Interserie: Die I. S. O. überstand die Ölkrise und erfand eigene Fahrzeuge!
von Fabian P. Wiedl und Tom Schwede am 04. Dec 2024Mit dem erfolgreichen Debüt etablierte sich die Interserie im internationalen Rennsport-Kalender. Sie überstand einen internen Machtkampf und die Ölkrise. Im Laufe der Zeit wurde sie europäischer. Doch dann fand der Veranstalter I. S. O. eine Lösung, die sich wieder etwas am Rennsport in Nordamerika orientierte.
In ihrem zweiten Jahr fielen vorerst die britischen Rennen aus dem Kalender der Interserie. Dafür umfasste der Kalender 1971 jetzt zwei Rennen in Imola und eins in Zolder, das war so eins mehr als im Debütjahr. Gleichzeitig etablierte sich Interserie-Veranstalter I. S. O. immer stärker als europäisches Pendant zur CanAm-Serie. Das zeigt sich schön an den Laufsiegern des Jahres 1971. Denn McLaren M8E Chevrolet (drei Siege), BRM P167 Chevrolet (zwei Siege) und Porsche 917 Spyder waren reinrassige Gruppe 7-Fahrzeuge, die es in Europa so nur in der Interserie zu sehen gab.
Nur der Auftaktsieger Ferrari 512M galt als Seriensportwagen. Den Titel 1971 sicherte sich Leo Kinnunen, der einen Porsche 917 Spyder einsetzte. Der Finne verteidigte seinen Titel in den beiden kommenden Jahren. Das war eine lukrative Sache. Denn die Interserie lockte 1972 mit einem Preisgeld von einer Million Schweizer Franken. Pro Rennwochenende gab es 100.000 Schweizer Franken. Dabei galt die einfache Regel, wer ins Rennen ging, erhielt Geld! Weitere 100.000 Schweizer Franken teilten die Veranstalter unter den zwölf Besten der Jahreswertung auf.
Geld war in der Interserie immer sehr präsent!
Um die Serie noch interessanter zu machen, gab es 1973 pro Sieg 20.000 Schweizer Franken. Dazu kamen bis zu 2.500 Schweizer Franken für den besten Startplatz. Dazu gab es erstmals auch Startgelder. FIA-A-Fahrer, das entspricht heutigen Superlizenz-Inhabern, erhielten pro Start 3.000 Franken. Bei Grand-Prix-Siegern verdoppelten die Veranstalter diese Prämie noch. Und für Automobil-Weltmeister gab es pro Start automatisch sogar 10.000 Schweizer Franken.
1973 trieb die Interserie die Transparenz ihrer Serie auf die Spitze. Denn die Meisterschaftsstände orientierten sich ausschließlich an den auf der Strecke eingefahrenen Prämien. Sportlich fiel die Entscheidung zwischen Leo Kinnunen und Willi Kauhsen erst beim letzten Saisonlauf. Der Finne gewann mit 127.500 Punkten (und Schweizer Franken) vor dem Aachener, der auf 117.000 Punkte (beziehungsweise Schweizer Franken) kam. Dritter wurde Georg Loos, der 81.600 Franken einfuhr.
Die Interserie fragte sich, wie soll es weitergehen?
Einige Beobachter fanden die offen kommunizierten Geldprämien der Serie obszön. Deshalb begleitete die Serie in diesen Jahren auch eine gewisse Skepsis. Zudem gab es Streit über ihre zukünftige Ausrichtung. Es gab Stimmen, die sich noch stärker an den CanAm-Serie orientieren wollten. So sprach Gerhard Härle davon, eine USA-Europa-Serie anzustreben. Dort sollten Piloten beider Seiten des Atlantiks um Prämien streiten. Doch dazu kam es nie!
Andere, wie Armin Mennicken (1930-2013), im Hauptjob Rennleiter des Kauhsen-Racing-Teams wollten den Schwerpunkt stärker auf Grand Prix-Stars legen. Sie hofften mit diesen in Europa bekannten Starts reichlich Publikum an die Strecken zu locken, um mit deren Eintrittsgeld die Prämientöpfe weiter zu füllen. Diese Gegensätze sorgten immer wieder für Diskussionen. Zeitgenössische Literatur sprach sogar offen von einem Streit, der die „Interserie Association“ lähmte.
Auch die Interserie fuhr mit der Ölkrise in die Rezession!
1974 plante die Interserie neun Läufe. Doch dann kam die Ölkrise und der Kalender schrumpfte auf sechs Rennen zusammen. Zudem beschränkte die Serie den Hubraum ihrer Boliden auf 4,5 Liter. Damit reagierten die Verantwortlichen sowohl auf Kritik am Spritverbrauch als auch auf Sicherheitsbedenken. Letztlich überstand die Serie die Ölkrise relativ unbeschadet. Zudem entschied sich der Machtkampf, der die Serie in den Vorjahren teilweise lähmte.
Präsident der neuen „I. S. O. Interserie Organisation e. V.“ wurde Armin Mennicken. Erste Amtshandlung der neuen Führung war eine Neuausrichtung des sportlichen Reglements. Die Division I war Zweisitzern mit unbeschränktem Hubraum und unbeschränkter Aufladung vorbehalten. Das orientierte sich an der CanAm. In der Division II traten zweisitzige Rennfahrzeuge mit 1,8 bis drei Liter Hubraum an. Wobei Turbos ihre Kraft aus maximal 2.142 Kubikzentimeter Hubraum schöpfen durften. Punkte gab es nun gleichberechtigt in beiden Divisionen.
