Fahrberichte: Mazda

Test: Mazda2 (2015) – kleiner Wagen erstaunlich groß

Mazda stellt Ende Februar die neue Generation des Mazda2 im Handel vor. Ich konnte den neuen Mazda bereits jetzt bei einer ausführlichen Probefahrt in Augenschein nehmen.

Mazda2, Modelljahr 2015
Wir waren mit dem Mazda2 des Modelljahrs 2015 unterwegs.

Ein halbes Jahr nach der Weltpremiere auf dem Autosalon in Paris führt Mazda seinen neuen Kleinwagen auf dem europäischen Markt ein. In der Zwischenzeit hat der Neue weltweit zahlreiche Preise abgeräumt. Im November gab es bei der gemeinsamen Leserwahl von Bild-Zeitung und Auto-Bild das Goldene Lenkrad. In seiner japanischen Heimat gewann der Mazda2 den Titel „Car of the Year“ und den „Good Design Award“. Natürlich haben solche Auszeichnungen durch die ADAC-Affäre einen Teil ihres guten Rufs eingebüßt. Trotzdem sind sie für die Autobranche und die Käufer immer noch ein wichtiger Gradmesser.

Daher war ich vor der ersten Begegnung mit dem Kleinwagen gespannt. Ich fragte mich, ob der Kleine die hohen Erwartungen erfüllen kann. Das Fazit ist einfach: Der Mazda2 kann! Denn die dritte Generation des Kleinwagens ist für Mazda ein Neustart. An vielen Details wird deutlich, wie konsequent die Ingenieure mit der Neuauflage die Wurzeln zu den Vorgängern kappten. Denn die erste und die zweite Generation des Mazda2 waren das Produkt der Zusammenarbeit mit Ford. Der erste Mazda2 basierte auf dem Ford Fusion. Die zweite Generation war eng mit dem Ford Fiesta verwandt.

Dafür war verantwortlich, dass die Amerikaner zeitweise ein Drittel des Kapitals des japanischen Autobauers kontrollierten. Im Zuge der Finanzkrise reduzierte Ford diesen Anteil auf eine Minorität von rund 3,5 Prozent. Damit verloren die Amerikaner an Einfluss. Mazda nutzte die zurückgewonnene Unabhängigkeit, um sich neu aufzustellen. Diesen Prozess begleitet Mazda mit den Begriffen „KODO“, „Jinba Ittai“ und „Skyactiv-Technologie“. Sie sollen das Bewusstsein für diese Veränderungen schärfen.

Was fällt von außen auf?

KODO steht seit 2010 für eine Mazda Designphilosophie. Mit ihr soll die Gestaltung des Fahrzeugs Geschwindigkeit, Spannung und Verführung verkörpern. Das umzusetzen ist bei einem Kleinwagen sicherlich keine einfache Angelegenheit. Zumal das Einsatzgebiet eines Kleinwagens üblicherweise der Stadtverkehr ist. Da ist das mit der Geschwindigkeit so eine Sache. Zunächst haben die Designer den Mazda2 wachsen lassen. Im Vergleich zum Vorgänger legte der Kleinwagen in der Länge gleich um satte 14 Zentimeter zu. 4,06 Meter misst der Kleine jetzt – und schaut damit erstaunlich erwachsen aus. Die neue Größe hat den Vorteil, dass den Designern mehr Volumen für die Gestaltung zur Verfügung steht.

Unterwegs im Mazda2 (Foto: Moritz Nolte)
Unterwegs im Mazda2 (Foto: Moritz Nolte)

Durch neue Positionen der Vorderachse und der A-Säule, die im Vergleich zum Vorgänger auseinander wuchsen, gewinnt die Motorhaube des Fronttrieblers an Kontur. Bei anderen Kleinwagen ist sie – gestaltungstechnisch – oft ein notwendiges „Übel“. Ich habe schon öfter den Eindruck gehabt, dass die Designer ihr nur das notwendige Mindestmaß an Aufmerksamkeit schenkten. Der Mazda2 beeindruckt mit einer Motorhaube, die einer anderen Fahrzeugklasse entstammen könnte. An ihrer Spitze stellt sich klar und deutlich das aktuelle Familiengesicht dem Fahrtwind entgegen. Um die Dynamik des Kleinwagens zu verstärken, lässt Mazda die Motorhaube zudem etwas abfallen.

Ein weiteres Element, das die Dynamik verstärkt, sind die vorne und hinten spitz zulaufenden Fensterflächen. An der hinteren Tür hat Mazda ihre Form mit einer dreieckigen Kunststoffabdeckung optisch verlängert. Ich suchte an dieser Stelle zunächst wie bei Alfa Romeo oder Seat den Türgriff. Doch Mazda entschied sich beim ausschließlich als Fünftürer lieferbaren Mazda2 für klassische Türgriffe. Das ist fingernagelfreundlich und betont ebenfalls die Dynamik. Denn der hinter Türgriff sitzt höher als der vordere Türgriff. Auch das ergibt wieder eine ansteigende Linie. Tatsächlich sorgt das KODO genannte Design des Kleinwagens für Spannung. Fehlt noch die Verführung? Ob das Design diesen Anspruch erfüllt, muss am Ende jeder für sich entscheiden. Zur Not hält der Mazda2 aber auch noch andere Reize bereit.

