Saleen S7-R: Le Mans-Klassensieger aus Amerika
Beim Stöbern im Archiv fiel mir ein Foto des Saleen S7-R in die Hände – und ich stellte fest: Darüber habe ich noch nie geschrieben. Zeit, das nachzuholen!

Amerikanische Autos sind aus Sicht des Sportfahrers so eine Sache. Doch spätestens seit dem Ford GT40 und Carroll Shelbys brachialen Cobras wissen wir, dass Amerikaner nicht nur geradeaus schnell sind, sondern auch ernsthafte Sportwagen bauen können. Trotzdem sitzen die Vorurteile tief: zu schwer, zu grob, zu viel Hubraum, zu wenig Feinschliff. Wer braucht schon ein Vorschlaghammer-Konzept auf einer Strecke, die nach chirurgischer Präzision verlangt?
Ich sah den Saleen S7-R beim Le Mans Vortest 2006!
Genau diese Gedanken gingen mir durch den Kopf, als ich 2006 beim Vortest in Le Mans einen Saleen S7-R auf der Strecke sah. Der bollernde V8 ließ keinen Zweifel an seiner Herkunft – ein tiefes, kehliges Grollen, das jede Lastwechselreaktion in ein donnerndes Beben verwandelte. Gleichwohl wirkte der Saleen S7-R in Le Mans auf der Strecke nicht wie ein Fremdkörper, sondern wie ein ernsthafter Herausforderer. Zu diesem Zeitpunkt war der amerikanische Sportwagen übrigens schon in der zweiten Hälfte seiner Karriere.
Denn sein Debüt feierte die Rennsportversion des Saleen S7 bereits im Oktober 2000 bei einem Rennen der American Le Mans Series in Laguna Seca. Das war zwei Monate nach der Vorstellung des amerikanischen Sportwagens bei den Monterey Historics, heute als Monterey Motorsports Reunion bekannt, an gleicher Stelle. Mit dem S7 schaffte die Saleen Automotive Inc. den Sprung vom Tuner zum Hersteller.
Der Saleen S7-R entstand mit Hilfe von Ray Mallock Ltd.
Das 1983 von Steve Saleen gegründete Unternehmen machte sich zunächst mit hochgezüchteten Ford Mustangs einen Namen. Auch diese setzte Saleen bereits im Motorsport ein. Ende der 1990er-Jahre begann Gründer Steve Saleen mit der Konzeption eines eigenen Sportwagens, gab die Richtung und die wichtigsten Eckpunkte vor. Mit Hidden Creek Industries fand sich ein Partner, der die Anschubfinanzierung übernahm.
Gemeinsam banden Saleen und Hidden Creek den Dienstleister Ray Mallock Ltd. (RML) in die Entwicklung des Chassis, des Fahrwerks und der Aerodynamik ein. Phil Frank entwarf die Grundzüge der Karosserie und des Innenraums. Beim Motor vertrauten die Schöpfer auf einen NASCAR-Ford-V8 mit satten sieben Litern Hubraum. Don Vesco leitete vom Rennsport-Triebwerk eine 550 PS starke Version für den Serien-Saleen ab.
Mittelmotorsport aus Amerika sind selten!
Bei der Premiere des Serienmodells bot der Saleen S7 eine Optik, die irgendwo zwischen McLaren F1 und F-22-Kampfjet anzusiedeln ist – mit einer extrem niedrigen, breiten Silhouette, markanten Lufteinlässen und einer Karosserie, die aerodynamische Effizienz mit aggressiver Präsenz kombinierte. Der S7 war nach Pontiac Fiero, Consulier GTP, Mosler Raptor sowie Vector W8 und M12 erst Amerikas sechster Mittelmotor-Sportwagen – mit einer Anordnung des Motors hinter den Insassen.
Von Anfang an hatte Initiator Steve Saleen Pläne für den Einsatz im Motorsport. Diese Pläne waren sicherlich einer der entscheidenden Gründe dafür, die britischen Ingenieure von RML früh in das Projekt einzubinden. Denn mit Hilfe von RML entstand kein grobschlächtiger Muskelprotz, sondern mit dem S7-R ein ernstzunehmender GT1-Bolide. Bis 2010 kämpfte der Saleen gegen die europäischen Platzhirsche von Ferrari, Porsche und Aston Martin – und das nicht nur zum Zeitvertreib.
Bis 2010 trat der Saleen S7-R regelmäßig im Motorsport an!
Schon 2001 gewann der Saleen S7-R die GT-Klasse der 12 Stunden von Sebring. 2004 gewannen Uwe Alzen und Michael Bartels mit dem Saleen S7-R drei Läufe der FIA-GT-Meisterschaft. Selbst im letzten Einsatzjahr konnte ein S7-R in Le Mans seine Klasse gewinnen. Das zeigt, dass sich die amerikanische Dampfwalze tatsächlich im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends ihren Platz im internationalen Motorsport erkämpfte. Wobei zunächst RML und später Oreca die Rennwagen fertigte.
14 Rennwagen des Saleen S7-R entstanden. Sie verschafften Steve Saleen Respekt auf beiden Seiten des großen Teichs. Auch wenn sein Bolide nicht solche Erfolge wie ein Ferrari 550 GTS oder Aston Martin DBR9 feiern konnte, bleibt der S7-R ein spannendes Kapitel in der Geschichte der GT-Rennwagen. Der Gründer zog sich übrigens 2007 aus seiner Firma zurück. Anschließend erreichte der geplante S7-Nachfolger Saleen S5S Raptor nicht mehr die Serienreife.
Es ist nicht ganz klar, wie viele Saleen entstanden!
Zwei Jahre später war die Saleen Automotive Inc. ein Fall für den Insolvenzrichter. Doch 2013 holte sich Steve Saleen sein Unternehmen zurück, fand später Geldgeber in China, um seinen Traum vom Autobau fortzusetzen. Es ist bis heute nicht ganz klar, wie viele Saleen S7 und S7-R entstanden. Denn Saleen Automotive veröffentlichte nie Produktionszahlen. In einer Auktionsbeschreibung von RM Sotheby's hieß es 2024, dass insgesamt 78 Fahrzeuge – Straßen- als auch Rennversionen – entstanden.
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