Rennsport-Geschichten

Trauer um Jean-Pierre Beltoise

Frankreich war in den 1960er und 1970er-Jahren ein Hotspot des Motorsports. Es gab Zeiten, da bestand fast ein Drittel des Starterfelds der Formel 1 aus französischen Piloten. Doch der wahre Mittelpunkt der französischen Motorsport-Szene war das 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Zu den Fixpunkten dieser Szene gehörte Jean-Pierre Beltoise, der gestern mit 77 Jahren verstarb.

Jean-Pierre Beltoise war einer letzten Grand-Prix-Piloten, die zunächst Motorradrennen fuhren – nicht nur zum Zeitvertreib, sondern auf WM-Niveau. Von 1962 bis 1964 nahm der Franzose an zahlreichen Rennen der Motorrad-WM teil. 1964 sprang dabei sogar ein sechster Platz in der WM-Wertung heraus. Parallel dazu bestritt Beltoise ab 1963 auch Autorennen. War bereits 1963 für René Bonnet in Le Mans am Start. Bei einem schweren Unfall bei den 12-Stunden von Reims brach sich Beltoise 1964 einen Arm. Das führte zum Ende der Motorradkarriere. Der komplizierte Bruch, der zu einer bleibenden Beeinträchtigung führte, hielt den Franzosen jedoch nicht davon ab, weiter im Auto an den Start zu gehen.

1965, im ersten Jahr nach dem Wechsel sprang bereits der Titel in der französischen Formel-3-Meisterschaft heraus. Drei Jahre später sicherte sich Beltoise für Matra auch die Formel-2-Europameisterschaft. Parallel zu diesem Engagement fuhr Jean-Pierre Beltoise für Matra auch in der Formel 1. Zunächst mit seinem Formel-2-Rennwagen, was damals eine übliche Praxis war, um die Felder aufzufüllen. Später dann mit den Formel-1-Werkswagen von Matra. 1972 wechselte der Franzose dann zu BRM. Doch das Team war nur noch ein Schatten vergangener Tage, obwohl Jean-Pierre Beltoise 1972 das Rennen in Monaco gewann. Es sollte der einzige Grand-Prix-Sieg des Franzosen bleiben und war – nebenbei bemerkt, auch der letzte Erfolg für BRM. Ende 1974 zog Jean-Pierre Beltoise sich nach 86 Rennen aus der Formel 1 zurück, hoffte noch auf ein Comeback bei Ligier. Doch das scheiterte, obwohl Beltoise für Ligier fast alle Testfahrten vor dem ersten Rennen absolvierte.

Parallel zu den Grand-Prix-Rennen fuhr Jean-Pierre Beltoise regelmäßig auch im Sportwagen. Zu den dunklen Stunden seiner Karriere gehört das Drama von Buenos Aires. Trotz des zeitweiligen Lizenzentzugs blieb Matra seinem Piloten verbunden. Beltoise blieb bis 1974, als sich Matra aus der Sportwagen-Weltmeisterschaft zurückzog, Bestandteil des „Blue-Packs“. Denn Matra verpflichtete im Sportwagen bevorzugt Franzosen. Piers Courage, Henri Pescarolo, Gérard Larrousse, Jean-Pierre Jabouille, François Migault, Johnny Servoz-Gavin und François Cevert teilten sich über die Jahre die Cockpits in den Matra-Sportprototypen. Nur Chris Amon gab dem Matra-Team zeitweise einen internationalen Anstrich.

Besonders mit François Cevert verband Jean-Pierre Beltoise eine enge Freundschaft. Der französische Superstar bewunderte Jean-Pierre Beltoise dafür, dass dieser seine Karriere quasi aus dem Nichts heraus aufgebaut habe. 1967 heiratete Beltoise Jacqueline Cevert, die ältere Schwester seines Sportsfreunds. 1973 fuhren Cevert und Beltoise für Matra zusammen in Le Mans. Doch das Familienunternehmen endete mit einem Ausfall.  Nach dem Rückzug von Matra setzte Jean-Pierre Beltoise seine Le Mans Karriere zunächst mit Ligier (1975) fort. Von 1976 bis 1979 war der Pilot Bestandteil der Mannschaft von Jean Rondeau. Auch wenn dem Franzosen dabei der ganz große Erfolg verwehrt blieb, gehörte Jean-Pierre Beltoise in diesen Jahren in Le Mans zu Inventar. Nach dem Ausscheiden von der ganz großen Bühne des Motorsports setzte Beltoise seine Karriere noch einige Jahre in Tourenwagen fort.

Jean-Pierre Beltoise starb am 5. Januar 2015 während eines Urlaubs in Senegals Hauptstadt Dakar an den Folgen zweier Schlaganfälle.

AutoNatives.de ist auch bei Facebook. Wir freuen uns über ein Like.







Themen in diesem Artikel:

Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!