Revolution auf Rädern: Wie der Opel Olympia die Autowelt veränderte
Es fällt schwer, Jubiläen zu würdigen, die in die Zeit des Dritten Reichs fallen. Doch für den 90. Geburtstag des Opel Olympia machen wir eine Ausnahme. Denn der Olympia war das erste deutsche Großserienfahrzeug mit selbsttragender Ganzstahlkarosserie.

Der Fahrrad- und Nähmaschinenhersteller Opel übernahm 1899 die Anhaltische Motorwagenfabrik. Der erste Opel, der Opel Patentmotorwagen „System Lutzmann“, feierte noch vor der Übernahme Premiere. Doch die Konstruktion von Friedrich Lutzmann war technisch bereits veraltet. Sie war eher eine motorisierte Kutsche als ein Auto. Opel übernahm daher ab 1901 den Vertrieb der Autos von Renault in Deutschland und schloss ein Jahr später eine Lizenzvereinbarung mit Alexandre Darracq.
Opel kaufe die Technik zu Beginn ein!
Nach und nach stellten die Rüsselsheimer ihre Produktpalette auf Eigenkonstruktionen um. Mit dem als Doktorwagen bekannten 4/8 PS stieg Opel in den Kreis der führenden deutschen Autobauer auf. 1912 beschäftigte Opel schon 3.000 Mitarbeiter. Selbst während des Ersten Weltkriegs lief Opels Pkw-Produktion weiter. Nach Kriegsende stellte Opel 1919 mit dem 21/55 PS seinen ersten Sechszylinder vor. 1924 führte Opel als erster deutscher Autobauer das Fließband ein.
Mit seiner Hilfe startete der Opel 4 PS („Laubfrosch“) sofort durch. Opel stieg damit zum größten Automobilhersteller Deutschlands auf. 1928 waren 44 Prozent der in Deutschland gebauten Autos ein Opel. Doch in der Zeit zwischen den Kriegen war Deutschland ein armes Land. Der Familie Opel war klar, dass das Unternehmen Geld benötigt, um weiter zu wachsen und die Produkte zu modernisieren. Doch bisher führte sie das Unternehmen als Kommanditgesellschaft.
General Motors kaufte Opel!
Persönlich haftender Gesellschafter (Komplementär) der Adam Opel KG war Wilhelm von Opel. Um sich am Kapitalmarkt einfacher refinanzieren zu können, änderte Opel im Dezember 1928 die Rechtsform. Dabei entstand die ADAM OPEL AG mit einem Grundkapital von 60 Millionen Reichsmark. Schon vier Monate später verkauften Wilhelm von Opel und sein Bruder Friedrich Opel 80 Prozent der Firma an General Motors (GM).
Zudem vereinbarten sie, dass GM bis 1931 Opel vollständig übernimmt. Insgesamt bezahlte GM für Opel mehr als 33 Millionen US-Dollar und übernahm den deutschen Autobauer in einer schwierigen Situation. Denn wegen der Weltwirtschaftskrise schrieb Opel Verluste und baute 1932 nur noch weniger als 21.000 Autos. Im Rekordjahr 1928 baute Opel bereits mehr als doppelt so viele Autos. Auch nach der Machtergreifung der Nazis gehörte Opel weiterhin General Motors.
Unter GM war Opel die Management-Schule der deutschen Autoindustrie!
Der amerikanische Autobauer dachte nicht an einen Rückzug. Stattdessen gab er Mittel frei, um Opel zu retten. Das Comeback gelang mit dem 1934 präsentierten Opel P4, der sich in zwei Jahren rund 65.000-mal verkaufte. Im gleichen Jahr baute Opel in Brandenburg an der Havel ein Lkw-Werk. Hier entstand der Opel Blitz für die Wehrmacht, weshalb der Staat den Bau subventionierte. Direktoren des Lkw-Werks waren zeitweise Gerd Stieler von Heydekampf (später NSU) und Heinrich Nordhoff (später VW).
Im Frühjahr 1935 stellte Opel seinem erfolgreichen P4 den „Typ Olympia“ 1,3 Liter zur Seite. Mit dem Namen feierte Opel, dass 1936 sowohl die Olympischen Winterspiele als auch die Sommerspiele in Deutschland stattfinden sollten. Als erstes deutsches Auto verfügte der Olympia über eine selbsttragende Ganzstahlkarosserie. Im April 1935 startete die Serienproduktion. Zunächst gab es eine Cabrio-Limousine, bald darauf folgte ein vollständig geschlossenes Blechdach.
Die Idee der selbsttragenden Ganzstahlkarosserie stammte aus dem Flugzeugbau!
