Porsche 718 – Wo der neue Name des Porsche Boxster herkommt

Porsche hat seinem Boxster einen neuen Namen spendiert. Porsche 718 Boxster heißt der Sportwagen ab sofort. Mit dem neuen Namen flankiert Porsche den Umstieg auf Vierzylinder-Boxermotoren mit Turbolader. Denn bisherigen gab es im Boxster es noch Sechszylinder-Boxermotoren ohne Aufladung. Als das Auto-Blog, dessen Wurzeln im historischen Motorsport liegen, interessiert uns natürlich, auf welches Auto sich Porsche bei der Namensgebung 718 bezieht.

Das führt zu einem Rückblick in die frühen 1950er-Jahre. Porsche ist damals ein kleiner Sportwagenbauer. Sein Geld verdient das Unternehmen mit dem Porsche 356 und manchmal auch Entwicklungsaufträgen für andere Autobauer. Zum Bestandteil der Firmenkultur gehört zudem der Motorsport. Quasi von Anfang an tritt das Unternehmen bei Sportwagenrennen an. Als Ableger des Straßenmodells 356 entsteht dafür der Porsche 550. Der fährt schon 1953 in Le Mans zum Klassensieg. Als Hans Herrmann und Herbert Linge mit dem kleinen Sportwagen ein Jahr später bei der Mille Miglia in Italien auf Platz sechs der Gesamtwertung fahren, stehen Sportfahrer aus aller Welt Schlange. Sie wollen einen 550 kaufen.

Porsche 550 bei der Mille Miglia 1955
Porsche 550 bei der Mille Miglia 1955 (Foto: Porsche)

Porsche bedient den Markt. Ab Ende 1954 steht der Porsche 550 zu einem Preis von 24.600 DM in den Preislisten. Damit ist der 550 ein sündhaft teures Auto. Denn das Durchschnittseinkommen der sozialversicherungspflichtigen Angestellten liegt in der Bundesrepublik damals bei rund 4.500 DM.

Das macht den Porsche 550 – ähnlich wie den Mercedes-Benz 300 SL, der W198 kostet 1954 sogar 29.000 DM – zu einem echten Luxuswagen. Nur etwas mehr als 100 Exemplare des 550 entstehen. Mit einem davon fährt der Schauspieler James Dean in den Tod.

Herzstück des 550 ist der von Ernst Fuhrmann entwickelte Motor. Denn der Motorexperte hat einen konsequenten Sportmotor konstruiert. Der 1,5 Liter große luftgekühlte Vierzylinder-Boxermotor verfügt über vier Nockenwellen, die sich oben in den Zylinderköpfen drehen, um die Ventile zu betätigen. Den Antrieb der Nockenwellen, die anders als bei Borgward zu dieser Zeit „nur“ acht Ventile öffnen, übernehmen vier (!) Königswellen. Dazu gibt es eine Doppelzündung mit zwei getrennten Zündverteilern und zwei Fallstromdoppelvergaser. Motorblock, Zylinder und Zylinderkopf fertigt Porsche aus Leichtmetall. Einen konsequenten Sportmotor gibt es zu dieser Zeit sonst kaum zu kaufen.

Aus dem Porsche 550 wird der Porsche 718

Porsche 718 in Sebring
Porsche 718 in Sebring (Foto: Porsche)

Der Motor des Typs 547, wie er offiziell bei Porsche heißt, ist als Fuhrmann-Motor bis heute legendär. Und er bleibt auch im 1957 vorgestellten 550-Nachfolger Porsche 718 an Bord. Der neue Sportwagen unterscheidet von außen kaum vom Vorgänger. Um Gewicht zu sparen, kürzt Porsche – bei gleichem Radstand – die Länge des Fahrzeugs etwas ein.

Dazu gibt es eine neue Karossiere aus Leichtmetall. Sie ist knapper geschnitten und strömungsgünstiger. Gut sichtbar an den geänderten Frontscheinwerfern. Sie stehen beim 718 nicht mehr wie beim 550 und 356 (und dem Käfer) senkrecht im Wind. Stattdessen sind sie mit einer Kunststoffverkleidung abgedeckt.

Unter dem Blech spendieren die Entwickler dem 718 ein neues Fahrwerk. Bei der Federung kommen jetzt Drehstabfedern vorne und Schraubenfedern mit Stoßdämpfern hinten zum Einsatz. Beim 550 gab es vorne noch zwei durchgehende Blattfederstäbe und Drehstabfedern an der Hinterachse. Zudem weicht die Pendelachse hinten einer schrägliegenden Doppel-Dreieckslenker-Konstruktion.

Als Sportwagen sofort ein Erfolgsmodell

Schon 1958 belegt der Porsche 718 RSK bei den 24 Stunden von Le Mans sensationell den dritten und vierten Platz in der Gesamtwertung. 1960 gewinnen Hans Herrmann und Olivier Gendebien im 718 das 12-Stunden-Rennen von Sebring. Es ist der erste Porsche-Sieg bei einem Lauf zur Sportwagen-Weltmeisterschaft. 1959, 1960 und 1963 gewinnt Porsche mit dem 718 dreimal die Targa Florio. Und von 1958 bis 1961 fährt der Sieger der Europa-Bergmeisterschaft einen Porsche 718.

