von Nikolaus Karl am 20.06.2025

60 Jahre Autodesign: Goodwood feiert die Meisterwerke von Gordon Murray

Das Goodwood Festival of Speed (FoS) ist das jährliche Fest für alle, die Autos nicht nur fahren, sondern fühlen. Doch 2025 ist das FoS noch ein bisschen besonderer, denn es feiert mit Gordon Murray einen Fahrzeugdesigner, der seit 60 Jahren außergewöhnliche Fahrzeuge entwirft.

Gordon Murray mit einigen seiner Fahrzeuge.

Gordon Murray mit einigen seiner Fahrzeuge. Die Mehrzahl dieser Autos wird auch beim Goodwood Festival of Speed 2025 zu Gast sein. (Foto: Gordon Murray Group)

Eine Karriere, die ihresgleichen sucht

Was für ein Jubiläum! Gordon Murray, genialer Konstrukteur wahrer Meilensteine des Motorsports und der Automobilgeschichte, baute vor 60 Jahren sein erstes Auto. Das Goodwood Festival of Speed 2025 bereitet die Bühne, um dieses außergewöhnliche Jubiläum gebührend zu feiern. Schon der Student Murray baue sein erstes Auto. In der Hoffnung, einen Job bei Lotus zu finden, ging der Südafrikaner 1969 nach England. Ron Tauranac holte das Talent zu Jack Brabhams MRD. Nachdem Bernie Ecclestone die Firma kaufte, stieg Gordon Murray zum technischen Leiter auf.

Murray verantwortete Konstruktionen die ebenso erfolgreich wie einfallsreich waren – darunter der legendäre Brabham BT46B mit Ventilator. In den 1980er-Jahren wechselte Murray zu McLaren, schuf dort mit dem MP4/4 eines der erfolgreichsten Formel 1-Autos aller Zeiten. Doch sein Schaffen beschränkte sich nicht auf die Rennstrecke. Sein Name ist auch untrennbar mit dem McLaren F1 verbunden – einem Supersportwagen, der Maßstäbe setzte: Mittelsitz, V12-Sauger, Carbon-Monocoque. Der Le Mans-Sieger war Technologieträger, Kunstwerk und Mythos.

Bühne frei in Goodwood

Wie lässt sich die Karriere eines außergewöhnlichen Entwicklers besser zeigen als mit seinen Werken? Deshalb kommen beim Autofest im Süden Englands mehr als ein Dutzend der Meilensteine zusammen, die die einzigartige Karriere des gebürtigen Südafrikaners nachzeichnen. Sie verdeutlichen nebenbei auch den Wandel der Fahrzeugtechnik von den 1960er-Jahren bis heute. Denn was mit einem selbstgebauten Rennwagen begann, das führte Gordon Murray bis zur Gründung einer Hightech-Manufaktur für Supersportwagen fort.

Im Mittelpunkt der Gordon Murray Group (GMG) und ihrer Gordon Murray Special Vehicles (GMSV) steht dabei die klare Philosophie „Leichtbau trifft Perfektion“. Ein Motto, das Gründer Gordon Murray über inzwischen mehr als sechs Jahrzehnte kontinuierlich weiterentwickelt hat. Das unterstreicht die Ausstellung in Goodwood eindrucksvoll. Denn sie ist ein rollendes Geschichtsbuch des Motorsports und der Supersportwagen, die Gordon Murray seit 1965 entwarf – für Brabham, McLaren und unter seinem eigenen Namen.

Diese Autos von Gordon Murray zeigt das Goodwood Festival of Speed 2025:

1967 IGM Ford (T.1)

Der Anfang einer Legende: In Südafrika schraubte der junge Gordon Murray seinen ersten eigenen Rennwagen zusammen. Inspiriert vom Lotus Super 7, entstand ein minimalistischer Sportler: leicht, puristisch, schnell. Der T.1 war nicht nur Murrays Debüt, sondern auch sein Gesellenstück: funktional, clever konstruiert und bereit für die Rennstrecke.

1972 Duckhams LM (T.3)

Nachtschicht für Le Mans: In nur sechs Monaten entwickelte Gordon Murray für Alain de Cadenet einen Sportwagen für das härteste Rennen der Welt. Finanziert von der Ölmarke Duckhams, entstand in Murrays Freizeit ein 3-Liter-Sportwagen, der 1972 die 24 Stunden von Le Mans meisterte – und mit Platz 12 überraschte. Der T.3 zeigte früh, was Murray auszeichnet: technische Brillanz, auch wenn die Uhr gegen ihn läuft.

