Cadillac: Von „Le Monstre“ über die ALMS und IMSA in die Formel 1
Cadillac – das klingt für viele nach wuchtigen US-Luxusautos, die wenig mit Rennsport zu tun haben. Doch die Marke hat eine überraschend umfangreiche Rennsportgeschichte. Sie reicht von legendären Einsätzen in Le Mans bis hin zu Erfolgen in der IMSA-Serie.

Kürzlich wurde endlich der Einstieg von Cadillac in die Formel 1 offiziell. Das war zwar längst kein Geheimnis mehr, aber jetzt gab die Königsklasse bekannt: 2026 sind zwei Cadillac dabei. Mit der Marke Cadillac bedient General Motors traditionell das Premiumsegment. Schon 1914 produzierte Cadillac den ersten V8-Motor. In den 1930er-Jahren gab es bei Cadillac zunächst einen V12 und dann sogar einen V16-Motor. Nach dem Zweiten Weltkrieg stand die Marke lange für Chrom und ausladende Formen.
Der große Designer Harley Earl kleidete die Fahrzeuge ein. Dabei entstanden die inzwischen längst legendären Heckflossen. Bis heute lässt sich der US-Präsident im "Cadillac DTS Presidential State Car" kutschieren. Selbst die sportlichen Varianten der Autos von Cadillac treten, wie unser Test des CTS-V einst bewies, recht großspurig auf. Kurzum, den Namen Cadillac verbinden europäische Autofreunde fast automatisch mit Attributen wie "groß", "schwer" und "protzig".
Cadillac und Motorsport – das stand bisher vor allem für die Langstrecke!
Trotzdem ist auch der Motorsport kein absolutes Neuland für Cadillac. Denn in den Sportwagen von Sydney Allard kamen auch Cadillac-Motoren zum Einsatz. Mit Zora Arkus-Duntov trat 1953 einer der späteren Väter der Corvette mit einem Allard J2R Cadillac in Le Mans an. Doch das 5,4-Liter-Triebwerk gab nach zehn Stunden den Geist auf. Achtungserfolge gab es trotzdem. Denn schon drei Jahre zuvor fuhren Sydney Allard und Tom Cole mit einem Allard J2R Cadillac auf den dritten Platz.
Dabei ließ der britische Sportwagen mit amerikanischem Herzen die von Briggs Cunningham eingesetzten – werksunterstützten – Cadillac hinter sich. Cunningham brachte 1950 zunächst einen Cadillac Coupe de Ville (Series 61) nach Frankreich. Das fast seriennahe Auto erhielt von den Fans an der Strecke den Spitznamen „Petit Pataud” – nach einem Welpen in einem beliebten französischen Kinderbuch aus den 1930er-Jahren.
„Le Monstre” war ein Cadillac!
Die damaligen Regeln ließen in Le Mans umfangreiche Karosseriemodifikationen zu. Daher entfernte Briggs Cunningham bei einem zweiten de Ville die serienmäßige Karosserie, um sie komplett zu ersetzen. Dafür entstand eine torpedoförmige, völlig neue Aluminium-Karosserie. Sie war deutlich schmaler und niedriger als die Serienversion. Dazu tunte Cunningham den Motor mit fünf Vergasern, weshalb dieser offiziell als „Cadillac Spider“ antretende Rennwagen den Spitznamen „Le Monstre“ erhielt.
Die Brüder Sam und Miles Collier fuhren mit „Petit Pataud” auf den zehnten Platz. Briggs Cunningham teilte sich „Le Monstre“ mit seinem Landsmann Phil Walters. Sie kamen einen Platz dahinter ins Ziel. Im Rennen zeigte sich, dass der stark umgebaute Cadillac zwar schnell war, aufgrund seiner Größe und seiner Form jedoch auch schwer zu kontrollieren. Ein Ausrutscher kostete zudem viel Zeit. Insofern war der elfte Platz am Ende Schadensminimierung.
Von der NASCAR zurück nach Le Mans!
In den 1950er-Jahren nahm Cadillac – wie im Prinzip alle amerikanischen Hersteller zu dieser Zeit – an der NASCAR Grand National Series teil. Doch in den 1960er-Jahren konzentrierte sich General Motors dort auf die Marken Buick, Chevrolet, Oldsmobile und Pontiac. Diese waren näher an den typischen NASCAR-Fans als die Edelmarke Cadillac. In den amerikanischen Formel-Serien, ob unter dem Patronat des United States Auto Club (USAC) oder der Championship Auto Racing Teams (CART), war Cadillac nie vertreten.
Erst im Jahr 2000 fuhr sich die Marke wieder ins Bewusstsein der Motorsport-Fans. Denn für die damals neue American Le Mans Series (ALMS) entstand der Cadillac Northstar LMP. Dazu wandte sich General Motors an Riley & Scott. Deren World Sports Car (WSC), der Mark III, galt als solides Langstrecken-Chassis. Es basierte auf einem mit Paneelen aus Kohlefaser verkleideten Stahlrohrrahmen. Auf diesem ruhte eine aus Karbonfaser- und Kevlar gefertigte Karosserie.
