Alfa Romeo in der Formel 1 – 1950/51 dominierten die Alfa Romeo Tipo 158 „Alfetta“

Fangio mit dem Alfa Romeo 158

Das erste Rennen der Automobil-Weltmeisterschaft gewann 1950 ein Alfa Romeo. Damit knüpfte der italienische Autobauer nahtlos an seine Sporterfolge der Vorkriegszeit an. Denn die Marke aus Mailand nutzte bereits in den Gründertagen des Grand Prix-Sports regelmäßig auf der großen Bühne des Motorsports, um für sich zu werben. In den 1930er-Jahren war Alfa Romeo unter Rennleiter Enzo Ferrari zeitweise der einzige echte Herausforderer der staatlich subventionierten deutschen Silberpfeile. Bis Ende 2023 standen – mit Unterbrechungen – immer wieder Rennwagen von Alfa Romeo in der Formel 1 am Start. Wir blicken in sechs Teilen auf die umfangreiche Geschichte von Alfa Romeo in der Formel 1 zurück.

2018 wurde Alfa Romeo Hauptsponsor des Schweizer Sauber Teams. Von 2019 bis 2023 trat dieses unter dem Namen „Alfa Romeo Racing“ für Alfa Romeo in der Formel 1 an. Doch mit einem echten Formel 1-Engagement hatte diese Partnerschaft wenig gemeinsam. Denn unter der Motorhaube der Schweizer Boliden steckte ein Motor von Ferrari. Ähnlich operierte die in Mailand gegründete Marke schon von 1989 bis 1991 in der amerikanischen Indy Car-Szene. Denn auch in der damaligen CART-Serie kam unter den Namen Alfa Romeo ein Motor von Ferrari zum Einsatz. Trotzdem gehört Alfa Romeo in der Formel 1 zu den absoluten Traditionsnamen. Denn bisher war die Marke sechsmal offiziell in der Königsklasse vertreten.

Veröffentlicht in: Serie: Alfa Romeo in der Formel 1

  • Alfa Romeo in der Formel 1: Osella fährt das Material auf
    Anfang 1983 übernimmt Euroracing die Werkseinsätze von Alfa Romeo in der Königsklasse. Da Euroracing auf den neuen Turbo-Motor setzt, sind die bewährten Saugmotoren überflüssig. Alfa Romeo entscheidet sich, diese der Osella Squadra Corse zur Verfügung zu stellen. Es ist der Anfang einer Zusammenarbeit, die sich bis Ende 1988 fortsetzen sollte und die schließlich weiter über die Lieferung von Motoren hinausging.

  • Alfa Romeo in der Formel 1: Euroracing und der Turbo V8
    Im Winter 1982/83 registrieren die Verantwortlichen von Alfa Romeo, dass das Werksteam in der Formel 1 den eigenen Ansprüchen konsequent hinterher fährt. Das kostet viel Geld und beschädigt den Ruf. Daher stellt sich Alfa Romeo in der Königsklasse neu auf. Die Werkeinsätze übernimmt ab sofort das zuvor in der Formel 3 erfolgreiche Team von Gianpaolo Pavanello.

  • Alfa Romeo in der Formel 1: Mario Andretti und der letzte Tanz für Autodelta
    Alfa Romeo gilt Anfang der 1980er-Jahre längst als Sanierungsfall. Das damalige Staatsunternehmen schreibt Jahr für Jahr rote Zahlen. Trotzdem tritt das Werksteam Autodelta seit 1979 in der Formel 1 an. Dort fährt das Team trotz hoher Einsätze konstant den eigenen Erwartungen hinterher.

  • Alfa Romeo in der Formel 1 – Comeback bei Brabham
    Als der Sportwagen Alfa Romeo Tipo 33TT12 die 1975 Markenweltmeisterschaft gewann, sieht sich der Autobauer aus Mailand für ein Comeback in der Formel 1 gerüstet. Man ist sich sicher, dass das drei Liter große Aggregat auch in der Königsklasse eine gute Figur macht. Brabham bekommt den Zuschlag und darf seine Rennwagen mit den Triebwerken aus Mailand ausrüsten. Doch der V12 verfügt über einen Zylinderwinkel von 180 Grad. Das ist bald nicht mehr gefragt.