Bei den vorherigen Modellen stützte sich die Karosserie auf einem massiven Rahmen ab. Beim Opel Olympia sind Karosserie und Chassis – wie zuvor bereits bei Flugzeugen üblich – zu einer selbsttragenden Struktur „verschmolzen“. Die Idee einer selbsttragenden Karosserie gab es schon 1923 beim Lancia Lambda. Doch Opel dachte die Idee – mit Hilfe der amerikanischen Mutter – weiter. Deshalb meldete Opel für die Karosserie des Olympia ein Patent an und bekam dieses auch zugeteilt.
Bei der Konstruktion dachte Opel auch an die Sicherheit. Die Karosserie des Olympia verfügte über eine Sollbruchstelle im Bereich des vorderen Gabelprofils. Sie absorbierte bei einem Auffahrunfall einen Teil der Aufprallenergie. Dies gilt als Vorläufer moderner Knautschzonen. Zudem senkte die neue Bauweise das Gewicht. Der Opel Olympia wog leer nur 835 Kilogramm. Im Vergleich zu dem noch auf einem Profilchassis basierenden Opel 1,3 Liter wog der Neue 135 Kilogramm weniger.
Die neue Karosserie half auch den Fahrleistungen auf die Sprünge.
Denn der Opel Olympia bot bessere Fahrleistungen und verbrauchte trotzdem weniger als sein Vorgänger. Den Antrieb des Neuen übernahm zunächst ein 24 PS (18 kW) starker 1,3-Liter-Motor mit seitlich stehenden Ventilen. Damit war ein Olympia bis zu 95 Kilometer pro Stunde schnell. Ab Ende 1937 gab es einen neuentwickelten 1,5-Liter-Motor mit hängenden Ventilen. Er bot bereits 37 PS (27 kW) Leistung und war bis zu 112 Kilometer pro Stunde schnell.
Neu – und ebenfalls patentiert – war die mit dem Olympia eingeführte „Hochzeit“ zwischen Karosserie und Aggregaten. Opel hob als Erster die komplett vormontierten Achsen und Motoren mit Hilfe von Hebetischen in die oben an Förderketten herbeigeführten Karosserien hinein. Das verkürzte die Produktionszeit. Opel gab diesen wirtschaftlichen Vorteil an die Kunden weiter. Der Opel Olympia kostete mit 2.500 Mark 350 Mark weniger als sein Vorgänger.
Günstige Preise nahmen die Kunden gerne an – Opel wuchs schnell!
Opel durchbrach 1935 als erster deutscher Autobauer die Marke von 100.000 pro Jahr gebauten Fahrzeugen. In den kommenden Jahren pflegte Opel den Olympia kontinuierlich weiter. Mit dem neuen Motor zog 1937 auch eine hydraulisch betätigte sogenannte „Öldruckbremse“ in den Olympia ein. GM ließ zu, dass Opel seine Autos auch exportieren durfte, was es ermöglichte, einen Teil der Gewinne direkt in die USA zu transferieren.
Gleichzeitig war die Adam Opel AG 1938 damit auch für das Deutsche Reich ein wichtiger Devisenbringer. 1938 hatte Opel einen Anteil von mehr als 46 Prozent am Gesamtexport des nationalsozialistischen Deutschen Reichs. Opel bediente neben Skandinavien auch Argentinien, Brasilien sowie Südafrika. Damit war die deutsche Tochter eines US-Unternehmens für die Nazis „wertvoll“. Kein Wunder, dass Adolf Hitler im Sommer 1938 dem General-Motors-Direktor James D. Mooney einen Orden verlieh.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Olympia die Grundlage des Neustarts!
Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs kam der Bau von Pkw in Deutschland ab Herbst 1940 völlig zum Erliegen. Die Nazis stellten die Industrie vollständig auf Kriegswirtschaft um. 1941 verließ der letzte amerikanische Manager Opel. Ein Jahr später gab es keine Kontakte mehr zwischen Rüsselsheim und Detroit. Gleichwohl blieb General Motors formal der Eigentümer des Unternehmens, sollte offiziell jedoch erst am 1. November 1948 wieder die Kontrolle über Opel übernehmen.
Da lief die Produktion des modernisierten Opel Olympia bereits seit gut einem Jahr wieder. Während 1947 nur 20 Exemplare des Olympia entstanden, waren es 1948 bereits mehr als 5.000. Bis 1953 sollten sogar mehr als 327.000 Exemplare des ursprünglich 1935 präsentierten Modells entstehen. Das machte den Opel Olympia historisch bedeutend. Denn er ermöglichte Opel den Neustart nach dem Zweiten Weltkrieg!
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