Auto- und Motorsport-Lexikon

Historie: Formel 2 im Spiegel der Zeit

Die Geschichte einer Fahrzeugklasse, die in ihren goldenen Jahren der Königsklasse kaum nachstand!

Genauso wie in der Formel 1 änderten sich auch in der Formel 2 immer wieder die Regeln. Wir tauchten in die alten Regelbücher des Automobil-Weltverbands ab. Dabei entstand eine umfangreiche Übersicht der unterschiedlichen Formel-2-Epochen.

Rolf Stommelen, 1976 im Formel 2 Chevron B35 von Fred Opert Racing auf dem Nürburgring
Rolf Stommelen, 1976 am Nürburgring im Chevron B35 von Fred Opert Racing. Auch Piloten, die schon in der Königsklasse etabliert waren, traten regelmäßig in der Formel 2-Europameisterschaft an. (Foto: Archiv AtoNatives.de)

Um den Motorsport nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder in Fahrt zu bringen, definierte die Commission Sportive Internationale (CSI) schon 1946/47 „neue“ Regeln für Monoposto-Rennwagen. Dabei entstand eine „Internationale Grand-Prix-Formel“. Wobei die Regelhüter im Kern auf Bewährtes zurückgriffen. Denn die neue Klasse basierte auf dem technischen Reglement der Voiturette-Klasse aus der 1939 vorzeitig beendeten Grand-Prix Europameisterschaft. Damit durften die Grand Prix-Rennwagen fortan Kompressor-Motoren mit bis zu 1,5-Liter-Hubraum sowie 4,5 Liter großen Saugmotoren verwenden.

Zur Saison 1948 definierte der Sportverband als Unterbau zusätzlich kleinere Klassen. Dabei reagierte der Sportverband auf eine Entwicklung, die in Großbritannien ihren Anfang nahm. Dort entstanden bereits 1945/46 kleine Rennwagen mit 500 cm³ großen Motorrad-Motoren. Doch der Sprung von dieser zunächst „Formula 500“ genannten Fahrzeugklasse für Einsteiger zu den Grand Prix-Boliden war unverantwortlich groß. Zwischen den 500ern und der internationalen Grand-Prix Formel war also Platz für eine weitere Rennwagen-Klasse.

Der Weg zur Formel 2: Getrieben von den nationalen Verbänden reagiert die Commission Sportive Internationale!

Vor dem Zweiten Weltkrieg übernahm die Voiturette-Klasse diese Rolle. Ihre 1934er-Regeln waren das Vorbild für nationale Klassen, die nach dem Krieg in Frankreich, Großbritannien und Italien entstanden. Doch während in Frankreich und Großbritannien der Einsatz von zwei Liter großen Saugern und maximal 1,1 Liter großen Kompressor-Motoren möglich war, ließ der italienische Verband nur Sauger mit maximal 1,5 Litern Hubraum zu. Die CSI entschied sich 1948 für bei ihrer „Internationalen Grand-Prix-Formel 2“ als globale Klasse für einen Mittelweg. Und nannte die bisherige Klasse nun „Internationale Grand-Prix-Formel 1“.

Formel 2 Rennwagen des Typs Veritas Meteor auf der Nordschleife des Nürburgrings.
Formel-2-Rennwagen Veritas Meteor auf der Nordschleife des Nürburgrings. Gerade in Deutschland entstanden in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg zahlreiche Formel 2 Rennwagen. Der Grund war einfach, in den Westzonen gab es schon 1948 eine Formel 2-Meisterschaft. (Foto: Tom Schwede)

Zuschauer und Presse verkürzten die Namen der Fahrzeugklassen in der Regel zu „Formel 1“ und „Formel 2“. Damit entstand die Hierarchie, die wir bis heute kennen. Königsklasse ist die Formel 1, darunter folgen die Formel 2 und auch die Formel 3, die aus der Formula 500 hervorging, als Vorbereitungsklassen. Das erste Formel 2-Reglement der CSI enthielt als Hubraumgrenzen 500 cm³ für Kompressormotoren und 2000 cm³ für Saugmotoren. Eine Regelauslegung, die die Saugmotoren klar bevorteilte. Ferrari fuhr mit dem Tipo 166 und seinem nur zwei Liter großen V12 in der Frühphase der Formel 2 bald von Sieg zu Sieg.