Wie fährt sich der neue Mazda2?

Definitiv ein positiver Reiz ist der Innenraum. Nach dem Einsteigen bin ich überrascht. Obwohl ich zunächst mit der Basisausstattung „Prime-Line“ unterwegs bin, finde ich trotz meiner Länge (und meines aktuellen Gewichts) sofort eine angemessene Sitzposition. Obwohl der „Prime-Line“ eine Sitzhöhenverstellung fehlt, kann ich in dem Kleinwagen ausgesprochen gut sitzen. Später wechsele ich in die „Mazda2 White Edition“. Mit diesem limitierten Sondermodell will Mazda zum Verkaufsstart besonders komfortorientierte Kunden ansprechen. Dazu bietet die „White Line“ unter anderem Voll-LED Scheinwerfer und ein Head-Up Display. In einem Kleinwagen sind diese Ausstattungsoptionen bisher selten. Doch leider sind ihre Sportsitze für mich (und meinen zu breiten Allerwertesten) etwas zu eng.

Frontansicht des Mazda2, Modelljahr 2015
Frontansicht des Mazda2, Modelljahr 2015

Trotzdem machen beide von mir gefahrenen Innenraum-Varianten des Mazda2 deutlich, dass der von Mazda betonte Langstreckenkomfort in diesem Kleinwagen kein leeres Versprechen ist. Auf meiner Probefahrt im Mazda2 war ich zusammen mit Sportfahrer Moritz Nolte unterwegs. Rund 400 Kilometer haben wir – zumindest in meinem Fall – völlig ermüdungsfrei zurückgelegt. Auf dem Weg waren wir im Stadtverkehr, auf der Autobahn und auf der Landstraße unterwegs. Alle drei Disziplinen des Autolebens meisterte der neue Mazda2 problemlos.

Fotos zum Mazda2

Im Stadtverkehr von Barcelona erwies sich der kleine Wendekreis von 9.60 Metern als echter Vorteil. Als ich im Zentrum der katalanischen Metropole zu früh abbiege und in einer Seitenstraße lande, ist der Fehler schnell korrigiert. Der aktuelle VW Polo und der neue Opel Corsa benötigen in dieser Disziplin jeweils einen Meter mehr als der neue Herausforderer aus Japan. In der engen Seitenstraße hätte ich mit ihnen vermutlich rangieren müssen. Mit dem Mazda2 kann ich in der schmalen Gasse einzügig wenden. Das gefällt mir.

Auf der Landstrasse macht der neue Mazda2 ebenfalls eine gute Figur. Auch hier erweist sich der Kleinwagen als agil, lenkt willig in Kurven ein und vermittelt damit echten Fahrspaß. Bei Mazda nennen sie das „Jinba Ittai“. Das steht im Japanischen für die Einheit von Pferd und Reiter. Mazda verwendet den Ausdruck als Synonym für Fahrspaß. Die Serpentinen in den Bergen rund um Barcelona machen mit dem Mazda2 richtig Spaß. Wobei die 90-PS-Variante mit einem leichten Stempeln an der Hinterasche in sehr schnell gefahrenen Kurven das harmonische Gesamtbild etwas stört. Die später von mir ebenfalls gefahrene 115-PS-Version liegt ruhiger auf der Straße.

Motor des Mazda2, Modelljahr 2015
Motor des Mazda2, Modelljahr 2015

Auf der Autobahn reichen beide Motoren fürs Mitschwimmen im Verkehr locker. Auto-Blogger und andere Autotester sind verwöhnt. Oft dürfen wir mit den Sportversionen unterwegs sein. Natürlich ist ein Opel Corsa OPC reizvoll. Aber im Handel werden vorrangig die kleineren Motorisierungen verkauft. Denn wer regelmäßig vom Vorort in die Innenstadt pendelt, benötigt keine 200 PS. Insofern widersteht Mazda zurzeit der Versuchung, vom Mazda ein Sportmodell anzubieten. Da ich extrem viel auf der Autobahn unterwegs bin, würde ich persönlich zu einer 115-PS-Version greifen. Im Stadtverkehr und der gelegentlichen Fahrt zur Tante oder Oma reicht auch einschwächerer Motor.

Leichtbau und Premiumgefühle

Positiv macht sich das für heutige Verhältnisse geringe Gewicht des Mazda2 bemerkbar. Im Vergleich zum eigenen Vorgänger sank das Gewicht um rund sieben Prozent. Für die 90-PS-Variante gibt Mazda ein Leergewicht von 975 Kilogramm an. Der 115-PS starke Mazda2 wiegt leer 1.055 Kilogramm. Auch hier lohnt der Vergleich mit dem Wettbewerb. Opel gibt für den neuen Corsa ein Leergewicht von 1.163 Kilogramm an. Der Polo von Volkswagen liegt bei 1.107 Kilogramm.

