Legendäre WM-Finale – und warum sich 2025 Geschichte wiederholen könnte!
Vier Grands Prix und zwei Sprints stehen noch aus – und plötzlich ist der Titelkampf der Formel-1-WM, der im Sommer schon entschieden schien, wieder offen. Max Verstappen konnte seinen Rückstand auf Lando Norris auf 36 Punkte verkürzen, auf Oscar Piastri fehlen ihm nur 35. Der Titelverteidiger fährt wieder auf gewohntem Niveau, während McLaren erstmals Nerven zeigt.
Die Formel 1-Weltmeisterschaft kennt solche Wendungen. Immer wieder gab es Jahre, in denen eine scheinbar entschiedene Weltmeisterschaft erst ganz am Ende kippte. Und schon 1950, in ihrer ersten Saison entschied sich das Titelrennen erst beim Saisonfinale.
1958 – Fairness kostet den Titel
Auch in der Saison 1958 blieb die damalige Automobil-Weltmeisterschaft bis zum letzten Rennen offen. Und am Ende siegte wohl nicht der Schnellste, sondern der Konstantere. Denn Stirling Moss siegte im Laufe des Jahres viermal, Mike Hawthorn nur einmal. Doch Hawthorn punktete regelmäßig und profitierte davon, dass Moss sich sportlich für ihn einsetzte, als der Ferrari-Pilot nach einem Regelverstoß disqualifiziert werden sollte. So wurde Hawthorn mit einem Punkt Vorsprung der erste britische Champion der Formel 1. Ein Jahr, das zeigte, dass Größe nicht nur in Siegen liegt.
1964 – Taktik entscheidet in Mexiko
Drei Fahrer – Graham Hill, John Surtees und Jim Clark – hatten vor dem Finale in Mexiko-Stadt noch Titelchancen. Clark führte souverän, doch wenige Runden vor Schluss versagte (wieder einmal) der Motor in seinem Lotus. Hill verlor nach einer Kollision mit Lorenzo Bandini entscheidende Zeit, während Surtees dank einer Teamorder auf Platz drei ins Ziel kam. Damit gewann „Big John“ die Weltmeisterschaft mit einem Punkt Vorsprung. Der Brite ist bis heute der einzige Champion, der sowohl auf dem Motorrad als auch im Formel-1-Boliden Weltmeister wurde.
1968 – Der Champion nach Clarks Tod
Nach dem Unfalltod von Jim Clark im April in Hockenheim rückte Graham Hill in die Rolle des Teamleaders bei Lotus auf. Seine Gegner: Jackie Stewart (Matra-Ford) und Denny Hulme (McLaren-Ford). Es war eine Saison voller technischer Innovationen – es gab die ersten Heckflügel und viele neue Sponsorenfarben – und zugleich eine der emotionalsten der Formel 1-Geschichte. Denn nach dem Unfall von Clark war nichts mehr, wie es vorher war. Hill entschied das Finale in Mexiko für sich und holte seinen zweiten WM-Titel, drei Punkte vor Stewart. Eine Saison, in der Erfahrung und Disziplin über Talent und Tempo siegten.
1974 – Gleichstand vor dem Finale
Drei Fahrer hatten vor dem letzten Rennen in Watkins Glen noch Titelchancen: Emerson Fittipaldi (McLaren), Clay Regazzoni (Ferrari) und Jody Scheckter (Tyrrell). Nach 14 von 15 Rennen lagen Fittipaldi und Regazzoni sogar punktgleich an der Spitze – ein seltener Gleichstand, der die Spannung zusätzlich steigerte. Im entscheidenden Grand Prix der USA kämpfte Regazzoni mit einem unberechenbaren Ferrari, fiel weit zurück und blieb ohne Punkte. Fittipaldi fuhr kontrolliert auf Platz vier und sicherte sich damit seinen zweiten WM-Titel. Es war die erste Weltmeisterschaft, die tatsächlich punktgleich ins Finale ging – und ein Beleg dafür, dass Konstanz und kühler Kopf oft mehr zählen als reine Geschwindigkeit.
