Fahrberichte: Škoda

Test Škoda Fabia 1,2 TSI (2015) – High Goal Spieler in der Polo-Klasse

Auf dem „Le Mondial De L’Automobile 2014“ in Paris stellten die Tschechen vor wenigen Wochen die dritte Generation ihres Kleinwagens Fabia vor. Bevor der Tscheche ab heute bei den Händlern steht, hatte ich bereits die Gelegenheit zu einer ausführlichen Probefahrt. Auf meiner Testfahrt war ich mit dem neuen Škoda Fabia 1,2 TSI mit 90 PS (66 kw) unterwegs.

Modellwechsel sind für Autohersteller immer eine große Herausforderung. Der vielleicht wichtigste Meilenstein dabei ist der Marktstart. Dieser Zeitpunkt ist so etwas wie die Stunde der Wahrheit. Denn jetzt zeigt sich, ob die Vorarbeiten von Erfolg gekrönt sind. Zeigt sich, ob die Kunden das Auto akzeptieren. Die dritte Generation des Fabia tritt dabei in durchaus große Fußstapfen. Denn von den Vorgängern verkaufte Škoda seit 1999 fast 3,5 Millionen Exemplare. Besonders 2010 war der Kleinwagen erfolgreich. Dank der Abwrackprämie verkauften die Tschechen damals in Deutschland innerhalb eines Jahres mehr als 100.000 Exemplare des Fabia. Aber auch im sechsten Produktionsjahr, 2013 fanden noch fast im 40.000 neue Fabia den Weg auf unsere Straßen – auch ohne Abwrackprämie.

Nicht schlecht für ein Auto, dessen Gestaltung oft kritisiert wurde. Denn die zweite Generation des Škoda Fabia wirkte immer etwas zu hochbeinig. Das hat offensichtlich auch Škoda erkannt. Bei der Neugestaltung des Kleinwagens reduzierten die Entwickler die Höhe um mehr als drei Zentimeter. Gleichzeitig zogen sie den Fabia um neun Zentimeter in die Breite. Das sorgt für ein angenehmes Raumgefühl. Innen erinnert kaum noch etwas an die Klasse der Kleinwagen. Dazu trägt auch bei, dass im Neuen alles am rechten Platz ist. Wie schon im kürzlich getesteten Škoda Rapid sorgen die Verarbeitung und das Material des Innenraums sofort für einen positiven Qualitätseindruck.

Laufruhiger 1,2-Liter-Motor mit 90 PS

Als ich den Motor starte, folgt die nächste Überraschung. Denn das 1,2-Liter-Aggregat ist kaum zu hören. Daran ändert sich auch nichts in den kommenden Stunden der Probefahrt nichts. Egal wie ich den Kleinwagen auf der Straße herausfordere, das Motorengeräusch ist allenfalls ein leichtes Brummen. Manchmal muss ich mich vergewissern, ob die serienmäßige Start-Stopp-Automatik den Motor nicht abgeschaltet hat. Da der Škoda Fabia zumindest mit diesem Motor nicht den Sportfahrer anspricht, ist die Abwesenheit eines kernigen Motorengeräuschs zu verschmerzen.

Das Heimatrevier des Fabia sind die Städte und Vorstädte. Zielgruppe die typischen Zweitwagenkäufer oder jüngere Erwachsene. Insofern ist der Ort der Testfahrt gut gewählt. Škoda hat zum Test des Fabia nach Lissabon eingeladen. Das Verkehrschaos in Portugals Hauptstadt ist legendär. Autofahren in Lissabon ist nichts für schwache Nerven. Vom Flughafen geht es hinein ins Getümmel des Verkehrs, wo es schon nach wenigen Metern erheblich stockt. Ich stehe im Stau. Die Start-Stop-Automatik schaltet den Motor ab, um Sprit zu sparen.

Škoda Fabia Karosseriebau
Hochfester Stahl in variabler Stärke lässt den neuen Škoda Fabia abspecken. (Foto: Škoda)

Škoda gibt an, dass der Fabia mit dem 90-PS-Motor im Stadtverkehr mit sechs Litern Kraftstoff über die Runden kommt. Der Normverbrauch liegt (kombiniert) bei 4,7 Litern. Das entspricht einem CO2-Ausstoß von 107 g/km. Dabei hilft das im Vergleich zum Vorgänger reduzierte Gewicht. Je nach Ausstattungsvariante ist der neuen Fabia 65 Kilogramm leichter als sein Vorgänger. Ohne Fahrer kratzt der Fabia an der Marke von einer Tonne.

Die Stadtautobahn in Lissabon führt direkt am Estádio da Luz vorbei, dort wo Benfica Lissabon seine Heimspiele austrägt. Doch ich bin nicht als Groundhopper hier. Ich nutze die vom Stau ausgelöste Verzögerung und sehe mich ausführlich im Škoda Fabia um. Alles wirkt vertraut. Das schließet das Navigationsgerät scheinbar ein. Denn auf der Mittelkonsole schmückt den Testwagen ein 6,5 Zoll großes Display. Mit den Tasten an der Seite erinnert es an das Standard-Navigationssystem des VW-Konzerns. Doch der Fabia ist anders, folgt an dieser Stelle dem Leitmotiv „Simply Clever“.

Handy-Navigation mit Mirrorlink

Kleinwagen-Kunden kaufen aus Kostengründen nicht für mehr als 1.000 Euro ein eingebautes Navigationsgerät, hat Škoda festgestellt. Daher verfügt der Fabia „nur“ über einen Bildschirm. Der gehört zum Infotainmentsystem „Bolero“. Im Paket mit einem Drei-Speichen-Lenkrad kostet das je nach Ausstattungspaket 220 Euro (Topversion Style) oder 650 Euro (Ausstattungsvariante Ambition). Das passt eher in das Budget der Zielgruppe. Die Navigation, die mir auf der Testfahrt den Weg weist, läuft auf einem Smartphone. Das hat der Kunde heute sowieso.