Auch der Antrieb des BMW 328 brillierte in der Formel 2. Rennwagen von Veritas, von Paul Greifzu, aus dem „Staatlichen Rennkollektiv“ der „DDR“ oder von Cooper vertrauten auf den bayrischen Reihensechszylinder. Wobei dieser je nach Herkunft BMW, EMW oder Bristol hieß. Doch im Kern gingen alle drei Motoren auf den in Eisenach konzipierten BMW-Motor zurück. Die erste nationale Formel 2-Meisterschaft fand bereits 1948 in West-Deutschlands statt. Das erklärt die Typenvielfalt deutscher Formel 2-Rennwagen in diesen Jahren.

1952 wurde die Formel 2 zur Königsklasse!

Ende 1951 zog sich Doppelweltmeister Alfa Romeo aus der Automobil-Weltmeisterschaft zurück. Die Dominanz des Autobauers aus Mailand war so erdrückend, dass der WM schon vorher die Teilnehmer ausgingen. In der Not schrieb die CSI ihre Weltmeisterschaft für Formel-2-Rennwagen aus. Das garantierte attraktive Teilnehmerfelder. Denn inzwischen gab es auch bei Maserati, HWM, ALTA, Connaught oder der Officine Specializzata Costruzioni Automobili (OSCA) passende Formel 2- Rennwagen, die nun Grand Prix fuhren.

ALTA F2
Der ALTA F2 entstand 1952 bei der Alta Car and Engineering Company. Herzstück des Rennwagens war ein 1970 cm³ großer 4-Zylinder-Reihenmotor, der etwa 130 PS (97 kW; 132 PS) leistete. (Foto: Tom Schwede bei den Silverstone Classics)

Zwei Jahre durfte die Formel 2 um die Weltmeisterschaft kämpfen. Erst Anfang 1954 führte die CSI neue Formel 1-Regeln ein. Diese gestatteten den Motorenbauern der WM-Boliden nun einen Hubraum von bis zu 2,5 Litern. Der Abstand zwischen der Formel 1 und ihrem Unterbau war damit sehr klein. Deshalb ließ die CSI die Formel 2 zunächst fallen. Erst 1957 führte der Sportverband eine neue Formel 2 für Saugmotoren mit bis zu sechs Zylindern und maximal 1,5 Litern Hubraum ein. Damit war die Hierarchie wieder hergestellt.

1961 wiederholte sich das Spiel!

Ab Anfang 1961 durften auch die Formel 1-Boliden ihre Kraft nur noch aus 1,5 Litern Hubraum schöpfen. Damit wurde die Formel 2 wie bereits sieben Jahre zuvor überflüssig. Sie ging erneut in der „großen“ Klasse auf. Wobei es einen Unterschied gab. Denn in der 1961er-Formel 1 mit 1,5 Litern Hubraum war die Zahl der Zylinder nicht limitiert. Weshalb dort bald 1,5 Liter große V8-Motoren entstanden. Eine neue Formel 2 gab es erst 1964. Sie fuhr jetzt mit Vierzylindern und einem Maximalhubraum von einem Liter.

Damit hatte die neue Formel 2 den gleichen Hubraum wie die gleichzeitig zur Formel 3 umfirmierte Formel Junior. Der Unterschied lag im Detail. Denn die Motoren der Formel 3 mussten auf Serienmotoren basieren und durften nur einen Vergaser nutzen. In der Formel 2 war der Einsatz reiner Renntechnik möglich und die Zahl der Vergaser nicht beschränkt. Allerdings mussten die Formel 2-Boliden mit 420 Kilogramm fünf Prozent schwerer als die Boliden der Einsteigerklasse Formel 3 sein.

