Eigentlich wollten wir nur ausprobieren, wie sparsam sich mit dem 184 PS starken VW Golf GTD Variant täglich auf der A40 zwischen Gelsenkirchen und Dortmund pendeln lässt. Verbrauchsminimierung sollte die Aufgabe sein, was hier im Herzen des Ruhrgebiets hauptsächlich eine Frage der Stauvermeidung ist. Denn freie Fahrt gibt es hier selten. Doch es gibt Projekte und Ideen, die entwickeln ihre eigene Dynamik. Der Test des Golf GTD Variant 2,0 TDI ist ein typischer Fall dafür. Kurz bevor der Testwagen vor Tür stand, platzte die Bombe des VW-Skandals.
Womit war ich unterwegs?
Durch die Panikmache von Medien und Politik erweckte der Testwagen prompt mehr als sonst das Interesse der Nachbarn und Kollegen. Das grenzte fast schon an Hysterie. Denn nach allem, was wir heute wissen, ist der Testwagen als Euro-6-Fahrzeug vom #Dieselgate gar nicht betroffen. Das ermöglicht den unvoreingenommenen Blick auf die Frage: Wie günstig lässt sich mit einem Auto pendeln?
Daten zum Testwagen:
- Typ: VW Golf GTD Variant 2,0 TDI
- Grundpreis: 33.925 Euro (9/2015)
- Motor: 4-Zylinder-Turbo-Dieselmotor
- Emissionsklasse: Euro 6
- Getriebe: 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
- Hubraum: 1.968 ccm
- max. Leistung: 184 PS bei 3.500 – 4.000 /min
- max. Drehmoment: 380 Nm / 1750 – 3250 1/min
- Höchstgeschwindigkeit: 229 km/h
- Hersteller-Nummer / Typ: 0603 / BNI
- Versicherungstypklassen: 14, 19, 24 (Haftpflicht, Voll-, Teilkasko)
In der Realität spielen bei der Beantwortung dieser Frage natürlich zunächst die Anschaffungskosten eine Rolle. Der Kauf eines von uns getesteten 184 PS starken Golf GTD Variant mit 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe erfordert mindestens 33.925 Euro. Solange der Käufer auf alle Extras verzichtet.
Das ist bei den Pressetestfahrzeugen meistens nicht der Fall. Schließlich möchten die Hersteller das Modell möglichst vollständig präsentieren. Und so hat auch VW hat unserem Testwagen eine umfangreiche Sonderausstattung spendiert. Zahlreiche Sicherheits- und Komfortsysteme treiben den Listenpreis des Testwagens schließlich auf knapp 42.000 Euro hoch.
Bilder vom Test des Golf GTD Variant 2,0 TDI
Dafür verfügt „unser“ Golf GTD über fast alles, was der Volkswagen-Konzern heute in der Kompaktklasse anbietet. Für die Sicherheit sorgen Features wie:
- die automatische Distanzregelung ACC inklusive des Umfeldbeobachtungssystems „Front Assist“ mit Fahrzeugstopp-Funktion und City-Notbremsfunktion (575 Euro),
- eine Verkehrszeichenerkennung (320 Euro),
- ein sogenannter „Blind Spot“-Sensor mit Ausparkassistent sowie dem Spurhalteassistenten „Lane Assist“ (zusammen 895 Euro).
Dazu gibt es noch das sogenannte „Active Lighting System“ (1.030 Euro). Mit ihm ziehen Bi-Xenon-Scheinwerfer und LED-Tagfahrlicht mit Kurvenfahrlicht sowie ein Regensensor in den Golf ein. Womit dieser Variant sein Licht automatisch einschaltet und auch selbständig die Leuchtweite reguliert.
Wer tatsächlich an dieser Sicherheitsausstattung interessiert ist, der sollte sich für das zum Preis von 2.035 Euro angebotene Fahrerassistenz-Paket inklusive Blind-Spot entscheiden. Denn dann ziehen die automatische Distanzregelung, Auspark- und Spurhalteassistent sowie das Lichtpaket gleich zusammen ein und Volkswagen „belohnt“ das mit einem Preisvorteil.
