14. Januar 1914 – Henry Ford führt das Fließband ein
1914 führte Henry Ford das Fließband in der Autoproduktion ein und revolutionierte den Autobau. Wie kam der Firmengründer eigentlich auf diese Idee?
Als Henry Ford die Produktion seines Ford T-Modell am 14. Januar 1914 auf Fließbandfertigung umstellte, revolutionierte der Unternehmer den Autobau. Statt – wie zuvor – Manufakturen bauten nun Industrieunternehmen Autos. Mit der neuen Produktionsmethode schuf Ford die Grundlagen für die Massenmobilisierung unser Tage. Wobei die Idee nicht ganz neu war. Denn um Missverständnissen gleich zu Beginn vorzubeugen, Henry Ford war nicht der Erfinder des Fließbands. Das Prinzip der Fließbandfertigung entwickelte sich über mehrere Jahrhunderte. Schon im späten 15. Jahrhundert setzten italienische Werften auf eine stark arbeitsteilige Produktion, fertigten mehrere Schiffe nebeneinander. Die Spezialisten zogen von Helling zu Helling. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts gab es Firmen, die Kaffeepulver und Zwieback am Fließband herstellten.
In den 1870er-Jahren bewegten erste Schlachthöfe und Zerlegebetriebe geschlachtete Schweine mit angetriebenen hochgesetzten Transportbändern zu den einzelnen Arbeitsstationen. Bereits 1902 begann Oldsmobile-Gründer Ransom Eli Old damit, die zu bauenden Fahrzeuge auf Holzgestellen von Arbeitsschritt zu Arbeitsschritt zu ziehen. Das war eine manuelle Frühform der Fließbandfertigung. Doch Olds fehlte die Konsequenz, der Amerikaner entwickelte die Idee nicht weiter. Die Arbeiter schoben die Holzgestelle mit dem entstehenden Autos von Arbeitsschritt zu Arbeitsschritt weiter. Bei Oldsmobile gab es noch keine Machine, die das Fließband laufend bewegte. Das war bei Ford anders, weshalb erst Ford ein „echtes“ Fließband im Autobau einsetzte und diesen damit für immer veränderte.
Ford ließ sich von Schlachthöfen inspirieren!
Zusammen mit seinem Mitarbeiter Charles E. Sorensen übertrug Henry Ford die Idee der angetriebenen Transportbänder aus den Schlachthöfen – den sogenannten „disassembly lines“ – in seine Autofabrik. Aus „disassembly lines“ wurden „assembly lines“. Der Umstellung auf die Fließbandfertigung ging eine rund drei jährige Entwicklung voraus. Bereits 1910 unternahmen Ford, Sorensen und Vorarbeiter Charles Lewis im Ford-Werk „Piquette Plant“ in Detroit erste Testläufe. Sie benötigten drei Jahre, um die optimale Aufteilung der Produktionsschritte zu ermitteln.
Anfang 1913 führte Ford im Zuge in seinem Werk Highland Park zum Test in Teilbereichen der Produktion ein Fließband ein. Doch Henry Ford und seinen Mitstreiter war klar, dass sich ein automatisiertes Fließband nur schwer nachträglich in ein bestehendes Fabrikgebäude integrieren lässt. Daher entstand bald der Plan für eine vollkommen neue Fabrik. In dieser stellte Ford ein permanentes Fließband in den Mittelpunkt. Die Arbeitsstationen platzierte der Unternehmer entlang der Förderstrecke. Ende 1913 war in Detroit die heute legendäre Fabrik am River Rouge, die das Konzept „Fließband“ erstmals vollständig umsetzte, fertig.
River Rouge definierte Effizienz neu
Am 14. Januar 1914 startete in der neuen Fabrik die Produktion des Modell T. Deshalb gilt dieser Tag seitdem als der Tag, der die Autoindustrie veränderte. Denn mit der neuen Fabrik hoben Henry Ford und seine Mitstreiter die Autoproduktion auf ein neues Niveau. In River Rouge war von Anfang an alles auf totale Effizienz getrimmt. Bis 1925 gab es das Modell T deshalb nur in Schwarz. Denn Ford fand heraus, dass der schwarze Lack (Japan Black) schneller als der anderer Farben trocknete. Deshalb bot Ford seine Autos nur in diesem Farbton an.
Bei dieser Konsequenz wundert nicht, dass mit der neuen Fabrik die Produktivität geradezu explodierte. Ford gab diesen Vorteil an seine Kunden weiter und senkte die Preise. 1913 bot der Unternehmer seine „Blechliesel“ („Tin Lizzy“) noch zum Preis von 850 US-$ (heute ≈ 16.500 €) an. Nach der Einführung der Fließbandproduktion kostete das gleiche Autos bald nur noch 370 US-$ (≈ 7.200 €). Mit dieser Preissenkung wurde das Auto auf einen Schlag für viele neue Kunden erschwinglich. Da mit der Einführung des Fließbands auch die Montagezeiten sanken, stieg auch die Produktionsmenge.
Dieses Mehr an Fahrzeugen hätte zu den bisherigen Preisen wohl kaum Kunden gefunden. Denn ein Bauarbeiter verdiente damals in den USA maximal zwei US-$ pro Stunde. Ein Lehrer kam auf ein Einkommen von weniger als 1.000 US-$ im Jahr. Henry Ford hob nach der Einführung des Fließbands den firmeninternen Mindestlohn von 2,34 US-$ auf glatte 5 US-$ pro Stunde an. Das geschah nicht aus Selbstlosigkeit. Ford hatte die Kaufkraft seiner Arbeiter im Blick. Denn der Unternehmer erkannte, dass im anstehenden Zeitalter massengefertigter Produkte auch die Arbeiter vom Fortschritt profitieren müssen.
Die ganze Welt kopierte Henry Ford
River Rouge wurde schnell zum Mekka für Ingenieure aus aller Welt. Zahlreiche Autohersteller und Unternehmen aus anderen Industriezweigen übernahmen das Fließband. In Deutschland waren Opel mit dem „Laubfrosch“ und Hanomag mit dem „Kommissbrot“ die Vorreiter. Bis heute setzten alle Massenhersteller auf das Prinzip „Fließband“. Wobei sich das Prinzip kontinuierlich weiterentwickelte. Denn am Band – wie Henry Ford es einführte – erledigt der einzelne Arbeiter nur wenige Handgriffe aus. Da half auch nicht, dass Ford die Arbeitszeit seiner Mitarbeiter auf acht Stunden pro Tag begrenzte.
Fließbandarbeit mit so einem hohen Grad der Arbeitsteilung, wie sie Ford 1914 einführte, ist monoton. Kein Wunder, dass der großartige Charlie Chaplin diese Monotonie in seinem Film „Moderne Zeiten“ später kritisierte.