Bei den Erfolgen hilft, dass Porsche schon zur Saison 1958 den Hubraum des Motors auf 1,6 Liter anhebt. Damit steigt die Leistung im Sportwagen auf 160 PS an. Gleichzeitig überarbeitet Porsche mehrmals das Fahrgestell. Der Radstand wächst von ursprünglich 2,10 Meter auf 2,20 Meter (1960) und schließlich sogar 2,30 Meter (1961) an. Damit geht der 718 auch in die Länge. Ursprünglich 3,60 Meter lang, erreicht der 718 RS 61 Spyder schließlich sogar eine Länge von 4,02 Metern und bekommt ein strömungsgünstig geformtes Heck.

Porsche 718 in der Formel 1

Mit seinem ursprünglichen Hubraum von 1,5-Litern passt der Fuhrmann-Motor optimal zur 1957 wieder eingeführten Formel 2. Das interessiert die Porsche-Techniker und überzeugt, wegen der vielen Privatfahrer in dieser Klasse, auch die Manager im Unternehmen. 1958 leitet Porsche aus dem zweisitzigen Sportwagen 718 einen Mittellenker Monoposto ab, um damit in der Formel 2 anzutreten. Als ab 1961 die Formel 1 das Reglement der Formel 2 übernimmt, verfügt Porsche damit „plötzlich“ über ein Auto für die Königsklasse. Doch dort ist das Konzept eines modifizierten Sportwagens – trotz des großartigen Motors – einfach nicht mehr konkurrenzfähig.


Bilder vom Porsche 718

Der 718/2 Monoposto ist im Vergleich zu den Spezialkonstruktionen von Lotus, Ferrari oder Brabham zu groß und zu schwer. Sie fahren bereits mit doppelten Dreiecklenkern an der Vorderachse, als im Porsche noch eine mit dem Käfer verwandte Vorderachse arbeitet. Mit 150 PS verfügen die Porsche-Piloten zudem nicht über genügend Leistung. Es bleibt bei Achtungserfolgen. 1961 fährt Dan Gurney beim Großen Preis der USA im Porsche 718 auf den zweiten Platz. Zwei Jahre später wird Gerhard Mitter mit dem (vom Werk längst ausrangierten) 718 Vierter beim Großen Preis von Deutschland.

Porsche konzentriert sich auf die Sportwagen

In das Erfolgsmodell 718 zieht 1962 statt des 1,6 Liter großen Vierzylinders ein Achtzylinder-Boxermotor ein. Mit dem zwei Liter großen Motor steigt die Leistung auf bis zu 240 PS an. Bei der Targa Florio 1962 fahren Nino Vaccarella und Jo Bonnier damit auf den dritten Platz vor. Das gleiche Ergebnis erzielen Graham Hill und Hans Herrmann beim 1.000-km-Rennen auf dem Nürburgring.

Doch der ganze große Erfolg bleibt Porsche trotz des neuen Motors (noch) verwehrt. Denn um in Le Mans zu gewinnen, benötigt der Rennwagen Anfang der 1960er-Jahre einfach noch mehr Hubraum. Nicht ganz zufällig dominiert in diesen Jahren in Le Mans Ferrari. Der V12 der Italiener verfügt bereits beim Debüt über drei Liter Hubraum. Später bohrt Ferrari den Hubraum sogar auf 3,3 Liter auf. Dagegen ist mit dem kleinen 718 selbst mit einem Achtzylinder einfach kein Kraut gewachsen.

Klein schlägt groß

Trotzdem gilt der Porsche 718 heute als Meilenstein der Porsche-Geschichte. Besonders mit den Erfolgen bei der Targa Florio sowie dem Sieg in Sebring bewies Porsche, wie kleine Sportwagen an einem guten Tag die Großen ärgern können. Wahrscheinlich trug das sogar mehr zum Mythos der Marke Porsche bei, als heute oft angenommen wird. Deshalb ist der Name 718 gar keine schlechte Wahl für den Boxster, um den (vermeintlichen) „Rückschritt“ vom Sechs- auf den Vierzylinder zu vermarkten.

Zudem passt, dass die Verantwortlichen den Boxster-Ableger Cayman bisher nicht 718 nennen. Denn erst 1962 gab es den kleinen Sportwagen als Porsche 718 GTR Coupé erstmals mit einem festen Dach. Das Prinzip änderte sich erst beim 718-Nachfolger Porsche 904. Der wurde – mit Ausnahme eines „Känguru“ genannten 906/8 Bergspyder – nur mit Dach angeboten. Mal gucken, ob der Porsche Cayman bald Porsche 904 heißt, wenn auch im Coupé die Vierzylinder-Motoren einziehen.

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Ein Beitrag von:

Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!