Für den Komfort sorgen unter anderem das verbaute Navigationssystem „Business Premium“ (1.375 Euro), die Sprachsteuerung (215 Euro) und die im Testwagen eingebaute Rückfahrkamera (295 Euro).
Zu einer Vollkostenrechnung des Pendels müsste ich auch die Wartungsintervalle und den Verschleiß berücksichtigen. Das erfordert allerdings einen Langzeittest. Ich verzichte daher in diesem Test auf eine Bewertung dieser Kosten und beschränke mich ausschließlich auf die Betrachtung des Verbrauchs.
Entscheidend ist, was hinten rauskommt.
Als Helmut Kohl dieses Zitat für die Ewigkeit schuf, ging es 1984 um sein Zögern, der Umweltpolitik mehr Raum einzuräumen. Das passt sogar zum aktuell getesteten Golf GTD Variant 2,0 TDI. Denn Volkswagen gibt für das zwei Liter große Turbodiesel-Triebwerk einen kombinierten Normverbrauch von 4,8 Litern an. Das entspricht einem CO₂-Ausstoß von 125 Gramm pro Kilometer.
Im Zusammenhang mit der aktuellen Affäre wird oft kritisiert, dass die im Fahrzyklus ermittelten Werte im Alltag nicht reproduzierbar sind. Das kann ich nicht bestätigen. Denn ich habe sie geknackt, wenn Teststrecke und Testzeit mitspielten. Auf dem Heimweg vom Büro bin ich nach einem halben Kilometer direkt auf der Autobahn. Bei meiner „Rekordfahrt“ stoppt mich, anders als üblich, keine der Ampeln. Das ist pures Glück. Ich komme ohne Zwischenstopp auf die fast völlig leere A40.
Im Büro ist es wieder einmal – wie so oft in letzter Zeit – ziemlich spät geworden. Um 19:15 gibt es selbst am Autobahnkreuz Dortmund-West nicht den Stau, der sonst oft die Heimfahrt behindert. Auch am Autobahnkreuz Bochum kann ich auf der A40 bleiben. Normalerweise fahre ich dort auf die A43 ab, um in Herne auf die A42 zu wechseln. Heute bleibe ich auf der Hauptschlagader des Reviers. Das spart mir einen Umweg von rund fünf Kilometern. Auch wenn das sonst meistens die bessere Wahl ist. Denn die A40 ist in Bochum seit mehr als einem Jahrzehnt Dauerbaustelle und sorgt für unerträgliche Staus.
Freilauf spart Diesel
Als ich nach knapp 30 Kilometern in Gelsenkirchen abfahre, zeigt der Bordcomputer einen Durchschnittsverbrauch von 4,1 Litern für 100 Kilometer an. Ich habe den Golf im eco-Modus der Fahrprofilauswahl diesmal viel rollen lassen. Auf der Autobahn habe ich mich auf ein paar gezielt kurze Gasstöße beschränkt, um das Tempo zu halten. Sobald ich den Fuß vom Gas nehme, aktiviert der Volkswagen seinen Freilauf. Die Maschine läuft mit der Leerlaufdrehzahl von knapp 900 Umdrehungen vor sich hin, um Kraftstoff zu sparen.
Erst mit der Abfahrt in Gelsenkirchen endet der Fluss. Fast vier Kilometer sind es jetzt noch bis nach Hause. Auf dem Weg passiere ich zahlreiche Ampeln. Wirklich jede dieser Ampeln fordert mich zum Stoppen auf. Die Start-Stopp-Automatik des Volkswagens schaltet kraftstoffsparend den Motor ab. Doch das notwendige Anfahren fordert seinen Preis. Zudem finde ich um diese Zeit nicht sofort einen Parkplatz. Ich muss zweimal um den Block fahren, bis der Parklenkassistent „Park Pilot“ (Aufpreis 210 Euro) den Golf Variante in eine passende Parklücke stellt.
4,3 Liter sind möglich
Als ich den Motor abstelle, beträgt der (hochgerechnete) Durchschnittsverbrauch 4,3 Litern für 100 Kilometer. Das liegt einen halben Liter unter dem Wert des kombinierten Fahrzyklus. Den Zykluswert zu erreichen, ist also möglich, wenn die Bedingungen stimmen. An anderen Tagen habe ich nicht das Glück.