  • Alfa Romeo in der Formel 1 – Privatfahrer und Versuche mit Cooper, McLaren und March
    Nach dem Alfa Romeo in den Anfangstagen die Automobil-Weltmeisterschaft dominierte verließ der Autobauer die Königsklasse Ende 1951 überraschend. Das brachte fast die Weltmeisterschaft ins Wanken. Erst zehn Jahre später holten Privatfahrer das „Quadrifoglio Verde“ in die Formel 1 zurück. Davon inspiriert dachte auch das Werk wieder über ein Formel 1-Engagement nach. Doch ein Comeback mit Cooper zerschlug sich. Bei Einsätzen mit McLaren war Alfa Romeo nicht konkurrenzfähig. Und auch bei March sah es nur etwas besser aus.

Motorsport gehört zur DNA von Alfa Romeo. In den ersten Jahren nach seiner Gründung im Jahr 1910 baute das Unternehmen sogar fast ausschließlich Rennwagen. Denn im Motorsport sahen die Verantwortlichen eine gute Möglichkeit, um für die genauso sportlichen wie luxuriösen Fahrzeuge aus Mailand zu werben. Doch schon damals gab es genauso Phasen, wo das Werk selbst mit einer eigenen Sportabteilung im Motorsport aktiv war, wie auch Abschnitte, wo andere den Einsatz der Rennwagen mit dem vierblättrigen Kleeblatt, dem legendären „Quadrifoglio Verde“ übernahmen. So war zeitweise Enzo Ferrari mit seiner Scuderia Ferrari für den Einsatz der Rennwagen von Alfa Romeo verantwortlich.

Schon vor dem Zweiten Weltkrieg legte Alfa Romeo – unwissentlich – die Grundlage für die Dominanz in der Automobil-Weltmeisterschaft.

Doch gegen die Übermacht der Silberpfeile konnte selbst der gewiefte Italiener wenig ausrichten. Am Vorabend des Zweiten Weltkriegs bleiben Alfa Romeo nur Achtungserfolge. Ihr Starpilot Tazio Novolari wechselt sogar entnervt nach Deutschland. Zu groß ist die Versuchung, einen der überlegenen Silberpfeile zu steuern. Im Cockpit des Auto Union Type D zeigt Novolari 1938 und 1939 seine Extraklasse. Sein ehemaliger Arbeitgeber wandte sich – nach einem vorübergehenden Rückzug aus dem Grand Prix-Sport – ab 1939 verstärkt der Voiturette-Klasse zu. Enzo Ferrari hielt diese Entscheidung für einen Fehler. Ende 1938 kündigte Il Commendatore die Verträge mit seinem bisherigen Partner im Streit.

70 Jahre Formel 1-WM: Nino Farina im Alfa Romeo 158
13. Mai 1950, Silverstone: Nino Farina im Alfa Romeo 158 beim Großen Preis von Europa. Der Italiener gewinnt den ersten Lauf der Automobil-Weltmeisterschaft. Damit startet Alfa Romeo in der Formel 1 eine zwei Jahre andauernde Erfolgserie. (Foto: Alfa Romeo)

Niemand konnte ahnen, dass die Entscheidung für den Bau eines Autos für die Voiturette-Klasse zwölf Jahre später Alfa Romeo zum Gewinn der ersten Automobil Weltmeisterschaft verhelfen sollte. Im Mai 1945 schwiegen die Waffen in Europa. Schon im September fand im Pariser Park Bois de Boulogne ein Rennen für Fahrzeuge der Grand Prix-Klasse statt. Zum Einsatz kamen Fahrzeuge, die den Krieg irgendwie überstanden hatten. Doch den Verantwortlichen in der Sportkommission C.S.I. des Automobil-Weltverbands war klar, dass sie neue Regeln benötigen, um die Hürden für den Einstieg zu senken und Hersteller zum Neubau von Fahrzeugen zu bewegen. Die C.S.I. registrierte wie viele Voiturette von MG, ERA, Bugatti oder Maserati bei den ersten Nachkriegsrennen antraten.

Alfa Romeo hatte das perfekte Auto für die neuen Regeln!

