Keil, Kampfjet, Konzept: Das radikale Honda HP-X Concept Experiment

von Tom Schwede am 28.02.2025

Eigentlich suchte ich kürzlich bei Google nur etwas zum Formel-2-Motor, den Honda in den 1980er-Jahren in die Formel 2 schickte. Dabei stolperte ich über Bilder der Studie Honda HP-X Concept. Denn sie wurde von Hondas damaligem Formel-2-Motor angetrieben.

 Frontansicht der Studie Honda HP-X Concept

1984 stellte Pininfarina auf seinem Messestand auf dem Turiner Autosalon die Studie Honda HP-X Concept vor. 40 Jahre später restaurierten Honda und Pininfarina diese. (Foto: Honda)

Da ich die Studie bisher nicht kannte, begann ich mit der Spurensuche. Schnell stellte ich fest, dass der japanische Autobauer seine Studie Honda HP-X Concept erst im letzten Sommer zurück in die Öffentlichkeit rollte. Denn Honda restaurierte die Studie, um sie im Sommer 2024 beim Pebble Beach Concours d'Elegance zu zeigen. Dort trat sie in der Klasse „Wedge-Shaped Concept Cars and Prototypes“ an.

Der Honda HP-X Concept kehrte nach vier Jahrzehnten zurück!

Damit kehrte sie genau nach 40 Jahren in die Autowelt zurück. Denn ursprünglich zeigte Honda die Studie 1984 auf dem Turiner Autosalon. Dort war die von Pininfarina entworfene Studie der Vorbote eines Mittelmotor-Supersportwagens. Gut fünf Jahre später sollte dieser als Honda NSX tatsächlich Premiere feiern. Wer beide Fahrzeuge vergleicht, erkennt sogar eine gewisse Ähnlichkeit.

Auch wenn der spätere Seriensportwagen nicht so radikal daherkommt wie die Studie – beide gehen als „Keil“ durch. Sie folgen damit der „Keil-Mode“, die seit den späten 1960er-Jahren für gut zwei Jahrzehnte schwer in Mode war. Bei der Studie verstärken Sicken, die im 45-Grad-Winkel von den Vorderrädern zum Heck laufen, diesen Eindruck noch – zumal keine klassischen Türen die Seitenlinie unterbrechen.

Die Studie HP-X nahm Anleihen im Flugzeugbau!

Der Zugang zum Cockpit erfordert das Abnehmen der einteiligen Perspex-Kanzel. Das war eine Anleihe bei Kampfflugzeugen wie der General Dynamics F-16, der McDonnell Douglas F/A-18 oder dem europäischen Panavia Tornado. Diese Flugzeuge galten Anfang der 1980er-Jahre als Speerspitze der Luftfahrtindustrie. Gleichwohl war die Idee im Auto nicht neu. Schon der Lancia Stratos Zero verfügte 1970 über einen ähnlichen Ansatz.

 Messestand von Pininfarina auf dem Turiner Autosalon 1984

Der Messestand von Pininfarina auf dem Turiner Autosalon 1984 – Die Studie Honda HP-X Concept stand dort gemeinsam mit anderen Autos, die Pininfarina einkleidete. (Foto: Honda)

Der Name HP-X steht für „Honda Pininfarina eXperimental“. Als Honda seinen NSX im Oktober 1989 in Tokio der Öffentlichkeit vorstellte, nahm das Marketing noch direkt Bezug auf den Namen der Studie. Denn zunächst nannte Honda seinen Sportwagen noch NS-X oder „New Sportscar – eXperimental“. Der Bindestrich entfiel erst mit dem Schritt von der Vorserie zum Serienfahrzeug.

Der Antrieb der Studie stammte aus der Formel 2!

Den Antrieb der Studie HP-X Concept übernahm eine nur leicht gezähmte Version des hauseigenen Formel-2-Triebwerks. Mit diesem 1.996 cm³ großen Motor gewannen Geoff Lees (1981), Jonathan Palmer (1983) und Mike Thackwell (1984) dreimal die Formel-2-Europameisterschaft. Im heimischen Japan gewannen Satoru Nakajima (1981, 1982 und 1984 bis 1986) sowie Geoff Lees (1983) sechs weitere Titel mit dem Motor.