Der Ford Cosworth Mk.III war die Grundlage für den erfolgreichen SCA von Cosworth. Der Unterschied lag im Zylinderkopf. Denn der SCA hatte als erster Cossi einen eigenen Zylinderkopf.
Cosworth lieferte für viele Formelklassen der frühen 1960er-Jahre die passenden Motoren. Sie basierten auf dem Ford Kent-Block. Für die Formel 2 baute Cosworth seinen ersten eigenen Zylinderkopf. Er machte aus diesem Cosworth Mk.III der Formel Junior einen Formel-2-Motor. (Foto: Tom Schwede)

Mit diesen neuen Regeln begann in der Formel 2 die Epoche hochdrehender „Screamer“. Der Cosworth SCA (Single Cam Series A) war zunächst der dominierende Motor dieser Epoche. Er begann mit zwei Weber-Vergasers und 115 PS und hatte 1966 dank einer Einspritzanlage von Lucas sogar rund 140 PS Leistung. In Frankreich entstand eine international offene Formel 2-Meisterschaft. Die „Grands Prix de France“ dieser Serie zogen Teams und Fahrer aus aller Welt an. Honda belieferte in dieser Serie das Team von Jack Brabham exklusiv mit einem Motor. Dieses Triebwerk war entfernt mit dem Serienmotor des S800 verwandt und übertrumpfte den SCA bald.

Prompt sicherten sich Brabham und sein zweiter Fahrer Denis Hulme 1966 überlegen die Plätze eins und zwei die internationalen französischen F2-Meisterschaft – wie im gleichen Jahr auch in der Formel 1-Weltmeisterschaft. Die Rennwagen von Brabham baute die Firma Motor Racing Developments Ltd., die Jack Brabham zusammen mit seinem Landsmann Ron Tauranac betrieb. Der von Tauranac und Brabham entwickelte Brabham BT18 war das beste Formel 2-Auto dieser Epoche, trat 1966 zu zwölf Formel 2-Rennen an und gewann elf. Doch die erste Ära von Honda in der Formel 2 währte nur kurz.

1967 stieg der Hubraum auf 1,6 Liter!

Schon Anfang 1966 reformierte die CSI ihr gesamtes Regelwerk. Im Sportwagen-Bereich gab es nun erstmals eine echte Prototypen-Klasse. In der Formel 1 durften jetzt bis zu drei Liter große Motoren starten. Damit war die Lücke zwischen Formel 1 und Formel 2 wieder sehr groß. Deshalb stieg das Hubraumlimit der Formel 2 ein Jahr später auf 1,6 Liter an. Zudem durften die Motoren jetzt bis zu Sechszylinder haben. Allerdings musste der Motorblock von einem Fahrzeug stammen, das im zurückliegenden Jahr mindestens 500-mal gebaut wurde.

Ford FVA Motor in einem Brabham
Ford FVA im Brabham BT23 von Roy Winkelmann Racing. Mit diesem Rennwagen gewann Jochen Rindt 1967 das ‚Guards 100‘ in Snetterton, beim ‚BARC 200‘ in Silverstone und den ‚Grand Prix de Pau‘. (Foto: Archiv AutoNatives.de)

Neben Cosworth, wo mit dem auf dem Ford Kent-Motor basierenden FVA der passende Motor bereits vorhanden war, stieg auch BMW in die Formel 2 ein und betrieb sogar ein eigenes Team. BMW lockte, dass die CSI zum neuen Reglement eine Formel-2-Europameisterschaft einführte, um die Fahrzeugklasse aufzuwerten. Wobei in dieser nur Nachwuchspiloten Punkte erhielten. Deshalb beendete Jacky Ickx die Saison 1967 als erster Titelträger. Das fand viel Kritik. Denn Jochen Rindt gewann deutlich mehr Rennen, war als „Graded Driver“ in der Formel-2-EM jedoch nicht punktberechtigt.