1972 IGM Formula 750 (T.4)

Unvollendet, aber wegweisend: Neben seiner Arbeit bei Brabham konstruierte Gordon Murray einen kleinen Formelrennwagen als Versuchsträger für ein völlig neuartiges Fahrwerk. Mit Zugstreben und progressiver Federung war der T.4 seiner Zeit voraus – so sehr, dass seine späteren Formel-1-Autos genau dieses Prinzip übernahmen. Das Projekt blieb unvollendet, denn Bernie Ecclestone beförderte Murray noch während des Aufbaus zum Chefdesigner bei Brabham – und leitete damit die nächste Karriereetappe ein.

1974 Brabham BT44 (T.6)

Der erste große Wurf: Mit dem BT44 landete Gordon Murray seinen ersten Grand-Prix-Sieg als Konstrukteur. Schlank, schnörkellos und technisch brillant – dieser Bolide war nicht nur schnell, sondern auch elegant. Der BT44 kombinierte Murrays aerodynamisches Feingefühl mit innovativer Aufhängungstechnik – und etablierte Gordon Murray 1974 endgültig als Top-Designer in der Königsklasse des Motorsports.

1975 Brabham BT44B

Feinschliff mit Wirkung: Der BT44B war mehr als nur eine Evolution – er war die konsequente Weiterentwicklung eines Erfolgskonzepts. Der BT44B von 1975 bewies, dass kluge Detailarbeit oft den Unterschied macht. Verbesserte Aerodynamik, fein abgestimmte Aufhängung und ein sensibles Händchen fürs Setup machten den Unterschied – und Brabham zur festen Größe im Titelkampf.

1976 Brabham BT45 (T.7)

Kraftprobe mit zwölf Zylindern: Der BT45 markierte einen Wendepunkt – erstmals setzte Brabham auf den bulligen Alfa-Romeo-V12. Für Murray bedeutete das neue Herausforderungen: mehr Hitze, mehr Gewicht, mehr Technik. Doch mit innovativem und mutigem Design zähmte Murray den temperamentvollen Italiener – ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu künftigen Erfolgen.

1978 Brabham BT46B „Fan Car“ (T.9)

Das geniale Sauger-System: Der Brabham BT46B verfügte über einen cleveren Trick, der das Auto förmlich an den Asphalt saugte. Dank eines Kühllüfters, der als Ventilator wirkte, dominierte das „Fan Car“ den Großen Preis von Schweden 1978. Doch der geniale Kniff war der Konkurrenz ein Dorn im Auge, Bernie Ecclestone lenkte ein und mottete das Auto ein – ein kurzes, aber legendäres Kapitel in der Formel-1-Geschichte.







1981 Brabham BT49 (T.11)

Präzision und Pioniergeist: Mit dem BT49 brachte Gordon Murray Hightech und Handwerk in perfekte Balance. Ein innovatives Fahrwerk, das das Verbot des Ground Effect aushebelte, und Murrays Feingefühl für Aerodynamik machten das Auto zur Siegermaschine. 1981 krönte sich Nelson Piquet mit dem BT49 zum Weltmeister – der erste Titel für Brabham seit über einem Jahrzehnt und ein Meilenstein für Murray.

Gordon Murray und seine Brabham-Boliden

Von 1969 bis 1987 arbeitete Gordon Murray für MRD und Brabham. 1972 stieg der Südafrikaner mit nur 26 Jahren zum technischen Leiter der Firma auf. (Foto: Gordon Murray Group)

1983 Brabham BT52 (T.15)

Turbo, neu gedacht: Der BT52 war Murrays tatsächlicher Abschied vom Ground Effect – radikal anders, kompromisslos schnell. Mit seiner pfeilförmigen Silhouette, verschobener Gewichtsbalance und einem bärenstarken BMW-Turbomotor gewann Nelson Piquet 1983 einen weiteren WM-Titel. Ein technisches Meisterwerk, das zeigte, wie cleveres Design den Unterschied macht.

1988 McLaren MP4/4

Perfektion auf Rädern: 1987 zog Murray zu McLaren weiter. Dort entstand der MP4/4, der heute als Murrays Meisterstück in der Königsklasse gilt. Flach wie ein Brett, schnell wie der Wind. Mit Ayrton Senna und Alain Prost am Steuer holte der MP4/4 15 von 16 Siegen in der Saison 1988. Effizient, kompromisslos und aerodynamisch überragend – ein Auto, das die Formel 1 neu definierte.