1976 – Der Kampf zwischen Mut und Vernunft
Niki Lauda führte die WM souverän an, bis sein Feuerunfall am Nürburgring alles veränderte. James Hunt kam näher, Rennen für Rennen. Laudas Rückkehr in Monza war ein medizinisches Wunder, doch am verregneten Fuji entschied sein einziger Rückzug die Meisterschaft. Lauda stieg nach zwei Runden aus, weil es ihm zu viel regnete. Der Österreicher hielt einen Start auf der schnellen Strecke für verantwortungslos. Hunt wurde Dritter und damit Weltmeister. Eine Saison, die zeigte, dass auch Charakterfragen Titel entscheiden können – und dass der Sieger nicht immer der wahre Sieger ist.
1981 – Politische Spiele und ein Punkt Unterschied
Elf verschiedene Sieger, fünf Titelanwärter und ein Jahr voller Streitigkeiten zwischen Konstrukteurs-Vereinigung FOCA und Weltverband FISA – 1981 war eine Saison wie keine andere. Dazu kam, dass die Autos damals nicht so zuverlässig waren, wie wir das heute kennen. Praktisch alle Piloten verloren wichtige Punkte, weil die Technik streikte. Am Ende gewann Nelson Piquet die Weltmeisterschaft mit einem Punkt Vorsprung auf Carlos Reutemann. Die Saison entschied sich im letzten Rennen auf dem Parkplatz eines Casinos in Las Vegas. Der Brasilianer sicherte sich den Titel, weil er konstanter als die Konkurrenz punktete – nicht, weil er dominierte.
1984 – Der halbe Punkt, der Geschichte schrieb
Noch nie zuvor – und auch seitdem nie wieder – wurde eine Weltmeisterschaft mit einem halben Punkt Unterschied entschieden. Die Saison 1984 war das erste Jahr des neuen McLaren-TAG-Porsche-Turbos, den McLaren-Boss Ron Dennis mit Niki Lauda und Alain Prost einem fast unschlagbaren Duo anvertraute. Prost gewann sieben Rennen, Lauda nur fünf, punktete dafür aber konstanter.
Der entscheidende Unterschied entstand ausgerechnet beim Monaco-GP, der wegen starken Regens abgebrochen wurde. Da weniger als 75 Prozent der Distanz absolviert waren, gab es nur halbe Punkte – Prost erhielt für seinen Sieg 4,5 statt 9 Punkte. Am Ende der Saison hatte Lauda 72 Punkte, Prost 71,5. Der halbe Punkt von Monaco machte den Unterschied. Lauda holte damit seinen dritten und letzten WM-Titel, bewies, dass Erfahrung, Reife und strategisches Denken manchmal wichtiger sind als reine Geschwindigkeit.
1986 – Drei Fahrer, ein geplatzter Reifen
Adelaide 1986 gilt als das Musterbeispiel eines offenen Finales. Nigel Mansell, Nelson Piquet und Alain Prost kämpften um den Titel. Das lag auch daran, dass Frank Williams und sein Partner Patrick Head sich weigerten, sich für einen ihrer Piloten zu entscheiden. Deshalb gingen Mansell und Piquet beide für Williams mit Chancen auf den Titel ins Saisonfinale. Dort entschied Mansells spektakulärer Reifenplatzer bei über 300 km/h alles. Alain Prost holte sich den Titel im vermeintlich unterlegenen McLaren-TAG Porsche. Erfahrung siegte über Tempo – könnte sich das 2025 wiederholen?
1994 – Der Titel im Reifenstapel von Adelaide
Nach dem Tod von Ayrton Senna in Imola übernahm Michael Schumacher die Rolle des dominierenden Fahrers der Saison. Im Benetton-Ford gewann der Deutsche sechs der ersten sieben Rennen, doch Disqualifikationen und Sperren wegen technischer Unregelmäßigkeiten an seinem Benetton brachten Damon Hill im Williams wieder in Reichweite. Vor dem Finale in Adelaide trennte Beide nur ein Punkt. Schumacher führte das Rennen an, touchierte jedoch in Runde 36 leicht die Mauer.