Die Epoche der Homologationsmotoren in der Formel 2!

Schon 1969 kündigte die CSI an, ab 1972 der Formel 2 zwei Liter Hubraum zu gestatten und die Zulassungsregeln zu verschärfen. Bereits 1966 übersprang Ferrari die Hürde der 500 geforderten Exemplare nur weil der Fiat Dino einen Motor von Ferrari bekam. BMW profitierte davon, dass in der Formel 2 experimentelle Zylinderköpfe gestattet waren. Mit der Neufassung der Regeln musste nun auch der Zylinderkopf von einem Serienfahrzeugen stammen. Zudem verdoppelte die CSI die Mindestmenge der zu bauenden Motoren.

BMW blieb zunächst nur der Rückzug. Denn den Rosche-Zylinderkopf mit vier Ventilen pro Zylinder gab es nicht in der Serie. In größeren Stückzahlen war nur der Motor von Ford lieferbar. Der im Ford Escort RS 1600 homologierte BDA-Motor wurde zum Standardmotor der Szene. Und dies obwohl die Ford-Tuner Probleme hatten, das neue Hubraumlimit auszunutzen. Die inzwischen in Fédération Internationale du Sport Automobile (FISA) umbenannte CSI zeigte sich einsichtig und gestattet den Tunern auch die Änderung der Bohrung.

Diesen Brabham BT23 bewegte 1967 mit Jochen Rindt der König der Formel 2.
Diesen Brabham BT23 bewegte 1967 mit Jochen Rindt der König der Formel 2. Das Bild zeigt, wie auch den Boliden der Formel 2 Ende der 1960er-Jahre langsam Flügel wuchsen. (Foto: Tom Schwede)

Diese Änderung galt zuvor immer als der entscheidende Unterschied zwischen einem Serien- und einem Renntriebwerk. Eilig homologierte FIAT auch die 2,4-Liter Variante des DINO Coupe in der Gruppe 2, um Ferrari den Start zu ermöglichen. Doch Enzo Ferrari konzentrierte sich aus Kostengründen bald auf die Königsklasse. Zudem reichte es ab 1973, den Zylinderkopf nur noch in 100 Fahrzeugen zu bauen. Das holte auch BMW zurück auf die Formel 2-Rennstrecken. Dank ihres echten zwei Liter Triebwerks sprangen die Bayern dabei sofort an die Spitze des Felds.

1976 kehrten die Rennmotoren in die Formel 2 zurück!

BMW kam kaum nach, die Wünsche aller möglichen Kunden zu bedienen. Deshalb boten bald auch Tuner Formel 2-Motoren auf BMW-Basis an. Jacques Laffite trieb 1975 ein von Schnitzer entwickelter Formel 2-Motor zum EM-Titel. Doch allen Beteiligten war klar, dass aus dem Solo für Ford nun ein Solo für BMW geworden war. Keine Spur von einem Wettkampf unterschiedlicher Motorenhersteller. Daher gab die FISA die Motorenregeln der Formel 2 ab 1976 völlig frei.

Das brachte zunächst Renault und bald darauf Honda sowie den Tüftler Brian Hart in die zweite Liga des Grand Prix-Sports. Minardi holte sogar die „alten“ Ferrari-Motoren, wenn auch völlig überarbeitet, in die Formel 2 zurück. Doch die Schatten der Formel 1 wurden in diesen Jahren immer länger. Denn günstig war die „Nachwuchsliga“ längst nicht mehr. Ted Toleman, dessen Team sich 1980 die Formel-2-EM sichern konnte, hielt den finanziellen Mehraufwand der Königsklasse für überschaubar und stieg in die Formel 1 auf.