Natürlich liegt auch beim Mazda2 das tatsächliche Gewicht etwas höher. Besonders die umfangreiche Sonderausstattung der „White Edition“ schlägt sicherlich mit einigen Kilo zu Buche. Trotzdem beeindruckt der Mazda auch in dieser Disziplin. Zumal die Karosseriesteifigkeit trotz des Leichtbaus um 22 Prozent zunahm. Die Strecke der Probefahrt führt teilweise über sehr schlechte Straßen. Doch selbst gemeine katalanische Schlaglöcher bringen den Mazda2 nicht aus dem Konzept. Genauso wie im hochgelobten Mazda6 und bei dem vor zwei Jahren getesteten Mazda3 ist im Mazda2 alles hochwertig verarbeitet.

Unterwegs im Mazda2 (Foto: Moritz Nolte)
Unterwegs im Mazda2 (Foto: Moritz Nolte)

Schon das Basismodell „Prime-Line“ wirkt nicht wie ein billiger Jacob. In der „White Edition“ kommt definitiv das Gefühl „Premium“ auf. Bei diesem Eindruck spielen die Themen Infotainment und Konnektivität eine wichtige Rolle. Die zwei Drehknöpfe auf der Mittelkonsole (Mazda nennt das System Multi Commander) und der große Touchscreen-Monitor sind seltene Gäste in der Kleinwagenklasse. Das Head-up Display ist völlig neu im sogenannten B-Segment der Superminis. Erfreulich, dass es sich selbst auf meine Körpergröße problemlos einstellen lässt.

Welche Motoren gibt es im neuen Mazda2?

Vier Motoren bietet Mazda im Mazda2 an. Drei Saugmotoren mit Direkteinspritzung und ein Diesel stehen auf dem automobilen Speisezettel. Wobei der Bau des 105-PS starken Diesels erst im Mai startet. Im Segment der Kleinwagen spielen die Selbstzünder keine überragende Rolle, wie das in höheren Fahrzeugklassen der Fall ist. Deshalb bringt Mazda den Diesel erst im Sommer nach Europa. Auch mit den drei Benzin-Motoren ist der Mazda2 gut aufgestellt. Anders als die Wettbewerber, die inzwischen fast durchgängig auf kleine Turbomotoren setzen, vertraut Mazda bei den Benzinern ausschließlich auf Saugmotoren.

Damit widersetzt sich Mazda dem Trend zum Downsizing. Bei den Pressevorstellungen spricht Mazda im Zusammenhang mit diesem Aspekt seiner Skyactiv-Technologie lieber vom Rightsizing. Im Fall des Mazda2 sind für die Japaner vier Zylinder und ein Hubraum von 1,5 Litern die richtige Größe. Die Benziner verdichten ihren Kraftstoff mit einem hohen Verdichtungsverhältnis von 14:1 (12:1 beim 75-PS-Motor). Mazda verspricht sich von der hohen Verdichtung eine bessere Verbrennung. Das senkt den Verbrauch, vereinfacht die Abgasbehandlung und soll mit seinem direkten Ansprechverhalten für weiteren Fahrspaß sorgen.

Heckansicht des Mazda2, Modelljahr 2015
Heckansicht des Mazda2, Modelljahr 2015

Mit 75, 90 und 115 PS stehen drei Leistungsstufen zur Verfügung. Die beiden stärkeren Varianten konnte ich testen. Wie zu erwarten, fühlt sich die 115-PS-Version spritziger an. Ein Teil dieses Eindrucks geht auf die Kappe des eng abgestuften Sechsgang-Schaltgetriebes. In der 90-PS-Version, zu der ein Fünfgang-Schaltgetriebe gehört, fehlt an den Steigungen der katalanischen Berge manchmal ein zusätzlicher Gang. Zuvor im Stadtverkehr war mir das nicht aufgefallen. Dort war der 90-PS starke Mazda2 absolut in seinem Element. Und wer sich dort ständig zum Ampelspurt hinreißen lässt, ist nicht der Typ für so einen japanischen Mini.

Mein Fazit zum neuen Mazda2:

Mit dem neuen Mazda2 setzt Mazda erneut ein starkes Ausrufezeichen. 11.000 Exemplare will Mazda im ersten Jahr in Deutschland von seinem Kleinsten verkaufen. Im Segment der Kleinwagen wäre das voraussichtlich ein Marktanteil von rund drei Prozent. Auf dem Heimatmarkt von Volkswagen und Opel sicherlich ein herausragendes Ergebnis. Ich glaube, dass der Mazda2 das Zeug hat, diesen Vorsatz tatsächlich in die Realität umzusetzen. Denn der neue Kleine aus dem Hause Mazda ist erstaunlich groß. In einigen Punkten vermittelt er das Gefühl, die Grenzen seiner Klasse zu sprengen. Das wird sicherlich Kunden finden.


Der Mazda2 steht ab dem 27./28. Februar bei den Mazda-Händlern. Der Einstieg erfordert 12.790 Euro.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Wir waren mit dem Mazda2 des Modelljahrs 2015 unterwegs.

Foto: Tom Schwede

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!