Deutsche Rennsport-Meisterschaft: 1977 feierte die Gruppe 5 ihr DRM-Debüt

von Tom Schwede am 05.10.2024

1977 brach die Deutsche Rennsport-Meisterschaft (DRM) zu neuen Ufern auf. Denn die ONS schrieb die DRM erstmals für die neue Gruppe 5 aus. Mit dem Umstieg auf die neue Fahrzeugklasse löste sich die DRM von den Fesseln der Homologationsklassen. Das mischte die Karten der Teams neu und führte die Meisterschaft in neue Höhen.

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Rolf Stommelen gewann 1977 den Titel der DRM. Der Kölner steuerte einen Porsche 935 des Kölner Gelo-Teams. – Foto: Archiv AutoNatives.de

Mit der Gruppe 5 entschieden sich die Verantwortlichen für die gleiche Fahrzeugklasse, die seit dem Vorjahr in der Markenweltmeisterschaft antraten. Das war – ähnlich wie die Gründung der Meisterschaft fünf Jahre zuvor – wieder ein mutiger Schritt. Denn es war nicht klar, ob es zu Saisonbeginn genügen Autos gibt, die den neuen Regeln entsprechen. Doch als am 13. März in Zolder die Saison startete, stellten sich in der Division II (bis zwei Liter Hubraum) satte 21 Rennwagen der Herausforderung der Meisterschaft. In der Division I (> 2 Liter Hubraum) war das Feld mit zwölf Fahrzeugen nicht ganz so überzeugend – zumal drei der Fahrzeuge noch den Regel der alten Gruppe 4 entsprachen. Doch als das erste Auslandsrennen der DRM-Geschichte hinter den Piloten lag, sprach davon kaum noch jemand.

Dank der Gruppe 5 eroberte der Turbo auch die Division II

Denn in der Division II ließ BMW seine neuen Junior-Piloten antreten. Marc Surer, der prompt den ersten Lauf gewann, Eddie Cheever und Manfred Winkelhock sollten in den kommenden Rennen für viel Unterhaltung sorgen. Wobei die Werkswagen noch der bewährte Saugmotor aus der Formel 2 antrieb. Doch Schnitzer zeigte, was die DRM in den kommenden Jahren erwarten sollte. Denn die BMW 2002 des bayrischen Teams trieb ein von Schnitzer vorbereiteter 1,4 Liter großer Turbomotor an. In der DRM galt damals ein Turbofaktor von 1,4. Damit durfte der Schnitzer BMW in der Division II starten. Harald Ertl unterstrich mit der schnellsten Rennrunde das Potential des Turbos schon beim ersten Einsatz. Das Rennen der Division I entschied Manfred Schurti (Porsche 935) für sich.

Gruppe 5 Porsche 935

Mit dem Porsche 935 des Jägermeister-Max-Moritz-Teams gewann Manfred Schurti den ersten Lauf der Saison 1977. Unser Foto stammt vom 1.000km-Rennen 1977. Dort teilt sich Schurrte das Cockpit des Gruppe 5-Bolidens mit Helmut Kelleners (Foto: Archiv AutoNatives.de).

Nur 14 Tage später setzte die DRM ihre Saison am Nürburgring fort. Diesmal gewann mit Rolf Stommelen erneut ein Porsche 935-Pilot das Rennen der großen Division. Der Kölner saß erstmals bei einem DRM-Lauf in einem Gelo Porsche des Kölner Georg Loos. Der Immobilienunternehmer kaufte seine Rennwagen im Werk und ließ diese auch dort vorbereiten. Die Wertung der kleinen Division entschied Hans-Joachim Stuck für sich. Der DRM-Meister von 1972 steuerte einen BMW 320 des Essener Autohaus Faltz. Stuck, ansonsten in der Formel 2 am Start, hatte offenbar nichts von seiner Fähigkeit als Tourenwagen-Pilot eingebüßt. Denn Stuck sah in der DRM 1977 dreimal die Zielflagge und gewann dabei dreimal die Wertung seiner Division.

