Auto-Erinnerungen

Porsche 962 mit Straßenzulassung

Aus Le Mans direkt auf die Straße

Jens Jansen bietet in Dezember in seinem Blog „JJ’s Rallye Blog“ jedem Tag einen neuen Blogbeitrag. Damit wird sein Blog zu einer Art Adventskalender. Schon am zweiten Tag verbarg sich hinter dem Türchen ein interessantes Fahrzeug. Denn Jens berichtete von der Sichtung eines Porsche 962 mit Straßenzulassung. Bereits 2004, so schreibt Jens, „verirrte“ sich am Wallberg – wo auch immer das sein mag – ein Porsche 962 im Volloutfit mit Werbung und Startnummer, TÜV- und ASU-Plakette auf einen öffentlichen Parkplatz.

Ein Porsche-Rennwagen auf der Straße? Da war doch was … CW-K 917

Bisher kannten wir zum Thema ehemals in Le Mans aktiver Porsche Rennwagen im Straßenverkehr eigentlich nur den legendären CW-K 917. Dessen damaliger Besitzer Achim Großmann kaufte den Rennwagen als Unfallfahrzeug und schaffte es tatsächlich, ihn auf öffentlichen Straßen zu bewegen. Legal versteht sich. Großmann rüstete einen Schalldämpfer, eine Warnblinkanlage, eine Handbremse, eine Standheizung und ein Lenkradschloss nach. Damit war der Rennwagen im Sommer 1977 fit für den Straßenverkehr. Er erhielt, wie der Porsche 962 mit Straßenzulassung, ein Nummernschild.

Heute ist CW-K 917 wieder ein Rennwagen und kein Porsche mit Straßenzulassung mehr.
Heute ist CW-K 917 wieder ein Rennwagen. Doch ein paar Jahre durfte dieser Porsche 917 tatsächlich auf öffentlichen Straßen fahren.

Großmann gelang mit der Zulassung des Porsche 917 etwas, was Porsche zwei Jahre vorher nicht gelang. Denn Porsche bemühte sich zuvor in ganz Europa, einen Porsche 917 für Graf Rossi zuzulassen. Der Eigentümer der Wermut-Marke Martini bekam für seinen 917 schließlich im US-Bundesstaat Alabama eine Zulassung (Kennzeichen 61-27737). Wobei die Autozeitschrift „auto motor und sport“ (Heft 14 / 1977) darüber schrieb, dass Bedingung dieser Zulassung die Auflage war, niemals mit dem Rennwagen in Alabama aufzukreuzen.

Dauer Porsche – ein Trick, um Le Mans zu gewinnen …

Ebenfalls über eine Zulassung für den Straßenverkehr verfügte Mitte der 1990er-Jahre der Dauer 962 LM, der auf dem Porsche 962 basierte. Dank der Straßenzulassung und des damals gültigen Reglements fügte der Dauer 962 LM der Vita von Porsche einen weiteren Sieg beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans zu. Denn dank Straßenzulassung konnte der „962 Le Mans“ 1994 in der vom ACO damals neu geschaffenen GT1-Klasse an der Sarthe starten.

Wie der Porsche 962 mit Straßenzulassung verfügt auch dieser Porsche 962C TS/03C über ein Chassis, das nicht von Porsche ist.
Porsche 962C TS/03C mit einem Chassis von Vern Schuppan – Auch dieser Porsche 962 verfügt über ein Chassis, das nicht von Porsche stammt. (Foto: Tom Schwede)

Das Geheimnis des Erfolgs war, dass die GT-Fahrzeuge mit 120 Liter großen Tanks antreten durften. Die Prototypen durften nur mit einem 80 Liter großen Tank rennen. Normale GT-Fahrzeuge wie eine Dodge Viper RT/10 oder ein Venturi 600LM war klar langsamer als die Prototypen der LMP1-Klasse. Doch der 600 PS kräftige Dauer-Porsche ging das Tempo der Prototypen nicht nur mit. Der Porsche 962 mit Straßenzulassung nutzte seinen Reichweitenvorteil konsequent aus, um am Ende das 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1994 gewinnen.

962 gab es nicht nur bei Porsche

Dieses Rennen schlägt eine Brücke zum Porsche 962 mit Straßenzulassung, den Jens sichtete. Denn dieser Porsche 962 mit Straßenzulassung war tatsächlich auch im Le Mans am Start. Interessant ist übrigens, dass dieses Fahrzeug im Kern gar kein ganz echter Porsche ist. Denn die Nennlisten des 24-Stunden-Rennens von Le Mans führen diesen Rennwagen als „Porsche 962C GTi“. Die Erweiterung der Typenbezeichnung um das Kürzel „GTi“ steht dafür, dass es sich bei diesem 962 um einen von insgesamt vier handelt, deren Chassis nicht Porsche sondern von Nigel Stroud konstruiert.

Wie dieser Rennwagen verfügt auch der Porsche 962 mit Straßenzulassung über ein Kohlefaserchassis.
Porsche vertraute beim Porsche 962 immer auf ein Alu-Chassis. Wie dieser Rennwagen verfügt auch der Porsche 962 mit Straßenzulassung über ein Kohlefaserchassis.

Der Porsche 962 basierte auf dem Porsche 956. Beide dominierten in den Anfangstagen der 1982 eingeführten Gruppe C die neue Fahrzeugklasse. Weder Ford noch Lancia konnten Porsche das Wasser reichen. Doch als Jaguar, Sauber Mercedes und schließlich Peugeot die Gruppe C für sich entdeckten, verloren Porsche an Boden. Der ehemalige Lotus-Designer und technische Direktor des deutschen ATS-Formel-1-Teams entwarf daher im Auftrag von Richard Lloyd ein spezielles Leichtbau-Chassis für den Porsche 962. Lloyd Racing baute mit ihnen und Ersatzteilen von Porsche die „Porsche 962C GTi“.

Die Geschichte des Porsche 962 mit Straßenzulassung

Der geschäftstüchtige Richard Lloyd verkaufte zwei seiner Chassis an andere Teams. Eins ging in die USA zu Dyson Racing. Das andere Fahrzeug mit der Typbezeichung „Porsche 962C GTi.203“ ging ans Team ADA Engineering. ADA fuhr mit dem Rennwagen 1992 und 1994 in Le Mans. Beim ersten Auftritt griffen Derek Bell, Justin Bell und Tiff Needell in Lenkrad des Lloyd-Porsche. Sie kamen als Zwölfte ins Ziel. Zwei Jahre später, als der Dauer-Porsche das Rennen als GT-Fahrzeug gewann, ging ADA als LMP1/C90 Prototyp an den Start.

Kein Porsche 962 mit Straßenzulassung. Dafür ein Dauer Porsche 962 beim Einsatz im historischen Motorsport.
Leider kein Porsche 962 mit Straßenzulassung, sondern „nur“ ein Dauer Porsche 962 beim Einsatz im historischen Motorsport. (Foto: Tom Schwede)

Dabei saßen die drei Japaner Jun Harada, Tomiko Yoshikawa und Masahiko Kondo im Cockpit. Kondo ist in Japan ein bekannter Sänger und trat bisher achtmal in Le Mans an. Das japanische Trio legte mit dem 962 immerhin 189 Runden zurück. Deshalb gilt der 962 GTi als ausgefallen. Anschließend trat der Rennwagen in den Ruhestand. Und ist heute als Porsche 962 mit Straßenzulassung auf öffentlichen Straßen unterwegs. Dabei trägt Rennwagen sogar sein damaliges Le Mans-Kleid. Selbst die Startnummer sechs ist noch die, die das Team damals fuhr.

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!