EuroBrun ER-189 – Autos, die man gern vergißt
von Tom Schwede am 13. Dec 2010Zur Formel 1 gehört – seit ihrer Gründung – auch das Scheitern. Und gerade deshalb haben auch die schlechten Autos der Formel 1 ein Recht auf ihren Platz im kollektiven Gedächtnis. Und zu den schlechtesten Fahrzeugen der Formel 1 Geschichte gehört der „EuroBrun ER–189“ zweifelsfrei. AutoNatives.de stellt diesen interessanten Rennwagen vor.
Zur Formel 1 gehört – seit ihrer Gründung – auch das Scheitern. Gerade deshalb haben auch die schlechten Autos der Formel 1 ein Recht auf ihren Platz im kollektiven Gedächtnis. Zu den schlechtesten Fahrzeugen der F1-Geschichte gehört zweifelsfrei der EuroBrun ER-189, den wir Euch heute deshalb vorstellen.
Der Schweizer Walter „Walti“ Brun brachte es mit dem Aufstellen von Spielautomaten zu einem soliden Wohlstand. In seiner Freizeit fuhr der Schweizer als Amateur seit den 1970er-Jahren Rennen. Ab 1983 leistete sich der Unternehmer mit „Brun Motorsport“ ein eigenes Team. Grundstock dieses Teams war GS Tuning des BMW-Händlers Gerhard Schneider. Brun kaufte das Team aus Freiburg, das 1980 noch Lancia und Hans Heyer den DRM-Titel sicherte. Mit Brun Motorsport trat Walter Brun in der Sportwagen–Weltmeisterschaft sowie später der IMSA–GT–Meisterschaft an. Zunächst setzte das Team den Sauber SHS C6 ein. Der Erfolg kam mit den Porsche–Typen 956 und 962. 1986 gewann das Team die Sportwagen–Weltmeisterschaft. Gleichzeitig neigte sich in der Formel 1 das Zeitalter der Turbomotoren dem Ende zu. Der Umstieg auf die heute noch genutzten Saugmotoren versprach eine Kostenreduzierung, die die Formel 1 für kleinere Teams wieder finanzierbar erscheinen lies.
1988 wagte Walter Brun den Schritt in die Königsklasse des Motorsports
Gemeinsam mit dem Italiener Gianpaolo Pavanello, der bereits seit den 1970er–Jahren das Team Euroracing betrieb, gründete Brun „EuroBrun“. Von der Zusammenarbeit mit Pavanello versprach sich Brun vor allem den Zugriff auf Formel 1-Erfahrung. Denn Pavanello war nach großen Erfolgen in der Formel 3 Anfang bereits von 1983 bis 1985 in der Königsklasse aktiv. Der Italiener übernah die Rennwagen und das Material des Alfa Romeo-Werkteams Autodelta, um unter dem Namen „Euroracing Alfa Romeo“ in der Formel 1 anzutreten. „Euroracing Alfa Romeo“ fuhr jedoch den eigenen Erwartungen ähnlich wie zuvor Autodelta konsequent hinterher.
Daher drängte Alfa Romeo Ende 1985 auf einen Rückzug Pavanellos aus der Königsklasse. Kritiker, die Brun gut zwei Jahre später vor einer Zusammenarbeit mit Pavanello warnten, entgegnete Brun seinerzeit „Die größten Chaoten waren damals doch die Alfa–Leute und nicht der Pavanello!“. Für die Zusammenarbeit unter den Namen „EuroBrun“ vereinbarte Brun und Pavanello eine klare Aufgabenteilung. Brun kümmerte sich um die Finanzen und überwies für das Formel 1-Abenteuer circa 300.000 US-$ pro Monat nach Italien.
Pavanello kümmerte sich um die Teamstruktur und den Bau der Fahrzeuge. Um Kosten zu sparen, griff der Italiener dabei auch auf Material aus der Alfa–Zeit zurück. So basierte der erste EuroBrun auf dem inzwischen vier Jahre alten Monocoque des Alfa Romeo 184T. Am Anfang der Saison 1988 sah das Team damit sogar halbwegs gut aus. Zunächst gelang den Piloten von EuroBrun meist sogar ohne Probleme die Qualifikation für die Rennen. Doch im Verlauf der Saison verlor das Team von Rennen zu Rennen immer weiter den Anschluss.
