Rennsport-Geschichten

Legenden der Formel 1: Henri Pescarolo

Obwohl Henri Pescarolo zwischen 1968 und 1976 bei 69 Rennen der Formel 1 am Start war, wurde der lange Franzose in Le Mans zur Legende. Insgesamt 33 mal war Pescarolo beim Langstrecken-Klassiker an der Sarthe als Fahrer am Start.

Henri Pescarolo erblickte am 25. September 1942 als Sohn eines bekannten französischen Chirurgen in Paris das Licht der Welt. Als Medizin-Student begann der Franzose 1964 mit dem Motorsport. Schon zwei Jahre später trat der Nachwuchspilot mit einem Matra erstmals in Le Mans an. Und 1967 gewann Pescarolo den französischen Formel-3-Titel. Damit war der Weg zum Profi vorgezeichnet. Drei Tage vor seinem 26. Geburtstag feierte Pescarolo beim Großen Preis von Canada 1968 in Mont-Tremblant sein Formel-1-Debüt. Matra vertraute dem Landsmann einen Matra MS11 mit V12-Motor an. Das Debüt endete nach 54 Runden mit einem Motorschaden. Der Einsatz in Canada war auch ein Dank für einen zweiten Platz in der Formel 2-Europameisterschaft 1968, den Henri Pescarolo sich im Matra MS7 sicherte.

Matra MS640 von Henri Pescarolo
Der Matra MS640 sollte 1969 Le Mans gewinnen. Doch bei hohem Tempo flatterte die Karosserie. Das Fahrzeug war unfahrbar. Henri Pescarolo verunglückte beim Test in Le Mans schwer. Matra stoppte das Projekt. (Foto: Tom Schwede)

Spätestens nach diesem Erfolg war der Franzose fester Bestandteil des Fahrerkaders des französischen Konzerns, der den Motorsport nutzte, um für sich zu werben. Im Frühjahr 1969 verunglückte Henri Pescarolo bei Tests für die 24 Stunden von Le Mans schwer. Der Matra MS640, den der Franzose steuerte, hob ab. Matra zog den Rennwagen anschließen zurück und verzichtete auf einen Einsatz des aerodynamisch kritischen Sportwagens. Pescarolo erlitt schwere Verbrennungen und mußte einige Rennen auslassen. Damit zahlte der Pilot die Zeche für einen unausgereiften Rennwagen. Erst im Sommer 1969 kehrte Henri Pescarolo langsam wieder auf die Strecken zurück und konzentrierte sich zunächst auf die Formel 2-Europameisterschaft. Erst 1970 setzte der Franzose seine Formel 1-Karriere fort.

In der Formel 1 fuhr Henri Pescarolo meist hinterher!

Als Werksfahrer bei Matra trat Henri Pescarolo 1970 regelmäßig in der Automobil-Weltmeisterschaft der Formel 1 an. Saisonhighlight war ein dritter Platz in den Straßen von Monaco. Auch bei den nächsten Rennen punktete Pescarolo regelmäßig. Doch dann verlor der Franzose den Anschluß an die Spitze. Teamkollege Jean-Pierre Beltoise zog weitere Podestplätze an Land. Daher reagierte das Team und entließ Henri Pescarolo. 1971 übernahm Chris Amon das F1-Cockpit bei Matra. Pescarolo zog weiter zu Frank Williams Racing Cars. Der March 711 von Frank Williams war immerhin für vier WM-Punkte gut. Doch offenbar hatte Pescarolo den Zenit seiner Formel 1-Karriere bereits überschritten. Denn 1972 wurde für Henri Pescarolo ein enttäuschendes Jahr ohne weitere WM-Punkte. Frank Williams trennte sich vom Franzosen, da Teamkollege Carlos Pace mit den March-Rennwagen immerhin drei Punkte einfuhr und damit deutlich erfolgreicher war.

