Jackie Stewart, sein Tyrrell 006 und ein besonderes Lebenszeichen
In Bahrain holte Jackie Stewart seinem legendären Tyrrell 006 auf die Strecke zurück – für den guten Zweck. Der Moment wurde besonders bewegend, da der Schotte einen auch von Michael Schumacher signierten Helm trug. Für uns war der Auftritt Anlass, um uns den Tyrrell 006 genau anzusehen.
Am vergangenen Wochenende drehte Jacky Stewart im Rahmenprogramm des Großen Preises von Bahrain zwei Runden mit seinem Tyrrell 006 von 1973. Der dreimalige Weltmeister warb mit dieser Fahrt für die vom ihr gegründete Wohltätigkeitsorganisation „Racing Against Dementia“. Während der Fahrt trug der 85-jährige Schotte einen weißen Helm mit dem klassischen Royal Stewart Tartan, der bereits in den 1960er-Jahren seine Helme zierte. Dieser Helm wird in Kürze zugunsten von „Racing Against Dementia“ versteigert.
Der Helm von Jackie Stewart ist ein Lebenszeichen von Michael Schumacher
Um den Wert des Helms zu erhöhen, verewigten sich alle 20 noch lebenden Formel-1-Weltmeister auf dem Helm. Dazu zählt auch Michael Schumacher! Der Deutsche, der seit seinem Skiunfall 2013 völlig zurückgezogen lebt, zeichnete mit den Initialen „M.S.“. Sie kamen mit Unterstützung seiner Frau Corinna auf den Helm. Als sie von dem Projekt hörte, war es ihr wichtig, dass auch Michael auf dem Helm vertreten ist. So stimmte sie dem erstem offiziellen Lebenszeichen des siebenfachen Weltmeisters seit Jahren zu. Entsprechend euphorisch reagierten die Fans des Deutschen auf die Nachricht.
Die Fahrt von Jacky Stewart und sein Rennwagen traten da schnell in den Hintergrund. Dabei war der Tyrrell 006 gut gewählt. Denn mit dem Rennwagen gewann Stewart seinen dritten und letzten Titel. Zudem war es der erste Rennwagen der Tyrrell Racing Organisation, von dem mehrere Exemplare entstanden. „006“ stand erstmals für ein Modell und nicht für eine Fahrgestellnummer - wie es zuvor bei Tyrrell Praxis war. Denn die zuvor von Tyrrell eingesetzten Fahrzeuge waren Unikate.
Das Team des Holzhändlers Ken Tyrrell trat ab 1968 in der Formel 1 an.
1968 und 1969 setzte das Team von Ken Tyrrell in der Königklasse Chassis von Matra ein, wobei es – anders als das Werksteam des französischen Herstellers – den Cosworth DFV nutzte. Das Werksteam vertraute auf den eigenen Zwölfzylinder. 1969 gewann Jackie Stewart mit dem Matra-Ford seinen ersten WM-Titel. Doch als Matra Automobile mit Simca kooperierte, endete die Zusammenarbeit von Tyrrell und Matra.
Denn Simca gehörte dem US-Autobauer Chrysler. Dieser lehnte es ab, Tyrrell die Nutzung der Motoren von Ford zu finanzieren. Ken Tyrrell weigerte sich, Matras Zwölfzylinder einzusetzen. Es kam zur Trennung. Um die Zeit bis zur Fertigstellung des ersten Tyrrell zu überbrücken, orderte Ken Tyrrell drei Chassis bei March. Das führte zur – im Rückblick fast absurd erscheinenden – Situation, dass das aktuelle Weltmeister-Team in die Saison mit den Chassis eines Neueinsteigers ging.
Parallel dazu entwickelte Derek Gardner für Tyrrell ein eigenes Chassis.
Beim Großen Preis von Italien präsentierte das Team seine erste Eigenentwicklung der Öffentlichkeit. Es feierte beim darauffolgenden Großen Preis von Kanada in Mont-Tremblant in den Händen von Jackie Stewart sein Renndebüt. Ab 1971 setzte Tyrrell durchgängig eigene Autos ein. Schon nach vier Einsätzen und drei Ausfällen ersetzte Tyrrell den 001 durch einen Nachfolger, wobei Jackie Stewart Anfang 1971 mit dem Erstling bei dessen letzten Einsatz auf Platz zwei fuhr.