Wahrscheinlich hielt langsam auch Walter Brun seinen Partner Gianpaolo Pavanello für chaotisch. Die Teilhaber stritten zunehmend über die Gründe für das schlechte Abschneiden. Am Ende der Saison trennten sich die Partner. Walter Brun übernahm das gesamte Team und gründete im britischen Basingstoke „Brun Technics“. Das Technikbüro sollte unter der Leitung von George Ryton neben einem neuen Gruppe C-Sportwagen auch ein neues Formel 1-Einsatzfahrzeug entwerfen.
Debüt in Hockenheim
Zum Großen Preis von Deutschland auf dem Hockenheimring im Sommer 1989 war der Hoffnungsträger EuroBrun ER-189 endlich fertig. Dank des eines neu gewonnenen Hauptsponsors, dem deutschen Likör–Hersteller Jägermeister, trat der EuroBrun ER-189 beim Debüt in einem feschen Orange an. Doch die Lackierung zierte ein eher schweres und vergleichsweise langsames Auto. Zudem war es durch sein eher unberechenbares Handling relativ schwer fahrbar. Sowohl am Hockenheimring als auch beim nächsten Rennen auf dem ungarischen Hungaroring erwies sich der neue Wagen als nicht konkurrenzfähig.
In Belgien wechselte das Team zum Vorgängermodell zurück, um den EuroBrun ER-189 zu überarbeiten. Eine neue Hinterachse, die vom Vorgänger stammte, machte das Auto tatsächlich besser fahrbar. Doch den Sprung ins Starterfeld der Königsklasse sollte der EuroBrun ER-189 in diesem Jahr nicht mehr schaffen. Noch vor dem Saisonende zog sich der Hauptsponsor zurück. Das Team trat bei den Überseerennen in Japan und Australien mit einem schwarzen Auto an. Im Winter überarbeitete das Team das Fahrzeug nochmals.
Diesmal zeigten die Bemühungen sogar einen gewissen Erfolg!
Denn Roberto Moreno schaffte es immerhin dreimal, den EuroBrun ER-189 für ein Rennen zu qualifizieren. Dabei halfen dem kleinen Brasilianer sicherlich auch die Pirelli–Reifen, die zu dieser Zeit als die perfekten Qualifikationsreifen galten. Beim Saisonauftakt in den USA sah der EuroBrun ER-189 sogar die Zielflagge. Moreno kam beim Rennen in Phoenix, Arizona als 13. ins Ziel. Doch es blieb bei diesem Hoffnungsschimmer.
Denn auch in seiner dritten Formel 1-Saison verlor das Team von Rennen zu Rennen den Anschluss. Nur noch einmal gelang dem EuroBrun ER-189 der Sprung ins Starterfeld. Ansonsten war das Grand Prix-Wochenende des Teams meistens bereits mit der damals üblichen Vorqualifikation zu Ende. Noch vor dem Ende der Saison warf Walter Brun das Handtuch. EuroBrun sperrte zu und verzichtete auf eine weitere Teilnahme an den Rennen der Königsklasse.
Der EuroBrun ER-189 heute
Mit dieser Geschichte dürfte der EuroBrun ER–189 eines der erfolglosesten Formel 1 Autos der Geschichte sein. Trotzdem – oder gerade deswegen – gehört der EuroBrun ER-189 heute zu den gesuchten Fahrzeugen dieser Epoche der Formel 1. Denn der Rennwagen steht für einen gewissen Aufbruch. Er steht für die neuen Möglichkeiten, die Ende der 1980er-Jahre zahlreiche neue Teams in die Formel 1 spülten.
Einen EuroBrun ER-189 steuert der Deutsche Heinrich Bücherl regelmäßig bei den Auftritten der Fahrergemeinschaft „RaceHistory on Track“. Ein weiteres Exemplar bietet Mark Mullen von der britischen Firma ClassicCarsForSale zurzeit in England zum Verkauf an. Der neue Besitzer könnte damit beispielsweise in der „EuroBOSS Series“ ein neues Betätigungsfeld finden. Dabei hätte der neue Eigner dann die Gewissheit, einen Formel 1 mit einer ganz besonderen Geschichte zu bewegen.
Daten zum Fahrzeug
Wir danken Mark Mullen von der britischen Firma ClassicCarsForSale für die Informationen zum „EuroBrun ER-189“.
Baujahr | 1989 |
Radstand | 2905 mm |
Motor | Judd CV, 90° V8 mit 3,5 Litern Hubraum |
Leistung | 600 PS bei 12500 Umdrehungen pro Minute |
Schaltung | manuelles 6 Gang Getriebe |
Fahrer | Roberto Moreno, Oscar Larrauri und Claudio Langes |
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