SEHCAR C830 – der Sauber mit Porsche-Antrieb

1982 baute Sauber für die Gruppe C zwei SHS C6 mit Ford Cosworth-Motor. Beide landeten bei Walter Brun. Auf Initiative des Schweizers entstand für 1983 ein drittes Exemplar. Doch statt des Ford Cosworth kam bei diesem ein Porsche-Triebwerk zum Einsatz. Wir zeigen seltene Bilder vom Aufbau des SEHCAR C830 genannten Rennwagens.

Chassis des SEHCAR C830
Das Chassis des SEHCAR C830 im Dezember 1983 in der Werkstatt von Seger & Hoffmann in Steckborn am Bodensee. – Foto: Archiv Wiedl

Anfang 1982 ordnete die FISA ihre Fahrzeugklassen neu. Die neue Gruppe C holte auch Peter Sauber zurück zu den Sportwagen. Denn der Schweizer baute bereits in den 1970er-Jahren erfolgreich Sportwagen. Allein vom Sauber C5 entstanden fünf Exemplare für Sauber und Kunden. Mit einem dieser Rennwagen gewann Herbert Müller 1976 die damals populäre Interserie. Doch Ende der 1970er-Jahre verlagerte sich das Interesse von den Sportwagen der Gruppe 6 zu den Gruppe 5-Super-Tourenwagen. So wandte sich auch Peter Sauber zwischenzeitlich der Gruppe 5 zu.

Der Sauber M1 war der schärfste M1 der Gruppe 5

Bei Sauber entstanden für die Gruppe 5 zwei BMW M1. Sie gelten als die konsequentesten M1 der Gruppe 5-Ära. Denn sie wogen circa 120 Kilogramm weniger als von Serienfahrzeugen abgeleitete Rennwagen. 1981 gewannen Hans-Joachim Stuck und Nelson Piquet mit einem Sauber M1 das 1.000-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring. Das war allerdings das Rennen, das nach dem tödlichen Unfall von Herbert Müller schon nach 17 Runden ein vorzeitiges Ende fand. Die Kevlar-Karosserie der Sauber M1 lieferte der Verbundwerkstoffhersteller Seger & Hoffmann.

Sauber SHS C6 und Peter Sauber
Den SHS C6 von Walter Brun betreute Peter Sauber, hier beim Eifelrennen 1982 persönlich an der Rennstrecke. (Foto: Udo Klinkel)

Seger & Hoffmann arbeitete damals daran, sich als Automobil-Zulieferer zu etablieren. Als Werbung setzte die Firma auf spektakuläre Aktionen und Fahrzeuge. So stammten die Karosserieteile des Autogas M1 von Harald Ertl aus der Schweiz. Auch den Audi Sport Quattro schmückten Kunststoff-Karosserieteile von Seger & Hoffmann. Peter Sauber überzeugte die Firma aus Steckborn am Bodensee von der neuen Gruppe C und der Bühne Sportwagen-Weltmeisterschaft. So gab Seger & Hoffmann bei Sauber zwei Sportwagen in Auftrag. Sie sollten 1982 als SHS – Seger, Hoffmann und Sauber – rennen.

Leo Ress entwarf das Fahrwerk des Sauber SHS C6

Ausgangspunkt der Konstruktion war der BMW M1 von Sauber. Dieser Gruppe 5-Bolide gilt heute als letzter Rennwagen, den Peter Sauber noch selbst konstruierte. Beim neuen Sauber für die Gruppe C teilten sich drei Ingenieure, die im Hauptjob bei Daimler-Benz arbeiteten, die Konstruktion. Dort arbeitete das Trio 1979 am C111-IV mit. Das war der C111, den ein 4,8 Liter großer V8-Motor mit zwei Abgasturboladern auf Basis des M117 antrieb. Das Engagement bei Sauber bot Hans-Helmut Jülicher, Rüdiger Faul und Leo Ress die Möglichkeit zum Einstieg in den richtigen Motorsport.

Der Motor von Porsche
Der Motor von Porsche im Chassis des SEHCAR C830. Das Chassis entstand bei TC Prototypes von John Thompson – Foto: Archiv Wiedl

Die Konstruktion des Chassis übernahm Hans-Helmut Jülicher. Leo Ress konstruierte das Fahrwerk. Wobei beide auf dem M1 von Sauber aufsetzen, dessen Konstruktion jedoch erheblich weiterdachten. Rüdiger Faul entwarf die Karosserie und war damit für die Aerodynamik verantwortlich. Diese entstand im Windkanal der TU Stuttgart. Den Aufbau der Rennwagen übernahm schließlich Sauber in Hinweil in der Schweiz. Für die zwei von Seger & Hoffmann beauftragten Rennwagen entstanden bei Sauber vier Chassis.


Beide SHS C6 landeten bei Walter Brun!

Seger & Hoffmann setzte seinen Sportwagen jedoch nicht selbst ein. Deshalb verkaufte die Firma die Rennwagen. Einen SHS C6 übernahm GS-Tuning. Die Mannschaft aus Freiburg gewann 1980 mit einem Lancia Beta Montecarlo und Hans Heyer im Cockpit die DRM. Den zweiten SHS C6 erwarb Walter Brun, der Sauber mit dem Einsatz des Rennwagens beauftragte. Den Antrieb der SHS C6 übernahm der Ford Cosworth DFL für die Langstrecke. Doch der 3,9 Liter große Cosworth litt starken unter Vibrationen. Das führte – wie beim identisch motorisierten Ford C100 – immer wieder zu Defekten.