François Cevert erhielt den 002 mit einem etwas verlängerten Chassis. Dies war auch dem Umstand geschuldet, dass der Franzose deutlich größer als Jackie Stewart war. Beim 003 für Jackie Stewart übernahm Tyrrell diese Anpassung. Dazu gestaltete Konstrukteur Derek Gardner die Nase des Rennwagens neu. Im Unterschied zum 002 modellierte Gardner das Stewart-Chassis etwas schmaler, schnitt es so genau auf den kleinen Schotten zu.
Kein Tyrrell glich dem Vorgänger
Als Ersatzwagen entstand – auf Grundlage des 001 – noch ein weiteres Chassis. Jackie Stewart trat mit dem 004 genannten Fahrzeug 1972 in Monaco an. Zudem vertraute Ken Tyrrell den Rennwagen zweimal dem Nachwuchsfahrer Patrick Depailler an, bevor Eddie Keizan den Tyrrell 004 erwarb. Der Südafrikaner setzte den 004 noch zweimal in der Automobil-Weltmeisterschaft ein. Auch der 004 unterschied sich – in Details – von seinen Vorgängern.
Bereits 1972 entwarf Derek Gardner mit dem Tyrrell 005 einen vollständig neuen Rennwagen. Bei diesem verkürzte der Konstrukteur den Radstand wieder etwas. Deshalb bekam dieses Chassis Jackie Stewart. Der Schotte setzte den 005 in der zweiten Hälfte der Saison 1972 ein. François Cevert erhielt für die finalen Überseerennen im Herbst den vom 005 abgeleiteten 006 – mit einem etwas längeren Radstand.
Tyrrell änderte die Strategie
Tyrrell erkannte, dass die Praxis, das Auto auf den Piloten zuzuschneiden, unpraktisch war. Denn das Team musste für zwei unterschiedliche Fahrzeuge Ersatzteile mitführen. Zudem ließen sich Einstellungswerte nicht 1:1 übernehmen. Das erschwerte die Arbeit mit dem Setup. Anders als die Wettbewerber konnte Tyrrell Erkenntnisse zum Setup nicht von einem Auto auf ein anderes übertragen. Daher schickte das Team ab Ende April 1973 beide Piloten mit einem Tyrrell 006 in die Rennen. Dafür entstanden drei Chassis.
Der originale 006 war das Einsatzfahrzeug von François Cevert. Nur beim Großen Preis von Südafrika fuhr Jackie Stewart einmal dieses Fahrzeug – und gewann prompt das Rennen. Trotzdem übernahm Stewart anschließend mit dem 006/2 das zweite Chassis. Der Schotte gewann mit diesem 1973 vier weitere Rennen. Während des Großen Preises von Kanada beschädigte sein Teamkollege das Ursprungsmodell. Für den 14 Tage später stattfindenden Großen Preis der USA baute Tyrrell das Ersatzchassis 006/3 zum Einsatzfahrzeug auf.
François Cevert starb im Tyrell 006/3
Mit diesem verunglückte François Cevert im Training von Watkins Glen tödlich. Nach Ceverts Unfall fuhr ein geschockter Jackie Stewart mit seinem 006/2 im Training von Watkins Glen noch einmal raus – denn Stewart wollte verstehen, was Cevert passiert war. Anschließend parkte der Schotte den Rennwagen und beendete seine Rennsportkarriere. Am Großen Preis der USA nahm Tyrrell nach dem tödlichen Unfall von François Cevert nicht teil. Das Unfall-Chassis des Franzosen (006/3) vernichtete Tyrrell.
Der von Stewart eingesetzte Tyrrell 006/2 kehrte 1974 mit Jody Scheckter und Patrick Depailler noch jeweils dreimal in die Automobil-Weltmeisterschaft zurück. Später erwarb Tom Wheatcroft den 006/2 für sein legendäres Donington Museum. Kurz vor seinem Tod 2009 verkaufte Wheatcroft den Rennwagen an Jackie Stewart. Der dreimalige Weltmeister saß also am Wochenende in Bahrain in seinem eigenen Rennwagen. Ken Tyrrell ließ den ersten 006 schon 1973 wieder aufbauen und verkaufte ihn erst Mitte der 1980er-Jahre.