Hill sah seine Chance, setzte zum Überholmanöver an. Die Zwei kollidierten und beide schieden aus. Damit sicherte sich Michael Schumacher seinen ersten WM-Titel – mit einem Punkt Vorsprung. Der Unfall sorgt bis heute für Diskussionen: Für manche ein Rennunfall, für andere ein bewusstes Verteidigen um jeden Preis. Fest steht: 1994 markierte den Beginn einer Epoche, in der Michael Schumacher mit eiserner Entschlossenheit und taktischem Kalkül die Formel 1 prägen sollte.
1997 – Der Crash von Jerez
Die Saison 1997 war der vorläufige Höhepunkt von Michael Schumachers Aufbautagen bei Ferrari. Der Deutsche führte die WM fast durchgehend an, während Williams mit Jacques Villeneuve das stärkste Auto stellte. Vor dem Finale in Jerez trennte die beiden nur ein Punkt. Das Rennen begann mit einem offenen Schlagabtausch, bis Villeneuve in Runde 48 zum entscheidenden Überholversuch ansetzte. Beide berührten sich, Villeneuve konnte weiterfahren, Schumacher schied aus. Die Rennleitung wertete das Manöver später als absichtlichen Unfall und disqualifizierte Schumacher nachträglich aus der Weltmeisterschaft. Villeneuve holte sich den Titel, die Ironie dabei, es war bis heute der letzte Titel für. Ferrari dagegen leitete bald die Ära ein, in der Schumacher und das Team für Jahre unschlagbar sein sollten.
2007 – Der Außenseiter schlägt zurück
Zwei Jahrzehnte war die Stallorder ein fester Begleiter der Formel-1-Weltmeisterschaft. Piloten mussten Verträge unterschreiben, die sie ihrem Teamkollegen unterordneten, um ein Top-Auto zu erhalten. Doch 2007 ließ McLaren-Boss Ron Dennis seine Piloten Fernando Alonso und Lewis Hamilton gleichberechtigt in die Saison ziehen. Zeitweise sah es nach einem Titel für den britischen Rookie aus. Doch Hamiltons Ausrutscher in China und Probleme in Brasilien machten Kimi Räikkönen zum lachenden Dritten. Der Finne gewann das Finale in Interlagos und wurde mit einem Punkt Vorsprung Weltmeister – gegen zwei McLaren, die sich gegenseitig neutralisierten.
2008 – Unvergessenes Finale in Interlagos
Nach dem verlorenen Titelkampf im Vorjahr ging Lewis Hamilton als Favorit in die neue Saison. Felipe Massa, Teamkollege des amtierenden Weltmeisters Kimi Räikkönen, sah vor dem Finale in São Paulo ebenfalls noch eine Titelchance. Allerdings reichte Hamilton ein fünfter Platz zum Titel. Massa gewann, fühlte sich als Weltmeister, denn Hamilton lag hinter der Zielmarke. Doch in der letzten Kurve überholte Hamilton im einsetzenden Nieselregen den Toyota von Timo Glock, der auf Trockenreifen unterwegs war, und drang auf Platz fünf vor. Massa gewann zwar das Rennen, verlor aber den Titel in der allerletzten Runde. Daran ändert auch nicht, dass 2008 vom Skandalrennen von Singapur, als Nelson Piquet Junior auf Anweisung seines Teams crashte, überschattet war.
2010 – Vier Chancen, ein Gewinner
Sebastian Vettel startete als Außenseiter ins Finale von Abu Dhabi. Der Red-Bull-Pilot galt als Frischling, auch seinem Team trauten viele noch nicht den Titel zu. Und wenn, dann schien es, dass das Team Mark Webber favorisierte. Vor dem Finale führte Ferrari-Pilot Fernando Alonso die WM an – auch Lewis Hamilton im McLaren-Mercedes hatte rechnerische Chancen. Ein taktischer Fehler von Ferrari führte dazu, dass Alonso mit seinem Ferrari lange hinter dem Renault von Vitaly Petrov festhing. Das machte den Weg frei für Vettel, der gewann und sich damit seinen ersten Titel sicherte.