Mit Streichresultaten sorgte die I. S. O. für neue Streitpunkte!
Den Titel 1975 sicherte sich – durchaus umstritten – Herbert Müller. Der Schweizer sammelte an fünf Rennwochenenden 90 Punkte an. Ernst Kraus kam zwar auf 104 Punkte, musste sich aber 22 Punkte streichen lassen. Denn nur die besten fünf Ergebnisse zählten für die Jahreswertung. Deshalb fiel der Deutsche hinter den Schweizer zurück. Das konnte nicht jeder nachvollziehen. Weshalb die Interserie weiter auch für negative Schlagzeilen sorgte.
Schon 1976 überarbeitete die I. S. O. ihr sportliches Reglement erneut. Das ging – wie schon im Vorjahr – wohl auch auf einen gewissen Druck der FISA zurück. Zugelassen waren jetzt „zweisitzige Rennwagen der Gruppe 6/1976“ sowie Sportwagen der alten Gruppe 5/1975, deren Gewichte und Reifenbreiten an die Regeln von 1976 anzupassen waren. Die Division I gehörte jetzt Rennmotoren bis drei Litern (wie dem Ford Cosworth) und Stockblockmotoren bis fünf Liter Hubraum.
Die Interserie wurde europäischer!
Fahrzeuge mit maximal zwei Litern Hubraum fuhren in der Division II. Erstmals gab es einen Hubraumfaktor von 1,4, der bei Verwendung eines Turbos zum Einsatz kam, um das Fahrzeug einzustufen. Lohn der neuen Regeln war, dass die Teilnehmer jetzt offiziell um eine von der FIA legitimierte Trophäe fuhren. Den Titel 1976 sicherte sich wie im Vorjahr Herbert Müller, der Helmut Bross um fünf Punkte distanzierte. Beim zweiten Titel steuerte „Stumpen Herbert“ den Fancy-Sauber C-5 aus der Werkstatt von Peter Sauber.
1977 nahm mit Miran Velkoborský und seinem MTX 2-01 erstmals ein Pilot aus dem Ostblock an der Interserie teil. Gleichwohl blieben Rennwagen wie der McLaren M8F Chevrolet in der Interserie noch über Jahre präsent. Denn einige Privatfahrer erkannten, dass es keine günstigere Möglichkeit gibt, um mit viel Leistung Rennen zu fahren. 1977 gab es erstmals kein Auslandsrennen. Alle Läufe der Interserie fanden nun in Deutschland statt. Den Titel gewann Helmut Bross (Lola T294).
Selbst im Schatten der DRM funktionierte die Interserie!
In der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre stieg die Popularität der Deutschen Rennsport-Meisterschaft (DRM) stark an. Trotzdem fand die I. S. O. immer einen Weg, um mit ihrer Serie weiterzumachen. Die Starterzahlen lagen fast immer bei mehr als 20 Fahrzeugen. Das bewies, dass die Serie funktioniert. Auch 1978 blieb die Interserie in Deutschland. Zum Titel fuhr Reinhold Joest (Porsche 908/3 Turbo). Der spätere erfolgreiche Sportwagen-Teamchef bewies damit, selbst ein guter Rennfahrer zu sein.
Erst 1979 gab es mit einem Lauf in Most wieder ein Auslandsrennen. Ein Lauf hinter dem Eisernen Vorhang war nicht neu, schließlich fuhr die Tourenwagen-Europameisterschaft schon länger im Ostblock. Doch so hochkarätige Sportwagen aus dem Westen waren im Osten neu. Den Titel 1979 gewann Kurt Lotterschmid, der in einem TOJ SC205 BMW die Rennen bestritt. Inzwischen war die Interserie eine europäische Serie, der Unterschied zu anderen Sportwagen-Rennen gering. Das wirkte sich negativ auf die Anzahl der Starter aus.
Die I. S. O. orientierte sich wieder in Amerika!
Bei einigen Veranstaltungen traten nur noch weniger als 15 Rennwagen an. 1980 umfasste der Kalender der Saison nur noch fünf Läufe. Mit einem Lauf in Zeltweg kam immerhin ein zweites Auslandsrennen hinzu. Davon losgelöst verteidigte Kurt Lotterschmid, der erneut mit Rennwagen von TOJ unterwegs war, seinen Titel. Der Titelgewinn war ein würdiges Finale für die Rennwagen von Jörg Obermoser. Der Ex-Rennfahrer zog sich Ende 1980 vom Rennsport zurück und baute keinen neuen Rennwagen mehr.
Für 1981 überarbeiteten die Verantwortlichen der I. S. O. ihr Reglement erneut. Dabei blickten sie in die Zukunft. Denn als erste europäische Serie ließ die I. S. O. Rennwagen zu, die den bereits für 1982 kommunizierten Regeln der Gruppe C entsprachen. Dazu blickte die I. S. O. wieder nach Amerika. Dort rannten schon seit ein paar Jahren die Can-Am-Boliden der II. Generation. Sie basierten auf Fahrzeugen der Formel 5000, trugen jedoch im Unterschied zu diesen eine Karosserie. Dieses Prinzip übernahm die Veranstalter I. S. O. nun.
Lesen Sie im dritten Teil unser Artikel-Reihe zur Interserie, wie diese die DRM überlebte und Veranstalter I. S. O. geschickt um die Porsche 962 buhlte.
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