Morgens verbrauche ich auf meiner Strecke übrigens meist etwas mehr. Denn ich starte mit einem kalten Motor und bin im dicksten Berufsverkehr unterwegs. Erneut behindert zahlreiche Ampeln den Fluss. Wobei die Start-Stopp-Automatik den Motor nicht abstellt. Alles zusammen sorgt dafür, dass ich jetzt etwas mehr verbrauche. Der Durchschnittsverbrauch bis zur Autobahn liegt – hochgerechnet – meist deutlich über sechs Litern.
Gegen diese Hypothek muss ich auf dem Rest der Strecke anfahren. Oft gar kein einfaches Unterfangen. Denn schon auf der A42 stehe ich immer wieder im Stau. Genauso auf der A43 und auf der A40. Trotzdem schaffe ich selbst auf dem Hinweg einmal 4,9 Liter. Im Regelfall sind es mehr als fünf Liter. Einmal, als wirklich gar nichts geht, liegt der Durchschnittsverbrauch sogar bei 5,8 Litern für 100 Kilometer.
Die Strecken und Verbrauchswerte im Überblick
Montag | Dienstag | Mittwoch | Donnerstag | Freitag | Gesamt | |
Hinweg-Strecke | 39 km | 38 km | 34 km | 38 km | 34 km | 37 km |
angezeigter Verbrauch | 5,1 | 5,3 | 5,1 | 5,8 | 4,9 | 5,2 |
Hinweg-Strecke | 33 km | 39 km | 34 km | 38 km | 38 km | 36 km |
angezeigter Verbrauch | 5,2 | 5,0 | 4,3 | 5,1 | 5,0 | 4,9 |
Summe-Strecke | 72 km | 77 km | 68 km | 76 km | 72 km | 73 km |
Tagesverbrauch (hochgerechnet) |
5,1 | 5,1 | 4,7 | 5,5 | 5,0 | 5,1 |
Am Ende des Tests hat sich der (angezeigte) Durchschnittsverbrauch meines Pendlertests bei 5,1 Litern eingependelt. Eine Kontrolle an der Zapfsäule bestätigt das Ergebnis. Wer will, kann mit dem Golf GTD Variant 2,0 TDI also tatsächlich richtig sparsam unterwegs sein. Sofern der Gasfuß behutsam eingesetzt wird. Dass das auch anders geht, hat Don Dahlman vor einiger Zeit ausführlich beschrieben.
Was hat mir im Test besonders gefallen?
Mit der Modellbezeichnung GTD orientiert sich Volkswagen am legendären Golf GTI. Wie der sportliche Urvater trägt auch der aktuelle GTD ein Karomuster auf seinen Sportsitzen. Dazu gibt rot lackierte Bremssattel und sportliche Leichtmetallfelgen. Das ist alles sehr geschmackvoll und gefällt mir. Zudem bedient Volkswagen das Klischee GTI mit einer sportlichen Abstimmung des Fahrwerks.
Auf den Vordersitzen finde ich auch mit meiner Körperlänge von mehr als zwei Metern bequem Platz. Selbst hinter mir können – zumindest kleinere Mitfahrer – sitzen. Auf dem Vordersitz stimmt die Position zum Lenkrad und zu den Pedalen. Auf längeren Strecken, wo ich den dank des Doppelkupplungsgetriebes beschäftigungslosen linken Fuß nicht benötige, bewährt sich die Fußstütze. Das serienmäßige Drei-Speichenlenkrad liegt gut in der Hand. Mir gefällt, dass das Lenkrad wie in einem Sportwagen unten abgeflacht ist.
Alle Bedienelemente lassen sich auch angeschnallt gut erreichen. Angenehm, dass sich dank der optionalen Sprachsteuerung Radio- und Navigationssystem auch auf Zuruf steuern lassen. Beim Einlegen des Rückwärtsgangs zeigt der Monitor des Systems das Bild der optionalen Rückfahrkamera (Aufpreis 295 Euro) an. Beeindruckend, wie gut das Bild selbst bei schwierigen Lichtverhältnissen ist. Im Laufe des Tests fällt das gleich mehreren Mitfahrern auf.
Was hat mir nicht gefallen?
