Auto-Erinnerungen

50 Jahre Renault 4 Plein Air – Minimalismus für Sommer, Sonne und Strand

Ausgerechnet im Revolutionsjahr 1968 stellt Renault den Renault 4 Plein Air vor. Dabei heißt es doch, jede Zeit hat ihre Autos.

Renault 4 Plein Air an der Rennstrecke von Le Castellet
Renault 4 Plein Air im Arbeitseinsatz an der Rennstrecke von Le Castellet (Foto: Renault)

1968 gilt heute als Jahr des Umbruchs. Studenten der Neuen Linken kämpften besonders in Frankreich und Deutschland offen für eine Revolution. In den USA stellten die Hippies die Wohlstandsideale der bürgerlichen Mittelschicht in Frage. Der Protest der Jugend gegen die Regeln der Älteren veränderte das Leben in der westlichen Welt. Denn in weiten Teilen der Welt entstand eine von vielen zuvor bestehenden Tabus und Zwängen befreite Gesellschaft.

Renault antwortet mit dem Renault 4 Plein Air

Auch der Überfluss, der in westlichen Gesellschaften möglich war, stand in der Kritik der Protestierenden. Der offene R4 wirkt da wie ein Fahrzeug, das im Gegensatz dazu den Minimalismus auf die Spitze treibt. Neben dem Citroen Méhari ist der Plein Air der zweite Franzose, der von Anfang an mit allen Konventionen bricht. 20 der offenen Renault kamen schon 1967 bei der Weltausstellung im kanadischen Montreal – auf dem Gelände fährt heute die Formel 1 – als Shuttle-Fahrzeug zum Einsatz.

In der kanadischen Metropole trafen die kleinen offenen Renault dabei auch auf die gigantischen nordamerikanischen Straßenkreuzer dieser Zeit – mehr automobiler Kontrast geht nicht! Auch im Rest der Welt traf der Renault 4 Plein Air den Zeitgeist. Denn ohne festes Dach, ohne Fenster und ohne Türen bedient das tief ausgeschnittene Cabrio das Bedürfnis nach Freiheit und Selbstverwirklichung. Damit entpuppt sich der 3,56 Meter kleine Luftikus als idealer Gefährte für Sommer, Sonne und Strand. Deshalb nahm Renault 1968 tatsächlich die Serienproduktion auf.

Den Umbau des R4 zum Plein Air übernimmt Sinpar

Schnell fand der Renault 4 Plein Air auch Kunden in Mexiko, Deutschland, Finnland, Kanada, den Niederlanden, den USA und dem Vereinigten Königreich. Den Umbau des Renault 4 führte Sinpar (Société Industrielle de Production et d’Adaptation Rhodanienne) aus Chassieu bei Lyon durch. Sinpar kannte sich mit Umbauten des Renault 4 aus. Denn schon 1962 entstand in Chassieu eine geländegängige Variante des Kleinwagens. Nach dem Kauf von Sinpar durch die Régie Renault entstanden hier Militär-Fahrzeuge.

Damit war Singbar perfekt qualifiziert, um den Renault 4 Plein Air zu bauen. Das Cabrio entstand auf Grundlage von R4-Serienmodellen. Sinpar entfernte das Dach und die Türen. Zudem bekam das Cabrio auch vorne eine durchgehende Sitzbank. Als rudimentäre Sicherheitsvorkehrung gegen das Herausfallen von Fahrer und Passagieren gab es eine kunststoffumhüllte Kette. Doch die hängen die Fahrer des Plein Air später meistens aus. Möglicherweise wollen sie auch mit diesem Detail ihren Bruch mit den bestehenden Konventionen unterstreichen.

Renault 4 Plein Air
Haupteinsatzgebiet des Renault 4 Plein Air war die Côte d’Azur. Für andere Regionen wie die Niederlange gab es auch ein Verdeck. Es aufzuspannen erforderte Ausdauer. Foto: Renault

Das simple Verdeck aus nur einer Lage Segeltuch eignete sich übrigens eher als Sonnenschirm. Gegen Wind und Wetter schützte es nur wenig. Zudem war das Aufspannen des Dachs mit seinem Gestänge im Stil eines Sonnenschirms eine fummelige Angelegenheit. Der Aufbau bedurfte Geschick und viel Geduld. Spätestens hier zeigte sich: das Cabrio des Renault 4 war eher für heiße Sommertage an der Côte d’Azur als für Regentage in nördlicheren Breiten konzipiert.

563 Plein Air entstehen bis 1971

Unter dem Blech ist der luftige Franzose ein ganz normaler Renault 4 mit Vorderradantrieb. Den Antrieb übernimmt ein 26 PS starker 845-Kubikzentimeter-Benziner. Bis 1971 entstanden nur 563 Exemplare des Frischluft-Vierers. Dann trat der ebenfalls kompromisslose „Rodéo” mit offener Kunststoffkarosse an seine Stelle. Auch der „Rodéo” basiert auf dem Renault 4. Heute ist der Renault 4 Plein Air ein gesuchtes Sammlerstück. Denn dieser R4 garantiert beim Fahren überall einen großen Sympathiebonus.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Renault 4 Plein Air an der Rennstrecke von Le Castellet

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!