Auftritt Cadillac Northstar LMP:
Besonders in den Händen von Dyson Racing war der Riley & Scott Mark III ein regelmäßiger Rennsieger. Aber auch Doyle Racing konnte mit dem Rennwagen Rennen gewinnen. Deshalb waren sich die Verantwortlichen bei General Motors sicher, dass sie mit Riley & Scott den richtigen Partner für das Abenteuer „Le-Mans-Prototyp” haben. General Motors kümmerte sich selbst hauptsächlich um den Motor. Er stammte vom GM-Triebwerk für die Indy Racing League, lief dort jedoch als Oldsmobile.
Zwei von IHI gelieferte Turbolader unterstützten den 4,0-Liter großen Motor beim Atmen. 650 PS Leistung standen damit zur Verfügung. McLaren Engines half bei der Entwicklung und Abstimmung des Triebwerks. Dieser Tuningbetrieb entstand bereits 1969 in einem Vorort von Detroit, um die Can-Am-Triebwerke für Bruce McLaren vorzubereiten. Später entstanden hier auch Rennmotoren für Buick, BMW und Porsche. Wobei die Firma nicht mit den Cosworth-Spezialisten Nicholson McLaren Engines (NME) zu verwechseln ist.
Der Cadillac Northstar LMP fuhr den Erwartungen hinterher!
Das Chassis entsprach im Wesentlichen dem Riley & Scott Mark III. Um die Marke Cadillac zu repräsentieren, bekam der Rennwagen eine neue Front. Sie brachte das damals übliche Markendesign von Cadillac auf die Rennstrecke. Insgesamt sieben Chassis entstanden. Eins wurde nie bei Rennen eingesetzt, da es bei der Entwicklung des Fahrzeugs zum Einsatz kam. Eins ging 2000 bei einem Brand in Le Mans verloren. Die Einsätze übernahmen Riley & Scott als Team Cadillac und DAMS aus Frankreich.
Cadillac betreibt heute einen LMDh-Prototypen!
2017 kehrte die Marke mit dem Cadillac DPi-V.R in die amerikanische Langstrecken-Szene zurück. Auf Anhieb gewann Cadillac viermal hintereinander die 24 Stunden von Daytona. Beim letzten Erfolg stellte der auf dem Dallara P217 basierende Prototyp 2020 mit 833 Runden einen Distanzrekord auf. 2023 übernahm der neue Cadillac V-Series.R, der ebenfalls in Zusammenarbeit mit Dallara entstand, von seinem erfolgreichen Vorgänger.
Die Einsätze des Cadillac-Werksteams übernahm in der IMSA und der WEC zunächst Chip Ganassi Racing. Seit Anfang 2025 setzen Wayne Taylor Racing, Action Express Racing und das Team Jota den Cadillac ein. Damit ist Cadillac auf der Langstrecke breit aufgestellt. 2026 kommt dazu erstmals ein Formel-1-Programm. Dies baut allerdings auf den Vorarbeiten von Andretti Global auf. In den ersten Jahren wird General Motors Motoren und Getriebe von Ferrari beziehen, um ab 2028 eigene Motoren zu bauen.
Über diesen Artikel:
Kategorie:
Schlagwörter:
Ähnliche Artikel:
Gefallen gefunden?
Helfen Sie uns, besser zu werden – wie fanden Sie diesen Artikel?
Unterstützen Sie uns – mit einem Klick!
Wenn Sie unseren Amazon-Link nutzen, unterstützt das direkt unseren Blog. Sie profitieren von gewohnter Amazon-Qualität, wir von einer kleinen Provision. Und so hilft uns jeder Einkauf, den Sie über unseren Amazon-Link tätigen, hochwertigen Content für Sie zu erstellen. Ohne zusätzliche Kosten für Sie!
Für echte Auto-Enthusiasten: Geschichten, Tests und Kult aus der Garage der Zeit
Seit 2007 dreht sich bei AutoNatives.de alles um Oldtimer, Youngtimer und die faszinierende Geschichte des Motorsports.
Wir feiern automobiles Kulturgut und bringen regelmäßig spannende Geschichten über klassisches Blech und legendäre Rennsport-Momente.
Wir lassen Klassiker aufleben und prüfen moderne Autos!
Doch damit nicht genug: Auch aktuelle Modelle kommen bei uns auf den Prüfstand – authentisch, leidenschaftlich und mit dem unbestechlichen Popometer unserer Redakteure.
Alles zusammen macht AutoNatives.de zum Blog, das Auto-Geschichte lebendig werden lässt und moderne Technik auf Herz und Nieren prüft.