Test: Wie fährt sich der Porsche 718 Boxster (2016)?

Mit dem Porsche 718 Boxster kehrt Porsche zu den eigenen Wurzeln zurück. Nach 40 Jahren Pause gibt es im neuen Boxster wieder einen Vierzylinder-Boxermotor. Das gab es in Deutschland zuletzt im Porsche 914. Wie fährt sich der neue Einsteiger-Porsche?

Seit 1977 war die Gleichung einfach: Boxermotoren aus Zuffenhausen haben sechs Zylinder. Als Porsche vor 20 Jahren seinem Evergreen 911 einen kleinen Bruder zur Seite stellte, schöpfte folglich auch der seine Kraft aus sechs Zylindern. Doch 2016 ist der Trend zum Downsizing auch bei Porsche angekommen. Mit dem Hubraum sinkt die Reibung. Das reduziert die Wärmeverluste eines Motors. Damit steigt besonders die Effizienz im Teillastbetrieb.

Der neue Porsche 718 Boxster verfügt deshalb über einen zwei Liter großen Vierzylinder-Boxer mit Turboaufladung. 300 PS stehen in der Einsteiger-Version zur Verfügung. Beim Starten klingt der neue Motor irgendwie vertraut und erinnert mich an meine Jugend. Damals, als in den 1970er-Jahren der Käfer noch regelmäßig zum Straßenbild gehörte, gab es diese Klangfarbe fast an jeder Ampel.

Nicht vom Klang täuschen lassen!

Kein Wunder, dass die Porsche-Presseabteilung in Presseunterlagen zum Testwagen von einem emotionalen Klang spricht. Trotzdem bitte nicht vom Klang täuschen lassen! Wir schreiben das Jahr 2016 und der Vierzylinder ist ein echtes Hightech-Aggregat. Trotz des kleineren Hubraums verfügt der neue Motor über mehr Leistung und Kraft als der bisher im Boxster eingebauten 2,7 Liter große Sechszylinder. Bisher begann das Abenteuer Porsche mit 265 PS Leistung und 280 Newtonmeter maximalem Drehmoment.

Der neue Vierzylinder verfügt schon mit einem Hubraum von zwei Litern über 380 Newtonmeter maximales Drehmoment. Damit lässt der Neue den alten Sechszylinder in dieser Disziplin deutlich hinter sich – fährt dabei sogar am „alten“ Boxster S und GTS vorbei. Denn die stemmten „nur“ 360 (S) beziehungsweise 370 Newtonmeter (GTS) auf ihre längere Kurbelwelle. Und dies, obwohl die bisherigen Motoren ihre Kraft aus einem Hubraum von 3,4 Litern schöpfen durften.


Grau ist alle Theorie – entscheidend is auf’m Platz!

Jeder Fußball-Fan kennt diesen Spruch des Fußball-Philosophen Adi Preißler. In diesem Sinne denke ich, entscheidend ist’s auf der Straße und starte ich mit dem Porsche 718 Boxster zur Probefahrt. Die erste Station führt mich zu einem Porschetreffen. Auf dem Weg wird bereits nach wenigen Kilometern wird, der neue Vierzylinder im Boxster kennt kein Turboloch. Diese Angst, von der ich vor dem Test viel gehört habe, kann ich jedem Interessieren nehmen.

Bei der Entwicklung des Motors hatten die Ingenieure bei Porsche einen großen Sauger vor Augen. Ihr Ziel war, auch mit dem kleinen Turbomotor ein ähnliches Ansprechverhalten zu erreichen. Dazu nimmt die Motorsteuerung im Teillastbereich den Zündwinkel leicht zurück und öffnet die Drosselklappe. Damit steigt der Luftdurchsatz durch den Motor, die Drehzahl des Turboladers steigt im Vergleich zu konventionellen Turbomotoren.

Der Porsche 718 Boxster dreht willig bis zur Drehzahlgrenze!

Mit dem Trick steht der Turbolader praktisch permanent unter Druck. Beim Gasgeben steht dadurch dank des höheren Ladedrucks auch mehr Drehmoment zur Verfügung. Das ist beim Fahren des Porsche mit einem traditionsreichen Namen jederzeit deutlich zu spüren. Sprints schüttelt der Vierzylinder bei Bedarf mit einer beeindruckenden Leichtigkeit aus dem Ärmel. Selbst oberhalb von 200 Kilometern pro Stunde geht ihm dabei nicht die Luft aus. Willig nimmt der Motor Gas an, um lässig der Drehzahlgrenze entgegen zu streben.

Bei 7.200 Umdrehungen pro Minute beginnt der rote Bereich des Drehzahlmessers. Das kurz abgestimmte Getriebe sorgt dafür, dass der Porsche selbst im sechsten Gang bis in den Begrenzer dreht. Satte 275 Kilometer pro Stunde ist der kleine Sportwagen dann schnell. Wobei es im Testwagen sogar noch über diese Marke hinausgeht. Das GPS basierte Messgerät, das ich beim Test verwende, behauptet, dass wir 281 Kilometer pro Stunde schnell waren.

Der Porsche 718 ist auch mit vier Zylindern ein echter Sportwagen!

Noch mehr beeindruckt mich aber die Dynamik und Agilität des kleinen Porsche. Sie macht den 718 zum Auto für Kurvenversteher. Eine schöne kurvige Strecke ist die perfekte Gelegenheit, um den kleinen Zuffenhausener mit jeder Schraube Sportwagen sein zu lassen. Doch Vorsicht, der Boxster bringt die Kraft seines zwischen den Achsen eingebauten Motors über die Hinterräder auf die Straße. Ein spontaner Gasstoß kann jederzeit dazu führen, dass das Heck des Boxsters kräftig zum äußeren Rand der Fahrbahn strebt.

Das erfordert eine kundige Hand. Doch wer das beherzigt, der spürt auf jedem Meter das pure Fahrvergnügen. Der Verzicht auf zwei Zylinder, den viele kritisieren, spielt im Alltag keine Rolle. Weniger ist mehr – selten hat das mehr gestimmt als beim neuen Porsche 718 Boxster. Die beeindruckende Agilität, das direkte Handling und der drehwillige Motor machen den Neuen auch mit Vierzylindern zu einem echten Sportwagen.


Fotos: Karla Schwede

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Ein Beitrag von:

Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!

2 Kommentare

  1. Leo
    3. Oktober 2016

    Vor einiger Zeit hatte ich auch mal die Gelegenheit dieses Auto zu testen. Klar hat es viele Vorurteile, aber wenn man erst mal drinsitzt, macht es einfach nur Spaß. Dennoch würde ich jedem nur das Automatikgetriebe empfehlen.

  2. Toni
    12. Juni 2018

    Wir überlegen schön länger uns ein Cabrio für´s Wochenende usw zuzulegen und nach anfänglicher Skepsis muss ich sagen das ich schwer begeistert bin. Zur Probefahrt hatten wir aber ein S Modell was ja noch ein wenig mehr Hubraum und satte 50 PS mehr Leistung hat. Bei uns soll es aber ein GTS werden da er meiner Meinung nach für ca. 10.000€ mehr die bessere Basisaustattung hat die, wenn man sie in einen S einbauen würde, definitiv mehr kosten würde.
    Ich freu mich drauf wenn es nächstes Jahr soweit ist und er bestellt wird.

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