Bei der Gestaltung neuer Regeln setzte sie darauf, dass diese beim offiziellen Neustart der Grand Prix-Szene für volle Felder sorgen. Anfang 1947 trat ihre neue Internationale Grand-Prix-Formel in Kraft. Sie orientierte sich im Wesentlichen an der Voiturette-Klasse der Vorkriegsjahre. Erlaubt waren aufgeladene Motoren mit maximal 1,5 Litern Hubraum sowie Saugmotoren mit einem Hubraum von bis zu 4,5 Litern. 1948 definierten die Regelhüter zusätzlich eine neue internationale Einsteiger- oder Vorbereitungsklasse. Damit wurde aus der Internationalen Grand-Prix-Formel zunächst die Formel A, die ein Jahr später den Namen Formel 1 annahm. Die darunter angeordnete Klasse hieß zunächst Formel B und erhielt dann analog zur Königsklasse den Namen Formel 2.

Alfa Romeo profitierte von dieser Entscheidung. Denn der Autobauer konnte sechs seiner hochgezüchteten Alfa Romeo Tipo 158 „Alfetta“ über den Krieg retten. Mit ihnen nahm das Werksteam schon 1946 den Rennbetrieb wieder auf. Der ursprünglich bereits ab 1937 von Gioacchino Colombo konstruierte Rennwagen tat sich dabei gegen die Konkurrenz zunächst überraschend schwer. Doch Alfa Romeo intensivierte sein Testprogramm und brachte dem Rennwagen mit viel Aufwand das Laufen bei. Schon 1947 gewann Alfa Romeo drei der vier als „Grandes Épreuves“ herausgehobene Rennen. Wobei die Alfa Romeo-Werksfahrer beim Grand Prix der Schweiz, dem Großen Preis von Belgien und dem Großen Preis von Italien jeweils Dreifach-Siege feiern durften.


Die Weltmeisterschaft holte Alfa Romeo zurück auf die Rennstrecken!

Auch 1948 gewann Alfa Romeo drei von fünf „Grandes Épreuves“. Doch der Auftritt mit vier Werksfahrern kostete viel Geld. Alfa Romeo war seit 1933 im Besitz einer staatlichen Industrieholding. Auch Italien litt unter den Folgen des Zweiten Weltkriegs. Die hohen Kosten eines internationalen Grand Prix-Engagements waren kaum zu rechtfertigen. Deshalb zog sich der Autobauer am Ende des Jahres aus dem Motorsport zurück. Doch schon ein Jahr später kam es zum Comeback. Denn die C.S.I. schrieb 1950 erstmals eine Automobil-Weltmeisterschaft aus. Neben sechs nach Formel 1-Regeln ausgetragenen Rennen sollten zu ihr auch die 500 Meilen von Indianapolis gehören.

13. Mai 1950, Silverstone
13. Mai 1950, Silverstone: Die Alfa Romeo 158 von Farina, Fagioli und 13. Mai 1950, Silverstone: Die Alfa Romeo 158 von „Nino“ Farina, Juan Manuel Fagio und Reg Parnell. Daneben tritt auch Luigi Fagioli mit einem Alfa Romeo Tipo 158 an. Bei weiteren Grand Prix sitzen auch Consalvo Sanesi und Piero Taruffi in einem Werkswagen des italienischen Autobauers. (Foto: Alfa Romeo)

Die Aussicht, um eine Weltmeisterschaft zu kämpfen, holt Alfa Romeo nach nur einem Jahr Abstinenz auf die Rennstrecken zurück. Dort ist der Alfa Romeo 158 in den Anfangstagen der jungen Meisterschaft drückend überlegen. Von den 15 Läufen um die Weltmeisterschaft, die 1950 und 1951 stattfinden, gewinnt Alfa Romeo zehn. Wobei die Italiener auf einen Start bei den 500 Meilen von Indianapolis in beiden Jahren verzichten. Zehn Grand-Prix-Siege in den dreizehn nach Formel 1-Regeln ausgetragenen Rennen sind bleibender Beweis der Überlegenheit von Alfa Romeo in der Formel 1 dieser Jahre. Kein Wunder, dass mit Giuseppe „Nino“ Farina ein Alfa-Pilot 1950 als erster Fahrer-Weltmeister in die Motorsport-Geschichte eingeht.

