von Fredo Steckgaard am 10.07.2025

Kleiner Stromer, große Vision: Sinclair C5 und das Erbe des Sir Clive Sinclair

Der Sinclair C5 war kein Auto, kein Roller, kein Fahrrad – sondern Sir Clive Sinclairs elektrischer Zukunftstraum auf drei Rädern. Visionär? Total. Erfolgreich? Leider nicht.

Sinclair C5

Der Sinclair C5 war kein Auto, kein Roller, kein Fahrrad – sondern Sir Clive Sinclairs elektrischer Zukunftstraum auf drei Rädern. Visionär? Total. Erfolgreich? Leider nicht. (Foto: National Motor Museum)

Wer in den 1980er-Jahren einen Sinclair ZX Spectrum besaß, gehörte zu jener Generation, die mit piepsenden Pixelspielen und BASIC-Programmierkenntnissen ins Computerzeitalter einstieg. Der Mann hinter diesem Heimcomputer war Sir Clive Sinclair – ein britischer Erfinder mit einem Faible für Technik, Zukunftsvisionen und gelegentlich etwas zu viel Enthusiasmus. Doch Clive Sinclair wollte mehr: Nach dem Computer sollte nun die Mobilität folgen. Dabei setzte der Brite mit dem Sinclair C5 1985 alles auf eine Karte.

Die Karte war allerdings keine Grafikkarte – sie bestand aus drei Rädern, einem Elektromotor und einer Kunststoffwanne, die verdächtig an eine umgedrehte Badewanne erinnerte. Der C5 war kein Auto, kein Fahrrad, kein Roller – sondern etwas völlig Eigenes. Oder, wie es Sir Clive nannte: ein „personal mobility device“ – eine ganz neue Fahrzeugklasse für das urbane 21. Jahrhundert, nur eben schon 1985. Eine Kreuzung aus Bobby-Car und Science-Fiction. Ein elektrisches Leichtfahrzeug, lange bevor der Begriff „E-Mobilität“ überhaupt hip wurde.

Die große Idee – und das kleine Gefährt

Sir Clive, den Königin Elisabeth II. 1983 in den Ritterstand erhob, hatte mit dem kleinen Gefährt Großes vor. Das Ziel war ein alltagstaugliches Elektrofahrzeug für jedermann. Sicherer als ein Moped, günstiger als ein Auto, sauberer als die Benzinbrüder – und ganz ohne Führerschein fahrbar ab dem 14. Lebensjahr. Unterstützung holte sich Sinclair bei echten Größen: Ogle Design, berühmt für den Bond Bug, zeichnete die Form. Lotus half beim technischen Konzept. Und Hoover – ja, die Staubsaugerfirma – übernahm die Produktion.

Sinclair C5

Mit dem Sinclair C5 wollte Sir Clive Sinclair die Mobilität in den Städten verändern. Der Grundpreis des kleinen Fahrzeugs lag 1985 bei 399 Pfund Sterling. Dafür lieferte die britische Post das nur im Versandhandel zu beziehende Fahrzeug. Heute klingt so ein Geschäftsmodell vertraut. Vor 40 Jahren war es eine Utopie. (Foto: National Motor Museum)

Der Antrieb kam aus Italien – der Elektromotor des Sinclair C5 war ursprünglich für die Lüftung schwerer LKWs gedacht. 15 Meilen pro Stunde, 20 Meilen Reichweite waren – zumindest theoretisch – möglich. Ein Rückspiegel, ein Warnfähnchen – und für den Notfall, wenn die Batterie streikte: Pedale wie im Tretboot. E-Mobilität mit Muskelhypothek, sozusagen. Der C5 war das elektrische Fahrvergnügen im Liegestuhlformat. Und das lange bevor Lastenfahrräder in Metropolen (wieder) zum Straßenbild gehörten.

Der Gegenwind der Realität!

Doch der britische Boulevard – unbestritten das Härteste und Direkteste, was die Zeitungswelt kennt – erwies sich als gnadenlos. Der Sinclair C5 wurde belächelt, verspottet, zerrissen: zu langsam, zu unsicher, zu tief, zu nass – und obendrein zu teuer für das gebotene Abenteuer. Statt der angepeilten 100.000 Exemplare verkauften sich nur etwa 5.000 Stück. Der Traum vom elektrischen Individualverkehr ging unter wie ein undichtes Schlauchboot – und mit ihm Sir Clives Ruf als Technik-Messias.

Sinclair ZX81

Bevor Sir Clive Sinclair den Sinclair C5 auf seine drei Räder stellte, baute der Brite digitale Messgeräte, eine frühe Digitaluhr und Kleincomputer wie den Sinclair ZX81

Wobei schon die letzten Exemplare, nach der Insolvenz von Sinclair Vehicles im August 1985, als Sammlerstücke galten. Heute, 40 Jahre später, sieht die Sache ähnlich aus. Der C5 gilt längst als Sammlerstück, Tuning-Objekt und Popkultur-Ikone. Fans rüsten ihre C5 mit stärkeren Motoren aus, vergrößern die Räder oder montieren (kein Scherz) Mini-Düsenjets. Ersatzteile gibt’s online, und wer mit einem C5 auf einem Oldtimertreffen auftaucht, zieht mehr Blicke auf sich als manch ein Ferrari nebenan.

Was bleibt vom Sinclair C5?

Der Sinclair C5 war ein elektrisches Dreirad, das seiner Zeit voraus war. Ein mutiges Projekt, das scheiterte, weil die Welt (noch) nicht bereit war – obwohl es im Rückblick erstaunlich genau das vorwegnahm, was heute unter urbaner E-Mobilität gefeiert wird: kleine, elektrische Ein-Personen-Fahrzeuge, die kaum Platz brauchen, emissionsfrei sind und überall durchschlüpfen. Sir Clive selbst urteilte später selbstkritisch: „Ich habe es zu sehr überstürzt. Ich habe zu viel in die Werkzeuge investiert und hätte vorsichtiger herangehen sollen.“

Trotzdem schuf der Brite ein Kapitel Technikgeschichte, das zeigt: Visionen brauchen nicht nur Ideen – manchmal auch den langen Atem der Nachwelt. Sir Clive Sinclair gelang mit dem C5 zwar kein Durchbruch auf dem Automobilmarkt. Doch vielleicht liegt der eigentliche Charme des C5 gerade im Scheitern. Denn eigentlich war dieser kleine Stromer – allen Spöttern zum Trotz – eine ziemlich coole Kiste.


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