Motorsport-Rückblick: September 1984 – Action, die Disqualifikation von Tyrrell und Flugmeilen

Formel 1, IMSA und mehr: Ein Rückblick auf den ereignisreichen September 1984 – von Laudas Triumph in Monza bis zum Abschied der Formel 2 und den Reisestrapazen von Derek Bell.

Niki Lauda im Juli 1984 mit dem McLaren MP4/2 beim Großen Preis von Großbritannien. Im August 1984 holte sich der Altmeister die WM-Führung.
Niki Lauda im Juli 1984 mit dem McLaren MP4/2 beim Großen Preis von Großbritannien. Im August 1984 holte sich der Altmeister die WM-Führung. – Foto: Archiv AutoNatives.de

Formel 1: Prost, Lauda und das Duell um die Krone

Der Große Preis von Italien am 9. September 1984 war das einzige Formel 1-Rennen des Monats. In einer Saison, die von einem Duell zwischen den beiden McLaren-Piloten Alain Prost und Niki Lauda geprägt war, stand das Rennen in Monza unter besonderer Beobachtung. Denn mit dem Rennen in Italien waren nur noch drei Rennen zu fahren. Vor diesen Rennen führte Lauda die Weltmeisterschaft mit dem winzigen Vorsprung eines halben Punkts an. Das machte vor dem Rennen in Monza die Spannung greifbar. Alain Prost startete von der Pole-Position und war fest entschlossen, den Sieg zu holen, um Lauda die WM-Führung streitig zu machen.

Doch in einem packenden Rennen zeigte der Österreicher einmal mehr seine Klasse. Lauda gewann das Rennen, während sein Teamkollege den McLaren schon nach vier Runden abstellen musste. Der von Porsche gelieferte TAG V6-Biturbo versagte ausnahmsweise. Damit baute Lauda seinen Vorsprung in der Weltmeisterschaft um neun Punkte aus. Lauda kam jetzt auf 63 WM-Punkte, während auf dem Konto von Alain Prost weiter 53,5 WM-Punkte standen. Nicht am Start war Ayrton Senna. Denn der Brasilianer hatte – trotz seines noch zwei weitere Jahre laufenden Vertrags mit Toleman – für 1985 bei Lotus unterzeichnet. Woraufhin Toleman den Senna suspendierte.

Tyrrell flog aus der WM

Das Podium in Monza vervollständigten Michele Alboreto (Ferrari) und Riccardo Patrese (Alfa Romeo), wobei nur der Ferrari-Pilot mit dem Sieger in der gleichen Runde ins Ziel kam. Stefan Bellof fehlte in Monza. Seit dem dritten Platz von Martin Brundle beim Rennen in den Straßen von Detroit stand das Team unter Beobachtung. Nun war sich die FISA sicher, dass die Tyrrell in den Rennen des Jahres 1984 untergewichtig fuhren. Im Tyrrell 012 gab es einen offiziell als Teil der Bremskühlung definierten Wassertank. Nur wenn dieser gefüllt war, dann entsprach der Tyrrell den Regeln.

Im Juni 1984 trat die Formel 1 in Detroit an.
Stefan Bellof beim Detroit Grand Prix in Juni 1984 – dort fuhr sein Teamkollege Martin Brundle im unterlegenen Tyrrell 012 auf den zweiten Platz. Bei der Kontrolle nach dem Rennen stellten die Verantwortlichen eine Verfärbung des Wassers im Tank der Bremskühlung fest. Das löste weitere Untersuchungen aus. An deren Ende schloss die FISA das Team Tyrrell aus der WM aus. Viele Beobachter sahen darin eine Strafe für das Verhalten von Ken Tyrrell. Denn der Brite hatte in der Vergangenheit wiederholt Vorschläge für neue Regeln blockiert. (Foto: Archiv AutoNatives.de)

Doch vor dem Wiegen ließen die Regelhüter das Wasser ab. Weshalb Tyrrell den Tank bei einem Boxenstopp gegen Ende des Rennens mit einem Gemisch aus Wasser und Angelblei auffüllte. Beim Wiegen nach dem Rennen lagen die Rennwagen so auch ohne Wasser über dem Mindestgewicht. Die FISA strich dem Team rückwirkend alle Ergebnisse des Jahres und schloss es für den Rest des Jahres aus der Formel 1-Weltmeisterschaft aus. In der Härte des Urteils sah die Mehrzahl der Beobachter einen Denkzettel für Ken Tyrrell. Der Brite hatte in der Vergangenheit zu oft mit seinem Veto-Recht Änderungen blockiert.