Der March 742, den Jacques Laffite 1974 in der Formel 2-Europameisterschaft bewegte.
Der March 742, den Jacques Laffite 1974 in der Formel 2-Europameisterschaft bewegte. (Foto: Tom Schwede)

Dabei spielte sicher auch eine Rolle, dass die F1-Teams dank der TV-Übertragungen ihrer Rennen leichter Sponsoren fanden. Das kompensierte Teile des Mehraufwands. Weshalb neben Toleman auch Minardi, AGS, Osella und Spirit in die Königsklasse wechselten. Damit ging Honda, als einzigem echten Werksteam in der Formel 2, nach und nach die Gegner aus. Die Formel 2 war jetzt ein „Solo für Honda“. Denn mit Renault, BMW und Hart entschieden sich auch die Motorenbauer für die größere Bühne.

Die Tuner entdeckten das Geschäftsfeld der Formel 2-Motoren! 

Wobei die Motoren der Bayern als Varianten von Tunern wie der Schweizer Heini Marder oder Max Heidegger aus Triesen im Fürstentum Liechtenstein der Szene immerhin erhalten blieben. Doch damit war gegen die Übermacht von Honda kein Staat zu bestellen. Auch der langwierige Streit um das Verbot der Schürzen tat der Szene nicht gut. Ein Versuch, mit einem Mindestabstand des Fahrzeugbodens von der Straße, für Klarheit zu sorgen, schlug fehl. Die Teams konstruierten Autos, die die Vorgaben in der Box erfüllten und sich auf der Strecke absenkten.

Denn die Formel 2 war im Original auch eine Konstruktionsklasse. Neben Teams, die Autos von der Stange fuhren, gab es Mitte der 1970er-Jahren zunehmend Teams, die eigene Autos bauten. Auch das war sicher ein Umstand, der ambitionierten Formel 2-Teams den Aufstieg in die Königsklasse ermöglichte. Schon 1980 wechselte Osella die Liga. Toleman folgte ein Jahr später. Spirit wagte den Schritt mit Unterstützung von Honda in der Saison 1983. Minardi hielt der Formel 2 bis 1984 die Treue, um dann umzusteigen.

Keke Rosberg in TOJ-BMW der Formel 2
Keke Rosberg in TOJ-BMW der Formel 2 bei Testfahrten auf dem Hockenheimring. (Foto: Archiv Fabian P. Wiedl)

Wie sahen die Rennwochenenden der Formel 2 aus?

Der Normalfall war: Freitag und Samstag standen mindestens zwei Stunden Zeittraining an, Sonntags wurde gerannt. Die Maximaldistanz der Rennen lag bei 225 Kilometern. Das ergab auf den meisten Strecken eine Fahrzeit von 60 bis 70 Minuten. Nur in den Straßen von Pau endeten die Rennen regelmäßig nach der im Reglement verankerten Höchstfahrtzeit von 90 Minuten. Statt mit einem Training konnte die Startaufstellung auch in Vorläufen ermittelt werden. Insofern war es nicht neu, als die Formel 1 kürzlich Quali-Rennen einführte.

Gerannt wurde vor allem in Europa. Legendär, die Windschatten-Spiele in Hockenheim oder Enna Pergusa. Auch auf britischen Rennstrecken wie Chrystal Palace, Oulton Park, Donnington oder Thruxton fanden regelmäßig Rennen statt. In Italien gehörten Vallelunga, Mugello und Misano zum Saison-Kalender. Spanischer Hotspot der Formel 2 war Jamara. In Frankreich gehörten Albi, Reims und Rouen zur Formel 2-Saison. Und in Skandinavien fanden genauso Rennen im dänischen Roskilde wie im schwedischen Mantorp Park statt.

