von Nikolaus Karl am 25.08.2025

Vergessene Antriebe: Als Hybrid noch kein Buzzword war

Bevor der Prius zum Synonym für Hybrid wurde: Wir blicken auf die vergessenen Pioniere, die schon in den 80ern und 90ern mit Elektro- und Hybridantrieben experimentierten – teils visionär, teils ungehört.

Lohner-Porsche Semper Vivus

Der Lohner-Porsche Semper Vivus gilt heute als das weltweit erste funktionsfähige Hybridauto. Auf das Debüt im Jahr 1900 folgte ein Jahr später eine Serienversion. (Foto: Porsche)

Hybridautos sind heute ein fester Bestandteil des Straßenbilds. Den Markt öffnete der Toyota Prius, dessen Verkauf im Dezember 1997 zunächst nur zu Hause in Japan startete. Zwei Jahre später folgte der Honda Insight. Inzwischen sind Hybride längst im Mainstream angekommen. Fast scheint es, als am Ende des zurückliegenden Jahrtausends mit dem Hybridantrieb eine Antwort auf steigenden Umwelt- und Effizienzdruck gefunden wurde. Doch die Realität ist komplexer: Die Geschichte des Hybridantriebs reicht deutlich weiter zurück.

Schon 1900 baute Ferdinand Porsche ein Hybridfahrzeug

Erste Versuche, zwei Antriebe zu kombinieren, gab es bereits in der Frühzeit des Automobils. Schon 1896 stellte die Armstrong Manufacturing Company die IDee eines Hybridfahrzeugs. Drei Jahre später entstand in Barcelona bei La Cuadra ein Elektroauto mit Range-Extender. Und auch der junge Ferdinand Porsche entwickelte 1900 mit dem Lohner-Porsche Mixte ein Fahrzeug, das einen Verbrennungsmotor nutzte, um Strom für Radnabenmotoren zu erzeugen – eine Art „Serienhybrid“, lange vor dem Begriff selbst. Es gilt heute als das weltweit erste funktionsfähige in Serie angebotene Hybridauto. Rund 300 Fahrzeuge entstanden.

Doch in den kommenden Jahrzehnten dominierte der Verbrennungsmotor, der einfach zu warten war und mit billigem Kraftstoff gespeist wurde. Hybride Antriebe entstanden nur in der Nische der Verkehrsbetriebe. So gab es schon in den 1930er-Jahren in den USA Stadtbusse mit einem dieselelektrischem Antrieb. Ins Auto zog die Hybridtechnik erst in den 1960er-Jahren wieder ein. So kombinierte Opel 1969 im Auftrag der Mutter General Motors im „Stir-Lec I“ einen Elektroantrieb mit einem Stirlingmotor.

Stir-Lec I von General Motors

Auf Basis des Kadett B entstand 1969 bei Opel der Stir-Lec I. (Foto: Opel)

Im „Stir-Lec I“, der auf der Basis des Kadett B entstand, trieb der Verbrenner einen Generator an, der den Strom für den Elektromotor erzeugte. Auch wenn Opel ein Jahr später die Idee zum reinen Elektroauto weiterentwickelte, richtig Fahrt nahm das Thema erst nach der Ölkrise der 1970er-Jahre auf. Denn sie sorgte auch für ein wachsendes Umweltbewusstsein, das wiederum ein Interesse an alternativen Antrieben weckte. Ab 1977 arbeitete Toyota an der Technik. Daimler-Benz zeigte 1982 einen ersten Hybrid-Prototyp.

Audi Duo: Diesel trifft Elektromotor

Bis in die 1990er-Jahre experimentierte ein Großteil der Hersteller mit der Verbindung von Verbrennungsmotor und Elektrokraft, wobei es die meisten weiter bei Prototypen beließen. Doch teilweise gab es auch Kleinserien. Die Mehrzahl dieser Pioniere geriet jedoch bald wieder in Vergessenheit. Das gilt besonders für die deutschen Hersteller, die damals durchaus an der Spitze der Bewegung standen. Ein Musterbeispiel dafür ist die VW-Tochter Audi, die sehr früh mit Hybridantrieben experimentierte.

