von Fredo Steckgaard am 17.07.2025

AC 3000ME – Mehr Hoffnung als Hubraum

Manchmal wirkt die Geschichte der britischen Autoindustrie wie ein Sketch von Monty Python: ein bisschen exzentrisch, etwas improvisiert – und nicht selten tragikomisch. Der AC 3000ME ist so ein Fall. Ein Mittelmotor-Sportwagen aus Thames Ditton, der die Welt erobern wollte – und am Ende nicht einmal das eigene Händlernetz überzeugte.

AC 3000ME, aufgenommen 1980

Mehr Hoffnung als Hubraum: Der AC 3000ME wollte ein GT40 für jedermann sein – und wurde zum britischen Einhorn mit Essex-V6. (Foto: Charles01 / GNU Free Documentation License)

1962 stellte AC Cars mit der Cobra einen Sportwagen vor, der die Marke bis heute prägt. Auch das drei Jahre später präsentierte Luxusmodell AC 428 basierte technisch auf der Cobra. Dessen Karosserie entwarf Pietro Frua, dessen Werkstatt in Turin die bei AC in der Nähe von London gefertigten Fahrgestelle einkleidete. Danach reisten die Wagen zurück nach England, um dort ihr Finish zu erhalten.

Das war aufwendig, teuer – und langsam!

Die lange „Fertigungslinie“ trieb die Kosten. In rund acht Jahren entstanden so nur gut 80 Exemplare, wahlweise als Coupé oder Cabrio. Ein potenzieller Nachfolger blieb ein Einzelstück. Und weil die letzte originale Cobra schon 1968 vom Band lief, hatte AC 1973 plötzlich kein aktuelles Modell mehr. Der Plan war, mit einem neuen Auto, irgendwo zwischen dem gediegenen 428 und dem brachialen Cobra, zurückzukehren.

Doch AC Cars konnte so ein Auto nicht selbst entwickeln. Also entschied sich Inhaber Derek Hurlock zum Zukauf. Die Lösung fand sich 1972 auf der Londoner Racing Car Show: Dort präsentierten die beiden ehemaligen Lola-Ingenieure Peter Bohanna und Robin Stables ein Diablo getauftes sportliches Mittelmotor-Coupé. Den Antrieb ihres vom Ford GT70 inspirierten Sportwagens übernahm der Motor des Austin Maxi.

Der Diablo war ein Bausatztraum auf Rädern – und wurde zum 3000ME.

AC Cars erwarb die Rechte am Diablo und stellte ihn 1973 auf der British Motor Show in Earls Court aus – nun unter dem Namen AC 3000ME. Der Verkaufsstart war für 1974 geplant. Doch neue Zulassungsvorschriften und ein Schuss britischer Perfektionismus (lies: Chaos) sorgten dafür, dass der 3000ME fünf Jahre lang von Messe zu Messe tingelte, bevor 1978 endlich die Serienversion stand.

Der Austin-Motor wich während der Entwicklung einem Ford Essex V6 mit drei Litern Hubraum, quer (trasversale) hinter den Sitzen montiert. AC entwickelte für den 3000ME ein eigenes Fünfganggetriebe – wobei sich die Entwickler großzügig bei Hewland bedienten. Klingt sportlich? War es auf dem Papier auch. In der Realität bekam man ein Auto, das so britisch war wie schwarzer Tee mit Milch – mal heiß, mal lauwarm.

Bei der Presse fiel der AC 3000ME durch!

1976 wähnte AC die Entwicklung als abgeschlossen, doch ein Prototyp scheiterte am inzwischen vorgeschriebenen Crashtest. Das Chassis wurde überarbeitet – beim zweiten Versuch bestand der Wagen. Eine respektable Leistung für eine kleine Firma wie AC. Nur: Die Zeit war verloren. Als 1979 endlich die ersten Serienmodelle ausgeliefert wurden, war der Markt ein anderer.

Denn der 3000ME traf nun auf Konkurrenten wie den Lotus Esprit S2 – und hatte es schwer. Denn auch die Presse reahierte zurückhaltend: „Respektable Beschleunigung“, hieß es – das war es dann aber auch. Das Getriebe galt als hakelig, die Gänge lagen ungünstig, das Fahrverhalten war eher speziell. Rund 190 km/h Spitze waren zu wenig. Auch wenn Tuner Robin Rew mit einem Turbo nachhalf und für 200 PS sorgte.

Aber das reichte nicht, um das Schicksal zu wenden.

Dabei war das Grundkonzept durchdacht: Leichtbau, Mittelmotor, gute Traktion – ein solides Fundament. Doch die Umsetzung blieb hinter den Erwartungen zurück. Nur 140 PS Leistung, falsche Reifen, Bremsen ohne Bremskraftverstärker und dazu noch undichte Karosserien. Der Alltag mit dem AC war eher britisches Abenteuer als Sportwagenfreude. Wer einen 3000ME wollte, musste ihn wirklich wollen.

Und dann war da noch der Preis: Über 13.000 Pfund verlangte AC. Ein Mazda RX-7 kostete weniger als 9.000 Pfund, ein Fiat X1/9 nicht einmal die Hälfte. Selbst der Lotus Esprit war kaum teurer. Wen wundert es, dass sich der Verkauf zäh gestaltete? Insgesamt entstanden in Thames Ditton nur 76 Exemplare, bevor Derek Hurlock 1984 die Reißleine zog. Danach übernahm David McDonald die Rechte – und gründete AC Cars (Scotland).

Ein letztes Aufbäumen – dann war Schluss.

In Schottland entstanden rund 30 weitere Fahrzeuge. Mit kleinen optischen Retuschen – lackierte Stoßfänger, überarbeitete Luftöffnungen – und technischen Verbesserungen wie Gleichlaufgelenken statt Hardy-Spicer-Kreuzgelenken. Auch Prototypen mit modernen V6-Motoren von Ford und Alfa Romeo entstanden noch. Doch 1985 war endgültig Schluss. Der AC 3000ME verschwand nach insgesamt 106 gebauten Exemplaren.

Der 3000ME war kein schlechtes Auto – aber zur falschen Zeit, mit zu wenig Feinschliff und zu viel Idealismus unterwegs. Die Fußstapfen der Cobra waren zu groß, das Niveau des 428 außer Reichweite. Der AC 3000ME war weder Fisch noch Fleisch – aber als Exot mit Glasfaserkarosserie und Essex-V6 im Rücken heute ein faszinierender Sonderling. Wer einen sieht, sollte ihn feiern: Es gibt ihn wirklich – das britische Einhorn mit Mittelmotor.


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