Porsche baute 1977 einen 935 für die kleine Division!

Nach den zwei Auftaktrennen im März hatten die Teams bis Mai Pause, um dann gleich dreimal anzutreten. So war am 22. Mai 1977 schon die halbe Saison um. Mit zwei Siegen und zwei zweiten Plätzen lag Rolf Stommelen im Gelo Porsche 935 zur Halbzeit nur auf dem zweiten Platz der Meisterschaftswertung. Denn Bob Wollek, der einen Porsche 935 K2 des Kremer-Teams steuerte, konnte auf die gleichen Ergebnisse zurückblicken und brachte zusätzlich noch einen dritten Platz in die Wertung ein. Damit war längst klar, dass die DRM 1977 eigentlich „nur“ eine Kölner Stadtmeisterschaft war. Für besonderes Feuer sorgte, dass sich die Kremer-Brüder und Gelo-Chef Georg Loos nur in ihrer tiefen gegenseitigen Abneigung einig waren.

1977 probierte Porsche in der Gruppe 5 einen 935 mit 1,4-Liter-Motor aus.

2015 zeigte Porsche den Porsche 935/2.0 „Baby“ auf der IAA – keine Ahnung wer dabei auf die Idee kam, den Rennwagen dabei mit profilierten Reifen zu bestücken. (Foto: Tom Schwede)

Die zweite Saisonhälfte begann am Norisring mit einem echten Knaller. Denn Porsche schickte Jacky Ickx erstmals mit dem Porsche 935/2.0 „Baby“ ins Rennen. In diesem 935 kam eine nur 1.428 Kubikzentimeter große Variante des Sechszylinders von Porsche zum Einsatz. Damit durfte der 935 in der Division II starten. Beim Debüt musste Jacky Ickx aufgeben. Das brachte die Fans um die Erkenntnis, wie sich der 750 Kilogramm leichte Porsche im Feld der Zwei-Liter-Klasse schlägt. Schon beim zweiten Einsatz – im Rahmenprogramm des Großen Preis von Deutschland – fuhr Ickx zum Divisionssieg. Unklar, was Porsche mit dem „Baby“ genau bezweckte und warum das Projekt nach nur zwei Einsätzen aufgab. Vermutlich wollte Porsche vorbereitet sein, wenn der großen Division die Starter ausgehen.

Rolf Stommelen fuhr 1977 verdient zum ersten Gruppe 5-Titel der DRM!

Mit Siegen bei den Läufen sechs (Norisring), sieben (Diepholz) und zehn (Nürburgring) sicherte sich Rolf Stommelen am Ende den Titel. Der Gelo-Pilot verwies Bob Wollek auf den undankbaren zweiten Platz. Wobei beide Piloten mit intakten Titelchancen ins Finale am Nürburgring gingen. Doch dort fand der Franzose keinen Weg an Stommelen vorbei und verlor die Meisterschaft. Bester BMW-Junior wurde Manfred Winkelhock. Der Schwabe schloß das erste Jahr der Gruppe 5 auf dem dritten Platz der Meisterschaft ab. Damit lies Winkelhock, der sich seinen Rennwagen am Anfang der Saison noch selbst aufbauen musste, die hoch eingeschätzten internationalen Teamkollegen hinter sich.

Schnitzer BMW 2002

Der Schnitzer BMW 2002 zeigte 1977 in welche Richtung sich die Gruppe 5 in den kommenden Jahren entwickeln sollte. (Foto: Archiv AutoNatives.de)

Am Ende des Jahres 1977 waren alle Beteiligten mit dem ersten Jahr der Gruppe 5 in der DRM zufrieden. Rolf Stommelen war ein würdiger Sieger. Besonderen Eindruck hinterließ, wie der Kölner am Norisring mit 1,9 bar Ladedruck zum neuen Rundenrekord fuhr. Schnitzer und Porsche bewiesen in der Division II (< zwei Liter Hubraum), dass auch dort ein Turbo konkurrenzfähig sein kann. Denn Peter Hennige (Lauf fünf in Kassel-Calden) und Klaus Ludwig (Lauf zehn am Nürburgring) fuhren mit dem BMW 2002 von Schnitzer zu je einem Saisonsieg. Und wer weiß, vielleicht hätte Schnitzer noch weitere Erfolge feiern können, wenn sich das Team auf den 2002 konzentriert hätte. Doch für Harald Ertl setzte Schnitzer ab dem Sommer 1977 zusätzlich eine Toyota Celica Turbo in der Division I ein.