Formel 2: Das Ende einer Ära

Die Formel 2 galt lange als optimales Sprungbrett in die Königsklasse. Doch inzwischen galt die Lücke zwischen den bis zu 350 PS starken Formel-2-Boliden und der Königsklasse als zu groß. Denn in der Formel 1 leisteten die Boliden 1984 im Training bis zu 1.000 PS. Gleichzeitig wandten sich Hobbypiloten, die Ende der 1970er-Jahre in einem Start in der Formel 2 ihr persönliches Karriere-Highlight sahen, immer häufiger den Sportwagen der Gruppe C zu. Deshalb schickte die FISA die Formel-2-Europameisterschaft am Ende der Saison 1984 in Rente.

An ihre Stelle sollte 1985 die neue Formel 3000 treten. So war das Formel-2-Rennen, das am 23. September 1984 in Brands Hatch stattfand, das Ende einer Ära. Nur 14 Piloten nahmen an dieser „Abschiedsparty“ teil. Unter ihnen war Derek Bell. Der Brite schloss schon 1970 die Formel-2-EM auf dem zweiten Platz ab und feierte nun nach zehn Jahren ein F2-Comeback. Bell trat für Onyx von Mike Earl an. Damit schloss sich ein Kreis, denn Mike Earl leitete schon Ende der 1960er-Jahre das „Church Farm Racing“ getaufte Team von Bells Stiefvater Bernard Hender.

Derek Bell fuhr schon 1968 Formel 2 und fuhr auch im September,ber 1984 nochmals Formel 2.
Derek Bell fuhr schon 1968 in der Formel 2-Europameisterschaft. 16 Jahre später nahm der Brite am letzten Formel 2-Rennen der EM-Geschichte teil. (Foto: Lothar Spurzem)

Zum Abschied der Formel 2 trug der Himmel Trauer. Denn das Rennen fand bei starkem Regen statt und musste zweimal unterbrochen werden. Der bereits feststehende Europameister Mike Thackwell fiel nach wenigen Runden aus. So gewann Philippe Streiff im AGS. Der lange Franzose distanzierte alle Verfolger um mindestens 50 Sekunden. Platz zwei zog Michel Ferté im von Oreca eingesetzten Martini-BMW an Land. Beide Piloten profitierten bei dem schwierigen Wetter von ihren Michelin-Reifen. Dritter wurde Roberto Moreno im Ralt-Honda. Derek Bell wurde Neunter.


IMSA: Titelgewinn im vorletzten Rennen

In der IMSA-Serie war der September 1984 besonders intensiv. Denn die IMSA GT Championship rückte innerhalb eines Monats an gleich drei Wochenenden aus. Zunächst fand der Grand Prix in Pocono statt. Das 500-Kilometer-Rennen gewannen Al Holbert und Derek Bell im Porsche 962 von Holbert Racing. Nur eine Woche später folgte das Rennwochenende auf dem Michigan International Speedway. Dort traten schon am Samstag die seriennahen Fahrzeuge der GTU-Klasse zu einem Rennen über 100 Kilometer an. Es gewann Clay Young im Pontiac Fiero.

Randy Lanier, March 84G
Randy Lanier, hier in seinem March 84G vor dem Porsche 935-84 von Bob Akin Motor Racing gewann 1984 die IMSA GT Championship. (Foto: Jack Webster – Archiv Wiedl)

Einen Tag später folgte das Hauptrennen. In ihm traten die Boliden der GTP und GTO über eine Distanz von 500 Kilometern an. Den Sieg sicherten sich Randy Lanier und Bill Whittington. 14 Tage später gewann Lanier auch beim 500-Kilometer-Rennen in Watkins Glen. Dort teilte sich der Amerikaner das Cockpit jedoch mit Dale Whittington. Heute wissen wir, dass alle drei die Einsätze des March 84G Chevrolet mit dem Handel von Drogen finanzierten. Mehr über diese wilde Zeit des Motorsports und der IMSA gibt es in der Dokumentation „Unsportlich“ bei Netflix.