2012 – Drama in São Paulo
São Paulo scheint ein guter Ort für dramatische Saisonfinale zu sein. Dabei spielt sicher auch eine Rolle, dass es an der Strecke von Interlagos gerne regnet. Auch 2012 war das der Fall. Sebastian Vettel und Fernando Alonso hatten noch Chancen auf den Titel. Ein Startunfall beschädigte den Unterboden und den Auspuff am Red Bull des Deutschen. Das sah nach einem leichten Spiel für Alonso aus. Doch der Spanier kam „nur“ als Zweiter ins Ziel. So holte Vettel als Sechster doch noch die Punkte, die er brauchte, um Alonso abzuwehren. Es zeigte sich einmal mehr, dass in der Formel 1 Ausdauer oft mehr zählt als Dominanz.
2021 – Die Entscheidung in der letzten Runde
Lewis Hamilton und Max Verstappen gingen punktgleich ins letzte Rennen. Diese Ausgangslage gab es in der Geschichte der Formel 1 zuvor nur einmal: 1974, als Emerson Fittipaldi und Clay Regazzoni punktgleich ins Finale von Watkins Glen gingen. 47 Jahre später entschieden eine Safety-Car-Phase, ein Regelchaos, ein Neustart – und Verstappen, der sich mit einem einzigen Überholmanöver den Titel sicherte, die Meisterschaft. Kaum ein anderes Finale prägte die Formel 1 so wie Abu Dhabi 2021. Erst vor wenigen Tagen machte Mercedes-Teamchef Toto Wolff den damaligen Rennleiter Michael Masi erneut für den „Verlust“ des Titels verantwortlich.
2025 – Wieder ein Showdown in Sicht?
Die aktuelle Saison erinnert an viele dieser Klassiker. Verstappen kämpfte sich in den letzten Wochen an die McLaren-Doppelführung heran. Und noch vier Rennen sowie zwei Sprints bieten reichlich Gelegenheit, um das Blatt endgültig zu wenden. Die Dynamik spricht für Red Bull, doch McLaren punktet mit mannschaftlicher Geschlossenheit. Die Erfahrung zeigt: Wenn drei Fahrer noch realistische Chancen haben, entscheidet am Ende oft nicht das schnellste Auto, sondern derjenige, der in den entscheidenden Momenten Ruhe bewahrt – und damit das Momentum auf seine Seite zieht.
Über diesen Artikel:
Kategorie:
Schlagwörter:
Ähnliche Artikel:
Gefallen gefunden?
Helfen Sie uns, besser zu werden – wie fanden Sie diesen Artikel?
Unterstützen Sie uns – mit einem Klick!
Wenn Sie unseren Amazon-Link nutzen, unterstützt das direkt unseren Blog. Sie profitieren von gewohnter Amazon-Qualität, wir von einer kleinen Provision. Und so hilft uns jeder Einkauf, den Sie über unseren Amazon-Link tätigen, hochwertigen Content für Sie zu erstellen. Ohne zusätzliche Kosten für Sie!
Online-Magazin für echte Auto-Enthusiasten:
Seit 2007 dreht sich bei AutoNatives.de alles um Oldtimer, Youngtimer und die faszinierende Geschichte des Motorsports. Wir feiern automobiles Kulturgut und bringen regelmäßig spannende Geschichten über klassisches Blech und legendäre Rennsport-Momente.
Wir lassen Klassiker aufleben und prüfen moderne Autos!
Doch damit nicht genug: Auch aktuelle Modelle kommen bei uns auf den Prüfstand – authentisch, leidenschaftlich und mit dem unbestechlichen Popometer unserer Redakteure.
Alles zusammen macht AutoNatives.de zum Blog, das Auto-Geschichte lebendig werden lässt und moderne Technik auf Herz und Nieren prüft.