Das Experiment mit dem BMW Junior-Team überzeugte – trotz einer Pause in Diepholz!

Zu den Highlights 1977 zählte auch das BMW Junior-Team. Die drei Nachwuchspiloten stahlen den arrivierten Stars oft die Show und ließen sich von diesen auch nicht die Butter vom Brot nehmen. Eddie Cheever war oft zu aggressiv. Marc Surer zog mit. Das kostete beide mehrmals Punkte. In Diepholz ließ BMW Motorsport-Chef Jochen Neerpasch die Jungstars einmal aussetzen, um sie zur Besinnung zu bringen. Den besten Eindruck hinterließ Manfred Winkelhock. Denn Cheever kam mit zahlreichen Titeln im Kartsport und der Erfahrung aus der Formel 3 und Formel 2 zu BMW. Auch Surer begann mit dem Kart-Sport und fuhr vor seinem Wechsel zu BMW schon Formel 3, schloß 1976 die Formel 3-DM auf dem zweiten Platz ab. Im Vergleich dazu war Winkelhock ein echter Novize.

BMW 320i des BMW Junior-Teams

Das BMW Junior-Team gehörte 1977 zu den Aktivposten der DRM. Unser Foto zeigt einen der Rennwagen beim 1.000km-Rennen am Nürburgring. Dort setzte BMW einen BMW 320i für Marc Surer (hier am Steuer) und Manfred Winkelhock in einem Auto ein. Die Nachwuchspiloten schlossen das Rennen als Dritte ab und gewannen ihre Klasse. (Foto: Archiv AutoNatives.de)

Winkelhock kam aus dem Autoslalom. Erste Erfahrung auf der Rundstrecke sammelte der Schwabe im VW Scirocco Cup. Auch wenn Winkelhock dort zu den besten Piloten gehörte, das war im Vergleich zu seinen Teamkollegen praktisch nichts. Der Schwabe stieg aus dem frontgetriebenen seriennahen Scirocco in den BMW 320 der Gruppe 5 um. Dort lernte Winkelhock schnell und wurde am Ende sogar „inoffizieller Meister“ der kleinen Division. In dieser gewannen die Autos aus Bayern 1977 acht der zehn Läufe. Wobei die BMW-Piloten allerdings davon profitierten, dass der Zakspeed-Escort von Titelverteidiger Hans Heyer zunächst zu schwer war. Auch der Grab-Escort von Toine Hezemans war – trotz seines Schrick-Motors – nicht konkurrenzfähig. Zudem fehlte dem Grab-Team das Budget, um seinen Escort weiterzuentwickeln. So war BMW der Dominator seiner Klasse.


Die Top 10 der DRM 1977

Platz Fahrer Division Fahrzeug Team Punkte
1 Rolf Stommelen Division I Porsche 935 Gelo Racing Team 160
2 Bob Wollek Division I Porsche 935 K2 Kremer Racing 152
3 Manfred Winkelhock Division II BMW 320i BMW Junior Team 108
4 Hans Heyer Division II Ford Escort Zakspeed 100
5 Eddie Cheever Division II BMW 320i BMW Junior Team 82
5 Marc Surer Division II BMW 320i BMW Junior Team 82
7 Manfred Schurti Division I Porsche 935 Jägermeister Max Moritz Team 80
8 Hans-Joachim Stuck Division II BMW 320i BMW Team Faltz (2x) – BMW Motorsport (1x) 60
9 Tim Schenken Division I Porsche 935 Gelo Racing Team 56
10 Franz Konrad Division I Porsche 935 Kannacher GT Racing 54

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