Trotzdem war die Formel 2 keine rein europäische Angelegenheit. In allen Epochen der Formel 2 fanden auch Rennen in Südamerika statt. Das nutzten südamerikanische Piloten im europäischen Winter, um in der Heimat zu fahren. Ab 1973 gab es in Japan eine Monoposto-Serie, deren Regeln sich an der Formel 2 orientierten, die allerdings reine Rennmotoren gestattete. Deshalb hieß die Serie zunächst „All-Japan Formula 2000“. Erst 1978 benannten die japanischen Verantwortlichen ihre Meisterschaft in „All-Japan Formula Two“ um. 

Autodromo di Pergusa
Das Autodromo di Pergusa war über Jahrzehnte mit seinem Gran Premio del Mediterraneo ein fester Bestandteil der Formel-2-Europameisterschaft. Die Hochgeschwindigkeitsstrecke führt einmal um den Lago di Pergusa herum. (Foto: Tom Schwede)

Als Ableger der Formel 2 gilt übrigens auch die Formel Atlantic, die 1965 in Nordamerika als „SCCA Formula B Class“ startete. Bei der Aufstellung seiner Regeln orientierte sich der Sports Car Club of America (SCCA) an der europäischen Formel 2; übernahm aber die Regeln nicht vollständig. Und als die FISA den Hubraum der Formel 2 erhöhte, machte der SCCA nicht mit. Die inzwischen in Formula Atlantic umbenannte Serie rannte weiter mit 1,6 Liter großen Aggregaten. Zu den Stars der Formel Atlantic gehörte Gilles Villeneuve, der dort regelmäßig etablierte F1-Stars schlug.

Die Formel 2 fuhr auch auf der Nordschleife!

Auffällig, dass die Formel 2 immer wieder auch auf Strecken fuhr, die die Formel 1 wegen Sicherheitsbedenken aussortierte. Wobei besonders die Nordschleife des Nürburgrings hervorsticht. Denn dort war die Formel-2-Europameisterschaft bis einschließlich 1983 zu Gast. Dabei umrundete Stefan Bellof im Maurer BMW die Nordschleife mit durchschnittlich 193 Kilometern pro Stunde. Damit war Bellof schneller unterwegs als Clay Regazzoni 1975 beim letzten Auftritt der Formel 1 auf der Nordschleife.

Der Vergleich des Tempos auf der Nordschleife unterstreicht die Leistungsfähigkeit der Formel 2 Anfang der 1980er Jahre. Denn der BMW-Motor in Bellofs Maurer verfügte nur über zwei Liter Hubraum. Regazzonis Ferrari hatte nicht nur acht Zylinder mehr, sondern vor allem drei Liter Hubraum. Doch Anfang der 1980er-Jahre setzte sich in der Formel 1 der Turbo durch. Damit stieg die Leistung der Formel-1-Boliden explosionsartig an. Das erhöhte die Differenz zwischen den beiden großen Formel-Klassen.

Jonathan Palmer im Ralt RH6/82 in Silverstone 1982
Jonathan Palmer im Ralt RH6/82 des Honda-Werksteams 1982 in Silverstone. (Foto: Archiv AutoNatives.de)

Schließlich ging alles sehr schnell. Denn mit dem Abschied vieler Teams verschwand der Wettbewerb. Zumal der V6-Motor von Honda dem Vierzylinder von BMW am Ende drückend überlegen war. Zudem setzte das Honda-Werksteam ein von Ron Tauranac dem Honda-Motor perfekt auf den Leib geschneidertes RALT-Chassis ein. BMW-Teams fuhren mit Autos, die zumindest theoretisch auch andere Motoren aufnehmen konnten. Das Ergebnis war einfach: 1983 und 1984 gewann Honda 16 der ausgetragenen 23 EM-Läufe.

Die Formel 3000 beendete die Ära der Formel 2!

