von Tom Schwede am 07.08.2025

Einzelstück mit großer Geschichte – der Jaguar XJ13 von 1966

Ein flacher, grüner Prototyp. Geboren im Verborgenen, gebaut für den Ruhm in Le Mans und doch nie gestartet: Der Jaguar XJ13 von 1966 ist ein Auto voller Tragik und Faszination. Denn das Projekt mit Mittelmotor und V12 wurde abgebrochen, der Wagen nie eingesetzt. Geblieben ist ein faszinierendes Unikat: aerodynamisch, kraftvoll, tragisch und schön.

Jaguar XJ13

Der Jaguar XJ13 war Jaguars geheimer Hoffnungsträger für Le Mans. Warum der einzige gebaute Prototyp nie startete – und trotzdem zur Legende wurde.

Der Auftrag kam direkt vom Chef: Sir William Lyons persönlich beauftragte Mitte der 1960er-Jahre ein kleines Team von Ingenieuren, im Verborgenen einen Prototyp für den Langstreckensport zu entwickeln. Dieser sollte Jaguars Zukunft auf der Rennstrecke sichern. Die Basis des geplanten Jaguar XJ13 bildete ein neu entwickelter V12-Motor mit fünf Litern Hubraum, zwei obenliegenden Nockenwellen je Zylinderbank und etwa 470 PS Leistung. Die Techniker integrierten ihn als tragendes Element direkt in ihr Aluminium-Monocoque. Dort bildete der V12 zusammen mit dem Getriebe und der Hinterachse eine Einheit.

Im Stillen entwickelt – und nie gestartet

Verantwortlich für die Form war Malcolm Sayer, der 15 Jahre zuvor bereits den Le Mans-Siegern C- und D-Type ihre charakteristischen Linien verliehen hatte. Entsprechend flach und gestreckt ist auch der XJ13. Der Sportwagen ist sofort als typischer Sayer zu erkennen. Doch trotz der überzeugenden Technik kam der Prototyp nie zum Einsatz. Denn als das Projekt Fahrt aufnahm, änderten sich die Regeln. Ab 1968 sollten in Le Mans und der Sportwagen-WM bei den Prototypen maximal drei Liter große Motoren zum Einsatz kommen.

Die CSI wollte damit den Herstellern die Möglichkeit bieten, auf der Langstrecke und in der Formel 1 die gleichen Motoren einzusetzen. Nur in der GT-Kategorie wären größere Motoren noch erlaubt, verkündeten die Regelhüter. Doch der Jaguar XJ13 war als Rennfahrzeug konstruiert und eignete sich nicht zum Serienfahrzeug. Damit fiel der Brite aus dem Rahmen. Jaguar sah keine Chance für den XJ13 mehr. Denn den Entwicklern war klar, dass sie für ein Comeback in Le Mans ein völlig neues Konzept auflegen müssten.

Wirtschaft schlägt Rennsport – der Motorsport wurde zur Nebensache

Doch auch das britische Pfund ließ sich nur einmal ausgeben. Und Jaguars Modellpalette war überholt. Die Serie brauchte dringend neue Modelle. Weil das Geld fehlte, um diese zu entwickeln, fusionierte Jaguar 1966 mit der British Motor Corporation (BMC mit den Marken Austin, Morris und MG) zur British Motor Holdings (BMH). Die neuen Partner lehnten jedes Engagement im Rennsport ab. Das war der endgültige Sargnagel für das Projekt XJ13. Der einzig entstandene Prototyp verschwand im Lager.

Der V12 feierte vier Jahre später im Jaguar E-Type seine Serienpremiere. Wobei der E-Type-Motor, anders als der des geplanten Rennwagens, über nur noch je eine obenliegende Nockenwelle verfügte – doch im Kern ging das Triebwerk auf das Projekt XJ13 zurück. Deshalb holte Jaguar den Prototypen aus dem Lager, um den verhinderten Rennwagen in einem Werbefilm zu nutzen. Doch die Dreharbeiten am 20. Januar 1971 endeten dramatisch: Bei Tempo 220 brach auf der MIRA-Teststrecke eine Felge. Der Wagen überschlug sich mehrfach und wurde stark beschädigt.

Mythos auf Rädern – die Karriere als Legende

Testfahrer Norman Dewis, der bereits 1966 einen Großteil der Entwicklungsfahrten fuhr, überlebte den Crash glücklicherweise. Das beschädigte Auto wurde einige Jahre später restauriert – wobei die 1966 genutzten Gussformen für die Räder nicht mehr vorhanden waren. Weshalb der XJ13 beim Wiederaufbau breitere Räder als zuvor bekam. 1973 zeigte Jaguar den XJ13 erstmals wieder der Öffentlichkeit. Damit begann die zweite Karriere des Sportwagens. Denn das Einzelstück wurde zum Star auf Messen, Festivals und Ausstellungen.

Doch erst 2016, genau 50 Jahre nach seiner Entstehung, durfte der Jaguar XJ13 in Le Mans auf die Strecke. Michael Quinn, Enkel von Sir William Lyons, drehte mit dem Einzelstück während der Le Mans Classic einige Runden auf der Rennstrecke im Herzen von Frankreich. Da hatte sich auch Jaguar-Legende Norman Dewis längst mit dem XJ13 versöhnt. Denn der Brite, der 2019 im Alter von 98 Jahren starb, sagte über den Rennwagen einst: „Ich weiß, dass sie mich rausgeworfen hat, aber sie ist noch immer so ein liebes Ding.“

Späte Ehre für Jaguars V12 – der Motor gewann, das Auto nicht

Jaguars V12 durfte schon mehr als drei Jahrzehnte eher in Le Mans antreten. Denn der einst von Walter Hassan und Harry Mundy für den XJ13 entwickelte Motor trieb bereits 1984 den Jaguar XJR-5 des Teams Group 44 an. Bei diesem Comeback fielen beide Jaguar vorzeitig aus. Doch drei Jahre später gewann der Zwölfzylinder im Jaguar XJR-9LM das wichtigste Langstreckenrennen des Jahres. 1990 wiederholte der Jaguar XJR-12 mit dem gleichen Motor diesen Erfolg. Es war der Schlusspunkt dessen, was mit dem Jaguar XJ13 begann.


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