Das Saisonfinale der IMSA folgte 1984 erst nach einer Pause von zwei Monaten beim 3-Stunden-Rennen von Daytona. Das gab Randy Lanier ausgiebig Zeit, um seine vorzeitig errungene Meisterschaft zu feiern. Nach dem Sieg in Watkins Glen lag Lanier bei 189 Punkten und somit 21 Punkte vor Bill Whittington. Da es auch beim noch anstehenden 3-Stunden-Rennen in Daytona nur noch maximal 20 Punkte zu gewinnen gab, stand Randy Lanier somit schon im September 1984 als Meister der IMSA GT Championship fest.

Sportwagen-WM: Stefan Bellof gewann im September 1984 drei Läufe!

Ebenfalls dreimal trat im September 1984 die Sportwagen-Weltmeisterschaft an. Das sorgte bei vielen Sportwagen-Piloten für Kritik, wobei nicht vorrangig die hohe Belastung der Piloten und Teams das Thema war. Einige Piloten nahmen das in Kauf, denn ihnen war klar, dass eine Karriere nur einige Jahre dauert und sie dabei möglichst viel Geld verdienen müssen. Deshalb störten sie sich an zwei Terminüberschneidungen der Sportwagen-Weltmeisterschaft mit der amerikanischen IMSA-Serie, denn diese war für viele Piloten damals eine lukrative Verdienstmöglichkeit.

984 1000 km Spa: v.l.: Stefan Bellof, Derek Bell, Jochen Mass, Jacky Ickx, Vern Schuppan, John Watson.
Die Piloten des Porsche-Werksteams vor den 1.000-Kilometern von Spa-Francorchamps – von links nach rechts: Stefan Bellof, Derek Bell, Jochen Mass, Jacky Ickx, Vern Schuppan, John Watson. Das Rennen gewannen Stefan Bellof und Derek Bell. Foto: Porsche AG

Schon am 2. September 1984 fand das 1.000-Kilometer-Rennen in Spa-Francorchamps statt. Dort siegten Stefan Bellof und Derek Bell in einem Porsche 956 des Werks. Zwei Wochen später, Derek Bell gewann zwischendurch das IMSA-Rennen in Pocono, siegte Stefan Bellof in Imola erneut. Dabei teilte sich der Gießener den von Brun Motorsport eingesetzten Porsche 956B mit Hans-Joachim Stuck. Denn Derek Bell blieb in Nordamerika und fuhr am gleichen Tag im IMSA-Rennen in Michigan den Porsche 962 von Al Holbert.


Derek Bell im September 1984

  • September 1984 – Sieg bei den 1.000 Kilometern von Spa im Porsche 956
  • September 1984 – Sieg bei den 500 Kilometern von Pocono im Porsche 962
  • September 1984 – Platz 9 bei den 500 Kilometern von Michigan im Porsche 962
  • September 1984 – Platz 9 beim Lauf der Formel-2-Europameisterschaft in Brands Hatch
  • September 1984 – Ausfall bei den 3 Stunden von Watkins Glen im Porsche 962

Nach zwei Wochen Pause setzte die Sportwagen-Weltmeisterschaft ihre Saison beim 1.000-Kilometer-Rennen in Fuji fort. Derek Bell, der in der Woche dazwischen beim Abschied der Formel 2 in Brands Hatch antrat, entschied sich erneut für die IMSA. So gewann sein WM-Partner Stefan Bellof diesmal gemeinsam mit John Watson, womit Bellof seine Extraklasse unterstrich. Denn der Rennfahrer aus Gießen gewann im September 1984 dreimal in der Sportwagen-Weltmeisterschaft. Das dürfte in der langen Geschichte der Sportwagen-Weltmeisterschaft einmalig sein.

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Ein Beitrag von:

Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!

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