Alfa Romeo fehlen in der Formel 1 erst die Gegner und dann das Geld

Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler Farina gewinnt bereits das erste Rennen zur Automobil-Weltmeisterschaft. Seinem Erfolg am 13. Mai 1950 in Silverstone fügt Farina im weiteren Saisonverlauf noch die Erfolge in der Schweiz und in Italien hinzu. Ebenfalls drei Läufe gewinnt Farinas Teamkollege Juan Manuel Fangio. So gibt am Ende den Ausschlag, dass der Argentinier neben seinen Siegen keine weiteren WM-Punkte einfährt. Farina wird in Belgien Vierter und gewinnt somit die Weltmeisterschaft. Auch den dritten Platz in der ersten Fahrer-Weltmeisterschaft sichert sich mit Luigi Fagioli ein Alfa Romeo-Fahrer. Das zeigt, wie überlegen Alfa Romeo in der Formel 1 zu Beginn ihrer Geschichte war.

Motor im Alfa Romeo Tipo 158
Zum Geheimnis des Erfolgs der Alfa Romeo in den Jahren 1950 und 1951 gehört auch der Motor. Der 1,5-Liter große Reihenmotor verfügt über acht Zylinder. Ein Kompressor unterstützt das Aggregat beim Atmen. Der Motor entstand ursprünglich bereits 1937/38. Er bis 1951 im Tipo 159 an Bord.

Erst 1951 ist die Scuderia Ferrari auf Augenhöhe mit dem ehemaligen Partner. Doch das zeigt sich zunächst nur bei den Grand Prix, die damals nicht zur Weltmeisterschaft zählen. 1951 sind das stolze 14 Rennen. Davon gewinnt Alfa Romeo „nur“ drei. Ferrari ist abseits der großen WM-Bühne bereits fünfmal erfolgreich. Doch in der Weltmeisterschaft behält mit Juan Manuel Fangio ein Pilot von Alfa Romeo die Oberhand. Zeitzeugen sind sich sicher, dass Alfa Romeo seinen zweiten Titel vor allem dem argentinischen Ausnahmepiloten verdankt. Am Ende der Saison 1951 soll das ursprüngliche Formel 1-Reglement auslaufen. Die C.S.I. will ab 1952 auf Saugmotoren mit einem Hubraum von 2,5 Litern als neue Königsklasse setzen. Doch dazu kommt es nicht.

Doppel-Weltmeister Alfa Romeo erklärt Ende 1951 überraschend seinen Rückzug aus der Königsklasse – und bringt die Weltmeisterschaft fast zum Scheitern!

In der Not schreibt die C.S.I. in den Jahren 1952 und 1953 ihre Weltmeisterschaft für Fahrzeuge der Formel 2 aus. Die Einführung der neuen 2,5 Liter-Klasse in der Formel 1 verschieben die Verantwortlichen um zwei Jahre. So sollten die Autobauer genügend Zeit haben, um sich auf die neuen Regeln vorzubereiten. Alfa Romeo bleibt der Formel 1 trotzdem fern. Der geplante Alfa Romeo Tipo 160 mit einem 2,5 Liter großen V12-Motor und Allradantrieb wird nicht fertiggestellt. Die Sportabteilung Alfa Corse baut stattdessen Studien und Prototypen wie den wunderbaren Alfa Romeo C52 Disco Volante. Doch die „Fliegende Untertasse“ kann weder bei der Mille Miglia noch bei 24-Stunden-Rennen in Spa oder Le Mans sportlich überzeugen.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
13. Mai 1950, Silverstone: Fangio mit dem Alfa Romeo 158 den Grand Prix von Europa

Foto: Alfa Romeo

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Ein Beitrag von:

Fabian P. Wiedl interessiert sich seit Kindestagen für Motorsport und Automobile. Als Mitverfasser mehrerer Bücher, wovon insbesondere „Audi Typenkunde: Renn- und Rallyewagen von 1968 bis 2013“ zu erwähnen ist, greift Wiedl gern auf sein umfassendes Motorsport-Archiv zurück.


Tom Schwede wuchs in einem ausgesprochen automobilen Umfeld auf. Dies war ein optimaler Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Seit 2010 moderiert Tom bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland sowie dem angrenzenden Ausland.

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