Didier Pironi gehörte zu der Gruppe schneller Franzosen, die Ende der 1970er-Jahre die Formel 1 eroberten. Es schien nur eine Frage der Zeit bis einer von ihnen endlich den ersten Weltmeistertitel für die „Grande Nation“ sichern würde. Arnoux, Pironi, Prost oder Tambay? Die Frage war nicht ob, die Frage war, wann einer dieser Piloten zum WM-Titel fahren würde. Im Sommer 1982 sah es so aus, als ob Didier Pironi das Rennen machen würde. Doch nach einem Unfall im Training zum Großen Preis von Deutschland auf dem verregneten Hockenheimring blieb Pironis Formel 1-Karriere unvollendet. Der französische Rennfahrer sollte nie wieder ein Formel-1-Rennen fahren. Am 23. August 1987 starb Didier Pironi bei einem Motorboot-Rennen.
Durch seinen älteren Bruder José Louis Dolhem fand Didier Pironi bereits als Schüler Gefallen am Rennsport. Doch Dolhem war eher als Playboy-Rennfahrer einzustufen. Der 1952 geborene Didier Pironi verfolgte seine Karriere von Anfang an mit dem notwendigen Ernst. Mit 21 Jahren sicherte sich Pironi das „Volant Elf“ der französischen Rennfahrerschule Winfield. Das war damals in Frankreich ein begehrtes Ticket für höhere Rennsportaufgaben. Denn die Trophäe war mit der stattlichen Mitgift des Mineralölherstellers „Société Nationale Elf Aquitaine“ ausgestattet. Sie ermöglichte dem Gewinner in den nächsten Jahren Starts in höheren Klassen.
Pironi zahlte den Vorschuss mit Erfolgen zurück
Schon 1974 und 1976 gewann Didier Pironi den Titel in der Formel Renault. 1977 wurde Pironi mit einem von der Ecurie Renault Elf eingesetzten Martini Mk 22 mit Renault-Motor Dritter der Formel-2-Europameisterschaft. Mit diesem Erfolg im Rücken gelang schon 1978 der Aufstieg in die Königsklasse des Motorsports. Pironi entschied sich für den „Besuch“ der „Formel 1-Fahrschule“ von Ken Tyrrell. Und die Saison 1978 war tatsächlich ein Lehrjahr für den Franzosen. Mit sieben WM-Punkten blieb Didier Pironi deutlich hinter seinem Teamkollegen Patrick Depailler zurück, der 34 WM-Punkte einfuhr.
Doch schon 1979 stellte Pironi seinen wesentlich erfahreneren neuen Teamkollegen Jean-Pierre Jarier meistens in den Schatten. Nach zwei Jahren bei Tyrrell wechselte Pironi in das französische Nationalteam vom Guy Ligier. Im fünften Anlauf für das neue Team gelang Pironi in Zolder bereits der erste GP-Sieg. Doch zahlreiche Ausfälle in der zweiten Saisonhälfte belasteten das Verhältnis zwischen dem Teamchef und seinem Piloten.
Ferrari lockte Didier Pironi mit dem Turbo
Nach einem fünften Rang in der Gesamtwertung 1980 nahm Pironi daher nach nur einem Jahr bei Ligier das Angebot von Enzo Ferrari an. Didier Pironi übernahm das Cockpit von Jody Scheckter bei den Roten. Den Franzosen lockte dabei wohl auch die Aussicht darauf einen Turbomotor zu fahren. Bereits von 1976 bis 1978 bestritt Pironi mit Turbomotoren die 24-Stunden von Le Mans. Zunächst im Porsche 934 von Kremer, dann ab 1977 im Alpine A442. Nach einem 19. Platz im Porsche und einem Ausfall im Alpine, siegte Pironi 1978 mit einem von Renault Sport eingesetzten Alpine A442B beim Nationalheiligtum im Herzen Frankreichs.
Mit dieser umfangreichen Turboerfahrung ausgerüstet war Pironi klar, dass Anfang der 1980er-Jahre auch in der Formel 1 für weitere Erfolge einen Turbomotor notwendig ist. Die Saison 1981 geriet frustrierend, in 15 Saisonrennen fiel Pironi mit dem Ferrari siebenmal aus. Sieglos und mit nur neun Punkten, Teamkollege Gilles Villeneuve gewann in Monte Carlo und Spanien immerhin zwei Rennen, beendete Didier Pironi die erste Saison bei Ferrari auf einem enttäuschenden 13. Platz.
Trotzdem ging Pironi angriffslustig in die Saison 1982. Beim vierten Saisonlauf, dem Großen Preis von San Marino im „Autodromo Enzo e Dino Ferrari“ von Imola fehlten nach dem Streit zwischen der FISA und der Herstellervereinigung FOCA die meisten britischen Teams. Trotzdem entwickelte sich ein spannendes Rennen, da sich die Ferrari-Piloten Didier Pironi und Gilles Villeneuve während des gesamten Rennens ein heißes Duell um die Spitze lieferten. Nach mehreren harten Überholmanövern der Stallgefährten entschied sich die Teamleitung dazu ein Schild „SLOW“ herauszuhalten, um den Erfolg des Teams nicht zu gefährden.