1992 McLaren F1 XP3 (T.22)

Ikone mit drei Sitzen: Der McLaren F1 war nicht nur schnell – er war eine Ingenieurs-Offenbarung. Mit Carbon-Monocoque, Ground-Effect-Aerodynamik und Mittelsitz revolutionierte er den Supersportwagenbau. Der F1 XP3 war einer der frühen Prototypen – und das schnellste Straßenauto mit Saugmotor, das je gebaut wurde.

1992 LCC Rocket

Purismus auf die Spitze getrieben: Der Rocket war Murrays Rückkehr zu den eigenen Wurzeln – ein federleichter Roadster mit Yamaha-Motor, Tandemsitzen und Formel-Feeling für die Straße. Kein Schnickschnack, nur Fahrspaß: ein Motorrad auf vier Rädern, entwickelt für Enthusiasten mit Sinn für das Wesentliche.







1995 McLaren F1 GTR Short Tail

Straßensportler wird Langstrecken-Legende: Der McLaren F1 GTR mit „Short Tail“ war nie für Le Mans gedacht – und gewann es trotzdem. 1995 schlug der modifizierte Supersportwagen die Prototypen im Regenchaos. Gordon Murray bewies damit, dass ein Serienauto mit Cleverness und Effizienz ganz oben stehen kann.

1997 McLaren F1 GTR Long Tail

Der letzte Schliff für den Klassensieg: Mit verlängertem Heck und optimierter Aerodynamik wurde der McLaren F1 GTR „Long Tail“ zur ultimativen Evolutionsstufe von Murrays Straßen-Supersportler. Auch wenn 1997 in Le Mans zum erneuten Gesamtsieg eine Runde fehlte, dominierte der Langheck-GTR die GT1-Klasse – ein Abschied auf höchstem Niveau.

2023 GMA T.50 PS4

Zurück in die Zukunft: Der GMA T.50 PS4 ist Murrays Neuinterpretation des „Fan Cars“ – mit Ventilator für den Abtrieb, einem hochdrehenden Cosworth-V12 und puristischem Leichtbau. Ein kompromissloses Fahrerauto, das Formel-1-Technik auf die Straße bringt – und den Geist des BT46B neu aufleben lässt.

2024 GMA T.50s Niki Lauda XP1

Tribut an einen Champion: Der GMA T.50s Niki Lauda XP1 ist die kompromisslose Rennstreckenversion des T.50 – benannt nach dem Fahrer von Murrays „Staubsauger“. Ohne Straßenzulassung, ohne Kompromisse: über 860 PS, weniger als 900 Kilo und Aerodynamik wie ein Prototyp. Ein Denkmal für Speed, Präzision – und Freundschaft.

2025 GMA T.33 AP4

Klassik trifft Hightech: Der GMA T.33 AP4 ist Murrays Hommage an zeitlose Sportwagenformen – mit langem Bug, runden Scheinwerfern und Mittelmotor. Doch unter dem eleganten Blech steckt modernste Technik: ein frei atmender V12 mit über 11.000 U/min sorgt für pure Fahrfreude – ganz ohne Turbos, aber mit jeder Menge Seele.

Fazit: Ein Fest für Fans

Die großartige Ausstellung beim Goodwood Festival of Speed 2025 ergibt einen beeindruckenden Querschnitt der Karriere von Gordon Murray. Sie beschreibt das Lebenswerk eines Mannes, der nie aufgehört hat, weiterzudenken. Die große Jubiläumsparty startet am Donnerstag, 10. Juli und läuft bis zum Sonntag, 13. Juli 2025. Sie steigt in der wunderbaren Parklandschaft um das Goodwood House bei Chichester, West Sussex, England. Tickets gibt es unter https://www.goodwood.com.

Und wer wissen will, wie Gordon Murray die nächste Dekade seines Schaffens begonnen hat, der sollte sich schon jetzt den 15. August notieren. Denn dann stellt die Gordon Murray Group während der Monterey Car Week in Kalifornien zwei neue Fahrzeuge vor. Details zu den beiden bleiben bis zur Enthüllung in Kalifornien unter Verschluss, doch eines ist sicher: Beide Modelle tragen die typische Handschrift der Marke – Leichtbau und ingenieursgetriebenes Design.


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