Navigation im Škoda Fabia 1,2 TSI mit 90 PS
Bei der Navigation setzt Škoda im neuen Fabia auf das Handy (Foto: Skoda)

Per „Mirrorlink“ spiegelt das Telefon dabei seinen Bildschirm auf das Display des Fabia. Wobei das keine Einbahnstrasse ist, denn das Dispay ist ein Touchscreen. Meine Anweisungen gehen direkt weiter an das Telefon. Das funktioniert – wenn der Kunde eines der ausgewählten Android-Geräte hat. Mein iphone bleibt also außen vor. Škoda hilft mir mit einem Gerät von HTC aus. Das erste Smartphone stürzt regelmäßig ab. Ich fahre zum Ausgangspunkt zurück, um das Gerät auszutauschen. Jetzt gibt es keine Probleme mehr.

Das Smartphone führt mich durch den Verkehr. Verschmerzbar, dass die Stimme des Navigationsgeräts zwar deutsch mit mir spricht, alle Entfernungsangaben aber in Meilen und Yards vorliest. Einen Menüpunkt zum Ändern finden weder Milos Willing, der mich auf dieser Testfahrt begleitet, noch ich. Das Gerät ist offensichtlich noch mit einem frühen Softwarestand bestückt. Škoda wird dieses Problem bis zur Auslieferung der ersten Fabia sicherlich noch lösen. Zudem ist die Navigation nur ein Nebenkriegsschauplatz. Wichtig ist, wie sich der Fabia fährt.

Und das kann der Škoda Fabia 1,2 TSI!

Die Strecke führt heraus aus Lissabon. Über die Brücke des 25. April, die der Golden Gate Bridge in San Francisco ähnelt, geht es über den Tejo und hinaus aufs Land. Erstmals schalte ich in den fünften Gang. Anders als kürzlich im Seat Ibiza der Konzernschwester aus Spanien macht sich diesmal keine große Sehnsucht nach einem sechsten Gang breit. Die gute Geräuschdämmung des Fabia sorgt dafür, dass der Motor auch bei höheren Drehzahlen nicht unangenehm auffällt. Nach ein paar Kilometern verlasse ich die Autobahn und fahre über eine Landstraße zurück in Richtung Lissabon.

Rückseite des Škoda Fabia 1,2 TSI mit 90 PS
Die Rückseite des Škoda Fabia 1,2 TSI mit 90 PS

Bei einem Fotostopp an einer stillgelegten Fabrikanlage treffen wir Mario von Berg und Fabian Meßner. Auch Mario und Fabian haben den Škoda Fabia getestet. So kommt es im portugiesischen Landregen spontan zu einem passablen Bloggertreffen. Beim Fotoshooting erweist sich das Rallye-Grün des Testwagens als echter Farbtupfer. Selbst bei diesem schlechten Licht gelingt es, den Fabia angemessen in Szene zu setzen. Durchnässt setzen wir die Reise fort. Das ist eine Situation, die die Klimaanlage herausfordert. Sie besteht den Test. Angenehm fällt mir auf, dass auch diese Klimaanlage bei Škoda weitestgehend zugfrei ihren Dienst verrichtet.

Stadtindianer mit Qualität auf der Strecke

Zurück in Lissabon wird der Verkehr wieder dichter. Das Navigationssystem führt uns einmal quer durch die Hauptstadt. Der Fabia ist hier definitiv in seinem Element. Mutig passe ich mich an landestypische Gepflogenheiten an. Verkehrsraum ist knapp und wird dementsprechend bis auf den letzten Zentimeter ausgenutzt. Leben und Leben lassen. Mit südländischer Gelassenheit fülle auch ich bald jede sich im Verkehrsstrom bietende Lücke. Der Fabia ist sehr übersichtlich, das macht das Mitschwimmen einfach.

Im Westen der Stadt warten Berge auf den Fabia. Auf den kurvigen Strecken trumpft der Fabia mit erfreulicher Agilität auf. Willig folgt der Kleinwagen den Lenkbefehlen. Die schlechten Strassen Portugals können selbst mit fiesen Querrillen, die bevorzugt immer in der Mitte der Serpentinen lauern, den Tschechen nicht aus der Ruhe bringen. Die Schaltung ist leichtgängig und präzise, das Zurückschalten vor der Kurve geht leicht von der Hand. Mit jedem Kilometer wird deutlich, dass der Škoda Fabia offensichtlich auch „Überland“ kann.

Fazit zum Škoda Fabia 1,2 TSI mit 90 PS (66 kw)

Die dritte Generation des Škoda Fabia ist ein überzeugendes Stadtauto, das sich bei Bedarf auch für die Tour ins Umland eignet. Mit dem Kofferraumvolumen von 330 Litern setzt der Fabia in seiner Klasse eine Bestmarke. Das reicht für den Wocheneinkauf oder für das Wochenendgepäck. Insgesamt ist dieser Fabia fast schon ein offener Angriff auf den Polo der Konzernmutter Volkswagen. In Anlehnung an den Polo-Sport schwingt sich Škoda mit dem neuen Fabia in die Klasse der High Goal Spieler auf. Auch ohne Abwrackprämie hat der neue Škoda Fabia alle Anlagen, um schnell zum erfolgreichsten Fabia aller Zeiten zu reifen.

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!