Alles zusammen führte Ende 1984 in Europa zum Aus der Formel 2. Ihre Rolle übernahm die neue Internationale Formel 3000-Meisterschaft. Auch die Formel 3000 war eine Konstruktionsklasse und schloss den Einsatz unterschiedlicher Motoren und Chassis nicht grundsätzlich aus. Doch der Schatten der Formel 1 wurde immer größer. Den Teams fiel es zunehmend schwer, den Rennbetrieb zu finanzieren. 1996 strich der Weltverband die Komponente Konstruktion und machte die Formel 3000 zur Einheitsklasse.

In Japan überlebte die Formel 2 sogar noch bis Ende 1986. Dann übernahm auch Japan das Formel 3000-Reglement für ihre Super Formula-Serie. In Europa wurde 2005 aus der Formel 3000 die GP2, die fortan im Rahmenprogramm der Formel 1 fuhr. Von 2009 bis 2012 nutzte die FIA den Namen Formel 2 für eine weitere Einheitsklasse. Sie fuhr im Rahmenprogramm der Tourenwagen-WM. 2017 firmierte schließlich die GP2 in Formel 2 um. Doch mit der klassischen Formel 2 hat diese Serie nichts mehr gemeinsam.

Die Motoren-Regeln der Formel 2 im Laufe der Zeit:

  • 1948 bis 1953 – Hubraumlimit 500 cm³ für Kompressormotoren und 2000 cm³ für Saugmotoren – Von 1952 und 1953 fuhr die Automobil-Weltmeisterschaft nach Formel 2- Regeln. Daneben gab es auch nicht zur WM zählende Formel-2-Rennen und nationale Formel 2-Meisterschaften.
  • 1957 bis 1960 – Sechszylinder-Saugmotoren mit maximal 1,5 Litern Hubraum
  • 1964 bis 1966 – Vierzylinder mit maximal einem Liter Hubraum. Neu war das Mindestgewicht von 420 Kilogramm.
  • 1967 bis 1971 – Sechszylinder mit maximal 1,6 Litern Hubraum; der Motorblock musste im Vorjahr in einem Tourenwagen oder GT-Fahrzeug der Gruppe 3 homologiert sein. Die erforderte mindestens eine Stückzahl von 500 in 12 Monaten gefertigten Exemplaren.
  • 1972 bis 1975 – Sechszylinder mit maximal zwei Litern Hubraum; der Motorblock und der Zylinderkopf musste in einem Tourenwagen der Gruppe 2 homologiert sein. Dies erforderte den Bau von mindestens 1.000 Autos in zwölf Monaten. Ab 1973 reichte es, wenn der Zylinderkopf als Ausstattungsvariante bei zehn Prozent der Serienfahrzeuge vorhanden war.
  • 1976 bis 1984 – Sechszylinder mit maximal zwei Litern Hubraum
  • 2009 bis 2012 – Einheitsklasse mit 300 kW kräftigen 1,8-Liter Turbo von Audi. Das Chassis stammte von Williams und trug die Bezeichnung Williams JPH1. Die Organisation der Serie lag beim Briten Jonathan Palmer.
  • Seit 2017 heißt die im Rahmenprogramm der Formel 1 fahrende GP2-Serie offiziell Formel 2. Auch sie hat mit der klassischen Formel 2 wenig gemeinsam. Denn sie ist eine Einheitsklasse in der ein Chassis von Dallara und ein Motor von Mecachrome zum Einsatz kommen.