Audi Duo von 1997

Der zweite Audi Duo entstand auf Basis des Audi A4 Avant (Generation B5). Foto: Audi

Denn schon 1989 präsentierte die Marke mit den vier Ringen den ersten Audi Duo auf Basis des Audi 100 (C3). Das Fahrzeug kombinierte einen Fünfzylinder-Dieselmotor mit einem Elektromotor an der Hinterachse. In der zweiten Generation (1997, auf Basis des Audi A4 Avant B5) wurde der Duo sogar in einer Kleinserie von rund 60 Fahrzeugen produziert. Diese Version nutzte einen 1,9-Liter-TDI und einen wassergekühlten Elektromotor mit Nickel-Cadmium-Akku. Die elektrische Reichweite lag bei für die damalige Zeit beachtlichen 50 Kilometern.

Opel Impuls & Impuls II: Fortschritt im Prototypenstadium

Doch der Markt war nicht bereit. Die Autos waren teuer, schwer und boten keine wirtschaftlichen Vorteile gegenüber konventionellen Antrieben. Audi setzte stattdessen auf den TDI. Anfang der 1990er-Jahre entwickelte dann Opel zusammen mit Siemens den Opel Impuls, einen Kadett E mit zusätzlichem Elektromotor und Batterieeinheit. Die weiterentwickelte Version, Impuls II, basierte auf dem Astra F und verfügte über einen Hybridantrieb, der rein elektrisches Fahren bei niedrigen Geschwindigkeiten ermöglichte.

Opel Impuls II auf Basis des Astra F

Opel Impuls II auf Basis des Astra F (Foto: Opel)

Doch auch Opel beließ es bei Prototypen. Sie dienten hauptsächlich Forschungszwecken, um Erkenntnisse über Batterietechnologien, Leistungsregelung und Integration ins Fahrzeug zu gewinnen. So blieb der Hybridantrieb trotz einiger fortschrittlicher Ansätze in den 80ern und 90ern eine Randerscheinung für Technik-Nerds. Die Gründe lagen auf der Hand:

  • Technik zu früh: Akkus waren schwer, teuer und hatten geringe Kapazität. Die Steuerungselektronik war noch nicht ausgereift.
  • Kosten-Nutzen-Verhältnis: Die Entwicklung war teuer, der Kundennutzen gering. Dazu kam, dass Benzin inzwischen wieder vergleichsweise billig war.
  • Fehlende politische Rahmenbedingungen: Weder Förderprogramme noch CO₂-Regelungen machten Hybride zusätzlich attraktiv.
  • Imagefrage: Die Zielgruppe für umweltbewusstes Fahren war klein, und technikaffine Kunden griffen lieber zu sportlichen oder luxuriösen Modellen.

Vom Nischenkonzept zum Mainstream

Den Durchbruch brachte schließlich der Toyota Prius. Nach dem Debüt 1997 in Japan wurde der Prius ab 2000 weltweit verkauft. Das war der optimale Zeitpunkt, denn Kraftstoffeffizienz und Umweltbewusstsein gewannen an Bedeutung. Deshalb entwickelte Toyota das Hybridkonzept konsequent zum Massenprodukt weiter. Die Kombination aus technischer Reife, Zuverlässigkeit und cleverem Marketing machte den Prius zur Ikone. Heute sind Hybridantriebe Standard bei nahezu allen Herstellern, ganz gleich, ob als Mild-Hybrid, Vollhybrid oder Plug-in-Variante.

Toyota Prius von 1997

Erst der Toyota Prius legte 1997 den Grundstein für die Massenproduktion des Hybridautos. (Foto: Toyota)

Trotzdem verdienen die frühen Hybridprojekte, auch wenn sie heute fast vergessen sind, einen Platz in der automobilen Erinnerungskultur. Denn sie zeigen, wie viel technische Innovation möglich war, bevor der Markt bereit war, sie zu akzeptieren. In einer Zeit, in der sich das Schrauben und Sammeln zunehmend auch auf ungewöhnliche, vergessene Fahrzeuge richtet, könnten diese Pioniere in Zukunft durchaus Sammlerwert bekommen. Vorausgesetzt natürlich, sie haben überlebt und jemand traut sich an die Reparatur von Steuergeräten und Nickel-Cadmium-Akkus.


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