Der Tyrrell 006 kehrte im historischen Motorsport auf die Strecke zurück!
Der Amerikaner John Delane, einige Zeit Besitzer des Rennwagens, setzte den 006 über Jahre regelmäßig im historischen Motorsport ein. 2016 erwarb ein Sammler diesen Rennwagen. Seitdem wurde der Rennwagen nicht mehr im historischen Motorsport eingesetzt.
Wo sind die Tyrrell 001 bis 006 heute?
Fahrzeug | Rennhistorie | Verbleib |
---|---|---|
Tyrrell 001 | Nahm an fünf Grand Prix teil. Platz zwei war das beste Ergebnis | 1998 verkaufte Ken Tyrrell sein Team an BAR. Die neuen Eigner ließen die Sammlung historischer Rennwagen des Teams versteigern. Dabei erwarben zwei Enkel des Teamgründers den Tyrrell 001, um ihn dem Großvater zu schenken. Seitdem wurde der Tyrrell 001 nicht mehr angeboten. |
Tyrrell 002 | François Cevert gewann 1971 in Watkins Glen mit dem Tyrrell 002 seinen ersten Grand Prix-Sieg | Der Tyrrell 002 soll heute Bestandteil einer Rennwagen-Sammlung in den USA sein. |
Tyrrell 003 | 8 Grand Prix-Siege mit Jackie Stewart | Auch der Tyrrell 003 soll heute wieder der Familie Tyrrell gehören. |
Tyrrell 004 | Wurde überwiegend in Südafrika eingesetzt; nahm nur an fünf Grand Prix teil. | Heute im historischen Motorsport im Einsatz. |
Tyrrell 005 | Zwei Grand Prix-Siege in elf Rennen | Stand lange in Donington; wird zurzeit in Italien vermutet. |
Tyrrell 006 | Ein Grand Prix-Sieg | Tyrrell behielt den ersten Tyrrell 006 bis etwa 1985. Anschließend stand der Tyrrell 006 in einem Museum und wurde schließlich von John Delane im historischen Motorsport eingesetzt. Ging 2016 an einen Sammler. |
Tyrrell 006/2 | Vier Siege in 17 Grand Prix | Gehörte zeitweise Tom Wheatcroft, der den Rennwagen an Jackie Stewart verkaufte. |
Tyrrell 006/3 | - | Wurde nach dem tödlichen Unfall von François Cevert vernichtet. |
Über diesen Artikel:
Kategorie:
Schlagwörter:
Ähnliche Artikel:
Gefallen gefunden?
Helfen Sie uns, besser zu werden – wie fanden Sie diesen Artikel?
Unterstützen Sie uns – mit einem Klick!
Wenn Sie unseren Amazon-Link nutzen, unterstützt das direkt unseren Blog. Sie profitieren von gewohnter Amazon-Qualität, wir von einer kleinen Provision. Und so hilft uns jeder Einkauf, den Sie über unseren Amazon-Link tätigen, hochwertigen Content für Sie zu erstellen. Ohne zusätzliche Kosten für Sie!
Online-Magazin für echte Auto-Enthusiasten:
Seit 2007 dreht sich bei AutoNatives.de alles um Oldtimer, Youngtimer und die faszinierende Geschichte des Motorsports. Wir feiern automobiles Kulturgut und bringen regelmäßig spannende Geschichten über klassisches Blech und legendäre Rennsport-Momente.
Wir lassen Klassiker aufleben und prüfen moderne Autos!
Doch damit nicht genug: Auch aktuelle Modelle kommen bei uns auf den Prüfstand – authentisch, leidenschaftlich und mit dem unbestechlichen Popometer unserer Redakteure.
Alles zusammen macht AutoNatives.de zum Blog, das Auto-Geschichte lebendig werden lässt und moderne Technik auf Herz und Nieren prüft.