von Tom Schwede am 03.09.2025

Sir William Lyons: Was würde „Mr. Jaguar“ heute wohl denken?

Heute vor 124 Jahren wurde Sir William Lyons geboren – am 4. September 1901 in Blackpool. Manchmal frage ich mich, wie er wohl reagieren würde, wenn er heute einen Blick auf die Autos seiner Marke werfen könnte und die Pläne für die Zukunft der Marke kennen würde.

William Lyons um 1920 auf seiner Harley-Davidson

William Lyons um 1920 auf seiner Harley-Davidson in Blackpool – noch bevor er 1922 mit dem Bau von Beiwagen begann (Foto: unbekannt).

Denn der Mann, den alle nur „Mr. Jaguar“ nannten, war bekannt dafür, jede Linie und jede Proportion seiner Fahrzeuge kritisch zu beäugen. Der Brite war kein Ingenieur, sondern ein Ästhet mit eiserner Hand und einem feinen Gespür für das, was ein Auto begehrenswert macht. Schon 1922 gründete William Lyons zusammen mit William Walmsley die Swallow Sidecar Company und machte daraus in den folgenden Jahrzehnten eine Legende.

Vom Beiwagen zum Auto!

Schon 1927 baute der Hersteller von Motorrad-Beiwagen auch Autos. Wobei die ersten Autos von William Lyons Chassis von Austin und Morris waren, die eine Karosserie der Swallow Sidecar Company trugen. Als Austin-Swallow (1927) und Morris-Swallow waren sie besonders in London Geheimtipps für Sportfahrer. Das Geschäft wuchs und 1933 entstand mit der Firma „SS Cars“ ein eigenständiger Autobauer, der nach dem Krieg klugerweise zur Jaguar Cars Ltd. wurde.

Mit Modellen wie dem SS 100, dem XK 120 oder dem E-Type schufen Lyons und Jaguar bald Ikonen, die heute noch Träume wecken. Neben diesen Sportwagen bot Jaguar auch Limousinen an. Diese Tradition begann bereits 1928 mit der viersitzigen Limousine Austin-Swallow Saloon. In den 1960er-Jahren folgte mit dem Jaguar 420 eine weitere automobile Style-Ikone. Und ab 1971/72 brachte Jaguar den Zwölfzylinder auf unsere Straßen.

Ich lernte Jaguar als Grundschüler kennen!

Noch in der gleichen Dekade entdeckte ich die Marke für mich. Denn während meiner Grundschulzeit fuhren meine Tante und mein Onkel einen Daimler Double Six, also den majestätischen XJ-12. Später trat ein XJ-S an dessen Stelle. Für einen kleinen Jungen, wie ich es damals war, waren diese Briten Raumschiffe auf Rädern. Ihr Brummen, ihre endlos lange Motorhaube und auch ihr Geruch ließen mich nie wieder los.

Auch wenn William Lyons das Amt des Jaguar-Geschäftsführers bereits 1972 abgab, trugen diese Autos seine Handschrift. Der Brite verstand es meisterhaft, Luxus – zumindest auf dem britischen Heimatmarkt – erschwinglich wirken zu lassen. Seine „Sports Saloons“ verbanden Komfort und Sportlichkeit so, dass sie sich selbst gegen die arrivierte Konkurrenz aus Deutschland und Italien gut behaupten konnten.

Das Image von Jaguar beflügelte auch der Rennsport!

Schon 1951 gewann ein Jaguar XK 120C die 24 Stunden von Le Mans. Zwei Jahre später triumphierte an der Sarthe der C-Type. Von 1955 bis 1957 siegte der D-Type dreimal in Folge in Le Mans. Spätestens nach diesem Tripple war der Name Jaguar weltbekannt. Auf dem Höhepunkt dieser Sporterfolge schlug die Queen den Unternehmer zum Ritter: Aus William Lyons wurde 1956 Sir William Lyons.

Die Queen würdigte damit, dass Lyons aus der Idee, Beiwagen für Motorräder zu bauen, ein Automobil-Imperium schuf. Dabei war der Brite wohl nie ein einfacher Chef: streng, autoritär und detailverliebt. Aber ohne diese Mischung aus Vision und Dickköpfigkeit gäbe es den Mythos Jaguar nicht. Insofern überrascht es nicht, dass Sir William Lyons auch nach seinem offiziellen Abschied „Mr. Jaguar“ blieb und hinter den Kulissen die Strippen zog.

Ob Lyons heute mit einem Lächeln oder Kopfschütteln auf seine Marke blicken würde?

Wahrscheinlich beides. Auf der einen Seite das Erbe: die geschwungenen Formen, die Erinnerungen an Rennsiege, die Leidenschaft in jeder Karosserielinie. Auf der anderen Seite der harte Alltag einer modernen Automobilindustrie, die längst nicht mehr so sehr vom Stil eines Einzelnen geprägt wird wie zu seinen Zeiten. Die Frage, was Lyons denken würde, wirkt auch deshalb aktuell, weil sich Jaguar mitten im größten Umbruch seiner Geschichte befindet.

Die Produktion der klassischen Modelle ist bereits ausgelaufen, ab 2026 will die Marke Jaguar ausschließlich Elektroautos bauen. Ein Schritt, der das Vermächtnis von „Mr. Jaguar“ in eine neue Ära überführen soll. Wobei der Ausgang ungewiß ist, aber auch die Chance bietet, den alten Anspruch neu zu beleben: ein Jaguar muss immer ein wenig schöner, eleganter und faszinierender sein als die anderen.


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