Erstmals übrigens, als Pironi in Führung lag. Daher ist keinesfalls bewiesen, dass Pironi mit seinem Sieg, den er sich mit einem Angriff in der Schlussrunde sicherte, gegen eine Stallorder verstieg. Trotzdem ist Gilles Villeneuve wohl davon ausgegangen, dass das Rennen „ihm gehöre“. Gilles Villeneuve, der zwei Wochen später in Zolder tödlich verunglückte, und Didier Pironi wechselten nie wieder ein Wort miteinander. Nach dem tödlichen Unfall von Villeneuve griff Pironi nach dem Weltmeistertitel. In den folgenden sechs Rennen stand Pironi gleich fünfmal auf dem Podium.
Der Unfall im Hockenheim
In Holland feierte Pironi seinen dritten Triumph in der Formel 1. Vor dem Rennen in Deutschland hatte Pironi einen komfortablen Vorsprung in der WM-Wertung. Doch im Training zum Großen Preis von Deutschland riss die Erfolgssträhne des Franzosen. Denn im Regen von Hockenheim kollidierte der Ferrari von Pironi mit dem Renault seines Landsmanns Alan Prost. Pironi zog sich mehrfache Beinbrüche zu und musste in den kommenden Jahren zahlreiche Operationen über sich ergehen lassen, um wieder normal laufen zu können.
Kampflos verfolgte Pironi vom Krankenbett aus wie Keke Rosberg zum Weltmeistertitel fuhr. Pironi wurde punktgleich mit John Watson Vize-Weltmeister. Didier Pironi sollte nie wieder ein Autorennen bestreiten. Es blieb bei Testfahrten mit Formel 3-Rennwagen sowie für die Formel 1-Teams von AGS und Ligier. Pironi kannte AGS-Teamchef Henri Julien weil sein José Louis Dolhem einst für AGS in der Formel 2 ins Lenkrad griff. AGS-Konstrukteur Christian Vanderpleyn entwarf 1986 unter Verwendung zahlreicher Teile des Renault RE40 von 1983 den AGS JH21C.
Statt eines Renault-Motors verwendete AGS den Sechszylinder von Motori Moderni, dem locker 150 PS Leistung auf die Spitze der Formel 1 fehlten. Bevor AGS mit dem Fahrzeug in der Formel 1 antrat testete Didier Pironi den Boliden in Paul Richard. Alle Beteiligten bemühten sich redlich, den Test als Freundschaftsdienst darzustellen. Trotzdem lieferte Priorin mit dem Test den Beweis, dass er wieder in der Lage war, einen Formel 1 zügig zu bewegen. Daher war es fast logisch, dass Didier Pironi zu den Kandidaten gehörte, als Guy Ligier Ersatz für Jacques Laffite suchte.
Denn Laffite zog sich beim Start zum Großen Preis von Großbritannien 1986 in Brands Hatch ebenfalls schwere Beinverletzungen zu und musste seine Formel 1-Karriere nach 176 Starts beenden. In Dijon fuhr Didier Pironi deshalb für Ligier im Sommer 1986 einen umfangreichen Test. Doch am Ende konnten sich Guy Ligier und Didier Pironi finanziell nicht auf einen Vertrag einigen. Vielleicht wurde Pironi auch klar, dass er bei einer Fortsetzung seiner Formel 1-Karriere bereits erhaltene Leistungen seiner Berufsunfähigkeitsversicherung zurückzahlen müsste.
Powerboot statt Formel 1
Das machte ein mögliches Comeback zu einem finanziellen Risiko. Dazu kam, dass die für Pironi erreichbaren Formel 1-Teams von AGS und Ligier zu dieser Zeit finanziell nicht auf Rosen gebettet waren und nicht zu den Top-Teams der Formel 1 gehörten. Statt in der Formel 1 ging Didier Pironi daher bei Motorboot-Rennen an den Start. Dies lag nahe, da Pironi bereits seit einigen Jahren in Frankreich einen Handel mit Rennbooten betrieb.
Der Franzose setzte bei den Weltmeisterschaftsrennen der „Union Internationale Motonautique“ ein damals hochmodernes Kohlefaser-Boot ein. Am 23. August 1987 traf Pironi mit dem „Colibri“ getauften Boot bei einem Rennen vor der Isle of Wight die Bugwelle eines Tankers. Die Welle hebelte das Boot aus, es überschlug sich. Die drei Insassen, neben Didier Pironi waren der Journalist Bernard Giroux und der Navigator Jean-Claude Guenard an Bord der „Colibri“, waren nach dem Aufprall auf das Wasser sofort tot.
Zum Zeitpunkt des Unfalls war Pironis Lebensgefährtin Catherine Goux schwanger. Sie taufte die einige Wochen nach dem Unfall geborenen Zwillinge auf die Namen Didier und Gilles.