1973 fand Pescarolo nur noch gelegentlich ein Formel-1-Cockpit, trat einmal für das March-Werksteam und zweimal für Frank Williams an. Trotzdem lockte 1974 Motul-BRM mit einem Vollzeitvertrag. Doch BRM stand kurz vor der Pleite. Das Team konzentrierte sich früh auf Pescarolos Teamkollegen Jean-Pierre Beltoise, der 1974 einige Male punkten konnte. Pescarolo blieb erneut das ganze Jahr ohne Punkte und musste 1975 zuschauen. Erst 1976 kehrte Pescarolo mit Unterstützung seiner Sponsoren noch einmal in die Formel 1 zurück. Doch im Team BS Fabrications war schon die Qualifikation ein Erfolg. Das Team des ehemaligen Lotus-Ingenieur Bob Sparshott, für den Christian Dannen neun Jahre später die F3000-Europameisterschaft gewann, setzte 1976 einen Surtees ein. Ende 1976 beendete Henri Pescarolo seine Formel-1-Laufbahn.

In Le Mans lief es für Henri Pescarolo besser

Parallel zu dieser letztlich endtäuschenden Formel 1-Karriere fuhr Pescarolo regelmäßig im Sportwagen und auf der Langstrecke. Dort unterstrich der Franzose regelmäßig sein Talent. Das wussten wohl auch die Verantwortlichen bei Matra. Denn sie vertrauten ihrem Landsmann auch nach dem Abschied aus dem Formel 1-Team weiter ihre Sportwagen an. Und schon 1972 siegte Henri Pescarolo als Partner von Graham Hill erstmals bei den 24 Stunden von Le Mans. Gemeinsam mit Gerard Larrousse wiederholte der Rennfahrer aus Paris diesen Erfolg 1973 und 1974! Bei allen drei Erfolgen von Matra in Le Mans saß Henri Pescarolo im siegreichen Auto. Als Matra anschließend sein Werksteam schließ, blieb der grüne Helm in Le Mans vertreten.

Das Team von Henri Pescarolo hatte immer treue Fans.
Fahne von Pescarolo Sport in Le Mans – Das Team von Henri Pescarolo hatte immer treue Fans. (Foto: Tom Schwede)

Schon 1976 gewann Henri Pescarolo in einem Inaltera von Jean Rondeau die GTP-Klasse. 1984 schloß der Franzose an der Seite von Klaus Ludwig am Steuer eines Porsche 956 das große Rennen in Frankreich zum vierten Mal siegreich ab. Spätestens damit gehörten der Fahrer und sein grüner Helm in Le Mans zum Inventar. Bis 1999 ging Henri Pescarolo bei 33 Ausgaben der 24 Stunden von Le Mans als Pilot an den Start. Dabei steuerte der Franzose Fahrzeuge von Matra (7), Ferrari, Ligier, Inaltera, Porsche (7), Rondeau (5), Lancia, Sauber (2), Jaguar, Cougar und Courage (6). Anschließend blieb der Franzose dem Sport treu und gründete zusammen mit François Granet ein eigenes Team. Pescarolo Sport trat von 2000 bis 2013 regelmäßig in Le Mans und der WEC an.

Vielseitigkeit wurde zum Markenzeichen

Trotz der umfangreichen Aktivitäten auf der Rundstrecke fand Henri Pescarolo immer wieder Zeit für andere Abenteuer. Seit 1980 nahm der Franzose mehrmals an der Rallye Paris-Dakar teil. Im Juni 1987 umrundete Pescarolo gemeinsam mit seinen Landsleuten Patrick Fourticq und Hubert Auriol sowie dem Kanadier Arthur Powell in einem Flugzeug die Erde. Mit einer Lockheed 18 Lodestar aus den 1940er-Jahren benötigte das Quartett 88 und 49 Minuten, um einmal die Erde zu umrunden. Sie verbesserten dabei eine 1938 von Howard Hughes aufgestellte Bestmarke.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Fahne von Pescarolo Sport in Le Mans.

Foto: Tom Schwede

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