werksteam antrat, gelang in der neuen Fahrzeugklasse kein Meisterschaftsgewinn.
March übernahm Ralt!
Trotzdem waren die 1980er-Jahre für Ralt goldene Jahre. Ron Tauranac erkannte, dass seine Stärke nicht das Management war. Der Ingenieur liebte die Konstruktion. Daher nahm Tauranac das Angebot an, seine Firma an March zu verkaufen. Im Oktober 1988 übernahm der bisherige Konkurrent für 1,25 Millionen britische Pfund alle Anteile an der RALT Engineering Ltd. Ron Tauranac blieb als Designer an Bord.
Ralt wurde damit zu einer Marke von March. Drei Jahre später kam es zum Management-Buy-out. 1993 übernahmen Andrew Fitton und Steve Ward die March Engineering Ltd. Ron Tauranac übernahm auch unter den neuen Eignern die Projektleitung für die Formel Atlantic. Doch nach einem Jahr verabschiedete sich der Ingenieur aus „seiner“ Firma. Fitton und Ward betrieben March noch ein paar Jahre weiter.
Rennwagen von Ralt im Überblick:
Modell | Jahr | Fahrzeugklasse | Bemerkung |
---|---|---|---|
Ralt RT1 | 1975 | Formel 2, Formel 3, Formel Super VW, Formel Atlantic | Der RT1 galt als solider einfacher Rennwagen. Ron Tauranac pflegte das Design kontinuierlich weiter. |
Theodore TR1 | 1978 | Formel 1 | Weil RALT 1977 einen Einsatz in der Formel 1 nicht finanzieren konnte, verkaufte Ron Tauranac den entwickelten Rennen an Teddy Yip. Der brachte den Rennwagen 1978 als Theodore TR1 an den Start. Doch der Wagen war zu schwer und veraltet. So ersetzte Theodore den TR1 durch einen Wolf. |
Ralt RT2 | 1979 | Formel 2 | Ground-Effekt-Fahrzeug |
Ralt RT3 | 1979 | Formel 3 | Ground-Effekt-Fahrzeug |
Ralt RT4 | 1980 | Formel Atlantic | Fahrzeug konnte auch in der Formel 2 eingesetzt werden |
Ralt RT5 | 1980 | Formel Super VW | Ground-Effekt-Fahrzeug |
Ralt RH6 | 1981 | Formel 2 | Werkswagen für das Ralt Honda-Werksteam |
Ralt RH6/82 | 1982 | Formel 2 | Der RH6/82 verfügte über ein Aluminium-Honeycomb Monocoque |
Ralt RT30 | 1985 | Formel 3 | Neukonstruktion |
Ralt RB20 | 1985 | Formel 3000 | Das „B“ in der Modellbezeichnung stand für Bridgestone |
Ralt RT30/85 | 1986 | Formel 3 | Neukonstruktion |
Ralt RT31 | 1987 | Formel 3 | |
Ralt RT21 | 1987 | Formel 3000 | |
Ralt RT32 | 1988 | Formel 3 | |
Ralt RT22 | 1988 | Formel 3000 |
Modell | Jahr | Fahrzeugklasse | Bemerkung |
---|---|---|---|
Ralt RT33 | 1989 | Formel 3 | |
Ralt RT34 | 1990 | Formel 3 | |
Ralt RT35 | 1991 | Formel 3 | War der letzte Formel 3, den Ron Tauranac konstruierte |
Ralt RT23 | 1991 | Formel 3000 | |
Ralt RT36 | 1992 | Formel 3 | Andy Thorby war als Chefdesigner für diesen Formel 3 verantwortlich |
Ralt RT24 | 1992 | Formel 3000 | Simtek überarbeitete das Design des RT23; so entstand der RT24 |
Ralt RT40 | 1992 | Formel Atlantic | Design von Ron Tauranac |
Ralt RT37 | 1993 | Formel 3 | |
Ralt RT41 | 1993 | Formel Atlantic | |
Ralt 94C | 1994 | Formel 3 | Design Chris Radage - Für viele Fans gilt dieser Rennwagen nicht mehr als richtiger Ralt. Denn Ron Tauranac hatte das Unternehmen inzwischen verlassen. |
Insgesamt entstanden 1.083 Fahrzeuge bei Ralt. 1.047 davon gingen auf ein Design von Ron Tauranac zurück. Das unterstreicht, RALT war Ron Tauranac. Ohne den Australier war Ralt nicht mehr das gleiche Unternehmen. Nach seinem Abschied bei March und Ralt beriet Tauranac das Formel 1-Team Arrows und den Autobauer Honda. Seinen Lebensabend verbrachte der Australier in seiner Heimat. Dort starb Ron Tauranac vor fünf Jahren im Alter von 95 Jahren.
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