Bei aller Begeisterung, selbst am Golf GTD Variant 2,0 TDI finden sich Kritikpunkte. Erst wenn in der optionalen Fahrprofilauswahl der Sportmodus aktiviert wird, fährt der GTD so sportlich an, wie sein Name vermuten lässt. Im Normalbetrieb oder dem Eco-Modus fällt der Variant dagegen auf den ersten Metern scheinbar in ein Loch. Wer den dynamischen Ampelstart bevorzugt, muss den Sportmodus wählen.
Und dafür in Kaufnehmen, dass das Drehzahlniveau des Kombis ansteigt. Denn im Normalbetrieb wechselt der Golf sehr früh die Gänge. Das kommt dem Geräuschniveau zugute. Im Sportmodus ist das anders. Jetzt schaltet der Golf erst weit jenseits der Marke von 3.000 Umdrehungen pro Minute. Entsprechend lauter geht es jetzt im Golf zu.
Wer den 2,0-Liter Turbodiesel richtig fordert, der lässt ein Drehmoment von bis zu 380 Newtonmeter auf die Vorderachse los. Beim Beschleunigen aus engen Kurven ist das eine echte Herausforderung für den Antriebsstrang und das Fahrwerk. Die Eingriffe der elektronischen Differenzialsperre sind deutlich zu spüren. Das macht klar, warum Volkswagen in der Performance-Variante des GTI auf ein mechanisches Sperrdifferential setzt. Und dort ziehen „nur“ 350 Newtonmeter am Antrieb.
Fazit zum Golf GTD Variant 2,0 TDI
Im Pendlertest spielt der Golf GTD Variant 2,0 TDI die Stärke seines Dieselmotors voll aus. Mit einem Durchschnittsverbrauch von etwas mehr als fünf Litern lässt sich der Golf wirklich günstig bewegen. Wobei das nicht das Ende der Fahnenstange darstellt. Denn wer will, der schafft mit dem GTD sogar eine vier vor dem Komma. Und das beeindruckt dann wirklich.
Peter Raten
21. Juli 2017Interessant finde ich ja, dass der Verbrauch scheinbar wirklich übereinstimmt. Sieht man ja sonst eher selten.
Tom Schwede
22. Juli 2017Der sogenannte „Verbrauch“ ist ein Laborwert, der mit real-Life nur wenig gemeinsam hat. Im Prinzip ist er mit fast jedem Auto reproduzierbar, wenn man sein Fahrverhalten daran anpaßt.
Peter Raten
21. Juli 2017Interessant finde ich ja, dass der Verbrauch scheinbar wirklich übereinstimmt. Sieht man ja sonst eher selten.
Tom Schwede
22. Juli 2017Der sogenannte „Verbrauch“ ist ein Laborwert, der mit real-Life nur wenig gemeinsam hat. Im Prinzip ist er mit fast jedem Auto reproduzierbar, wenn man sein Fahrverhalten daran anpaßt.
Michael
11. August 2018Wie sind die Windgeräusche über 180 Stkmh? Der Test ist richtig wenn eine Autobahnfahrt durchgeführt wird.
Ansonsten nicht zu gebrauchen
Tom Schwede
12. August 2018Vielen Dank für Ihren Kommentar. Aber Ihnen ist schon klar, dass der Test auf die Minimierung des Verbrauchs angelegt war und die A40 eine Autobahn ist? Dumm nur, dass dort die Geschwindigkeit angesichts des dichten Verkehrs in der Regel stark reguliert wird. Da ist man inzwischen fast schon froh, wenn man 80 Kilometer pro Stunde fahren darf.
Michael
11. August 2018Wie sind die Windgeräusche über 180 Stkmh? Der Test ist richtig wenn eine Autobahnfahrt durchgeführt wird.
Ansonsten nicht zu gebrauchen
Tom Schwede
12. August 2018Vielen Dank für Ihren Kommentar. Aber Ihnen ist schon klar, dass der Test auf die Minimierung des Verbrauchs angelegt war und die A40 eine Autobahn ist? Dumm nur, dass dort die Geschwindigkeit angesichts des dichten Verkehrs in der Regel stark reguliert wird. Da ist man inzwischen fast schon froh, wenn man 80 Kilometer pro Stunde fahren darf.