Die Meister der Formel 2 im Überblick

  • 1964: Gewinner der FFSA Trophées de France (6 Läufe) Jack Brabham, Brabham BT10 Cosworth SCA
  • 1965: Gewinner der FFSA Trophées de France (4 Läufe) Jim Clark, Lotus 35 Cosworth SCA – Sieger der italienischen Meisterschaft (3 Läufe) Carlo Franchi, de Santis-Ford
  • 1966: Gewinner der FFSA Trophées de France (6 Läufe) Jack Brabham, Brabham BT 18 Honda – Jack Brabham gewann zudem die Autocar British Formula 2 Championship 1966 (3 Läufe)
  • 1967: Europameister Jacky Ickx, Matra MS5 / MS7 mit Ford Cosworth FVA 1,6 Liter eingesetzt von Tyrrell unter der Bewerbung von Matra Sports
  • 1968: Europameister Jean-Pierre Beltoise, Matra MS7 mit Ford Cosworth FVA 1,6 Liter eingesetzt von Matra Sports
  • 1969: Europameister Johnny Servoz-Gavin, Matra MS7 mit Ford Cosworth FVA 1,6 Liter eingesetzt von Matra Sports
  • 1970: Europameister Clay Regazzoni, Tecno mit Ford Cosworth FVA 1,6 Liter eingesetzt von Tecno Racing Team
  • 1971: Europameister Ronnie Peterson, March 712M mit Ford Cosworth FVA 1,6 Liter eingesetzt von March Engineering
  • 1972: Europameister Mike Hailwood, Surtees TS10 mit Ford Cosworth FVA 1,6 Liter
  • 1973: Europameister Jean-Pierre Jarier, March 732 BMW – Meister in Japan Motoharu Kurosawa Marcgh 722 BMW
  • 1974: Europameister Patrick Depaillier, March 742 BMW – Meister in Japan Noritake Takahara, March 742 BMW
  • 1975: Europameister Jacques Laffite, Martini MK16 BMW (Schnitzer) – Meister in Japan Kazuyoshi Hoshino, March 742 BMW
  • 1976: Europameister Jean-Pierre Jabouille, Elf 2J (Jabouille 2J) Renault CH1B/Gordini – Meister in Japan Noritake Takahara, Nova 512 BMW
  • 1977: Europameister René Arnoux, Martini MK22 Renault – Meister in Japan Kazuyoshi Hoshino, Nova 512B / Nova 532P BMW
  • 1978: Europameister Bruno Giacomelli, March 782 BMW – Meister in Japan Kazuyoshi Hoshino, Nova 532P / Nova 522 BMW
  • 1979: Europameister Marc Surer, March 792 BMW Rosche – Meister in Japan Keiji Matsumoto, March 782 / 792 BMW
  • 1980: Europameister Brian Henton, Toleman TG280 Hart – Meister in Japan Masahiro Hasemi, March 802 BMW
  • 1981: Europameister Geoff Lees, RALT RH6/81 Honda – Meister in Japan Satoru Nakajima Ralt RH6/80 und March 812 mit Honda RA261E
  • 1982: Europameister Corrado Fabi, March 822 BMW-Rosche – Meister in Japan Satoru March 812 und 822 mit Honda RA262E
  • 1983: Europameister Jonathan Palmer, RALT RH6 Honda – Meister in Japan Geoff Lees, Spirit 201 und March 832 mit Honda RA263E
  • 1984: Europameister Mike Thackwell, RALT RH6 Honda – Meister in Japan Satoru Nakajima March 842 mit Honda RA264E
  • 1985: Meister in Japan Satoru Nakajima March 85J mit Honda RA265E
  • 1986: Meister in Japan Satoru Nakajima March 86J mit Honda RA266E

Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Rolf Stommelen, 1976 am Nürbugring im Chevron B35 von Fred Opert Racing

Foto: Archiv AutoNatives.de

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Themen in diesem Artikel:

Fabian P. Wiedl interessiert sich seit Kindestagen für Motorsport und Automobile. Als Mitverfasser mehrerer Bücher, wovon insbesondere „Audi Typenkunde: Renn- und Rallyewagen von 1968 bis 2013“ zu erwähnen ist, greift Wiedl gern auf sein umfassendes Motorsport-Archiv zurück. Tom Schwede wuchs in einem ausgesprochen automobilen Umfeld auf. Dies war ein optimaler Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Seit 2010 moderiert Tom bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland sowie dem angrenzenden Ausland.

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