 Das Heck der Studie Honda HP-X Concept

Solche Windtunnel gab es 1984 zuvor noch nicht. Sie waren eine weitere Anleihe beim Rennsport. (Foto: Honda)

Eine weitere Anleihe beim Rennsport nahm die Gestaltung des Unterbodens des Honda HP-X Concept. Denn Honda und Pininfarina gestalteten – wie Honda es 1984 in einer Pressemitteilung nannte – „spezielle Kanäle, die den Bodeneffekt maximieren“. Solche Tunnel gab es damals bereits bei Gruppe-C-Sportwagen von Porsche oder March. Bei einer Studie waren sie absolutes Neuland.

Die Studie war ein 1:1-Modell – und nicht fahrfertig!

Interessant ist auch die Fortführung der Cockpit-Kanzel. Sie verbessert zunächst die Aerodynamik. Beim Bremsen, so sahen es die Designer vor, sollte sie als Luftbremse helfen, Geschwindigkeit abzubauen. Eine Idee, die Matra einst in Le Mans probierte, die dort aber aus Sicherheitsgründen schnell verboten wurde. Das spielte bei der Studie jedoch keine Rolle.

 Seitenansicht der Studie Honda HP-X Concept

Von der Seite ähnelt die Studie Honda HP-X Concept etwas dem Audi Quartz Concept, der ebenfalls bei Pininfarina entstand. (Foto: Honda)

Denn Honda und Pininfarina verstanden sie als dreidimensionales Modell im Maßstab 1:1. Es ging darum, zu zeigen, was möglich sein könnte. Die Studie war ein Blick in die Zukunft. So erforschten ihre Schöpfer – damals neue – Materialien wie Wabenstrukturen, Kohlefaser und Kevlar, um das Gewicht zu reduzieren. Diesem innovativen Ansatz folgten die Entwickler auch im Innenraum.

HP-X navigierte über Satelliten – in der Theorie

Das von Honda mit der Studie präsentierte „Electronic Drive Support System“ verfügte über eine Echtzeit-Telemetrie und Satelliten-Navigation – wohlgemerkt zu einem Zeitpunkt, als diese primär die Spielwiese des Militärs war. Denn für zivile Nutzer wurde das heute genutzte GPS erst Mitte der 1990er-Jahre einsatzbereit. Bis ins Jahr 2000 gab es für sie sogar noch eine künstliche Signalverschlechterung.

 Restauration der Studie Honda HP-X Concept

Restauration der Studie Honda HP-X Concept: Pininfarina schliff den Lack ab und lackierte die Studie neu. (Foto: Honda)

Insofern war es reine Science-Fiction, als Honda 1984 in der Pressemeldung zur Studie Honda HP-X Concept schrieb: „Ein weiterer Monitor im Instrumentenpaneel kann die Straßenkarte des aktuellen Standorts anzeigen. (…) Spezielle Geräte, die Eingangssignale verarbeiten, können die Position ermitteln und in Synchronisation mit der Fahrzeugbewegung auf der Karte anzeigen.“

Abmessungen der Studie Honda HP-X Concept

  • Gesamtlänge: 4.160 Millimeter
  • Gesamtbreite: 1.780 Millimeter
  • Gesamthöhe: 1.110 Millimeter

Die Angaben zu den Abmessungen stammen von Honda


Gefallen gefunden?

Helfen Sie uns, besser zu werden – wie fanden Sie diesen Artikel?

Anzeigen:

Unterstützen Sie uns – mit einem Klick!

Wenn Sie unseren Amazon-Link nutzen, unterstützt das direkt unseren Blog. Sie profitieren von gewohnter Amazon-Qualität, wir von einer kleinen Provision. Und so hilft uns jeder Einkauf, den Sie über unseren Amazon-Link tätigen, hochwertigen Content für Sie zu erstellen. Ohne zusätzliche Kosten für Sie!

Zu Amazon …

Für echte Auto-Enthusiasten: Geschichten, Tests und Kult aus der Garage der Zeit

Seit 2007 dreht sich bei AutoNatives.de alles um Oldtimer, Youngtimer und die faszinierende Geschichte des Motorsports.

Wir feiern automobiles Kulturgut und bringen regelmäßig spannende Geschichten über klassisches Blech und legendäre Rennsport-Momente.

Wir lassen Klassiker aufleben und prüfen moderne Autos!

Doch damit nicht genug: Auch aktuelle Modelle kommen bei uns auf den Prüfstand – authentisch, leidenschaftlich und mit dem unbestechlichen Popometer unserer Redakteure.

Alles zusammen macht AutoNatives.de zum Blog, das Auto-Geschichte lebendig werden lässt und moderne Technik auf Herz und Nieren prüft.