Karosserie des SEHCAR C830
Die Karosserie des SEHCAR C830 stammte, wie beim Vorgänger SHS C6, von Seger & Hoffmann. (Foto: Archiv Wiedl)

Die 18 Rennteilnahmen der beiden SHS C6 in der Saison 1982 endeten mit elf Ausfällen. Beim Nachfolger C7 setzte Peter Sauber deshalb – wie früher – auf einen BMW-Motor. Zudem endete die Zusammenarbeit mit Seger & Hoffmann. Bei seinen nächsten Rennwagen vertraute Sauber wieder auf Kunststoffteile von PaucoPlast. Diese Firma rüstete bereits die Sportwagen C3 bis C5 mit Karosserieteilen aus. Walter Brun erwarb in der Zwischenzeit das Rennteam GS-Tuning. Es ging ab 1983 als Brun Motorsport GmbH an den Start. Mit dem Kauf war Brun nun Besitzer beider SHS C6, die fortan als SEHCAR C6 antraten.

Das SEHCAR C830 hatte einen Porsche-Motor!

Der neue Name für den Rennwagen unterstrich die Trennung von Sauber und GS-Tuning beziehungsweise Brun. Anders als Peter Sauber arbeitete Brun Motorsport jedoch weiter mit Seger & Hoffmann zusammen. Das Sponsoring des Schweizer Automobilzulieferer floss nun nach Freiburg. Walter Brun sah im V8 von Cosworth den Grund für das schlechte Abschneiden im Vorjahr. Brun wusste, dass die besten Langstreckenmotoren dieser Jahre von Porsche kamen. Doch den passenden Porsche 956 bekamen 1983 zunächst nur die etablierten Langstrecken-Teams.

Fräse bei Seger & Hoffmann
Eine Fräse bearbeitet in der Werkstatt von Seger & Hoffmann Kunststoff-Teile. Es ist nicht zu erkennen um was für Teile es sich handelt. Interessant ist die handschriftlich angebrachte Markierung „Serie“. Das deutet darauf hin, dass die Teile nicht vom SEHCAR C830 stammen. (Foto: Archiv Wiedl)

Dazu zählte Brun Motorsport – noch – nicht. So entstand der Plan den C6 mit einem Antrieb aus Zuffenhausen auszurüsten. Dazu baute John Thompson das passende Chassis. Dies war der Beginn einer langjährigen Zusammenarbeit zwischen dem Briten und Brun Motorsport. In den 1990er-Jahren trat Brun mit Porsche 962 an, die über ein Chassis von Thompsons Firma TC Prototypes verfügten. Das Sauber-Chassis von Thompson erhielt bei Seger & Hoffmann in Steckborn seine Karosserie und trat nun ebenfalls als SEHCAR an.

Seger & Hoffmann vervollständigte das SEHCAR C830!

Allerdings nannten die Verantwortlichen das Auto statt SEHCAR C6 nun C830. Unsere Bilder entstanden im Dezember 1983 in der Werkstatt von Seger & Hoffmann. Da hatte sich Walter Brun schon vom SEHCAR verabschiedet und setzte voll auf den inzwischen erhaltenen Porsche 956. Der Automobil-Zulieferer betrieb das Projekt mit einem neuen Einsatzteam weiter und lud einige Journalisten ein, um hinter die Kulissen zu blicken. Dort fanden sie das Chassis des SEHCAR C830 und dessen Karosserie. Dazu sahen sie Karosserieteile, die vermutlich vom Audi Sport Quattro stammten.

Türen in der Werkstatt von Seger & Hoffmann
Diese Tür und das Karosserieteil in der Werkstatt von Seger & Hoffmann könnten vom Audi Quattro Sport stammen. (Foto: Archiv Wiedl)

Als die Bilder entstanden, da lag die erste Einsatzsaison bereits hinter dem Rennwagen. Sein Debüt gab das SEHCAR C830 im Sommer 1983 in Le Mans. Hans-Joachim Stuck, Harald Grohs und Walter Brun qualifizierten den neuen Rennwagen auf Startplatz 35. Doch das Team verzichtete nach einem Motorschaden im Training aufs Rennen. Erst 1984 kehrte das SEHCAR C830 zurück. Das beste Ergebnis war ein 15. Platz in Monza, den Huub Rothengatter und Clemens Schickentanz herausfuhren. Zweimal wurde das SEHCAR nach dem Training zurückgezogen. Ebenfalls zweimal fiel der Rennwagen aus.

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Fabian P. Wiedl interessiert sich seit Kindestagen für Motorsport und Automobile. Als Mitverfasser mehrerer Bücher, wovon insbesondere „Audi Typenkunde: Renn- und Rallyewagen von 1968 bis 2013“ zu erwähnen ist, greift Wiedl gern auf sein umfassendes Motorsport-Archiv zurück.

Tom Schwede wuchs in einem ausgesprochen automobilen Umfeld auf. Dies war ein optimaler Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Seit 2010 moderiert Tom bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland sowie dem angrenzenden Ausland.

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